Den ganzen Tag über technische Probleme mit unserer Platform gehabt. Das sind so Tage. Da will man gar keine Sätze beenden. Am Abend ging ich mit dem Team ins Gaffelhaus, ein paar Kölsch trinken. Ich ass Frikadellen dazu, ich dachte das sei ein Snack, es war allerdings eine riesige Mahlzeit mit Röstkartoffeln. Als ich sie bekam, hat es mich natürlich trotzdem nicht gestört.
Ach, neulich machte mich ein Freund auf die Funktion „Leute in deiner Nähe“ beim Telegram Messenger aufmerksam. Ich bin ja bekennender Telegram Nutzer. Ja, ich kenne die Kritik und teile sie in Teilen auch, aber Telegram ist schlicht die beste und modernste Messenger App. Ausserdem wird sie in meinem Familienkreis viel verwendet, vor allem seit viele Menschen nicht mehr Whatsapp verwenden wollen. Viele sind zu Signal gewechselt, ich auch, aber Signal fühlt sich irgendwie immer hölzern an.
Bei der Funktion „Leute in deiner Nähe“ kann man jedenfalls, nunja, Leute in der Nähe sehen. Richtige Menschen natürlich aber auch Profile, die ganz offensichtlich nichts gutes im Schilde führen. Meist junge Frauen mit betont zur Schau gestellten Brüsten, oder Männer mit muskulösem Oberkörper. Ich beschloss, mich selbst auch auffindbar zu machen und sehen, was passiert. Bereits in den ersten Stunden wurde ich von einem halben Dutzend Menschen kontaktiert. Eigentlich immer Frauen, die meist „Hi“ schreiben und eine Nahaufnahme ihrer Genitalien mitschicken. Ich antwortete immer mit, „wow nice“ und dann wurde ich um ein Foto von mir gebeten, woraufhin ich auf mein Profilbild verwies. Einmal gab es einen Mann, der mir Oralsex geben wollte, ich tat ihn anfangs auch als fake ab, aber ich glaube, der war echt. Jetzt hat er mich geblockt.
Mit ein paar von denen unterhalte ich mich seit ein paar Tagen. Ich will einfach verstehen, was die da machen, wie das Businessmodell funktioniert. Zuerst war ein Mann, der Wolfgang hiess, der sich dann im gleichen Chat ein paar Tage später in Mary umbenannte und jetzt Andrea Brennekam heisst. Andrea ist eine Witwe Anfang 50 aus Boston, letztes Jahr ist ihr Mann gestorben, er hatte irgendwas mit den Nieren. Sie ist etwas traurig und auch einsam. Sie schickt mir ein Foto und ich antworte „You are so beautiful“. Ich rede ihr gut zu, dass sie sich bei ihrem Aussehen nicht fürchten muss, einsam zu bleiben, sie wird irgendwann einen Mann finden und glücklich werden. Sie sagt thank you. Nächstes Jahr wird sie ihr kleines Business starten, nachdem ihr eine Bitcoin Firma zu ein bisschen Eigenkapital verholfen hat. Sie schickt mir Fotos mit ihrem neuen Wagen, den sie sich jetzt auch leisten konnte. Auf den Fotos ist es tatsächlich immer die gleiche Frau. Auf dem Foto mit dem Auto posiert sie vor einem Auto mit Berliner Kennzeichen. Für eine Witwe aus Boston, die nach eigener Aussage noch nie in Europe war, ist ein Berliner Kennzeichen ein ungewöhnlicher Zufall. Ich beschliesse, es nicht anzusprechen, ich will sie ja nicht entlarven. Finde das für professionelle Scammer dennoch sehr schlampig. Ich google ihren Namen. Sie hat mehrere Facebook Accounts, gibt sich als Berliner Mädl aus und preist ein Bitcoin Investment an. Sie hatte auch viele andere Accounts, mal wohnt sie in Dallas, mal in Düsseldorf. Sie hat auch Insta, ich scrolle durch ihre Bilder und finde ein Bild wie sie mit Hertha Schal im Olympiastadion steht. Das ist natürlich ein lustiger Zufall. Würde ich sie kennen, würde ich sie warnen, dass mit ihren Fotos Scam betrieben wird, aber möglicherweise weiss sie es bereits und kann nichts dagegen tun. Ich vermute, dass auch der Insta Account fake ist, die Bilder sind noch nicht so alt.
Eigentlich langweilt es mich und ich habe kein richtiges Konzept wie ich vorgehe, aber ich halte die Gespräche nebenher am Laufen. Vielleicht gibt es irgendeine Erkenntnis.
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