[Tagebuchbloggen. Donnerstag, 11.3.2021

Ich habe eine Infektion in der Nase. Sie rinnt. Dazu schmerzt der Kopf. Ich bin quengelig, bin den ganzen Tag über latent genervt von den Dingen.
Am späten Nachmittag, kurz nach fünf, geht es dann besser. Als ich nach Hause fahre, bin ich in einem seltsamen Bedürftigkeitsmodus, von dem ich im Laufe der Jahre gelernt habe, dass ich ihn mit Essen erschlagen kann, auf dem Fahrrad beschließe ich deswegen, das Intervallfasten zu brechen und etwas zu essen. Es muss nicht gleich eine Pizza sein, denn Pizza ist das perfekte Trostessen, es kann auch etwas leichteres sein, zB Brechbohnen mit Parmesan im Ofen oder überhaupt Ofengemüse. Ich muss nur dieses schlechte Körpergefühl des Tages mit etwas salzigem und geschmackvollen neutralisieren.

Als ich zuhause bin, bestelle ich eine Pizza.

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Der Text über die Muskatnuss hat viele Reaktionen hervorgerufen. U.a. auf Facebook haben sich frühere Weggefährtinnen gemeldet, die sich an die Muskatnussexperimente erinnerten und es teilweise auch selber probiert hatten. Es kamen viele Erinnerungen hoch. Ich hatte ja einmal die Kategorie im Blog, unter der ich diese Geschichten bündeln wollte. Das Blog ist nach den mittlerweile achtzehn Jahren schon ziemlich unübersichtlich geworden. Eigentlich gibt es hier nur eine Kategorie und die heisst „unnamed“. Jegliche Kategorie, die ich eingeführt habe, verwaiste nach drei Blogtexten wieder.
Was will ich damit sagen? Weiss ich nicht. Vielleicht, dass ich gute Vorsätze mag. Aber will man sowas sagen?

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Es gibt immer noch Legionellen. Die Hausverwaltung verhält sich seltsam lethargisch. Das Labor hat die Proben offenbar erhalten, aber man kann bei denen den Prozess nicht beschleunigen. Wenn die Proben dann negativ sind, dann muss das Amt eingeschaltet werden, das das Duschverbot wieder offiziell aufhebt. Und dann werden wir erst informiert.
Es wundert mich nicht, dass es so schwierig ist eine Impfkampagne loszutreten.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 12.3.2021]

Auf der Arbeit gelingen mir momentan alle Dinge, alles was ich anfasse, gelingt mir, dieses seltsame Gefühl einer trügerischen Euphorie, der ich mich nicht entziehen kann und natürlich auch nicht will, aber dieser Himmel da oben, der jetzt für die Metapher der möglicherweise verhängnisvollen Fehleinschätzung der Lage herhalten muss, der hat schon ziemlich finstere Wolken zusammengezogen.

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Am Abend ist meine Frau mir wieder halberwege auf dem Heimweg entgegengekommen. Wir spazieren gemeinsam nach Hause.

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Ich schäme mich ein wenig, es hier niederzuschreiben, aber ich habe wieder Pizza zum Abendessen bestellt. Es fühlte sich richtig an. Es fühlte sich richtig an. Es fühlte sich richtig an. Ich glaube, das ist dieser manipulatorische Herr Pfeifer in mir, der mich mit esoterischem Peptalk versucht rumzukriegen. Ich habe Esoteriker immer schon gehasst.

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Danach habe ich diese Wombo.ai App entdeckt mit der gerade das halbe Internet Filmchen verschickt. Es gibt jetzt ein Video von mir, in dem ich „Never Gonna Give You Up“ von Rick Astley singe. Ich mache mit der App Videos von meiner Nichte und den Neffen, Freunden undsoweiter. Ich glaube, ich habe den ganzen Abend damit verbracht. Dabei habe ich festgestellt: jeder Mann sieht gut aus, wenn er Rick Astely singt. Jeder.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 13.3.2021]

ir hatten für heute eigentlich einen Ausflug geplant gehabt, aber wegen Wetter alles abgesagt. Seit es diese Apps vom Katastrophenschutz gibt, sind die Wettermeldungen ja immer amtlich, und wenn auf dem Display dann eine „amtliche Warnung“ aufpoppt, klingt es als würden draussen Aliens patrouillieren.

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Sport. Ich habe 2013 für einige Monaten bei einer Fitnessstudiokette gearbeitet. Nicht im sportlichen Bereich, aber im technischen. Da ich italienisch und (etwas) spanisch spreche, war ich verantwortlich für den Rollout der IT in Italien und Spanien. Die Fitnessstudios wurden mit Monitoren und einer Videostreaming-Technologie erweitert. Ich flog unter der Woche also mit einer dicken USB-Festplatte durch Spanien und Italien und kopierte Fitnessvideos auf die lokalen Server.

Nach drei Monaten kündigte ich den Job. Ich mochte es nicht, ständig unterwegs zu sein. Ich war von Montag bis Freitag immer unterwegs. Zwar an vielen netten Orten wie Barcelona, Verona, Mailand, Sevilla und vielen italienischen, sowie spanischen Kleinstädten, aber dieses ständige Hotelleben, diese seltsame, permanente Oberflächlichkeit, mit der man sich den Orten nähert, das war nichts für mich.
Drei Wochen lang machte das Spass, weil es so aufregend war, weil es das totale Gegenteil eines Alltages war, aber jeder Tag an einem anderen Ort, immer als unverbundener Fremdling, das war dann nicht so meins. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn ich mindestens zwei Wochen an jedem Ort verbracht hätte, aber jeden Tag einen Ortswechsel, das war mir eine zu hohe Schlagzahl. Ich kann mich vor allem daran erinnern, wie ich am Ende der Woche in meinem Bett in Berlin lag und versuchte meine Erinnerungen der Woche in Bildern zu rekonstruieren. Wie diese Bildermasse aus den Erinnerungen zu einem namenlosen, grauen Brei wurde.

Was ich an dem Job jedenfalls übrigbehielt, war diese dicke Festplatte mit hunderten Fitnessfilmen. Diese Filme verwende ich noch ab und zu, wenn ich das Bedürfnis habe, Sport zu betreiben. Ich spiele sie auf meinem Fernseher ab und lege los.

Eines meiner Lieblingsvideos war früher „Bodyshape“ mit einer Trainerin namens Judith. Fünfzig Minuten einmal den ganzen Körper durch. Es ist ein paar Jahre her, dass ich diesen Judith-Kurs trainiert habe. Heute aber wieder.
Ich strenge mich ein bisschen zu sehr an. Das viele Gewicht, das ich verloren habe, lässt mich etwas übermotiviert an das Training rangehen. Nach den 50 Minuten merke ich, dass ich nicht mehr richtig laufen kann. Meine Beine fühlen sich übermüdet an. Beim Gehen knicke ich immer wieder ein. Mir ist das schleierhaft. Ich fahre jeden Tag etwa 55 Minuten mit dem Fahrrad und ich habe sehr muskulöse Oberschenkel. Aber das sind vermutlich ganz andere Oberschenkelmuskeln.

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Dass wir gegen Dortmund verlieren würden, war jetzt nicht ganz unwahrscheinlich. Und es ist einigermaßen OK. OK in dem Sinne, dass es jetzt nicht für übermäßig schlechte Laune sorgt, vor allem, weil die Spiele, die wir gewinnen müssen, erst noch kommen. Aber es sieht schon sehr düster aus. Wir haben zur Zeit weniger Punkte als zur gleichen Zeit in der letzten Abstiegssaison. Wir werden also von Spieltag zu Spieltag zittern.

[Tagebuchbloggen. 13.3.2021]


Dieser ‘Text me when you get home xxx’ auf Insta, über Frauen und wie man eigentlich immer auf der Hut und immer ausgeliefert ist. So deprimierend.

Andererseits ist es vielleicht auch einfach ein Beitrag, der, wie viele andere im Laufe der letzten Jahre, wie auch Metoo und andere Bewegungen, die einfach Stück für Stück Verständnis und Veränderung bringen. Tropfen um Tropfen. Eltern, die es ihren Söhnen erklären, auf Schulhöfen, wo es eben nicht mehr cool ist, es ist ja so etwas wie ein Sound geworden, diese neue Tonalität, und Typen wie Reichelt, die jetzt mit dieser übergriffigen Sexualisierung, mit dieser ganzen Art, die am Ende auch immer auf die Leute abfärbt, ist diesem neuen Sound offenbar auch nicht gewachsen.

Ja, das ist alles aus einer sehr breiten Perspektive betrachtet und hätte Sarah Everard auch nicht gerettet, aber ich bin mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

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Platzhalter. Es fühlt sich merkwürdig an, einfach weiterzubloggen, wenn man den Mord erwähnt.

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Ach. Ich beschließe, den Tagebuchkram morgen einzufügen.

[Tagebuchbloggen. Montag, 15.3.2021]

Muskelkater, ich habe vom Samstag ganz grässlichen Muskelkater. In meinen Oberschenkeln befinden sich vier Stränge aus gewickelter Stahlwolle. Die Stahlwolle ist grob, mit scharfen Kanten und schürft alles auf.
Ich kann schlecht gehen. Treppensteigen ist schlimm, noch schlimmer ist es, sie hinabzusteigen.
Aber sobald ich auf dem Fahrrad sitze: alles vorbei.

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Morgen habe ich einen Tätowiertermin. Ich bin mit der Tätowiererin seit einiger Zeit im Austausch. Wir unterhielten uns über das Motiv. Ich will natürlich, dass sie mir ihren Entwurf vorher zeigt, vielleicht gefällt es mir nicht oder ich möchte Änderungen haben. Sie schreibt aber: Trust me.

Es sind keine guten Voraussetzungen, einer fremden Frau zu vertrauen, die Tinte in meine Haut stechen wird, mit der ich den Rest meines Leben herumlaufen werde.
Ich schreibe: nono. Das funktioniert bei mir nicht so.
Sie antwortet, das sei eben ihre Art, aber Änderungen seien immer noch spontan möglich, sie will ja auch, dass es mir gefällt. Ich frage also, was dann los ist, wenn es mir nicht gefällt? Sie sagt, sie wird mich nicht dazu zwingen können.

Trust me. Ich mag diesen Satz schon nicht, wenn er in Filmen ausgesprochen wird. Im Hintergrund bricht dann immer ein Vulkan aus, oder so.

Ich überlegte, mehrere Tage lang. Sah mir ihre Sachen auf Insta immer wieder an und dachte: nun, ich habe sie ja aus dem Grund ausgewählt, dass mir ihre Sachen so gut gefallen. Sie hat wirklich einen tollen Zeichenstil.

Ich sagte zu. Notfalls gehe ich halt unverrichteterer Dinge.

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Abends auf dem Nachhauseweg gerate ich in einen starken Regen. Ich bin schon spät dran und beschließe, nirgendwo unterzustehen sondern fahre einfach weiter. Zuhause durchnässt ankommen und die nassen Kleider von der Haut streifen. Das liebte ich schon als Kind.

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Wie versprochen, würde ich ja noch die Tagebucheinträge vom Sonntag nachreichen, da ich den Eintrag so abrupt abgebrochen habe.

Zuerst war ich auf einer Nachbarschaftssitzung, in der wir die neue Anordnung der Fahrradständer im Hof besprechen wollten.

Danach war ich sehr produktiv. Ich wusch spontan Wäsche, hing sie auf (Wäsche ist normalerweise der Part meiner Frau), backte Brot, experimentierte mit Joghurtansatz ohne Maschine, Putzte die Küchenoberfläche spiegelglatt, reparierte und reinigte den Saugroboter nach Anleitung eines Youtubevideos, brachte Dinge in den Keller und wechselte Lampen.

Das geschah alles innerhalb etwa zwei Stunden. Meine Frau war anderweitig beschäftigt. Danach sagte sie: du warst aber fleissig.
Fleissig. Ich kam mir vor wie ein kleiner Schuljunge.

[Tagebuchbloggen. Dienstag, 16.3.2021]

Der Tätowiertermin ging gut. Das Motiv gefiel mir.

Weil noch Zeit übrig war, ließ ich mir eine zusätzliche, kleinere Tätowierung neben einer ganz alten hinstechen. Jene alte Tätowierung müsste dieses Jahr 30 Jahre alt werden. Sie ist an den Rändern schon ziemlich verwaschen. Ich war sechzehn Jahre alt und habe mir die Tätowierung damals mit Stecknadel und schwarzer Tusche in meinen Unterarm gestochen. Den Schriftzug „KAOS“. Chaos fand ich ziemlich gut und in Italien war es sehr subversiv, ein „K“ einzusetzen.

Nach einiger Zeit fand ich den Schriftzug allerdings ziemlich belanglos, wie er da kontextlos aber gut sichtbar, etwas uninspiriert an meinem Unterarm prangte. Manchmal dachte ich, ihn entfernen zu lassen, aber dafür störte er mich zu wenig, außerdem mag ich es nicht, Tätowierungen zu entfernen, es hat eine gewisse charmante Bedeutungsschwere, wenn man Jugendsünden nicht mehr los wird.
Ich habe noch andere, selbstgestochene Tätowierungen aus jener Zeit, die habe ich aber Anfang der Nullerjahre von Profis nachbessern lassen, die sehen daher wesentlich neuer aus.

Der Schriftzug war jetzt 30 Jahre lang ein steter Begleiter. Ich habe ihn eigentlich viele Jahre gar nicht mehr richtig wahrgenommen. Bis meine Frau ihn neulich Vintage-Tätowierung nannte. Vintage-Tätowierung. Seitdem habe ich einen neuen Blickwinkel dafür entwickelt. Was für ein altes Ding ich da eigentlich auf meiner Haut trage. Wie schön alt er geworden ist, ausgelaufen, fast verwaschen. Im Laufe der Jahrzente sind die Ränder weich geworden, haben sich ausgewaschen.

Die kleine Tätowierung von heute, ließ ich spontan direkt daneben machen. Total scharfe und dunkle Linien, neben diesen dunkelgräulich ausgelaufenen Lettern. Dieser Altersunterschied. Sie werden ab jetzt nebeneinander altern. Wenn die Neue so alt ist wie die Alte heute ist, dann bin ich 76 Jahre alt. Wir drei so. Unterwegs in der Zeit.

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Ich mache zur Zeit so wenig. Ja, heute will ich vielleicht Schweiss vermeiden, die Tinte muss ja nicht gleich aus der Haut geschwitzt werden. Ich lese wieder etwas Fiktion, kann mich aber nicht sonderlich dafür begeistern. Heute bin ich wieder Coronamüde. Ich möchte ins Restaurant gehen und Schnitzel essen. Und mit Leuten quatschen. Und ich möchte danach in die Bar gehen.

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Aber Corona hat mir auch mit dem Gewicht geholfen. Ich habe jetzt 16 Kilo verloren. Letzte Woche stellte ich eine Getränkekiste auf die Waage. Sie wog 16 Kilo. Dieses Gewicht in den Händen zu halten, es fiel mir schwer, vorstellen zu können, dass dieses Gewicht noch vor 4 Monaten an meinem Körper hing.

[Tagebuchbloggen. Mittwoch 17.3.2021]

Ich habe mir eine weitere mechanische Tastatur gekauft. Diese soll ein noch besseres Schreibgefühl haben, als die, die ich vor drei Wochen gekauft habe. Deswegen trägt sie auch den Namen „Pure Writer„. Das Tastenprofil ist flacher und der Druckpunkt ist etwas betonter, außerdem hat sie einen akustischen Klick. Die Ecken der Tasten sind leicht abgerundet und die Beschreibung behauptet, damit das Anti Ghosting zu unterstützen, also das Vertippen zu erschweren. Kann ich bisher bestätigen. Ich tippe diese Zeilen bereits auf der neuen Tastatur.

Es gibt sie in drei Modellen. Mit roten, mit braunen und mit blauen Schaltern. Rot ist sehr leise, für Gamer geeignet, die den Druckpunkt nicht spüren wollen, braun für Menschen, die einen guten Druckpunkt schätzen, also viel Schreiben, aber eine leise Umgebung brauchen und blau ist für Menschen, die mit einem guten Druckpunkt viel schreiben und dabei gerne laut sind, also den ganzen Prozess des Schreiben auch hören wollen. Ich bin eine Mischung aus zwei und drei, die neue Tastatur hat deswegen die lauten Tasten.
Wenn sich meine vorige Tastatur mit den braunen Schaltern wie Butter tippt, dann tippt sich diese Tastatur mit blauen Schaltern wie handgeschöpfte Butter von der irischen Nordwestküste. Da das Bild der Butter vielleicht etwas zu naturbezogen ist, ziehen wir statt der Butter irgend ein anderes metaphorisches Bild heran. Ein Raumschiff vielleicht. Sie tippt sich, als würde ich auf einer Tastatur auf der Steuerbrücke eines Raumschiffes aus den fünfziger Jahren tippen. Vor mir das Weltall.
So ist das.

Die spacige, bewegende und programmierbare RGB Untertastenbeleuchtung habe ich noch gar nicht erwähnt. Aber die ist abschaltbar, für Menschen, die es gerne etwas dezenter oder seriöser haben.

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Die Statistiken in meinem Blog spielen verrückt, der Zähler geht auf die 2500 Besuche zu. Achso, die liebe Kaltmamsell hat meinen Muskatnuss-Beitrag verlinkt. Jetzt verstehe ich.

Sie nennt mich Blogger der ersten Stunde. Dabei war sie damals in 2004 oder 2005, als wir uns kennenlernten, bereits ein Star und heute noch viel mehr, was man unschwer daran erkennen kann, wie sie mit einem einzigen Link meine Statistiken zum Brennen bringen kann.
Man wusste damals in 2003, natürlich nicht, dass man Teil einer internethistorischen Epoche war. Zwar verstand ich, dass das, war wir taten, also das Schreiben und das Vernetzen, etwas ungemein progressives war, aber wie sich das heute einordnen lässt, als Vorläufer zum Mikroblogging wie Twitter oder überhaupt als Vorläufer von Socialmedia und Nachfolger der Forenkultur, das klingt schon fast wie Geschichtsunterricht.

In diesem Jahr wird mein Blog volljährig. Blogtechnisch erst im November, den ersten, manuellen Eintrag hatte ich aber schon im März abgegeben. Ich wohnte damals in Madrid und führte ab jenem März ein online Tagebuch auf deutsch und englisch. Im Herbst erzählte man mir, dass es für so etwas Software gäbe, man nannte das Blogsoftware, weil das, was ich tat, bloggen war. Im November setzte ich Blogsoftware ein, das war eine in Perl geschriebene blogging engine namens Greymatter. Ich würde sagen, November 2003 sollte das offizielle Geburtstdatum dieses Blogs sein. Besser als März. Im November kann ich vielleicht wieder feiern.

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Am Abend bin ich mit Frau Modeste verabredet. Wir treffen uns am Hackeschen Markt und laufen die Oranienburger hoch. Wir reden natürlich über Corona, aber vor allem über die Dinge, die wir machen werden, wenn Corona wieder vorbei ist. Wir staunen etwas darüber, wie lange wir schon nicht mehr in der Gegend aus waren. Also schon ins Hummus and Friends, aber frühen hingen wir oft in der Gegend rum, Auguststraße, Linienstraße. Die spannenden Lokale öffnen heutzutage ja eher in Neukölln. Wie seltsam leblos die Oranienburger auch geworden ist. Nicht nur coronabeding. Seit dem Wegzug der C/O und der Räumung des Tacheles, ist die ganze Straße etwas beliebig geworden, fast schon klinisch. Bis auf die goldene Kuppel der Synagoge vielleicht. Aber ich verbiete es mir, mich darüber zu äußern, wie in Berlin früher alles besser war. Zu einen mag ich Nostlagie nicht und zum anderen machen das nur jene Menschen, die neu in Berlin sind.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag, 18.3.2021]

Heute früh auf der Waage starrte ich auf ein Rekord-Tiefgewicht. Ich messe mein Gewicht täglich seit 2011 und noch nie habe ich ein Gewicht eingetragen, das so niedrig war. Ich habe ein Gewicht erreicht, das sozusagen der niedrigste Wert seit Beginn der Gewichtsaufzeichnung ist. Das klingt epochal.
Mein Gewicht ist noch weit weg von dem, was laut BMI Normalgewicht ist, aber dennoch komme ich mir heute vor als hätte ich dünne Ärmchen und Beinchen an meinem Rumpf. Und ich schwebe federleicht durch die Gegend, ich fühle mich wie ein Prinz, der mit einem befederten Hut, einem Umhang und in Strumpfhosen durch die Gegend tänzelt und nach Rapunzel sucht.

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Am Abend mit meinem Vater telefoniert. In Südtirol ist ja alles wieder im Lockdown, man darf das Gemeindegebiet nicht verlassen. Seitdem seine Freundin weg ist, fühlt er sich ziemlich einsam. Sie hatte ihn im vorletzten Jahr, einige Monate vor Corona, verlassen. Er ist mit dem ganzen Trennungsschmerz in die Pandemie hinein geschlittert. Er kommt neuerdings nur mäßig damit zurecht. Eher ziemlich schlecht, wie ich aus den Zwischentönen heraushöre. Er wünscht sich, dass ich ihn öfter anrufe, auch nur mal zwischendurch, um Hallo zu sagen. Wir telefonierten über die Jahre hinweg höchstens einmal pro Jahr, unser Kontakt ist nicht sonderlich gut, dennoch würde ich sagen, dass er mir wichtig ist, aber die Beziehung ist halt nicht wirklich gut. Ich redete mich aus der Angelegenheit raus, dass ich halt kein Telefonierer sei, aber ich weiss schon, dass ich ihn anrufen sollte, wenigstens als Geste, kurzes Quatschen, 2,3 Minuten, alles gut? ja, alles gut, auflegen. Ich brauche das gar nicht, nicht einmal bei Freunden, ich glaube, bei mir löst das Senden eines Memes oder Fotos viel mehr Verbindung aus, als kurz 3 Minuten zu telefonieren. Zugegebenermaßen sind Memes von Eltern nie besonders gut. Dafür die Memes von Freunden umso mehr. Aber ich sollte es wenigstens als Geste tun.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 19.3.2021]

Am Morgen gehe ich in den Hinterhof, der Himmel ist blau und es scheint die Sonne. Ich entkette das Fahrrad und schiebe es durch das Vorderhaus. Draussen auf der Strasse fallen einige Schneeflocken, ich schwinge mich aufs Rad und es bricht ein Schneesturm los.

Als ich in der Firma ankomme bin ich weiss.

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In Italien ist heute Vatertag. Es ist heiliger Josef. St. Josef war ja der Vater vom Jesuskind. Nicht unbedingt Vater im biologischen Sinne, aber Patchworkfamilien sind in der katholischen Kirche ja sehr beliebt. Auch ungeklärte Vaterschaften sind in der katholischen Kirche beliebt, aber gut, das ist wiederum ein ganz anderes Thema.

Das mit dem Vatertag ist natürlich ein lustiger Zufall vor dem Hintergrund, dass mein Vater sich gestern gewünscht hatte, ich würde ihn öfter mal anrufen. Heute konnte ich ihn deswegen anrufen und freudig sagen: Hey! Lange nicht mehr gehört.
Das fand er auch lustig. Hat uns ein bisschen die Leichtigkeit gegeben.

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Wir haben bei Hertha ja diesen Spieler mit dem Namen Zeefuik. Es gibt wenige Namen die dermaßen konsequent falsch ausgesprochen werden wie Zeefuik. Für mich als Ex-Niederländer ist es immer schmerzhaft, dies anzuhören, vor allem, weil ich unter der Woche auch immer die Podcasts dazu höre.
Zefuck, Zefuuk, Dsefu-ick etc, es ist wirklich alles dabei und das zieht sich durch die ganze Woche. Nur die richtige Variante ist nie dabei. Ich habe in der deutschen Medienlandschaft noch nie jemanden gehört, der den Namen richtig ausgesprochen hat.

Dabei ist das Geheimnis um diesen holländischen Diphthong ganz einfach. Das „ui“ wird wie „aü“ ausgesprochen.

Eines unserer neuen Mitglieder des Axel Kruse Jugend-Fanclubs ist auch einer der Sprecher im Hertha-Base Podcast. In diesem Podcast (auch in anderen) wird auch ständig kommentiert, dass man nicht genau wisse, wie es ausgesprochen werde, man einigt sich oft auf ein „oi“ oder ein „u-i“.
Ich schreibe ihm deswegen eine längere Nachricht und schlage ihm vor, aus deren Podcast das einzige Medienprodukt zu machen, das den Namen Zeefuik korrekt aussprechen kann und teile ihm mit, wie man den Namen korrekt ausspricht.
Er schlägt mir vor, dass ich diese kleine Sprachunterweisung als Audiodatei aufnehme, damit man sie im Podcast vorführen kann.
Das muss man mich nicht zwei Mal bitten. Ich gebe alles für eine polyglotte Welt.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 20.3.2021]

Ich vergass gestern zu erwähnen, dass unser Legionellenproblem jetzt gelöst ist. Das heißt, der Legionellenbefall war gar kein Legionellenbefall, sondern auf eine Falschmessung zurückzuführen. Nach ganz genau einem Monat, dürfen wir wieder duschen.
Die Falschmessung war offenbar dadurch entstanden, dass die erste Probe über einem längeren Zeitraum bei normaler Temperatur herumgestanden hatte und sich die Legionellen deswegen innerhalb der Probe lustig reproduzieren konnten. Kitkat Club im Wasserglas. Die neue Messung ergab, dass wir wieder bei unter 100 Kolonienbildenden Einheiten pro 100ml Wasser liegen und das amtliche Duschverbot damit aufgehoben wurde.

Ich bin mir unsicher, ob ich mich darüber aufregen soll oder ob ich nicht einfach nur belustigt darüber bin. Die Waschvorgänge mit aufgekochtem Wasser, war sehr unterhaltsam und es ließ uns auch einigermaßen in Demut auf unser Luxusleben mit einer echten Dusche schauen. Und guter Blogcontent war es auch. Außerdem konnten wir allen (ALLEN) aufgeregt erzählen, dass wir einen Legionellenbefall mit tausendfacher Überschreitung des Grenzwertes hatten und ein amtliches Duschverbot ausgesprochen wurde. Schon deswegen bin ich besänftigt.

Die Meldung, dass wir wieder duschen durften, kam am Nachmittag. Wir haben einen Emailverteiler im Haus. Ich leitete die Mail gleich weiter. Die Freude war groß. Zum Feierabend verabredeten meine Frau und ich uns zum feierlichen Duschen. Einfach duschen können, ein warmer Wasserstrahl und sich darunterstellen, das ist schon eine feine Sache.

Wir waren offenbar aber nicht die einzigen mit dieser Idee. Vermutlich hat sich das ganze Haus zur feierlichen Einduschung verabredet. Der Wasserstrahl war an dem Abend sehr schwach und unterlag starken Temperaturschwankungen.

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Am Vormittag treffe ich mich mit Klaus, Natalie und Stephan Dembo. Auf einen Spaziergang durch dieses Dreieck, Mitte, Gesundbrunnen, Prenzlauer Berg. Alte Herthagegend. Es ist sehr kurzweilig, in dieser Viererkonstellation haben wir uns noch nie getroffen. Auf eine gewisse Art ist es auch sehr romantisch. Wir spazieren den Mauerpark hoch und laufen durch dieses Neubauviertel auf der Weddinger Seite, vor der Millionenbrücke gehen wir runter zu den Gleisen und drunter durch bis zum Bahnhof Gesundbrunnen. Danach laufen wir hinten weiter in die Behmstrasse bis ganz hinauf fast zum Soldiner Eck und dann unter dieses Gleissystem bis zu den den Schrebergärten zwischen Pankow und Pehberg. Und dann wieder zurück durch das nordische Viertel bis zum Mauerpark.
Ich muss mal checken, was mein Schrittzähler dazu sagt. Googlefit wird sich sicherlich löblich äußern.
Wenn es ein paar Grad wärmer ist, werden wir uns am Exerzierplatz in der Cantianstraße in die Sonne setzen und den Menschen auf den Fussballfeldern beim Training zusehen.

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Als ich nach Hause komme, beschließen wir, mexikanisch zu bestellen. Es ist drei oder vier Uhr, es geht als verspätetes Mittagessen durch. Dazu schauen wir einen hochgepriesenen Horrorfilm auf Netflix. Er heisst Block Island Sound und soll sehr speziell sein. Der Film ist so langweilig. Und so belanglos. Und so viele uninteressante Figuren. Ich werde total müde. Vom Essen und von der Langeweile des Filmes. Ich schlafe für zwei Stunden. Einen komatösen, tiefen Schlaf.

Der Abend danach war irgendwie seltsamer Brei.