Auf dem Rückweg vom Volkspark machen wir fast immer Halt an diesem Hundesauslaufplatz. Wir wollen uns schon seit einiger Zeit einen Hund anschaffen, wir zögern aber noch, wiegen noch ab. Aber das ist eine andere Geschichte, die erzähle ich sicherlich ein andermal.
Weil das Interesse an Hunden geweckt ist, beschäftigen wir uns viel mit Hunden. Meine Frau ist ein Hundemensch, sie ist mit Hunden aufgewachsen, sie weiss mit Hunden umzugehen, sie weiss alles über Hunde.
An diesem Hundeauslaufplatz stellen wir uns einfach an den Zaun und schauen den Hunden zu. Wie sie einander jagen, einander beschnüffeln, wie sie reagieren, wenn neue Hunde auf das Gelände kommen. Manchmal fühlt es sich an wie eine Sozialstudie und es ist immer sehr unterhaltsam. Gestern verliebten wir uns beide in den gleichen Hund.
Heute kam auch eine ältere Frau mit einer Freundin und einem Hund. Ein schöner, großer Hund. Ich kannte das Gesicht dieser Frau. Es war diese ostdeutsche Schauspielerin, mir fiel nur ihr Name nicht ein. Auch meine Frau flüsterte, die kenne ich doch.
Sie war offenbar das erste Mal da, sie fragte, ob man da einfach hinein dürfe. Die Umstehenden nickten.
Sie verhielt sich sehr auffällig, redete laut. Nicht unsympathisch, aber da merke ich immer, wie unfassbar anstrengend es sein muss, vom Schauspiel zu leben. Deine Währung ist dein Gesicht. Es ist nicht dein Charakter, nicht deine Musik, nicht deine Texte, nicht deine Bilder, es ist dein Gesicht. Es ist genau jener Körperteil mit dem höchsten Wiedererkennungswert, mit dem du durch die Welt laufen musst. Und was noch schlimmer ist: die Menschen lieben dein Gesicht in Zusammenhang mit einem Wesen, das du mal vor der Kamera vorgetäuscht hast, im besten Fall überzeugend, aber eben vorgetäuscht. Jetzt läufst du da mit einem Gesicht durch die Welt, ein Gesicht, das alle kennen, alle interpretieren irgendwas in dich hinein, aus irgendeiner Rolle, die du einmal gespielt hast, alle haben eine Projektion auf dein Gesicht. Und dahinter bist du ein völlig fremder Mensch.
Ich stelle mir das so anstrengend vor. Schauspieler sind in der Öffentlichkeit auch immer die Unentspanntesten. Sie werden ständig erkannt, werden immer wahrgenommen, sobald sie das Haus verlassen. Sind immer in einer Rolle. Nie einfach nur da.
Sie redete, verhielt sich theatralisch, reproduzierte sich, sie war jetzt diese berühmte Schauspielerin auf dem Hundeplatz. Menschen schielten sie an.
Als wir zuhause waren googelte ich sie, es gibt Fotos von ihr mit ihrem schönen, großen Hund, da ist er noch ein Welpen und sitzt auf ihrem Schoß. Irgendwie schön, das.
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