[Freitag, 2.7.2021- Zweitimpfung, etc.]

Heute wurde ich zum zweiten Mal geimpft. Ich gehöre jetzt also einer anderen Statistik an. Finde ich gut.
Diesmal hatte ich einen männlichen Arzt. Es gab einen interessanten Unterschied zur Frau, die ich bei der Erstimpfung hatte und dem Mann von heute.

Die Frau: begrüßt mich freundlich, fragt, wie es mir geht, sagt „ah, sie wollen danach gleich wieder gehen und nicht noch 15 Minuten zur Beobachtung bleiben, das ist gut“ und ich sage: „Ja, ich habe gelesen, dass ich mir keine Sorgen machen muss.“ und sie erklärt mir die Sache mit den allergischen Schocks, während sie die Impfung präpariert und sagt auch, dass in der Regel nichts passiert, wenn es da schon früher keine Auffälligkeiten gab. Sie sagt, ich solle einen Arm auswählen, ich frage, welchen Unterschied das macht, sie sagt, keinen wirklich, aber vielleicht haben sie eine Schlafposition, die sie vorziehen, der Einstich wird ein paar Tage leicht schmerzen. Ich sage, dann nehmen Sie doch bitte den linken Arm, dann muss ich mich nicht umsetzen. Sie sagt: Haha. Und dann: Achtung jetzt desinfiziere ich Sie, das ist ein bisschen kalt, ich sage „ah“ und dann nimmt sie die Spritze und warnt mich vor den Pieks, sie sagt, das tut nix, und sticht hinein. Sie redet ständig mit mir, sogar während ich mich anziehe. Am Ende gehe ich und freue mich darauf, sie in sechs Wochen wiederzusehen.

Der Mann: ruft meinen Namen, begleitet mich in sein Zimmer, zeigt mir die Liege wo ich meine Sachen ablegen kann, sagt, ich solle meinen linken Ärmel hochkrempeln, desinfiziert den Oberarm und sagt: jetzt kommt der Pieks. Ich bekomme ein Pflaster und dann kann ich gehen. Ich sage im Gehen noch: „Ich wünsche ihnen viel Gesundheit.“ und finde diesen Satz total Über. Jetzt fühle ich mich Zweitgeimpft und rutsche in eine andere Statistik.

Ich will das gar nicht werten, auch wenn das manchmal durchscheinen mag. Es hat vermutlich auch nur zum Teil mit dem Geschlecht und der Erziehung zu tun. Ich mochte die Effizient des Mannes. Vor allem wie er mir die Entscheidung abnahm, einen Oberarm auszuwählen. Weil es eigentlich gar nicht wichtig ist.

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Am Donnerstagnachmittag kamen meine Schwiegereltern. Weil mein Arbeitszimmer dadurch besetzt wird, ist es an gewöhnlichen Arbeitstagen eher schwierig mich um diese Pandemielog-Tagebucheinträge zu kümmern.
Pandemie. Deswegen mache ich das ja, oder? Um in einigen Jahren zurückzublättern und nachzulesen, wie das so war, in dieser Pandemie, mit dem Stickerkleben und dem Haferkornreiskochen. Muss eine schlimme Zeit gewesen sein.
Was in einigen Jahren wahrscheinlich schwierig ist, sich zurückzuerinnern sind die Masken. Dass vieles, von dem ich hier berichte, mit Maske im Gesicht stattgefunden hat.

Jedenfalls fand ich heute früh deswegen keine Zeit, einen richtigen Eintrag zu schreiben, ich fuhr aber zeitig ins Büro, da ich ein größeres Meeting vorzubereiten hatte und als ich da so ganz alleine frühmorgens an meinem Schreibtisch saß, dachte ich: du musst das mit der Adipositas schreiben, das ist wichtig, das ist für das Protokoll. Und so schrieb ich ein paar Zeilen und las sie mit dem Headset auf meiner Arbeit ein.
Warum schreibe ich das auf? Ich habe mir diese Anekdote in meinen Notizen vermerkt. Ich glaube, es hat mich beschäftigt, dass ich seit Februar das erste Mal logistische Schwierigkeiten hatte, den täglichen Eintrag zu schreiben. Das kann jetzt etwas über mein langweiliges Pandemieleben aussagen oder auch einfach darüber, dass mein Arbeitszimmer zum Gästezimmer wird und wir schlichtweg seit Februar, bzw länger, keine Gäste mehr hatten.
Ist es interessante Info? Sicherlich.
Irgendwann in einer fernen Zukunft wird eine Maschine dieses Blog lesen und ein Psychogramm über mich erstellen.

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Jetzt wo ich den Bereich der Adipositas verlassen habe, bin ich etwas übermütig geworden. Ich hatte vergessen davon zu berichten, dass ich Anfang der Woche Tshirts kaufte, die nur in Größe S richtig passten. M fühlte sich bereits etwas zu groß an. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich Tshirts und Kleidung tendenziell sehr eng trage. Aus Gründen, die ich anderswo schon einmal erwähnte.
Aus Übermut bestellte ich vor drei Tagen also einen Wintermantel in Größe S und M bei Zalando. Wenn ich den Wintermantel in Größe S zuknöpfe, dann sehe ich aus, wie eine gespresste Wurst. Der Mantel in Größe M geht gerade so, aber nur wenn ich kerzengerade stehe und vorsichtig atme, würde ich aber 100g zunehmen, würde er aufreissen.
In Größe L kostet der Mantel aber 100 Euro mehr und deswegen werde ich wohl davon absehen. Es war ein schöner Gedanke, in einen Wintermantel der Größe S zu passen.

[Donnerstag, 1.7.2021 – Besuch]

Wir haben seit heute Besuch. Aufgrund der logistischen Änderungen in der Wohnung, habe ich nicht die Möglichkeit, mich näher mit diesem Pandemielog zu beschäftigen. Ich hole den Eintrag also am Freitag nach.

Ein wichtiger Fakt allerdings fürs Protokoll: heute habe ich eine Gewichtsmarkierung unterschritten. Heute früh war ich das erste Mal seit vermutlich zwanzig Jahren nicht mehr Adipös. Heute war ich nur noch übergewichtig. Ich will das hier stehen haben.

Und morgen habe ich meinen zweiten Impftermin. Auch eine sehr gute Sache.

[Mittwoch, 30.6.2021 – Nasse Hose, Geigen-Feige]

Es regnet morgens leicht. Während der Fahrt ins Büro, nimmt der Regen etwas zu. Als ich im Büro ankomme, bin ich ziemlich durchnässt. Morgen soll es mehr regnen, morgen muss ich mir vielleicht eine Regenjacke überziehen. Erstaunlicherweise sind bei diesem Wetter mehr Frauen mit dem Fahrrad unterwegs als Männer. Es ist richtig auffällig. Dafür gibt es sicherlich eine soziologische Erklärung, wenn man lange genug darüber nachdenkt.

Im Büro hänge ich meine Stoffjacke zum trocknen auf, den Rest lasse ich einfach an. Die Hose wird im Laufe der nächsten halben Stunde trocknen. Mich stört eine nasse Hose nicht. Seit einiger Zeit versuche ich es näher zu betrachten was an mir nicht richtig ist. Eines der Punkte ist die nasse Hose. Viele Menschen mögen es nicht, nasse Hosen zu tragen. Das ist so. Ich kann es mir nicht erklären. Die einzige Erklärung die ich gefunden habe, ist etwas halbgar, sie beruht darauf, dass mein Körper immer warm ist, immer, eine nasse Hose hat bei mir also eher einen angenehm kühlenden Effekt und trocknet damit auch schneller mal aus oder die Feuchtigkeit nimmt schneller meine Körpertemperatur schneller annimmt, als umgekehrt. Aber die Erklärung ist halbgar.

Neulich saß ich neben unserer Problempflanze im Erkerzimmer. Unsere Problempflanze ist eine fünfzehnjährige Geigen-Feige. Sie ist unglücklich. Ich habe schon öfter glückliche Geigen-Feigen gesehen, die waren zwei Meter groß und trugen fünfzig oder mehr Blätter an ihren Stämmen. Unsere Geigen-Feige ist seit einem Jahrzehnt 1 Meter hoch und trägt genau ein einziges Blatt. Sobald ein neues Blatt nachsprießt, freuen wir uns, aber sobald das neue Blatt ausgewachsen ist, verabschiedet sich das ältere Blatt.

Neulich saß ich also neben unserer Problem-Feige im Erkerzimmer. Sie kommt aus der Tropen, sie mag es, wenn die Sonne auf sie reinbrennt und wenn die Temperaturen gluckern. Vermutlich mag sie es auch nicht, wenn sie nasse Hosen hat. Es ist meine Schuld, dass es ihr nicht gut geht.
Ich muss an die arktische Weide denken, das ist der nördlichste Baum der Welt. Die arktische Weide wird etwa 2 Zentimeter hoch. Was auch immer die für ein Problem hat, nasse Hosen stört sie wahrscheinlich weniger. Es kann durchaus sein, dass wir Lebewesen alle so unsere inneren Breitengrade haben. Wäre ich ein Baum, wäre ich dann wohl eine Kiefer.

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Ich war bei Zara um mir ein paar Tshirts zu kaufen. M ist mir zu groß geworden. Ich trage jetzt S. Morgen werde ich vermutlich das erste Mal seit etwa 20 oder mehr Jahren keine Adipositas mehr haben, ich bin dann nur noch übergewichtig. Dieser Satz fängt so großartig an, aber endet mit diesem seltsam downenden „nur noch übergewichtig“. Ich freue mich natürlich trotzdem, mag es nur, wenn Sätze schräg sind.

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Regen. Gleich werde ich mich ins Bett legen. Bei offenem Fenster. Draussen plätschert der Regen. Es gibt nicht beruhigenderes.

[Dienstag, 29.6.2021- Nationalmannschaft raus, Gefühle bei Niederlagen, Du gamla Du Fria]

Auf der Arbeit stauen sich manchmal mehrere Dinge an, die man nicht recht zu meistern weiss, die dann anwachsen und anwachsen. Heute habe ich dann drei solcher Dinge an einem Tag gelöst bekommen.

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Am Abend spielt Deutschland gegen England. Wir schalten kurz vor Schluss ein, damit wir nicht ganz den Anschluss an die Welt verlieren. Deutschland verliert 2:0. Ich kann die Enttäuschung rational nachvollziehen, aber sie trifft mich nicht. Ich weiss, wie sehr es mich runterziehen kann, ab der ersten Sekunde der Niederlage, mitten in der ersten Enttäuschungswelle hinein, die andere Mannschaft in Siegestaumel zu sehen, die Freude bei den Interviews, die Euphorie des Publikums, der Kommentatorinnen, selber steckt man mitten in dieser ganz rohen, noch unverarbeiteten Enttäuschung und alles prasselt ungefiltert ein.

Ich kenne das ja von Hertha, wenn die wichtigen Spiele verloren gehen, die Enttäuschung, die mich da überrollt, die Enttäuschung, die ich dort nicht kontrollieren kann. Aber wenn ich die Nationalmannschaft im Achtelfinale ausscheiden sehe, dann weiss ich genau, welche Gefühle bei welchen Bildern aktiviert werden würden.
Diese Egaligkeit. Sie ist so schön. Ich kann negative Emotionen beim Entstehen zusehen und sie tun mir nichts an.

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Nachher bleiben wir dran. Meine Frau ist Schwedin, es spielt Ukraine gegen Schweden. Eigentlich wollten wir es nicht schauen. Aber wir bleiben doch hängen, weil wir über Schweden reden, weil wir über meine letzte Reise in die Ukraine reden und schon sind wir mitten im Spiel. Dabei lerne ich, dass ich den Anfang der Nationalhymne immer falsch übersetzt habe. „Du Gamla du fria“. Ich dachte immer, das hiesse „Du alte, du kalte“, aber es heisst „Du alte, du freie“. Eigentlich wusste ich, dass „fri“ frei bedeutet, aber dieses auf deutsch so gut klingende Spiel alte/kalte gefiel mir unbewusst wohl so sehr, dass ich die vernünftigen Denkmechanismen ausgeschaltet liess.

Die Freie ist aber auch schön.

[Sonntag, 27.6.2021 – Eitermilch]

Heute ist nicht viel passiert:
Bisschen Wohnung geputzt
Bisschen Brot gebacken
Bisschen Gemüse gekocht
Bisschen Dokus geschaut

Apropos Dokus. „Das System Milch“. Läuft noch zwei Tage in der ARD Mediathek. Eigentlich ist Milch trinken total daneben. Daneben und auch ziemlich pervers. Und pervers meine ich in diesem Zusammenhang nicht positiv.
Ich stellte meinen Milchkonsum bereits vor fünf Jahren auf Hafermilch um und habe das Glück, dass ich Hafermilch lieber mag als Kuhmilch, aber für Joghurt habe ich noch keine wirkliche Alternative gefunden. Joghurt auf Sojabasis ist ganz OK, aber diese Sojahaftigkeit mag ich nicht. Diese leicht staubig-säuerliche Lage, die man auf der Zunge wahrnimmt. Ab und zu ist das in Ordnung, aber für den täglichen Konsum (Punktpunktpunkt) stört mich dieser Geschmack zu sehr.
Lupinen, Cashew, Nuss und Kokos haben andere Nachteile, entweder zu teuer, oder schlichtweg auch zu fett. Die Doku trifft mich gerade in einer Phase, in der ich täglich 500g Joghurt esse. Ich hätte es vorher wissen können, dass sich das nicht verträgt. Aber jetzt ist es geschehen. Morgen esse ich dann Joghurt und denke an die hohen Eiterwerte, die die Milchindustrie nicht in der Griff bekommt.

[Samstag, 26.6.20219 – Saugroboter, Tegeler Forst, HERTHALIEBE]

Am Morgen packte ich den neuen Saugroboter aus und schaltete ihn an. Ich setzte mich auf den Sessel, zog die Fuße hoch und beobachtete, wie er den Raum inspizierte, Widerstände anschnüffelte. Auf meinem Telefon konnte ich beobachten, wie er Minute für Minute die Karte für die Wohnung aufbaute, wie sich ihm die Welt erschloss.

Ich empfand paternalistische Liebe, als wäre es ein Welpen.

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Am Nachmittag brachten wir den Sperrmüll weg. Alteisen und Altholz. Und mehrere Elektrogeräte, sowie alte Telefone und größere Akkus. Die Elektrogeräte waren noch gut, deswegen wollten wir sie zu einer Annamhestelle für Wiedergebrauch bringen. In Reinickendorf gibt es diese „Noch-Mall“, ein den Recyclinghöfen angeschlossenes Kaufhäuschen, bei dem man Gegenstände abgeben und auch wiederaufbereitete Gegenstände kaufen kann. Das lief sehr unkompliziert ab, allerdings konnten wir dort unser Alteisen und Altholz nicht loswerden, das mussten mir am 5 Autominuten entfernten Recyclinghof abgeben. Am Recyclinghof gab es, wie es zu erwarten war, eine lange Autoschlange. Es ist schließlich Samstag. Auf dem Hof stand eine kleine, tätowierte Frau, mit kurzen Haaren, die streng schaute und ab und zu Männer anbrüllte, die offenbar etwas falsch machten.

Nachdem wir alles losgeworden waren, beschlossen wir, irgendwas aus diesem Teilausflug mit dem Auto zu machen. Es geschieht nicht oft, dass wir im Auto sitzen und so schauten wir auf Googlemaps nach Wäldern. Es gibt da diesen Tegeler Forst. Der große Wald im Norden. Ich markierte eine Stelle namens „Tegeler Forst (südlicher Teil)“ auf der Karte und stellte die Navigation an. So fuhren wir durch dieses uns total unbekannte und romantisch versteppte Nordberlin. Dann begann der Wald. Der Tegeler Forst ist wie der Grunewald ein dichter und dunkler Wald. Die Stelle namens „Tegeler Forst (südlicher Teil)“ war lediglich eine virtuelle Markierung auf der Karte und kein wirklicher Ort an dem man hätte halten können. Im Gegenteil, die Markierung befindet sich ungefähr zwanzig Meter neben dieser großen Waldstrasse. Bei der nächsten Gelegenheit fuhr ich rechts ran um zu sehen, was man jetzt tun könnte. Wir waren ganz offensichtlich auf nichts vorbereitet, eigentlich geht das immer schief, mit dem Auto irgendwo hinzufahren und denken, dass man etwas erlebt. Auf Googlemaps sahen wir, dass wir uns auf einer großen Halbinsel befanden, wären wir weiter gefahren, kämen wir zu einem Ort mit einer Fähre über die Havel nach Spandau Nord.
Aus irgendeinem Grund, der mir jetzt nicht mehr einfallen will, beschlossen wir umzudrehen und nach Hause zu fahren, es erschien uns nicht mehr erstrebenswert hier weiterzufahren.

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Meine HERTHALIEBE Sticker sind ja gekommen. Frisch aus der Druckerei.

Am Abend spät traf ich mich mit Klaus auf einer Bank auf einem Platz bei mir im Kiez. Auch er hatte Sticker produziert. Wir haben bei Stickern einen ähnlichen Ansatz: simple Schrift, simple Botschaft. Wir tauschten 200 Stück. Ein bisschen wie früher, wenn man Panninisticker tauschte.

Wir saßen noch lange auf der Bank. Am nahgelegenen Spätkauf spielte eine Band mit Verstärker und großen Boxen. Auf den Bänken des Platzes saßen viele Menschen. Es wurde dunkel. Wir redeten über die Liebe, erzählten einander unsere Liebesgeschichten.

Sommernächte.

[Freitag, 26.6.2021 – Kinder, Spielen, The Joker]

Ich habe ja eher wenig Kontakt zu Kindern und bin deswegen immer etwas überrascht, wie anders mich Kinder im Vergleich zu Erwachsenen behandeln. Mit Kinder funktionieren angelernte Mechanismen wie Attitüde oder Ironie überhaupt nicht, stattdessen fordern sie einen sofort auf einem Aufmerksamkeitsniveau heraus. Ist man echt oder ist man unecht? Ist das Interesse echt oder unecht? Mimt man das Kind in sich oder ist man echt? Kinder scheinen ziemlich schnell die Erwachsenen-Schichten von einem herausfiltern zu können und dich auf deren Niveau herunterziehen, das mit dem Niveau meine ich nicht herablassend, sonder damit will ich erklären, dass ich mich auf einen Kern reduziert fühle, ist die Energie da, ja|nein, gibt es die Verbindung ja|nein.
Komischerweise connecte ich mit den meisten Kindern ziemlich schnell, das müsste ich vielleicht auch mal psychologisch hinterfragen, vermutlich bin ich einfach sehr kindisch und ich liebe total die einfachen Vergnügungen (wenn niemand zusieht).
Kinder nennen das Spielen. Am Donnerstag sagte eines der Kinder zu einer der Frauen am Arkonaplatz: du kannst gut spielen.
Dabei hat die Frau vermutlich einfach diesen Kern gezeigt.
Spielen. Als wäre es ein Spiel. Es fühlt sich wie Interaktion an, wahrscheinlich ist es einfach Kinderleben. Kinder nennen es Spiel. Muss ich mal drüber nachdenken.

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Heute dann „The Joker“ geschaut. Ich habe den Film lange verschmäht, weil ich es als toxisch empfand, dass man jetzt im Mainstream einen Mann abfeiern soll, der von Menschen ausgestoßen wird, dann Frauen stalkt und später zum Massenmörder wird.
Das Verständnis für die Wandlung zum Joker ist dann doch erstaunlich gut, nachvollziehbar, sehr emotional und doch bleibt diese Distanz vorhanden, die ihm einen Heldensockel verwehrt.

[Donnerstag, 24.6.2021- Arkonaplatz Stickertreffen, Rutschwettrennen]

Heute trafen wir uns mit dem Fanclub am Arkonaplatz für die Übergabe der neuen Fanclubsticker. Weil Kinder dabei waren, versammelten wir uns an einer Bank auf den Kinderspielplatz. Für jedes Mitglied gab es zweihundert bis dreihundert Sticker unterschiedlicher Motive. Es war ein nettes Beisammensitzen und -stehen.

Moritz hatte seine Gitarre und einen Verstärker mitgebracht, darauf spielte er eine Akustikversion der Stadionhymne „Nur nach Hause“, die Anwesenden sangen mit. Das Publikum auf dem Kinderspielplatz war etwas überrascht von dieser musikalischen Spontaneinlage. Nach dem Lied gab es von einer abseits sitzenden Mädchengruppe Zugabe-Rufe.

Ich war als Jugendlicher immer etwas eifersüchtig, wenn Mädchen immer männliche Gitarrenspieler anhimmelten. Das ist so ein Ding. Mädchen, die männliche Gitarrenspieler anhimmeln. Ich konnte nie Gitarre spielen. Nur den Anfang von „Angie“. Aber damit die Mädchen küssen wollten, musste man schon das ganze Lied können. Und noch ein paar Lieder mehr. Ich beließ es also beim Neid und blieb ungeküsst. Moritz hat übrigens einen Spotify Account und macht Lieder. Siehe Link.

Dann habe ich mit Kindern gespielt. Ich hatte bei den Kindern vorher etwas großmäulig behauptet, ich würde sehr kindisch sein, wenn ich auf dem Spielplatz bin.
Ich habe dann beim Rutschwettrennen verloren. Die Disziplin ging so:

  • Zur großen Holzburg rennen
  • Treppen besteigen
  • über die Hängebrücke rennen
  • Runterrutschen

Das Mädchen kannte aber die kürzeste Routen und gewann natürlich immer. Ausserdem konnte ich nicht gut rutschen. Mit meinen (neuerdings) kurzen Hosen, quietschte ich mit Haut auf Blech in Schneckentempo über diese Metallwanne hinunter.

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Später zuhause verlor ich meine Stimme. Das kling, als hätte ich einen wilden Abend gehabt.

[Mittwoch, 23.6.2021 – Nationalschiessen, KP Boateng]

Meine Frau wollte heute Fussball schauen. Das Gedöns mit der UEFA und den Regenbogenfarben weckt offenbar das Interesse von fussballfernen Schichten. Vielleicht war das ja einfach ein kluger Schachzug des Marketingteams der UEFA.
Und so geschah es dann doch noch, dass ich mir ein Spiel ansah in dem Nationen um die Überlegenheit über eine andere Nationen streiten.

Ein paar Freundinnen haben Tickets für das Testspiel von Hertha gegen Babelsberg besorgt. Es ist erst am 10. Juli. Aber darauf freue ich mich. Dann beginnt der richtige Fussball wieder.

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Heute wurde die Rückkehr von Kevin Prince Boateng zu Hertha verkündet. Sportlich kann ich das nicht so gut einschätzen, habe da eher meine Zweifel, allerdings kann ich ihn mir gut vorstellen als den Joker, der in der 80. Minute reingeworfen wird, wenn die Mannschaft den Mut verloren hat, wenn man unbedingt noch dieses eine Tor braucht, die Köpfe aber alle gelähmt sind.

Die Story ist jedenfalls gut. Der Weddinger Junge, der Hertha am Anfang seiner Karriere in Richtung Tottenham verliess, dann über lange Wanderjahre in Italien, England, Frankfurt und sogar für vier Spiele bei Barcelona, vierzehn Jahre später, am Ende seiner Karriere zu seinem Heimatverein zurückkommt. Er sagt schon seit Jahren öffentlich, dass er zu Hertha und nach Berlin zurückkommen will.
Gestern dann, zeigt er sein neues Tattoo. Mitten auf der Brust zwischen all den anderen alten Tätowierungen: eine kleine Herthafahne. Genau mitten auf der Brust. Da gibt es tatsächlich diese Aussparung in der die Fahne passt. Als hätte er all die Jahre die Stelle freigehalten. Das ist fast schon Kitsch.

https://twitter.com/HerthaBSC/status/1407728573805387778