Eintrag #600 und was soll ich bloss lesen?

Eigentlich mag ich ja keine Jubileen. Die bringen Unglück. Und alkoholbedingte Kopfschmerzen. Aber da ich jetzt bei Eintrag Nummer 600 angekommen bin und ich dieses Weblog nun seit zwei Jahren führe, bin ich gerade etwas nachdenklich geworden und habe mal eine mathematische Bilanz gezogen. 600 Einträge über 730 Tage verteilt macht optimistisch gerechnet sechs Einträge pro Woche. Das ist gut. Gerade so, dass ich noch ein wenig Freizeit habe und auch wieder genug um kein Wochenendblogger zu sein. Laut einer etwas pessimistischeren Rechnung wären das fünf Einträge pro Woche. Nicht ganz so toll, aber auch das würde mir reichen. Weil ich aber ein ganz cleverer Bursche bin, habe ich es ausgerechnet: 5,7851239669421487603305785123967 Einträge pro Woche. Ich bin ein Optimist, ganz klar.

Aber ich labere… was ich eigentlich sagen wollte:

Jetzt stehe ich vor dem Dilemma, dass die werte Modeste mich gefragt hat, im Januar auf einer Berliner Lesung vorzulesen. Zusammen mit anderen geschätzten Schreiberlingen natürlich, daher muss ich mir kein Abendfüllendes Programm aussuchen, sondern bloss einzweidrei Texte.
Allerdings habe ich keine Lust mir aus diesen 600 Texten selber einen auszusuchen, da ich eh nur die elendigen Heulgeschichten auswähle und ich eigentlich lieber ein bisschen Rocknroll lesen möchte. Weil ich keinen Rocknroll schreibe überlasse ich die Wahl dem Publikum, schliesslich wisst ihr besser, wofür ihr hier jeden Tag vorbeikommt. Die Urne ist in den Kommentaren.

(dies ist ein Aufruf zur Stimmenabgabe)

zugeschnürt und eingepackt

Ich trage schon seit etwa sieben Jahren keine Jeanshosen mehr. Ich habe damit aufgehört, weil ich damals auch mit Kaffee aufhörte und mir dachte, dass ich dann auch gleich zwei Fliegen auf einem Streich erschlagen kann. Im Sog des Aufhörens riss ich dann auch noch Fingernägelbeissen und Whiskeytrinken mit. Weil das auch dumme Angewohnheiten waren. Vor allem das Whiskeytrinken. Das ersetzte ich darum durch das viel billigere Vodkatrinken.
Das Tragen von Jeanshosen hatte keinen wirklich konkreten Grund und auf meinen Geldbeutel ging das schon gar nicht, jedoch hatte ich immer schon ein wenig eitle Neigungen und deshalb nervte mich diese monotone Jeanskultur, die Rebellentum audrücken wollte. Das kollektive Rebellentum vom Banker nach Feierabend bis hin zum Vollzeitjunkie auf einer Bahnhofstreppe. Immer wenn man in eine Menschenmenge guckt, dann ist der Grossteil der Masse untenherum Jeansblau. Wie ein Dominospiel an dem man die blauen Hälften zusammenschieben kann.
Ich hatte damals schon genug rebelliert und befand mich gerade auf dem Weg mich zum bürgerlichen Altrevolutionären zu entwickeln und kaufte mir meine erste Bügelfaltenhose. Dann noch eine und noch eine, irgendwann kaufte ich Nadelstreifenhosen und war sehr glücklich damit. Abgesehen von meiner neu dazugewonnenen Individualität überraschte mich vor allem die neuentdeckte Freiheit meines Geschlechtsorgans. Alles hatte Platz und konnte fröhlich vor sich hin baumeln. Kein steifer Jeansstoff mehr, der alles versuchte an seinem Platz zu halten, sondern richtiges und uneingeschränktes Atmen.
Seit ich aber nach Deutschland gezogen bin, hat sich mein Rumpf aufgewölbt. Das mag am Essen hierzulande liegen, oder vielleicht am regnerischen Wetter, durch das ich mich des öfteren gezwungen sehe, das gesunde Fahrrad stehen zu lassen und dafür die Bahn zu nehmen. Aber das ist auch egal, worauf ich hinaus will, ist nur, dass mir in letzter Zeit aus meinem Umfeld des öfteren nahegelegt wurde, mich doch mal in etwas sportliche Klamotte zu kleiden. Das würde mich jünger machen und eben, nunja, frischer und dynamischer. Lange habe ich mich geweigert, aber letzten Samstag in der Mönckebergstrasse überfiel mich der Wahn der Jugend: Ich kaufte mir Seife und eine Jeanshose.

Sosehr mich damals die dazugewonnene Freiheit meines Gemächts erfreute, sosehr überraschte mich plötzlich diese angenehme, ähm, Verpackung meiner Eier. Wie nach Hause zu kommen und zu wissen, dass alles gut geschützt, verschnürt und eingepackt ist. Und weil mein Bauch jetzt nach oben gedrückt wird, muss ich die Brust nach vorne heben um halbwegs Luft zu bekommen. Zusammen mit dem breitbeinigen Laufen (mit soviel steifem Jeansstoff im Schritt kann man gar nicht anders) bin ich jetzt wirklich schlagartig zu einem richtigen Kerl herangeschnürt. Beeindruckend.

erster Dezember

Es freut mich immer wieder, mein Blog als unfreiwilliges Dokumentationssystem zu entdecken. So weiss ich heute beispielsweise, dass ich mich dem 1. Dezember des Vorjahres gegenüber deutlich gebessert habe. Heute stehen lediglich fünf Türchen offen. In vier Jahren habe ich vielleicht Disziplin gelernt. Ich habe nun wirklich keinen besonderen Hang zu Süssigkeiten, meine Körpermasse stammen vom herzhaften Essen her. Den Süsswaren kann ich widerstehen. Zumindest solange sie im Laden stehen. Wenn ich mir Schokolade ins Haus hole, ist das schon wieder eine ganz andere Sache. So ein nutzlos herumstehender Adventskalender ist halt doof.

Aber ach, was sind schon meine kleinen haushaltlichen Querelen, schliesslich ist heute Weltaidstag und daher möchte ich der Besinnung wegen auf diese kurze und ergreifende Geschichte von Lu verweisen.
Und da ich heute Abend meine Fabrik frühestens um zehn Uhr Abends verlassen werde, schaffe ich es auch nicht zur Benefizlesung im Weissen Raum. Geht bitte zahlreich hin, ihr Hamburger.

"Hey Mek, kannst Du mir n Blog besorgen?"

Nachdem mir Abwandlungen dieser Frage in letzter Zeit schon mehrmals gestellt wurden, überlege ich mir, nur noch mit dunkler Sonnenbrille auf Parties zu gehen. Ich werde Optionen bei twoday verlangen und alle Minderjährigen die noch nicht rauchen dürfen, schicke ich zu 20six. Nachdem ich bei den Wienern ganz dick abgesahnt habe, leiste ich mir einen geilen Schlitten ohne Dach, verhökere die Blogs im Sitzen, rauche Zigarren und in einer ruhigen Minute moblogge ich dann meinen ganzen Erfolg ins Netz hinein und verlange in die Top100 der Businessblogger aufgenommen zu werden. Und die Frauen, ja Die, die sitzen natürlich neben mir, auf meinem Schoss und auf der Rückbank. Und auf der Motorhaube.
Nachdem man mich in einer Kokainverschnupften Nacht, tot und mit einem Gin-Tonic in der Hand, auf einer Luftmatratze mitten in meinem Swimmingpool vorfinden wird, wird auf meinem Grabstein stehen:
„In stillem Gedenken an Mek Wito, der uns alle zusammengebracht hat und uns die Mittel gegeben hat unseren Senf in die Welt zu streichen. Und achja, den Journalismus den Stinkefinger zu zeigen“. Und alle Frauen werden weinen.

Schade eigentlich, dass mir dieser Lebensstil nicht gefällt. Würde mir nämlich stehen, glaube ich.

Springweg (vorgelesen)

Purplerain aus Berlin tut Podcasten. Seit dem Donnerstag schon gibt es ihre Lesung zu meiner Springweggeschichte, und ich habe es gar nicht gemerkt. Die holländische Depression der letzten Tage hatte nicht nur Stromausfälle und Schneestürme zur Folge.
Sehr schöne Stimme, die -auch wegen dem Apfel-Sanddornmus- zur damaligen und der jetzigen Jahreszeit passt. Ich bedanke mich recht herzlich und schmeisse es gleich nochmal an. Und nochmal.

Pride and Prejudice

Ich bin ja ein grosser Liebhaber von Liebesfilmen in denen es von grossen Emotionen und endlosen Liebesschwüren und -Bekenntnissen nur so trieft. Mein liebster Film war bisher Sense and Sensibility (Ich glaube auf deutsch heisst der „Sinn und Sinnlichkeit“), der bis vor einigen Tagen unübertroffen an der Spitze der Liste stand. Bis ich neulich Stolz und Vorurteil sah. Jetzt gibt es Krieg in der Topliste. Später kam ich zwar drauf, dass die Geschichte mehr oder weniger die selbe ist, eine Familie von niedrigem adligen Stand, ausschliesslich aus Töchtern bestehend die unbedingt mit einem reichen Mann vermählt werden müssen, weil sonst die ganze Familie im Elend versinken wird. Aber das soll einen nicht von dieser grandiosen Liebesgeschichte abhalten, zumal die Parallelen auch nicht verwunderlich sind, denn beide Geschichten sind von der englischen Autorin Jane Austen anfang 1800 geschrieben.
Auch diese Familie wohnt auf dem Lande und natürlich leisten sie sich Mägde, obwohl das Geld dazu eigentlich gar nicht mehr reicht, aber ein Adel braucht auch Haushilfen, weil es sich sonst so schwierig langweilen lässt. Aber trotzdem ist es ein sehr schöner Film. Vielleicht gerade auch deshalb.
Ich ging ins Kino weil die Frauen im England um 1800 herum Korsagen trugen, wurde aber wiedermal belehrt, dass es weitaus wichtigeres gibt als bloss stramm gezüchtigte Frauenleiber. Die Liebe zum Beispiel. Der Faden der Geschichte ist, dass die Mädls unter die Haube müssen. Die Hauptrolle Elizabeth, eine sehr sympathische junge Frau im Alter von sechsundzwanzig Jahren, mit Hang zur Schrift und den schönen Worten ist die Zweitälteste und nicht ganz so makellos schön wie die ruhige und ausgeglichene ältere Schwester. Ihre grosse Sorge ist, wie auch bei allen anderen vorkommenden Frauen, der fehlende Mann an ihrer Seite. Sie ist zwar ganz hübsch anzusehen, jedoch lacht sie mit den Zähnen. Ich glaube das mit den Zähnen fällt zwar nur mir auf, weil sie ja mittlerweile ein Star geworden ist, aber trotzdem muss das mal erwähnt werden. Lachen geht auch anders. Elizabeth ist halt ein wenig schwierig. weil sie einen wunderbaren dicken Schädel hat und nicht jeden dahergelaufenen Mann zum Gemahl nehmen will. Eine die halt viel liest. Dann gibt es diese Party für adlige auf dem Lande, für die ein junger und stinkreicher Mann angekündigt wird, den alle junge Frauen im Lande haben wollen. In unserer Familie hat natürlich die älteste Tochter Jane den Vorrang, da es für sie wirklich langsam Zeit wird. Sie gehen hin, saufen und tanzen und tratschen und zwischen Jane und dem reichen Bingsley oder Kingsley, der neben reich zu sein, auch noch gut aussieht, knistert es tatsächlich. Sie tanzen die ganze Zeit und es ist eine grosse Freude.
Elizabeth jedoch lernt auf dieser Party den noch stinkreicheren Darcy kennen, in dessen Begleitung Bingsley oder Kingsley sich befindet. Darcy ist mein grosser Held im Film. Erst teilt der Film uns mit, dass man ihn wegen seiner ungeheuren Arroganz zu verabscheuen hat, mit dem Fortschreiten der Geschichte fängt man aber genau diese Hochnäsigkeit an zu schatzen, vor allem wenn man dabei zusieht wie sie langsam vor der Liebe zu zerbröckeln scheint und man am Ende draufkommt, dass er einfach nur so schön ernsthaftig ist. Er kann bloss keine andere Miene aufsetzen als diese traurige Ernsthaftigkeit. Wunderbar. Natürlich blickt er anfangs auf Elizabeths Familie hernieder als seien sie der letzte Abschaum und das lässt er Elizabeth auch fühlen, er ist ja reich und sehr gebildet, liebt die Kunst und die schönen Worte, schreibt mit einer Vogelfeder am offenen Fenster, doch sie schafft es im Laufe des Abends auf derart gut platzierte Weise und sprachlich sowie intellektuellem hohen Niveau zu beleidigen, dass sie beim ihm bleibenden Schaden hinterlässt.

Die Geschichte nimmt dann so ihre Lauf, Elizabeth lacht ab und zu mit den Zähnen, Jane und Bingsley sehen sich noch ein paarmal, doch weil sie beide so schüchtern sind wird nie wirklich was aus den zweien. Schliesslich müsste er ihr ja ein Angebot machen, weil er der Mann ist. Dass sie sich lieben ist deutlich, aber manchmal raffen sich die Leute halt nicht dazu auf. Ein wenig quälend, aber man weiss im Film ja schon, dass das bestimmt noch zu einem glücklichen Ende führen wird. Witzig ist vor allem wie die liebenswürdige aber geldgierige Mutter mit prophetischen Tricks fertig bekommt, dass Jane im Hause Kingsley zu Besuch erscheint und dort auch die Nacht verbringen muss. Dass Jane in jener Nacht Fieber bekommt und daher nicht nach Hause kann, sollte eigentlich Sorgen bereiten, es ist für die Mutter jedoch lediglich ein Erfolg, weil sie dadurch länger bei den Bingsleys verbleiben muss und so hoff-en-tlich dem jungen Kerl näherkommt und letztendlich heiratet. Viele Tage vergehen, Jane wird nicht gesund, schreibt jedoch Briefe und irgendwann macht sich Elizabeth auf dem Weg. Dort trifft sie -natürlich- Darcy. Eine Art Dauergast bei Bingsley. Liz und Darcy kommen sich näher, streiten sich aber auch. Immer auf dieser steifen und distanzierten Art, ich könnte sie beide knutschen dafür. Aber so waren sie ja alle damals. Als Jane dann wieder gesund ist und zwischen ihr und Bigsley immer noch kein Sex stattgefunden hat, nehmen sie eine Kutsche nach Hause und bald darauf bekommt Jane einen Brief von ihm, der ihr deutlich, wenn auch in anderen Worten, zu wissen gibt, dass er jetzt nach London fortzieht und dass es wohl nichts zwischen ihnen beiden werden wird. Da will man natürlich erstmal einen Whiskey kippen, da das so unlogisch scheint. Die Mutter zögert nicht lange und schickt Jane nach London, wo sie Parties feiert und den Bingsley eigentlich gar nicht trifft. Dazwischendrin kommt dann dieser eklige Mister Collins daher, der das Haus unserer Familie erben soll und daher Elizabeth heiraten will, und ihr dabei verspricht, dass ihre Familie weiterhin im Hause leben dürfe. Der kriegt dann einen amüsanten Korb (weiter so Liz) und bald darauf trifft sie den schönen Wickham, der ihr eine ganz böse Geschichte über Darcy erzählt, wodurch Elizabeth ihre latent anwesende, aber niemals zugegebene Liebe zu Darcy vollkommen zu verlieren scheint. Und dann kommt sie auch noch drauf, dass Darcy dafür verantwortlich ist, dass Bigsley weggezogen ist, anstatt um Janes Hand zu fragen. Weil Darcy zu ihm sagte Janes Familie sei ein peinlicher Haufen Leute und unter seinem Stand.
Die ganze Welt scheint dann in den Abgrund hinunterzugehen, bis Elizabeth dann auf einer Reise mit Tante und Onkel auf Darcy in seinem Palast stösst. Seine Liebe keimt dann auf und … ach ja, letztendlich kriegen sie sich alle, und Herr Mek hatte Tränen in den Augen.

Wenn ich Darcy gewesen wäre, dann hätte ich ja die ältere Schwester genommen, oder wenigstens Elizabeth gesagt, sie solle den Mund schliessen wenn sie lacht. Ich war den ganzen Film über in Alarmbereitschaft, um mich bei Szenen, in denen jeden Moment ihre zähnefletschende Freudensgrimasse angedeutet wurde, in Schutz zu nehmen und meinen Blick meinen zu Tränen gerührten Nachbarn zu widmen. Oder in deren Popcorn.
Aber sonst war der Film wirkliche Klasse. Die wunderbaren, endlosen Dialoge, in denen die Darsteller schon drei Sätze und fünf Nebensätze benötigen, bloss um nach einem Glas Wasser zu fragen, und all die schönen Gewänder die sich über die Leinwand entlangziehen, nebst der wirklich rührenden Geschichte um Liebe, das hat mir alles gefehlt, seit vielen Jahren. Seife auf hohem Niveau sozusagen.

Ich liebe Gesicht

Gut, die Mailflut kann jetzt aufhören. Ich habe das Wort „neckisches Gesicht“ herausgenommen. Eigentlich hätte es sogar ein paarmal öfter dort gestanden, aber das hatte ich vorher schon aufgrund zweier irrelevanter Sexpassagen weggeschnitten. Neckisch ist also furchtbar, teilt man mir mit, aber was gibt es für Alternativen? Ihr seid ja Scherzkekse. Mein „Textor, Sag es treffender“ sagt mir zu neckisch: affig, albern, kess, kindisch, lächerlich, läppisch, töricht, capriccioso, drollig, humoristisch, launig, possenhaft, putzig, schalkhaft, schelmisch, spasshaft, spassig.

Toll: „Sie sass auf mir, ich liebte auch ihre Brüste, nicht bloss ihren hübschen Hintern und ihr affiges Gesicht.“

oder: „Ich lief ihr nach, es war meine Schuld, wie konnte ich es bloss wieder gut machen? Sie drehte ihr von Tränen durchtränktes, humoristisches Gesicht zu mir um. Ich blickte in ihre Augen…“

Nun, um dem randalierenden Mob nachzugeben, habe neckisch herausgenommen. Jetzt ist noch Gesicht da.