[Do, 25.1.2024 – Rovaniemi]

Nach kurzem Zwischenstopp in Helsinki landeten wir etwa um halb drei in Rovaniemi. Ich ging davon aus, dass die Sonne bereits untergegangen sein würde. Dem war aber nicht so. Der Sonnenuntergang findet erst um 15:18 statt. Der Tag ist schon 6 Stunden lang, vor einigen Monaten hatte ich aber 3 Stunden recherchiert. Da muss mir ein Rechenfehler unterlaufen sein.

Während der Landung wir daher über eine unwirkliche Landschaft von endlosen, schneebedeckten Nadelbäumen, die einseitig von einer tief stehenden orangenen Sonne angeleuchtet wurden. Nur unterbrochen von zahllosen vereisten Seeen und Flüssen. Es liegt hier viel Schnee, richtig viel Schnee. Lustigerweise wirkt Lappland wesentlich mehr wie ein Winterwunderland als Spitzbergen. Das hat mit den Bäumen zu tun. Während Spitzbergen eine Landschaft aus vereisten Bergen, Tälern und Gewässern ist, hat man hier wegen der schneebedeckten Bäume eher das Gefühl, es käme jeden Moment ein Bär oder ein Fuchs oder ein Schlitten mit einem rotnasigen Rentier hinter den Bäumen hervor.
In diesem Zusammenhang verstehe ich jetzt auch den Santa Claus Tourismus in Rovaniemi. Bei Buchung der Reise waren wir uns dessen gar nicht bewusst. Als wir den Leuten von der bevorstehenden Reise erzählten, wurde es oft mit “Grüsst den Weihnachtsmann” o.ä. kommentiert. Wir fanden heraus, dass es etwas nördlich der Stadt ein etwas kitschig angelegtes Weihnachtsdorf gibt. Aber das beschäftigte uns zunächst nicht weiter. Im Flieger sichteten wir allerdings seltsam auffällige Passagiere mit Weihnachtsschmuck, z. B. eine Gruppe sehr junger, exzentrischer Frauen aus China, die auffallende Weihnachtsparaphernalia trugen. Von Rentierschmuck über Ugly-Christmas-Pullover bis hin zu auf Fingernägeln auflackierte Weihnachtsbäume. Sie wirkten wie Fangirls eines Weihnachtsmangas. Das fanden wir nett, aber auch schräg.

Dann nahmen wir den Airportshuttle bis in die Stadt, dort mussten wir noch etwa 5 Minuten bis zum Hotel laufen. Meine Jacke war offen und ich hatte keine Mütze auf. Auch zog ich den Rollkoffer ohne Handschuhe hinter mir her. Nach einer Minute hatte ich das Gefühl, dass sich mein Schädelknochen vereist und ich dachte einen Moment lang den Kontakt zu meinen Fingern verloren zu haben. Also zog ich mir schnell etwas über.
Es hatte -20 Grad. Das ist eine überraschend beeindruckende Temperatur. Es überraschte mich, weil ich minus zwanzig eigentlich aus meiner Kindheit in den Dolomiten kennen sollte, aber damals beschäftigte mich das vermutlich nicht so sehr, ich war einfach immer warm angezogen.

Nachdem die Sonne unterging, sackte das Thermometer noch einmal auf -23 ab und wir schauten uns etwas im Zentrum um. Ich hatte auf Googlemaps drei Kneipen und einen Pub ausgemacht. Die wollten wir uns von aussen ansehen und uns dann in einen reinsetzen. Das Zentrum ist nur klein und die ausgesuchten Kneipen lagen unweit von einander entfernt, also war die Runde nur kurz. Aber sie war lang genug, um uns auf die Wärme der Kneipe zu freuen. Wir tranken zuerst ein südfinnisches Bier, ein Pale Ale, das uns sehr schmeckte und danach probierten wir die Biere der Lappland Brewery, die wir aber viel zu malzig fanden. Also schwenkten wir wieder zurück zu der anderen Brauerei. Beachtlich ist auch, wie man ausserhalb Deutschlands neben Pils und Lager ganz selbstverständlich Pale Ales, IPAs, Neipas undsoweiter vom Hahn bekommt, wie ganz normale, etablierte Bierstile.

Nachher assen wir einen Burger in einem Laden, in dem es einen Pizzaraum und einen Burgerraum gibt. Ich weiss, ich habe öfter betont, wie langweilig ich Burger finde, aber manchmal ist Burger einfach die beste Sache der Welt. Wir fanden diesen Burger sogar so gut, dass ich der Köchin mitteilen liess, den besten Burger der letzten 5 Jahren gegessen zu haben. Die Kellnerin versprach, es weiterzugeben. Meine Frau fand es lustig, dass ich schon wieder bei einem guten Burger Komplimente an das kochende Personal ausrichten liess. Ich sagte, das stimme ja gar nicht. Aber sie sagte, dochdoch, das hätte ich in Longyearbyen auch schon getan. Es steht tatsächlich im Blog. Hatte ich vergessen. Ich mache das nur bei Burgern. Das sagt sicherlich etwas über ich aus. Ich weiss nur nicht, was.

Auf dem Nachhauseweg war es wieder sehr kalt. Die Kälte kriecht nach einigen Minuten durch die Kleidung hindurch. Es ist immer das gleiche: die erste Minute ist es schön frisch, ab der zweiten Minute spürt man, wie die Kälte langsam durch die Jacke hindurch kriecht. Es ist eine beeindruckende Kälte, aber das sagte ich schon, dabei ist es nur minus 23. Jetzt habe ich immerhin eine Referenz, bei der ich weiss, dass die Jacke, der ich bisher so viel Vertrauen schenkte, ihre Kraft verliert. Wir übelegten, in den nächsten Tagen Bekleidungsgeschäfte zu besuchen und uns von den Locals beraten zu lassen. Wahrscheinlich kaufe ich nichts, aber interessant ist es schon. Meine Frau hat eine Jacke von Didrikson, sie beklagt sich bisher nicht.

4 Kommentare

  1. Ich habe einen Blauer Daunenmantel mit einer 275er Füllung. Reicht mir grade so für 8 Grad minus. Wenn ich in diese Kälte müsste, würde ich canada goose ausprobieren.

  2. Ich möchte auch keine Werbefläche sein, Blauer geht grad noch, ist aber halt nicht warm. Didrikson wird auch nicht wärmer als Blauer sein, denke ich. Es gibt noch moose knuckles, auch doofes Logo aber nicht so knallig. Ich glaube, etwas teurer ohne Logo wäre wie bei Autos ein Markt…

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