[Mittwoch, 18.8.2021 – Lesung im Hinterhof, Novellen]

Am Abend war ich auf einer Lesung von Klaus Ungerer eingeladen. Mein Tshirt hatte seltsame Flecken, also beschloss ich auf dem Weg zur Lesung in die Mall am Leipziger Platz zu gehen und mir ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln zu kaufen. Zum einen könnte es am Abend kühl werden aber ich suchte auch schon seit Tagen ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln, war aber stets erfolglos geblieben. Warum ich mir gerade jetzt erhoffte, unter Zeitdruck ein passendes Hemd zu finden, erschloss sich mir nicht, aber dennoch tat ich es einfach und so stand ich zehn Minuten nach Betreten des Geschäftes, wieder am Fahrrad mit einem neuen Hemd am Oberkörper.

Es hätte noch schneller gehen können, aber ich verlor ein bisschen Zeit, weil die Verkaufsdame mir ein Hemd gab, das mir zu groß erschien, als ich es anprobierte kam es mir immer noch zu groß vor, also ging ich zurück zu der Dame und fragte sie, ob es das Hemd nicht eine Nummer kleiner gäbe. Sie schüttelte den Kopf und sagte, das sei genau die richtige Größe und machte eine Geste an ihrem Bauch, die signalisieren sollte, dass es zu Spannungen kommen könnte, ich sagte, ich würde dennoch lieber eine kleinere Nummer probieren, doch sie schüttelte den Kopf und ging einfach. Einfach so.
Da ich nicht wusste, wo sie das Hemd hervorgezogen hatte, wollte ich keine Zeit verlieren und ich kaufte es einfach. Im Laufe des Abend fiel mir dann auf: es passt hervorragend und ist gar nicht zu groß.

Klaus und Andreas Baum haben einen kleinen Verlag gegründet. Die Lesung war so etwas wie die Vorschau unter Freunden in einem Hinterhof der Rheinsberger Strasse. Zwanzig Gäste waren geladen. Die beiden Verlagsgründer lasen aus ihren Novellen vor.

Ich war schon etwas früher da, Klaus stellte mich Andreas vor. Ich kannte Andreas Baum aus Klaus‘ Erzählungen, dass er in 2016 einen Hausbesetzerroman veröffentlicht hatte. Das Buch klang ungemein lesenswert und ich setzte es auf meine Liste. Ich sagte zu ihm, dass mir sein Buch empfohlen wurde und ich es demnächst lesen würde, dabei erwähnte ich, das persönliche Interesse am Thema, da ich in den Neunzigern auch Häuser besetzte, allerdings in den Niederlanden.

Andreas lehrte in 2004 in Afghanistan Journalismus und die Novelle die er vorstellte, war eine Geschichte über die Erfahrungen aus jener Zeit. Aktueller geht es natürlich kaum. In 2004 hatte man gerade halbwegs erfolgreich die Taliban in die Berge zurückgedrängt und es keimte so etwas wie Hoffnung auf ein besseres Leben auf. Das Buch erscheint vermutlich im September und ich kann es sehr empfehlen.

Klaus Novelle ist eine Geschichte über das Fehlen. So heisst die Novelle auch. Das Fehlen. Eine poetische Erzählung über Abwesenheit, ich ahne, dass es viel um Verlust gehen wird, ich kann mich aber auch täuschen. Im Publikum herrscht lustigerweise die Meinung, dass es eine Liebesgeschichte sei, was Klaus vehement verneint. Auch bei mir hing eine Geschichte der Liebe über allem, aber gut, ich kenne jetzt ja nur die vorgelesene Passage. Aber ist Liebe nicht immer auch die Angst davor, sie zu verlieren? Die Schwere in der Liebe ist vielleicht das Fehlen. Aber deswegen muss es natürlich noch längst keine Liebesgeschichte sein.

Es wurde sehr kühl. Ich saß an diesem schönen und unterhaltsamen Abend noch lange in kurzen Hosen und kurzen Ärmeln. Es ist Mitte August. Die Gäste trugen bereits mehrere Kleiderlagen. Auch ich zog mir eine Jacke über.

Als ich mich verabschiedete, sagte Andreas zu mir, ich solle warten, er hätte etwas für mich. Er drehte sich um und zog ein Exemplar seines Hausbesetzerromans aus seiner Tasche. „Wir waren die neue Zeit„.

[Donnerstag, 19.8.2021 – Spülmaschine, Ada Blackjack, Wrangel Island]

Morgens fuhr ich ins Büro und am Abend fuhr ich wieder nach Hause.

Nach den sehr anstrengenden letzten Tagen im Büro, legte ich heute eine mentale Pause ein. Ich sass lange auf dem Schaukelstuhl in der Küche und hörte der Spülmaschine zu.

WWMMM WWMMM WWMMM

Regelmäßig roch ich an zwei Pomadenproben. Pompys rot und Pompys blau. Pompys rot riecht unfassbar intesiv nach Nadelwald. Pompys blau riecht für mich etwas schwerer zuordenbar, ich würde es orientalisch nennen, nach Pfeffer. Vielleicht kaufe ich die rote.

Als die Spülmaschine fertig war, schaltete ich einen Podcast ein. Ich höre oft „Curiously Polar“. Drei sympathische Männer, die über die Arktis und die Antarktis sprechen. Diese Folge heisst „The Heroine of Wrangel Island“ und erzählt die verrückte Geschichte einer Unuit Frau namens Ada Blackjack. Ada Blackjack war 23 Jahre alt als sie 1921 auf einem Expeditionsschiff anheuerte, um für die Arztkosten ihres Sohnes aufkommen zu können. Die Schiffcrew bestand aus vier schlecht vorbereiteten und inkompetenten Männern und aus Ada. Ada wurde wegen ihrer Koch- und Nähfähigkeiten gebraucht. Als nach einer Reihe von falschen Entscheidungen drei der vier Männer sterben verbrachte sie zwei Jahre auf der eisigen Wrangelinsel in der ostsibirischen Arktis. Zuest noch mit einem der verletzten Männer, nach dessen Tod aber alleine, brachte sich selber jagen und fischen bei und wie sie sich vor hungrigen Eisbären zu retten hatte.

[Freitag, 20.6.2021 – Gewürznelken, Köfte]

In der Firma hatte ich wieder eine Reihe schwieriger Gespräche, wie eigentlich die ganze Woche schon. Andererseits merke ich, dass mich Krisen nicht sonderlich belasten, sonder mich eher antreiben. Krisenmanagement entfacht wesentlich mehr positive Energie in mir, als das Verwalten oder das konstruktive Arbeiten. Muss ich mal drüber nachdenken, ob das eine gute Sache ist.

Nach der Arbeit traf ich wieder meine Frau unweit des Alex. Normalerweise erkenne ich sie immer von Weitem, aber heute verstand ich erst, dass sie es war, als sie so ziemlich vor meiner Nase stand. Sie trug eine schöne Bluse, die ich zwar kannte, die sie normalerweise aber nicht ohne Jacke trägt, ich hielt unbewusst einfach nach einem anderen optischen Muster Ausschau.
Dann spazierten wir den ganzen Weg nach Hause. Sie schlug vor, Köfte zu machen. Ich fand das eine super Idee, ich liebe, es neue Dinge zu versuchen. Und während ich das so schreibe: Muss ich mal drüber nachdenken, ob das eine gute Sache ist.

Im Supermarkt kaufe ich 400g Rinderhack und die nötigen Gewürze. In Köfte kommen Gewürznelken. Irre. Gewürznelken sind für mich Glühweingewürz, von diesem Bild komme ich nicht los. Als Kind lutschte ich oft an den ausgesiebten mit Zucker und Wein vollgesogenen Glühweingewürznelken. Und danach war meine Zunge immer ein bisschen taub. Mit achtzehn Jahren hatte ich außerdem einen sehr schlechten Backenzahn, den ich wochenlang mit Gewürznelken behandelte. Ein Bauernkalenderspruch riet mir zu dieser Methode. Ich muss nicht weiter drüber nachdenken um zu wissen, dass das wiederum keine gute Sache war. Gewürznelken bringe ich also nicht in Verbindung damit, Fleisch zu würzen. Sobald ich die Gewürznelken in das Rindfleisch rieb, verstand ich aber, dass genau die Gewürznelken das Köfte so köftig machte und es von einer normalen Frikadelle unterscheidet. Abgesehen vom Kreuzkümmel natürlich.

[Samstag / Sonntag, 21. & 22.8.2021 – Olympiastadion, Kneipenquiz, Sonntag, neues Theme]

Es fiel mir schwer, den Tagebucheintrag vom Vortag anzufertigen, so liess ich es diesmal sein und fasse heute beide Tage zusammen. Das erste mal seit dem 8. Februar, dass ein Tag ausfällt. Ich bin selber erstaunt. Also nicht, dass ein Tag mal ausfällt, sondern, dass seit sieben Monaten nur ein einziger Tag ausgefallen ist.
Ich war diesmal einfach zu faul.

Am Samstag war ich im Stadion. Das Spiel gegen Wolfsburg. Eigentlich wollte ich nicht hin, 17000 Menschen sind mir noch zu viel. Am Freitag treffe ich meine Schwiegereltern die achtzig Jahre alt sind. Ich habe lange abgewogen, bin dann aber doch gefahren, vor allem um all die Menschen wieder zu treffen und weil es das erste Heimspiel der Saison ist, aber vor allem auch, weil es am Abend eine Fanveranstaltung gab, auf der ich angemeldet war.

Ich ging nur zögerlich ins Stadion hinein, ich verbrachte die Zeit auf dem Stadiongelände beim Wurststand. Das Spiel war ganz schlimm, am Ende verloren wir 2:1. Zwei Spiele, zwei Niederlagen.

Zum Glück gab es nachher die Veranstaltung auf dem Trainigsgelände. Es war die zweite Auflage des Kneipenquizzes. Es gab ja diese Initiative, die während der Pandemie an Spieltagen eine virtuelle Herthakneipe in Zoom organisierte. Wo die Teilnehmerinnen für jedes zuhause getrunkene Bier in einen Paypal Moneypool einzahlten, welcher dann Woche für Woche an eine andere Herthakneipe ausgezahlt wurde. Dies um die Wirtinnen finanziell zu unterstützen. So entstand dann auch das Kneipenquiz.
Das erste offline Quiz sollte dann eigentlich auf dem olympischen Platz vorm Stadion stattfinden. Der Verein stellte uns dann jedoch offiziell einen Teil des Trainingsgeländes zur Verfügung. Dort gab es dann Grillwürste und Bier und eben das Quiz.

Das mit dem Bier ist auch so eine Geschichte. Als letzte Saison das Derby gegen Union stattfand, kommentierte Timm auf Twitter irgendeinen Sponsortweet von Berliner Pilsner. Die Berliner Pilsner Brauerei ist offizieller Sponsor von Union. Timm schrieb, wenn Hertha verliert, würde er den Brauereihof fegen, wenn sie im Gegenzug bei einem Sieg von Hertha 10 Kisten Bier pro geschossenes Tor bereitststellen würden. Die Brauerei stieg etwas unerwarteterweise in die Challenge ein.
Hertha gewann das Spiel 3:1 und so gaben sie tatsächlich 30 Kisten Bier weg. Dieses Bier wurde gestern Abend beim Kneipenquiz schließlich getrunken.

Mein Team gewann den neunten Platz. Von 17 Teams. Solides Mittelfeld. Besser als mein Fussballverein.

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Am Sonntag hatte ich einen seltsamen Kater. Das muss vom Berliner Pilsner kommen.

Wir waren den ganzen Tag in der Wohnung beschäftigt. Vor allem putzen und aufräumen, weil wir am Freitag (oder Donnerstag?) Besuch bekommen und dann haben wir das ganze übriggebliebene Gemüse gekocht. Zu unterschiedlichen Speisen.

Und dann war es plötzlich Abend. Und das Wochenende vorbei.

Ergänzung: ich habe das Theme im Blog geändert. Ich wollte mal etwas anderes. Mir gefiel das alte Design nicht mehr so gut, die Schrift war nicht dunkel genug, ausserdem hatte ich die Anzeige der Links zerschossen und wusste nicht mehr, wie ich es rückgängig machen kann, das war dann ein willkommener Anlass, etwas neues zu probieren.
Ich finde den schmaleren Textblock total elegant. Der Grundstil ist ja eher gleich geblieben. Schon seit 18 Jahren.
Schade eigentlich, dass ich keine Screenshots der Designs über die ganzen Jahre genommen habe.

[Montag, 23.8.2021 – Nicht viel passiert, Longyearbyen, Tromsö]

Heute ist nicht viel erwähnenswertes passiert. Ich trug eine Unterhose mit Lakritzenmuster und ich hatte einen sehr langen Tag im Büro. Heute habe ich allerdings viel geschafft.

Was man vielleicht noch wissen sollte: heute ging in Longyearbyen das erste mal seit 4 Monaten wieder die Sonne unter. Etwa eine Minute lang. Jetzt geht es aber ganz schnell. In zwei Monaten beginnt bereits die Polarnacht.

Der Sommer in diesem Teil der Arktis war dieses Jahr eher so mittelmäßig. Der Nebel hing immer tief und dick in den Buchten. Allerdings verbrachten auch Blauwale und tausende Belugas ihren Sommer im Fjord vor dem Ort.

Wir haben unseren Besuch fürs Frühjahr angepeilt. Vermutlich Ende April slash Anfang Mai. Die Zeit nach der blauen Jahreszeit, also an den sogenannten Eistagen. Wo alles noch gefroren ist, bei minus zwanzig, wo die Sonne aber schon nicht mehr untergeht.

Voraussichtlich im Dezember fliegen wir für ein paar Tage nach Tromsö. In Tromsö beginnt die Polarnacht erst Ende November, es ist da aber nie so komplett finster wie in Longyearbyen. Aber Tromsö ist einfacher zu erreichen. Vier Stunden, mit Umstieg in Oslo. Für Longyearbyen muss man mit längeren Aufenthalten in Oslo oder Stockholm rechnen, da die Anschlüsse manchmal stundenlang später stattfinden.

So ist das.

[Dienstag 24.8.2021 – Größe, wieder die Webcam von LYB, Alexandra Daddario]

Gestern bin ich um halb zehn oder so ins Bett gegangen und heute früh bin ich um 8 wach geworden. Das waren etwa zehn Stunden. Keine Ahnung, was da passiert ist. Einmal wurde ich mitten in der Nacht wach und ich fror. Vermutlich brütete ich gerade etwas aus. Heute geht es mir wesentlich besser obwohl ich gestern nicht wusste, dass es mir schlechter ginge.

Am Vormittag spuckte ich für einen Coronatest in ein Röhrchen. Kann ja nie schaden. Test war negativ.

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Ich war wieder lange im Büro, aber derzeit ist es sehr produktiv, alles beginnt klarer und besser zu werden. Ja, ich halte es vage, hier im Blog.

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Abends messe ich meine Körpergröße. Ich will das schon seit Jahren machen, würde das aber lieber morgens tun, weil man abends offenbar kleiner ist. Morgens vergesse ich es aber immer, ich denke nur abends daran. Heute Abend war es mir egal. Ich stellte mich an die Tür und bat meine Frau, eine Linie mit dem Bleistift zu ziehen. Das Messergebnis war etwas enttäuschend. Ich bin einen Zentimeter kleiner als ich dachte und zwei Zentimeter kleiner als ich mich mache.
Ich bin ja schon nicht so groß.
Aber frühmorgens bin ich bestimmt diesen einen Zentimeter größer.

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Da ich sie schon lange nicht mehr gepostet habe: die Webcam von Longyearbyen

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Ich schaute „The White Lotus“. Diese sechsteilige bissige Kommödie über Menschen in einem Resort auf Hawaii. Mit der wie immer umwerfenden Connie Britton, aber auch mit dieser seltsamen Schönheit Alexandra Daddario. Ich habe ihre Schönheit noch nicht ganz verstanden. Das erste mal sah ich sie in „We have always lived in the castle“, damals dachte ich sie sei zu klassisch schön, zu un-an-fassbar schön, ich musste dabei immer an die Schönheit einer Porzellanpuppe denken, brüchig, klirrend, auch weil sie dort eine Rolle mit bewusst wenigen Facetten spielt. Eine junge Frau mit irgendeinem sehr düsteren, inneren Problem. Sie hat das Gesicht für Horrorfilme. Strahlend, lieblich und man sieht sofort, dass etwas total nicht in Ordnung ist. So ist es auch bei The White Lotus.

Dann sah ich sie auch in „We summon the darkness“ wo sie eine unsympathische Rockergöre aus wohlhabendem Hause spielt. Eine erstaunliche Wandlung. Aber auch da, man sieht sofort: something’s not right.

[Mittwoch, 25.8.2021 – Brückenwächter, Herthablues]

Jetzt habe ich es nach den vielen Jahren doch tatsächlich geschafft, meine Größe an einem Morgen zu messen. Das lag vermutlich daran, dass der Bleistift, das Massband und der Buchblock noch von gestern an der selben Stelle lag und ich es deswegen einfach tat.
Das erstaunliche Ergebnis ist: morgens messe ich 1,5cm mehr als am Abend.

Es ist jetzt nicht so, dass ich mich zu klein fühle, aber ein bisschen größer sein wäre schon cool. Ich wäre gerne ein muskulöser, 195cm großer Fleischberg. Im Mittelalter wäre ich ein Brückenwächter am Anfang einer Brücke über eine tiefe Schlucht, die so tief ist, dass man den Abgrund nicht sieht. Wenn Könige und ihre Entouragen kämen, müssten sie mir Fragen beantworten. Fragen nach der Lieblingsfarbe zumbeispiel, oder nach dem Lieblingsclub.

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Ich brauche derzeit Herthapodcasts um die Niederlagen zu verarbeiten. Üblicherweise höre ich auf dem Fahrrad, wenn ich einkaufen gehe oder wenn ich mal in der Mittagspause alleine spaziere. Oder wenn ich in der Küche bin und Dinge mache.
Vorhin sass ich längere Zeit auf dem Schaukelstuhl in der Küche, mit den Kopfhörern im Ohr. Und liess mir meinen Herthablues wegtherapieren. Gegen Mitte der Woche geht es meistens wieder besser. Am Samstag spielen wir aber gegen die Bayern in München. Hertha hat das letzte Mal in 1977 dort gewonnen.

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Den Rest des Abends verbrachte ich an einem älteren, lustigen Text. Eigentlich wollte ich die Hausbesetzergeschichte überarbeiten, aber dann stiess ich auf diesen unterhaltsamen Text aus 2007, den ich damals etwas eilig hingeschrieben hatte. Ich werde ihn überarbeiten, einlesen und in den nächsten Tagen hier einstellen.

[Donnerstag, 26.8.2021 – seltsam ereignisreicher Abend, Wahlomat, des Neffen Telefon]

Morgens nahm ich ein kurzes Video für den jüngeren der beiden Neffen auf und verschickte es per Messenger. Er hat heute Geburtstag. Ich hatte ihm letzten Herbst mein altes Telefon geschenkt, jetzt hat er Whatsapp, Telegram etc. Das ist neu, dass wir uns einfach Sachen schicken können.

Ich hatte einen seltsam ereignisreichen Abend, obwohl nichts passiert ist. Zuerst zur Ärztin gegangen, ein Rezept abzuholen, dann in die Apotheke gegangen, auf dem Rückweg die Nachbarin getroffen, mit der ich dann etwas länger plauderte, dann zuhause mich an den Text gesetzt, dann in den Supermarkt, dann wieder Text, dann Wäsche gewaschen, alte Wäsche gehangen, mit meiner Schwester gechattet, die Wischfunktion des Saugroboters getestet (wischt nicht gut), Paket zum Nachbarn gebracht, weil er es seit Tagen schon nicht abholt… etc. dabei nur die Hälfte der Ereignisse aufgezählt.

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Mein Neffe hatte am Abend das Video immer noch nicht gesehen, deshalb schrieb ich die andere Schwester an und erzählte ihr das. Sie meinte, der Kleine sei mit dem Telefon baden gegangen.
Das ist natürlich keine so gute Sache. Sie sind auf Elba. Salzwasser. Ich fürchte, davon wird sich das Gerät nicht erholen.

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Zwar darf ich in Deutschland nich wählen, dennoch schmiss ich den Wahlomaten für die Berlin-Wahl an. Der Wahlomat spuckte die Partei der Humanisten aus. Ich kannte diese Partei gar nicht. Bin dennoch glücklich darüber. Fast wie Geburtshoroskop lesen. Sozial, liberal und progressiv.
Interessanterweise landen die großen Volksparteien bei mir alle eher weit unten. Auch die Grünen oder die SPD, die ich in einer realen Welt wohl am ehesten wählen würde. Aber die etablierten Parteien können genau diese drei Werte nicht zusammenbringen. Sozial, liberal und progressiv. Es ist immer nur ein Aspekt, den die Parteien voranbringen. Und es gibt keine große Partei, die wirklich liberal ist, auch nicht die FDP, die ist nur wirtschaftsliberal.

[Freitag, 27.8.2021 – Pasta Primavera]

Ich machte früh Feierabend. Es ist Freitag und meine Schwiegereltern kamen. Meist helfe ich mit den schweren Koffern und Kartons.

Fürs Abendessen stand eine Pasta auf dem Programm. Eine simple Eigenentwicklung meiner Schwiegerfamilie. Sie nennen es „Pasta Primavera“, weil sie frühlingshaft leicht und mediterran schmeckt. Ich übernahm die Zubereitung und sie geht so:

Viel Basilikum in feine Streifen schneiden
Viel Knoblauch pressen
Viele Schwarze Oliven in feine Scheiben/Streifen schneiden
Viele Tomaten in kleine Quader schneiden

Diese vier Zutaten in eine Schüssel geben und mit Olivenöl und Salz verrühren. Stehen lassen. Wasser Kochen, Pipe oder andere Pasta (ich bin da nicht religiös) ins Wasser geben und dann getrennt servieren.

Sehr simpel, sehr frühlingshaft. Auch im Herbst.
Ich muss das einmal mit Haferreis statt Nudeln probieren. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass es zu einer Reismitscheiss-Mantsche wird. Muss ich mal sehen.

[Samstag, 28.8.2021 – Friedhof, Köfte, Spiel gegen Bayern]

Wir hatten einen sehr ruhigen und gemütlichen Samstag mit den Schwiegereltern, haben ewig lange gefrühstückt und am Tisch geplaudert. Es ging schon in Richtung später Nachmittag, als wir das Haus für einen Spaziergang verliessen. Wir zeigten ihnen den Friedhof an der Landsberger Allee, den wir während Corona entdeckt hatten. Dieser merkwürdig verwinkelte, in Teilen verwilderte Friedhof, in dem man immer wieder neue Bereiche findet, die aus anderen Epochen zu sein scheinen. Vielleicht sind auch andere Friedhöfe so. Wir sind keine Friedhofgroundhopper. Aber schön ist es jedenfalls.

Zuhause bereiten wir dann Köfte zu. Wir perfektionieren das Rezept, das wir unter der Woche bereits vorversucht hatten.

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Ab 18 Uhr verabschiede ich mich aber in Richtung Wohnzimmer. Das Vorgeplänkel zum Spiel gegen den FC Bayern läuft. Wir haben das letzte Mal in 1977 gegen Bayern in Bayern gewonnen. Ich glaube jedes Jahr wieder, dass diese Niederlagenserie diesmal beendet wird und wir mit einem fulminanten Sieg gegen diese Mannschaft gewinnen. Ich bin aufgeregt und optimistisch, das erste Bier trinke ich in drei Zügen aus.

Ungefähr in der sechzigsten Minute des Spiels ist das Köfte fertig, es steht bereits 3:0 für den FC Bayern. Ich bekomme ein zauberhaft zubereitetes Tablett mit Köfte, Gemüse, Reis und Bier zum Sofa gebracht. Allerdings bin ich schon dermaßen deprimiert vom Spielverlauf, dass ich beschliesse in der Küche mit den anderen zu essen. Diese schlechte Laune auf das Essen zu übertragen, ich glaube, das ist nicht gut.

Das 4:0 höre ich bis in die Küche. Man schaut mich etwas besorgt an, ich esse aber das Köfte.

Am Ende steht es 5:0 für die Bayern. Meine Mannschaft hat eine grauenhafte Vorstellung abgegeben. In meinen Chats ist die Stimmung ziemlich am Boden. Wir stehen bei 0 Punkten nach drei Spielen, haben unsere beiden besten Spieler verkauft und uns mit mittelmäßigen oder alten Spielern verstärkt. Der ganze Auftritt der Mannschaft, eine Theaterstück mit hängenden Schultern. Ich sehe eine düstere Saison vor uns.
Es gibt noch drei Tage um neue Spieler zu verpflichten. Es stellt sich aber die Frage wo die jetzt herkommen sollen.