[Tagebuchbloggen. Sonntag, 7.3.2021]

Wir wollten eigentlich einen längeren Spaziergang machen. Haben dann einen kürzeren Spaziergang gemacht.

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Dann dieser Text über die Muskatnuss. Ich wollte nur kurz aufschreiben, warum ich keine Muskatnuss mehr mag. Ein kleiner, lustiger Blogtext, wie ich aus Haschischmangel damals zur Muskatnuss griff. Daraus wird gerade ein etwas längerer, ziemlich verrückter Text über Südtirol und Drogen in den Neunzigern und dem Ausgehen in einen Hardrock Club. Die Intention war harmlos, jetzt bin ich mir nicht so sicher, ob ich den Text am Ende überhaupt veröffentlichen soll. Zum Einen klingt er reichlich unglaubwürdig und zum anderen wirft er nicht immer das beste Licht auf mich. Und wenn mir eine Sache wichtig ist: nur das beste Zwielicht auf mich.

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Nackenschmerzen

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Homeimprovement gemacht. Das Home geimproved, um mal ein anderes Verb zu verwenden. Bzw über Homeimprovement geredet. Die Wohnung wird voller, man sammelt sich die Dinge an, Gegenstände, aber auch Möbel und Lösungen, dieses Ansammeln von Übergangslösungen, irgendwann sieht man nur noch die Ansammlungen. Unruhe, Unruhe.

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Ich beginne mit den kleinen Dingen, ich wandle das improvisierte Kabelmonster mit angeschlossenem Beamer zu einer permanenten Lösung um, also anders verkabeln, die Kabel wegschlichten und einen ordentlichen Lautsprecher in den Bücherschrank verbauen.

Am Abend schauen wir „The Servant“. Eine seltsam düstere Serie über ein seltsames Kindermädchen und einer seltsamen Gastfamilie. Es regnet immer. Man hört ununterbrochen Regen.
Das alles auf unsere große Wand projiziert, Lautsprecher hinter uns. Wir essen Popcorn. Wir gehen vielleicht nie mehr ins Kino.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 6.3.2021]

Das Spiel gegen Augburg hat richtiges Potential meine Laune für das Wochenende zu vermiesen. Dass es zudem ein langes Wochenende ist, verschlimmert die Umstände. Ein Niederlage gegen Augsburg wäre im Endspurt der Liga, ein Signal, das den Abstieg mit tonnenschweren Bronzeglocken einläuten würde.

Ich umschreibe diese Situation etwas subtil gegenüber meiner Frau. Sie weiß um meine Gefühle und nimmt es zur Kenntnis.

Ich beschließe zum Spiel keine Fanklamotten zu tragen. Es hat in den letzten Spielen kein Glück gebracht. Seit ich nur ein schwarzes Tshirt und eine Jogginghose trage, hat sich meine Mannschaft immerhin viele Chancen herausgearbeitet. Vor allem gegen Wolfsburg, wo wir eigentlich sogar das bessere Team waren, aber dann mit 2:0 unterlagen. Die Spiele, die ich mit meiner neuen Hertha Freizeitjacke geschaut habe, waren allesamt sehr schlecht. Und mit schlecht meine ich nicht ausschließlich die Ergebnisse, sondern das gesamte Auftreten meiner Mannschaft. Die Spieler waren immer eine Sekunde zu spät am Ball, verloren immer die entscheidenden Zweikämpfe, und die Gegentore kamen immer aus dem Nichts. In den Spielen, in denen ich nur ein schwarzes Tshirt trug, fielen die Gegentore zwar auch aus dem Nichts, aber meine Bauchgefühlstatistik belegt empirisch, dass wir die Zweikämpfe seitdem wieder gewinnen.

Dann fängt das Spiel an und nach 90 Sekunden schießt Augsburg ein Tor gegen uns. Alle meine Spieltags-Chatgruppen sind nervös. Ich mag da gar nicht mehr reinschauen.
Eine Stunde lang laufen wir dem Rückstand hinterher. Es würde zur Saison passen. Wir spielen gut und bekommen so ein blödes Ding in der zweiten Minute.
Es vergeht eine ganze Stunde in der die Mannschaft viele Angriffsbemühungen unternimmt, aber nur selten gefährliche Abschlüsse tätigt. In der sechszigsten Minute ist eigentlich die Zeit, in der neue Spieler eingewechselt werden. Ich überlege die Hertha-Jacke anzuziehen. Vielleicht bringt es ja Glück, wenn ich sie erst im laufenden Spiel anziehe. Zwanzig Sekunden später köpft Piatek den Ball ins Tor. Ich stehe plötzlich aufrecht und klebe am Fernseher. Es ist ein Ausgleich. Der erste Schritt um ein Führungstor zu schießen. Wir brauchen nur noch ein weiteres Tor. Dabei sollten wir natürlich kein Eigenes einfangen. Nur ein einziges Tor. Ich sitze auf Zehenspitzen. Meine Mannschaft drängt und drängt. Ich überlege die ganze Zeit, mir die Jacke zu holen, sie scheint ja doch zu helfen, zumindest der Gedanke daran, aber ich kann jetzt unmöglich die Augen vom Bildschirm lassen. Die letzten zehn Minuten verbringe ich stehend einen Meter vor dem Bildschirm. Bis dann eine Minute vor Schluss Dodi Lukebakio den Elfmeter ins Augsburger Tor versenkt. Wenige Minuten später ist Abpfiff und wir haben drei Punkte auf unserem Kontostand. Es dauert mehrere Minuten bis meine Körperspannung nachlässt.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 5.3.2021]

Heute wurde dann seitens Hertha die Sieger des Wilhelm Wernicke Preises verkündet. Mit diesem Preis will Hertha besondere, soziale Initiativen ehren. Mit unserem Fanclub Axel Kruse Jugend haben wir den dritten Preis gewonnen. Wegen der Initiativen, die wir in diesem Jahr geführt haben. Allen voran die 1892-Liter-Wasser Aktion, aber auch die anderen, kleineren Initiativen, die wir ins Leben gerufen hatten.

Hier ist das Video.

Hier der Text zum Preis.

Als die Ankündigung raus war, fing diese seltsame Nervosität an. Die Likes auf Twitter, die Retweets, die privaten Nachrichten. Ich habe den ganzen Tag nur mit einer Hirnhälfte gearbeitet.
Die andere Hirnhälfte war von einem nervösen Mix auf Endorphin- und Stressinjektionen lahmgelegt.

Das war übrigens der Grund, warum ich letzten Donnerstag schrieb, ich könne gerade nicht berichten, was geschehen sei. Die Preisträgerinnen sollten erst heute verkünden werden, man bat uns also eine Woche zu warten.
An jenem Donnerstag hatten wir ein Treffen mit HerthaTV und Theresa, der Leiterin der CSR Abteilung bei Hertha um ein kleines Imagefilmchen über unseren Fanclub zu drehen. Meine Frisur saß gut. Das ist das Wichtigste.

Wir drehten zuerst das Video. Es wurden Interviews geführt und als alles im Kasten war, sagte man uns, es käme gleich eine kleine Überraschung.
Die Überraschung war eine auffällig schöne Frau, der schon von Weitem eine gewisse Star-Strahlung vorausging. Sie trug einen strahlend hell-lilanen Wollmantel, ihr Haar war voluminös und sie hatte dieses schöne strahlend-distanzierte Lachen, wie es eigentlich nur Berühmheiten von sich geben können. Sie trug eine kleine gläserne Skultpur in den Armen. Die Skultpur sah aus wie ein Preis.
Als die Frau auf uns zukam, standen wir da zu dritt. Tanja, Moritz und ich. Wir wussten nicht wer sie war. Ich wusste, dass ich mich zu ihren Auftritt irgendwie zu verhalten hatte, wusste aber nicht recht wie, ich stand vermutlich mit einem freundlich festgefrorenem Lächeln da und sah zu wie sie auf uns zukam.
Als sie vor uns stand sagte sie: ich glaube ihr wisst nicht wer ich bin, oder?
Sie lachte. Wir lachten. Wir lösten uns.
Sie stellte sich als Eva Maria Lemke vom RBB vor. Eine sehr sympathische Frau mit einer starken Präsenz.
Danach bekamen wir zahlreiche Zuschriften von Leuten, die uns dafür beneideten, dass wir mit Eva Maria Lemke zu tun hatten. Das war ziemlicher Glanz, den sie in diesen Minuten über uns abgeworfen hatte.

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Abends beschloss ich, spontan einen Cheatday einzulegen. Es geht mir seit zweidrei Tagen gesundheitlich nicht so gut. Latentes Unwohlsein, ich kann es nicht einmal genau beschreiben. Pizza also. Ich hatte das Bedürfnis nach Trost, den mir nur eine Pizza schenken konnte.
Und das funktionierte tatsächlich. Der Trost hielt sogar den ganzen Abend an. Ich bin dadurch nicht gesund geworden, aber es tröstete.

Mich nervt das Geschäftsmodell von Lieferando mittlerweile sehr. Letztendlich ist es einfach eine Webseite die sich aufgrund der faktischen Monopolstellung, hohe Vermittlungsgebühren auszahlen lässt. Das ist alles. Dahinter befindet sich kein Lieferdienst. Den zahlen die Restaurants selber.
Wenn möglich, bestelle ich mittlerweile bei den Restaurants direkt. Die meisten Restaurants haben mittlerweile ihren eigenen Shop. Deren eigenen Shops haben die gleichen Funktionen und sind genau so bequem.

Meistens bestelle ich ohnehin bei der gleichen Pizzeria, und wenn ich mal etwas anderes essen will, dann suche ich über Lieferando nach Restaurants. Wenn mir etwas appetitlich vorkommt, google ich aber das Restaurant und bestelle dort direkt.
Eat this, Lieferando.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag 4.3.2021]

Es war eine schlechte Nacht. Kurz nach eins wurde ich wach und blieb das fast drei Stunden lang. Nach einer Stunde stand ich auf, setzte mich an den Schreibtisch und las Sachen im Netz. Ich hätte auch auf dem Telefon im Bett liegend, Sachen im Netz lesen können. Aber da werde ich nicht richtig müde. Am Telefon unter der Bettdecke verforme ich mich zu einem nervösen, zähen Pfannkuchenteig mit aufgerissenen Augen. Ich habe einmal Facebook leergelesen. Ich bin ganz unten angekommen. Der Facebookstream war zu Ende. Ich wusste nicht einmal, dass das geht.

Nach fast zwei Stunden bin ich dann merklich müde geworden. Darüber war ich so happy, dass ich sofort ins Bett sprang und einschlief.
Leider änderte es nichts daran, dass mein biologischer Wecker zur Zeit immer um 6:24 klingelt.

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Am Morgen lese ich, dass die neuen Coronamaßnahmen veröffentlicht wurden. Selten hatte ich zu so wenig eine Meinung wie zu Coronamaßnahmen. Was auch immer beschlossen wird, ich halte mich einfach daran und hoffe, dass ich einigermaßen gesund und gut gelaunt durch diese Zeit komme. Es wundert mich immer wie viel Meinung die Leute zu Inzidentswerten, zu Lockdown und zu Lockerungen haben. Wie sehr die Leute glauben zu wissen, wie eine richtige Entscheidung auszusehen hat. Selten gab es so viele Parameter aus unterschiedlichen Fachgebieten zu berücksichtigen und gleichzeitig unterschiedliche ethische Standpunkte abzuwägen um eine Entscheidung zu treffen. Das Echo da draußen klingt so als gäbe es 80 Millionen Menschen mit multpilem Fachwissen.

Ich mache kurz Twitter auf und schließe es sofort wieder.

Was mich allerdings aufregt, ist der offensichtlich fehlende Wille, die Ärmel hochzukrempeln und die zwei dringendsten Probleme anzugehen: online Schulunterricht und eine schnelle Impfkampagne.
Es erstaunt mich, wie es in den öffentlichen Organisationsstrukturen an Lust mangelt, kreativ zu sein und die Ärmel hochzukrempeln. Gerade der Schulunterricht lässt sich mit wenig Mitteln technisch lösen. Vorausgesetzt man stellt den Schülerinnen einen Laptop bereit. Schulunterricht ist nichts anderes als ein mehrstündiges Video-Meeting mit angeschalteter Kamera und einem Programm, mit dem man lesen oder schreiben kann. Dafür kann man sogar vollständig auf kostenlose Opensource Werkzeuge zurückgreifen.
Es erstaunt mich, wie schnell man dabei war, alles einfach an Eltern und Kindern überzubügeln.
Man muss es nur wollen. So etwas ärgert mich. Dabei habe ich nicht einmal Kinder.

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Eine Nebenwirkung von Astra Zeneca ist Vernichtungskopfschmerz. Vernichtungskopfschmerz. Deutsche Sprache, ey.

[Tagebuchbloggen. Dienstag 2.3.2021]

Heute ist Vivamexicotag. So nennen wir das. Der Tag, an dem ich meine jetzige Frau wieder-kennengelernt habe. Obwohl es das Vivamexico seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gibt, gehen wir am Vivamexicotag immer mexikanisch essen. Während Corona ist Essengehen aber ja nicht wirklich eine Option. Letztes Jahr waren wir noch aus Essen. Ich glaube, das war das letzte Mal an dem wir zusammen ausgegangen sind. Wenige Tage später kam Corona auch nach Deutschland.

Es kam Corona. Das Epochale in diesem Bild.

Dass wir heute nicht mexikanisch essen gehen, hat aber nicht nur mit Corona zu tun sondern auch damit, dass ich zur Zeit abnehme. Wir könnten uns schließlich mexikanisch bestellen, aber das fällt hiermit flach.

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Weil ich abnehme, versuche ich auch tagsüber keinen Scheiß zu essen. Meiner Frau (huch, heute schon drei Mal erwähnt) bereitet es gerade große Freude, mir leichtes Essen für die Arbeit zuzubereiten. Nun ist sie wirklich das Gegenteil vom Typus Frau, die ihrem Ehegatten Essen für die Mittagspause zubereitet (und das meine ich positiv), aber es gibt eine gemeinsame Freude, dass ich so viel Gewicht verliere. Und eine gemeinsame Freude darüber, dass ich mittags immer herrliche Speisen aus meiner Lunchbox ziehen kann. Das ist wie früher auf der Schule. Nur mit dem besseren Essen.

Heute öffnete ich meine Lunchbox. Es gab schwarze Bohnen und Mais. Alles in irgendwas Geilem das nach Kreuzkümmel roch. Und dazu Guacamole.
Es dauerte mehrere Minuten und Happen bis der Groschen fiel. Mexiko. <3

[Tagebuchbloggen. Montag 1.3.2021]

Gestern ist auf Spitzbergen übrigens das erste Mal die Sonne aufgegangen. Leute sind zu den flachen Stellen der Insel gefahren um den ersten Sonnenstrahl seit Oktober einzufangen. Ich habe das auf Insta verfolgt. Wie die Leute ihr Gesicht in die Sonne halten. Das ist wie wenn man verwelkte Blumen renaturiert.

In Longyearbyen ist es aber erst in 8 Tagen soweit. Wegen des großen Berges im Süden. Der Berg heißt Sarkophagen, weil er aussieht wie ein- genau.

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Aufgrund der Legionellensituation zuhause, dusche ich jetzt in der Firma.
Wir wissen immer noch nicht, wie es weitergeht. Ich hatte die Hausverwaltung angeschrieben und gefragt, wann der nächste Termin wegen der Legionellen stattfinden würde. Die Damen wusste es aber nicht. Nach etwa einer Stunde, hatte sie einen Termin zum 23.3. Das ist jetzt eine Unterstellung, aber es wirkte nicht so, als hätte sie sich um einen Termin gekümmert gehabt. Ich schrieb: wir haben eine 1700-fach erhöhte Legionellenkonzentration und unterliegen einem amtlichen Duschverbot, ich bin mir sicher, dass man da an der Geschwindigkeit etwas arbeiten kann. Sie antwortete: da haben Sie womöglich Recht. Jetzt haben wir einen Termin zum 3. März

Das ist aber nur ein Termin für die zweite Probenentnahme. Das Ergebnis dauert sicherlich wieder zwei Wochen, wenn es negativ ist, dann muss eine Firma beauftragt werden, die sicherlich einige Wochen Vorlaufzeit benötigt und der Termin wird dann nicht klappen, weil nicht alle Bewohnerinnen zuhause sein werden.
Neben Coronafrisur entwickle ich dann so etwas wie Legionella-Körperdunst.
(OK, der zündet nicht so gut)

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Ich habe einen Frisurtermin am 23.3. gewonnen.
Das hier ist fürs Protokoll.
Mittlerweile habe ich allerdings Freude an meiner Coronafrisur bekommen. Es sieht so unförmig aus, dass es entweder akzeptiert ist, das Haar kapriziös zu verarbeiten oder die Erwartungen an eine Frisur sind so niedrig geworden, dass, dass, dass. Dass es eben kaum noch Erwartungen daran gibt.

[Tagebuchbloggen. Sonntag, 28.2.2021]

Tenet geschaut. Wegen Christopher Nolan. Einige seiner Filme sind ja wirklich echt Glanzlichter. Memento zum Beispiel. Auch Inception fand ich außergewöhnlich gut. Seine Batman-Trilogie sind mir auch die liebsten Batman Verfilmungen. Und Interstellar mochte ich aufgrund dieser Leere und Verlorenheit im Weltall.
Tenet ist furchtbar kompliziert. Gegenstände die in der Zeit rückwärts gehen und überhaupt, viel zurück in der Zeit bei gleichezeitigem Vorausgehen. Beim Räuspern hat man Angst, dass man ein Detail verpasst und dann den ganzen Film nicht mehr versteht. Ich verstehe ihn trotzdem nicht und akzeptiere einfach, dass der Protagonist durch einen klugen Schritt in die Vergangenheit den Bösen ausschalten kann.
Erstaunlich gut fand ich aber die Musik. Nachdem ich mir zum vierten Mal dachte „tolle Musik“ googelte ich den Komponisten (die Handlung hatte mich an dieser Stelle bereits verloren). Er heisst Ludwig Göransson und stammt aus Schweden. Gefreut hat mich allerdings, dass er mit dem Soundtrack zu Tenet in diesem Jahr für den Golden Globe Award nominiert ist. Mein untrügerischer Geschmack und ich. Wir sind zwei richtige Kenner.

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Mit 14 Kilo weniger auf den Rippen habe ich meine alten Kleider anprobiert. Vornehmlich alte Hemden, die ich all diese Jahre aufbewahrt habe. Sie passen mir wieder. Allerdings haben nicht alle Stoffe die Zeit überdauert. Die habe ich aussortiert. Auch Pullover. Und Kleidungsstücke, die ich mit dem Ziel kaufte, sie zu tragen, wenn ich dünner bin. Aber jetzt passen sie geschmacklich nicht mehr.

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Und sonst an dem Text weitergearbetet.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 27.2.2021]

Am Morgen stoße ich in einem Artikel über Chicago auf einen Satz, der weitreichende Folgen für mein Weltverständnis hat. Es geht um die Prärie und über „Prärieindianer“. Seitdem die Spanier in Nordamerika Pferde eingeführt haben, änderte sich der Jagdradius der- wie Bitte? Einführung der Pferde in Nordamerika? Hätte man mir gesagt, dass die Pferde von Nordamerika nach Europa eingeführt worden wären, hätte ich das eher geglaubt. An diese Art von Amerika-zu-Europa-Schock habe ich mich längst gewöhnt. Ich denke dabei an Tomaten und Kartoffeln. Aber, dass Winnetous Vorfahren nicht auf Pferden ritten, sonder dies nur kulturell adoptiert ist, wie die Tomatensauce auf der Pizza, das bringt meine Einordnung der Dinge doch gehörig durcheinander.

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Durch den Tag hindurch, arbeite ich an einen längeren Text, den ich seit einem halben Jahr nicht mehr angefasst habe. Ich bin immer noch unschlüssig, ob die Hauptperson ein Mann oder eine Frau sein soll. Als Frau gefällt mir der Text wesentlich besser und was für ein Unterschied, wenn die Rolle von einer Frau eingenommen wird. Da ändern sich ganze Handlungsstränge. Noch arbeite ich an zwei Versionen. Ich bin jedoch mit beiden nicht ganz zufrieden. Bei der Version mit der Frau schaue ich naturgemäß viel kritischer auf Fehler, die Geschlechterrollen betreffen, man wird mir immer vorwerfen können, als Mann nur oberflächlich das Innenleben einer Frau nachempfinden und beschreiben zu können. Diese Schere hängt immer bedrohlich links hinter mir im Raum und liest Buchstaben für Buchstaben mit.
Andererseits schaffen Frauen schon jahrundertelang männnliche Hauptprotagonisten und mussten sich diesen Vorwurf eigentlich nie gefallen lassen. Möglicherweise sind Männer weniger komplex, das wäre lustig. Allerdings ist unsere Kultur seit Jahrtausenden von Männerfiguren durchzogen und Männerfiguren sind in unserer Erziehung schlichtweg präsenter und daher auch für Frauen vertrauter und vermutlich einfacher zu reproduzieren. Was es für Frauen wieder gesellschaftlich schwieriger macht, weil es weniger gute weibliche Rollenvorbilder gibt, die eine breite Strahlkraft haben. Nicht alle Menschen sind rebellisch genug um sich ihr eigenes Vorbild zu sein. Männer haben ja immer tausende Kerle, von Caesar bis Eminem, aus denen man wählen kann.

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Am Nachmittag dann das Spiel gegen Wolfsburg. Wieder eine Niederlage. Wenn auch unverdient. Wiedermal unverdient, wie alle letzte Niederlagen. In meinem Hertha-Umfeld ist mittlerweile ziemliche Panik ausgebrochen. Ich glaube aber nicht an einen Abstieg. Es sind noch 12 Spiele zu spielen. Das trändende Niederlagental, durch das wir gerade schreiten fühlt sich wie eine Schlucht an, aber es waren Spiele gegen die Top 4 der Liga. Dabei haben wir eigentlich immer ein gutes Bild abgegeben. Der einzige Club, der nicht in der Top 4 stand, hat etwas glücklich ein Tor gegen uns geschossen. Jetzt kommen die Gegner auf Platz 5 und abwärts, und das sind ja die Pätze, mit denen wir uns auf dem Papier auf Augenhöhe befinden sollten, also die Europaleague Plätze. Auch wenn die Gegner Dortmund und Leverkusen heissen, aber diese Saison sind das keine Champions League Mannschaften, sondern eben Platz 5 und 6. Und neben diesen beiden, kommen alles Gegner, die auf dem Papier schlagbar sind. Ja, wir werden auch da immer wieder mal verlieren, aber 20 Punkte sind noch drin. Und ich vage zu behaupten: es werden mehr als 20 Punkte.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 26.2.2021]

Eine Freundin liegt im Krankenhaus. Ich habe gesagt, sie soll sich bei uns melden, sobald sie ein Telefon hat oder sobald sie wieder bei Sinnen ist.
Es sind schon 9 Stunden vergangen. Ich weiss ja nicht, wie das in den Krankenhäusern logistisch abläuft. Man hat das Telefon schließlich nicht in der Tasche, während man voll narkotisiert auf der Bahre liegt und danach dauert es ja ewig bis man zu sich kommt und bis die Sinne alle zurück sind, vergeht ja wieder Zeit. Wer bestimmt dann, wann man das Telefon wieder bekommt. Als ich vor Jahren im Krankenhaus operiert wurde, wurde ich gewarnt, dass Krankenhäuser ein Hort der Handydiebstähle sei.
Diese seltsame Abgeklemmtheit von der Restrealität. Nicht mal ihr Mann und ihre Kinder können sie besuchen, wir erinnern uns, es ist Corona.

(später ist aber alles gut)

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Heute ist Cheatday. Ich nehme ja gerade ab, seit 4 Monaten, 14 Kilo weniger sind es bisher, aber heute ist Cheat day, das ist schon von langer Hand geplant. Einfach weil es der achtundzwanzigste ist und ich finde einmal im Monat kann man schon mal über die Stränge schlagen. Es gibt Mac&Cheese. Für mich der Inbegriff der Völlerei. Und es gibt Bier.

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Auf dem Nachhauseweg stehe ich mit dem Fahrrad sehr unordentlich an der roten Ampel. Ich stehe vorne an der Linksabbiegerspur für Fahrräder statt an der Linie der Geradeausfahrer. Hinter mir steht eine Fahrradstaffel der Polizei, die ich kurz vorher überholt hatte. Eine Polizistin und ein Polizist. Der Männliche schreit mich an, dass ich da nicht stehen darf. Ich schaue mich um und gehe artig mit meinem Rad rückwärts. Dann springt die Fußgängerampel auf grün und ich fahre los. Er schreit mich wieder an und ruft, dass ich jetzt mal an den Straßenrand fahren soll. Dann kommt er zu mir und erklärt mir die Verkehrsregeln. Ich sage: Herr Polizist, Sie haben Recht. Dann erklärt er mir auch andere Straßenregeln. Ich nicke freundlich und sage: Herr Polizist, sie haben Recht. Er erklärt mir auch warum es wichtig ist, dass das diese Regeln eingehalten werden. Ich sage: Herr Polizist, Sie haben Recht.
Ich habe vor vielen Jahren nach vielen Momenten der Berührung mit der Polizei irgendwann verstanden, dass Polizist:innen nicht dafür gemacht sind, zu diskutieren. Deren Wertgefüge sind Regeln, diese sind schlichtweg durchzusetzen oder bei kleineren Verstößen zu warnen, oder etwas zu ignorieren. Da passt es nicht, nach Grautönen bei Recht oder Unrecht zu suchen. Man bewirbt sich nicht bei der Polizei, wenn man bei Regeln nach Interpretationsspielraum sucht. Da will man drei Sachen: Regeln durchsetzen, ein Auge zudrücken oder Dinge ignorieren. Das ist das Wesen der Polizei. Und das meine ich keineswegs schlecht. Und von den systemischen Skandalen abgesehen, finde ich die Polizei mittlerweile eigentlich eine gute Sache.

Er schreit weiter, er schaut sich auch um, die Leute, die aus dem Laden kommen schenken ihm Beachtung. Es ist ihm wichtig, Präsenz zu zeigen. Seine Kollegin steht mit ihrem Rad etwas abseits. Sie scheint zu lächeln. Ob sie ihn bewundert oder ob sie ihn peinlich findet, vermag ich nicht einzuschätzen. Ich nicke ihm aber zu. ich sage: ja, Sie haben Recht.

Ich merke wie er immer sanfter wird. Laut, aber sanfter, er hat schon angefangen zu lächeln. Dann sagt er zu mir, Sie wissen aber schon, dass das 100€ kosten könnte, aber ich bin heute sehr gut gelaunt. Ich sage: das finde ich super. Danke.

Dann zieht er weiter.

Es ist eine bemerkenswerte Begegnung.

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Zum Cheatday Mac&Cheese gemacht. 500g Käse und 400g Pasta. Dazu natürlich Sahne und Butter. Außerdem trinke ich zwei Biere.
Danach muss ich mich übergeben. Ich habe mich lange nicht mehr übergeben. Ich bin sowas nicht mehr gewohnt. Nach 4 Monaten Diät kennt mein Körper das Alles nicht mehr.

Merke fürs Nächstemal: beim Cheatday ist das Schönste die Vorfreude. Übertreibe es aber nicht gleich.