[Tagebuchbloggen. Mittwoch, 31.3.2021]

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Huch, ich wusste gar nicht, dass es einen 31. März gibt. Es sieht falsch aus.

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Es ist Derbywoche. Meine Frau hat versprochen, bis Sonntag nicht mehr ihre rote Mütze zu tragen. Vermutlich auch darüber hinaus. Das Wetter kommt ihr da sehr entgegen.

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Ich wurde darauf hingewiesen, dass die Audioaufnahmen zu den Blogeinträgen seit drei Tagen hallig klingen. Kurzer Qualitätscheck meinerseits ergab, dass das stimmt. Ich weiss nicht, woran das liegt, ich vermute aber, dass ich den Abstand zwischen meinem Mund und dem Mikrophon etwas verkleinern muss. Zwar kann ich mir nicht vorstellen, dass das Mikrophon sich so dynamisch verhält, dass es beim Abstand mehr Umgebungsgeräusche aufnimmt, aber man weiss ja nie, Technik hat mich schon oft überrascht.

[…]

Eine Probeaufnahme hatte wieder Hall. Es wäre bei der Aufnahme dieses Beitrages also wieder schiefgegangen. Ich zog mehrere Kabel und schaltete Geräte an und aus. Eine Analyse des Problems verfolgte ich nicht. Eigentlich will ich immer alles verstehen. Aber diesmal fehlte mir der Nerv. Danach ergab die Probeaufnahme, dass es wieder funktioniert. Eine mögliche Schuldige ist die externe Webcam, die über ein eingebautes Mikrophon von niedriger Qualität verfügt. Möglicherweise wurde die durch ein Reset eines Gerätes zum Standardgerät hochgestuft und nahm nun den Audioinput entgegen.
Ich werde ab jetzt darauf achten. Der hallige Klang ist wirklich nicht angenehm zu hören.

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Am Abend verabredeten wir uns wieder an unserem Erkerfenster und schauten auf die Strasse. Ich habe Angst, dass mir das im hohen Alter gut gefallen würde. Aus dem Fenster lehnen und mit einem Glas Bier das Straßenleben zu kommentieren.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag, 1.4.2021]

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Ich kann mich noch an eine Newsmeldung erinnern, das war in den Nullerjahren, dass eine Softwaregruppe, eine neue Technologie entwickelt hatte, mit der man Dateien, egal in welcher Größe, auf nahezu 0 Kilobyte herunterkomprimieren könne. Das nannte sich LZIP, Lossy ZIP.

Ich muss gestehen, dass ich Aprilscherze mag. Und Menschen, die sich über Aprilscherze aufregen, finde ich ja immer etwas elitär cool oder humorlos. Meistens beides.

Dieses Wow-Gefühl mit dem ich damals in den Artikel einstieg und dieses WTF-Gefühl mit dem ich über die Erkenntnisse las, wie man festgestellt habe, dass man die meisten Inhalte in jeglichen Dateien zu Metadaten zusammenfassen könne. Die ersten multiplen Fragezeichen kamen in mir erst auf, als der Artikel beschrieb, dass meistens sogar Metadaten irrelevant seien und man viele Inhalte schlichtweg ignorieren könne.
Es sagt ja immer einiges über die Leute aus, die auf einen Scherz hereinfallen.

Im Kollektiv auf etwas hereinfallen, bzw das Kollektiv dabei beobachten, das funktioniert ja nur, wenn der Scherz als solcher institutionalisiert ist. Ob diese Institution nun Postillon heisst oder dieser auf ein Datum festgelegt ist, ist dann egal.

Natürlich kann ich nachvollziehen, dass Nachrichtenseiten, aufgrund der seltsamen Zeiten von salonfähigen Verschwörungstheorien und dem Phänomen der Fakenews, lieber davon absehen. Schade finde ich es dennoch. Auch wenn die meisten Witze schlecht sind.

Dieses Jahr war das erste Jahr, in dem ich keinem Aprilscherz begegnet bin.

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Mein Arbeitsalltag besteht zur Zeit aus 95% Meetings. In 80% dieser Meetings bin ich stiller, aber erforderlicher Zuhörer. Das ist keine gute Entwicklung.

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Heute breche ich das Fasten. Ich werde also zu Abend essen. Einfach so. Weil ein langes Wochenende ansteht und wieder einige Zeit vergangen ist und meine Gewichtsabnahme etwas stagniert und ich gerade Lust drauf habe etwas zu essen und zu trinken. Wir haben uns auf Pasta mit Bier geeinigt. Während ich diese Zeilen aufschreibe fällt mir ein, dass Ostern ja das offizielle Fastenbrechen markiert, also im christlich-kulturellen Kosmos. Das ist natürlich ein lustiger Zufall.

[…]

Gerade gegoogelt. Der Gründonnerstag (also heute) wird im Christentum traditionell als Speisetag zelebriert, dessen Ursprung mit dem Fastenbrechen einhergeht. Wenn Jesus morgen stirbt, dann müsste heute auch das Datum des letzten Abendmahles sein. Aber ein schnelles Googlen liefert dazu keine Antwort, scheint also nicht wichtig zu sein. Mir auch wieder egal.

Als Kind fand ich das letzte Abendmahl total faszinierend. Ich malte ja. Mit Buntstiften und Wasserfarben. Als Kind verehrte ich u.a. Leonardo da Vinci. Ich zeichnete seine Skizzen nach, vor allem die Studien, Arme, Hände, Bewegungen, aber auch die Flugstudien, das wirkte auf mich alles so einfach und gleichzeitig gescheit. Und das letzte Abendmahl. In einer Doku hatte ich gelernt, dass die Apostel in Dreiergruppen postiert waren. Dass ein Maler auf die Idee kam, zwölf Apostel in Dreiergruppen zu bündeln, das fand ich als Kind unheimlich intellektuell. Ich zeichnete tatsächlich oft das letzte Abendmahl. Und Judas mit dem Geldbeutel. Diese Symbolik. Immer wenn ich irgendwo ein Gemälde eines Abendmahles sah (wovon es in den unendlich vielen Kapellen und Kirchen meiner Kindheit zahlreiche gab), lag meine Augenmerk immer auf den Geldbeutel des Judas.
Die unbekannten und namenlosen Maler der meisten Abendmahle postierten die Apostel natürlich nie in Dreiergruppen, deshalb verachtete ich sie auch ein wenig. Aber Judas und sein Geldbeutel, der kam überall vor. Immer anders. Mal mit einem größeren Beutel, mal kleiner, mal mit einem teuflischen Grinsen, mal nicht. Vermutlich gibt es über Judas und seinem Geldbeutel tausende geokulturelle Studien.

Was ich aber eigentlich sagen wollte; heute ist Fastbrechtag und nicht mein letztes Abendmahl.
Ich bereite Bärlauchpesto zu und öffne uns gutes Bier von Berliner Berg. Nach dem ersten Bier werde ich schon cremig. Ich bin den Alkohol nicht mehr gewohnt. Wir sitzen in der Küche und albern herum.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 2.4.2021]

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Am Vormittag bei Kaffee und Muesli unterhalte ich mich mit ein paar Freundinnen in unserer Telegramgruppe über das richtige Gendern. Wir sind weitgehend der selben Meinung, diskutieren eher über Details. Dass das generische Maskulinum überholt ist, steht außer Frage. Nun ist die öffentliche Diskussion darüber, wie richtig gegendert werden soll, noch längst nicht abgeschlossen und sie wird sicherlich noch eine Weile andauern. Ich will mich aus der feingranularen Diskussion auch raushalten, als weißer Mann bin ich nicht von der Inklusion betroffen und will daher nicht über die korrekte Form mitreden. Ich kann alle Argumente pro Sternchen und contra Doppelpunkt bzw contra Binnen-I und pro Unterstrich nachvollziehen. Ich finde die Diskussion allerdings auch oft etwas zu verkopft und übervorsichtig. Natürlich ist Inklusion wichtig, aber dennoch will man am Ende die Sprache dahingehend ändern, dass sie praktikabel wird und eine allgemeine Akzeptanz findet.

Ich halte mich an den gefühlten Standard. Zur Zeit ist das der Doppelpunkt. Sollte ich das Gefühl haben, dass eine andere Form besser akzeptiert wird, werde ich meine Gewohnheit entsprechend ändern. Ich glaube, es geht bei Sprache immer um Akzeptanz oder auch um Authentizität. So entsteht Sprache.

Wobei ich bei der Anwendung des Doppelpunktes nicht sehr konsequent bin. Ich bevorzuge in der Regel das weibliche Generikum. Ich weiss, das ist nicht inklusiv genug, aber das weibliche Generikum kommt mit einer Wucht daher, der ich meist nicht widerstehen kann. Das weibliche Generikum sieht man im Textbild nicht kommen, weil es sich versteckt, anders als Sternchen oder Doppelpunkte, und es haut uns raus, es zwingt uns über Geschlechterrollen nachzudenken und sie zu hinterfragen. Das mag ich.

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Auf einem langen Spaziergang kaufen wir uns ein Eis. Sie nimmt Straciatella und Pistazie. Ich bestelle etwas Experimentelles, das mir nicht schmeckt.
Eigentlich ist das immer so bei uns. Sie nimmt immer das Gleiche und ist glücklich damit und ich kaufe immer etwas Unbekanntes und bin 95% der Zeit enttäuscht. Andererseits: wenn ich mal einen Treffer lande. Dann rede ich noch Wochen später darüber.

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Es ist Karfreitag. Ich habe das Bedürfnis Fleisch zu essen und Blasphemie zu sprechen. Vermutlich ist mir das Thema „Letztes Abendmahl“ zu Kopf gestiegen und das ganze Thema Christentum breitet sich in mir aus. Wir haben aber so gut wie nie Fleisch im Haus, wir essen eher selten Fleisch. Manchmal hat meine Frau ein bisschen Schinken, aber ich mag Schinken nicht besonders. Warum sollte es am Karfreitag also anders sein, ich hätte mich besser vorbereiten sollen. Eine fette Salami würde heute passen.

Ich habe auch versucht, die Zeitfolge des letzten Abendmahles nachzurechnen. Das kann zeitlich nicht stimmen. Wenn Jesus am Donnerstag das letzte Abendmahl zu sich nahm und am nächsten Morgen verhaftet wurde, dann den Prozess bekam, verurteilt wurde und dann das Kreuz die ganze via Dolorosa zum Kalvariusberg hinaufschleppen musste um dort ans Kreuz gehangen zu werden. Das sind mir ein paar zu viele Ereignisse an einem einzigen Tag. Ja, es kann natürlich auch ein richtiger Kacktag gewesen sein, wir kennen alle diese Kacktage, an denen wirklich alles zusammenkommt, aber Kreuzigungen sind ja bekannt dafür, dass sie dem Tod ein langes Leiden voransetzen und mit langem Leiden sind üblicherweise Tage gemeint und nicht wenige Stunden, auch wenn die Dornenkrone und die Essigwunde den Prozess sicherlich beschleunigt habe könnten. Aber alles an einem Tag? Das finde ich eher unwahrscheinlich.

Ja, ich könnte das alles googlen, ich bin sicherlich nicht der erste, der diese Kacktag-Theorie etwas seltsam findet.

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Am Abend wollen wir einen Film schauen. Es ist Karfreitag, ich schlage vor, einen Jesusfilm zu schauen. Meine Frau verdreht die Augen. Ich google „die 10 besten Jesusfilme“. Es kommen zahlreiche Listen mit den besten Jesusfilmen. Peinlicherweise auch „Osterauswahl – die besten Filme über Jesus“. Ich bin offenbar nicht der erste, der sich zu Ostern Gedanken über Jesus macht. Ich fühle mich sehr durch Vorhersehbarkeit enttarnt.

Deswegen schauen wir den Film über Harriet Tubman, die Frau, die 1849 aus der Sklaverei entfloh und danach über elf Jahre hinweg 70 Menschen aus der Sklaverei befreite. Eine beeindruckende Geschichte.

[Tagebuchbloggen. Samstag, 3.4.2021]

Zum Frühstück schauten wie diese Doku vom RBB aus der Covid Station der Charite. Drei Folgen nur. Darüber, wie das Pflegepersonal in der Krise lebt. Darüber, wie die Leute wegsterben. Über Angehörige.
Zu Beginn musste ich das Frühstück weglegen. Diese große, junge Frau, die da auf dem Bauch liegt und künstlich beatmet wird. Wie sie da so hilflos liegt. Das war kein Film. Das war Realität und vielleicht 3 Kilometer Luftlinie von meinem Sofa entfernt.

Die Betten werden wieder voll. Es geht immer um Betten, Betten, Betten.

Das Telefonat der Pflegerin. Wenn sie den Angehörigen ankündigt, dass die Patientin heute sterben werde. Ob man sie begleiten möchte. Die Angehörigen die dann abwinken. Wie die beiden Pflegerinnen dann an dem Bett sitzen, die Hand der Patientin halten und die Herzlinie zum erliegen kommt. Boah, Kloss im Hals.

Gleich erging es mir eine Folge später. Bei der kleinen, dicken Frau mit dem Hoodie. Wie sie zuerst über ihre Mutter schimpft und danach Abschied nehmen muss.

Die Mutter ist längst nicht mehr da, sie wird nur noch beatmet. Der Arzt erklärt der Tochter, was passieren wird. Die Temperatur wird heruntergefahren, der Körper werde sich selbst überlassen, aber er versichterte ihr, dass ihre Mutter Mittel bekäme, damit sie nicht leide. Ihre Tochter geht raus, kommt wieder rein, geht raus, kommt wieder rein, fässt noch einmal die kalte, blaue Hand der Mutter an. Geht wieder.
Diese Hilflosigkeit der Gefühle.
Ich habe wieder diesen fetten Kloss im Hals. Ey, ich habe seit Jahren nicht mehr geweint, ich weiss nicht, was los ist.

Danach kommt das Pflegepersonal. Sitzt daneben. Die Kurve auf den Monitoren verflacht wieder. Einer geht zum Fenster und kippt es. Das machen sie offenbar immer. Damit die Seele raus kann. Der andere geht zur Maschine mit den hundert Knöpfen. Er schaltet sie alle einzeln aus. Buchdeckel zu. Das nächste bitte.

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Ja, das Sterben an sich hat nichts mit Corona zu tun. Dennoch: Während es sich bei den einen um Betten Betten Betten dreht, stehen die anderen in Stuttgart herum und brüllen, dass das alles ein Witz ist.

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Meine Frau möchte zum Ostkreuz spazieren. Bevor wir aus dem Haus gehen fragt sie, ob ich die Schlüssel und meine Hertha Sticker dabei habe.
Als sie das sagt, muss ich kurz innehalten. Dieses Bild. Die 47-jährige Professorin erinnert den 46-jährigen Manager an seine Herthasticker, damit er den Kiez vollkleben kann.
<3
Mich überfällt ein spontanes Knutschbedürfnis.

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Wir besuchen wieder den Eisladen. Nachdem ich gestern aufschrieb, dass sie immer das gleiche Eis nimmt und immer sehr glücklich dabei wirkt, während ich mit Experimenten meistens danebengreife, griff ich diesmal zu Altewährtem und Traditionellem: Straciatella und Vanille. Ja, war OK. Glücklich hat es mich aber nicht gemacht. Sie nahm hingegen eine warme, belgische Waffel mit Vanilleeis und Sahne. Das hätte mich auch gereizt, aber das wäre ja ein Experiment gewesen.
Sie wirkte sehr glücklich damit.

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Zuhause legten wir uns ins Bett und ich las Sarah Raich vor. Kurzgeschichten. Ich folge Sarah Raich auf Twitter, nachdem ihre Texte so gut besprochen wurden. Ich las drei Geschichten vor. Die Texte fingen mich aber nicht sonderlich. Zwar mag ich diese seltsame Belanglosigkeit. ZB die Geschichte mit der verlorenen Katze. Also eine Katze verschwindet, die Protagonistin macht sich auf die Suche nach ihr, es passiert dies und das, unter anderem besucht sie eine Nachbarsfrau die ein bisschen seltsam ist, die aber ihre Katze nicht hat, später ist sie dann wieder zuhause und dann kommt diese Nachbarsfrau zu ihr, die jetzt die Katze doch bei sich hat. Die Katze war wohl schon seit einigen Tagen bei ihr. Eigentlich ein gutes Setting für eine Kurzgeschichte. Es gibt ein paar schöne poetische Momente, wie dieser seltsame Moment, an dem die Katze zurückgegeben wird, die Unentschlossenheit der Nachbarsfrau bei diesem doch folgenschweren Entschluss.

Dennoch haben mich die Texte nicht eingefangen. Aber ich übersehe vermutlich etwas. Vielleicht war ich auch zu müde.

Meine Frau schlief nach dem ersten Absatz ein. Das sagt aber nichts über den Text aus. Sie schläft immer ein, wenn ich vorlese.

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Wir machen uns Pizza aus Tortillas. Schmeckt phantastisch.

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Danach schauen wir Harold and Maude. Ich habe tatsächlich noch nie Harold and Maud geschaut. Am Ende stirbt sie. Was ist denn los heute mit diesem Gesterbe? Kloss und Hals und wieder fucking feuchte Augen.

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Morgen ist Derby.

[Tagebuchbloggen. Sonntag, 4.4.2021]

Eigentlich wollten wir einen der Ostertage für den Osterputz reservieren, da es uns aber an Begeisterung fehlte, tasteten wir uns Tag für Tag an den Osterputz heran, hielten uns immer die Option des Putzens offen, aber fanden immer Gründe, es dann doch nicht zu tun. Der Hauptgrund war die Temperatur. Das Schöne an einem Osterputz ist ja das Fensterputzen. Also alle Fenster öffnen und die Wohnung durchpusten und dann Putzmittel an die Scheiben.
Nicht, dass ich je zu Ostern geputzt hätte, aber so kenne ich es noch aus meiner Kindheit. Was ich allerdings immer hasste: wenn meine Mutter den heimelig gewordenen Wintermuff durch nach Flieder riechendem Putzgestank ersetzte.

Bei uns sind es die Fenster. Wir wohnen jetzt 5 Jahre in dieser Wohnung. Wir sollten wirklich mal die Fenster putzen. Andererseits: warum eigentlich?

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Wir gehen spazieren. Die Parks und die Straßen sind leer. Es fühlt sich ein wenig nach Weihnachten an. War das zu Ostern immer schon so oder ist das coronabedingt? Coronabedingt. Auch so ein Wort.

Es ist Derbytag. Im Park sehe ich einen Mann mit seinem Sohn Fussball spielen. Er trägt eine Hertha Jacke. Wir sehen einander aus der Ferne. Nicken wissend.

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Es ist ein langsamer Tag. Um sechs Uhr beginnt das Spiel. Es endet 1:1. In der ersten Halbzeit hat meine Mannschaft eine halbe Stunde lang unsere Geniälität gezeigt um sich danach wieder den Schneid abkaufen zu lassen.
Das 1:1 lässt mich merkwürdig emotionslos zurück.
Nach dem Spiel schauen wir die Doku der Covid Station weiter.

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Danach bin ich noch kurz aus dem Haus, zur Apotheke mit Notdienst. Nix schlimmes.

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Mehr war irgendwie nicht.

[Tagebuchbloggen. Montag, 5.4.2021]

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Am Morgen rief mich meine Schwester über Video an. Sie, ihre Kinder und die andere Schwester waren gerade bei unserer Mutter zum Osterbrunch.
Es war viel los, sie probierten Liköre, die meine Mutter angesetzt hatten und aßen Kuchen. Dann stellte man mich auf den Tisch, als wäre ich der siebte Gast am Tisch. Man musste mich manchmal drehen, wenn ich zur Nichte, die an meiner Rechten saß, etwas sagte. Schwierig war es nur, als sie alle gleichzeitig etwas fragten, dann wurde das Telefon hinundher gerissen. Da wurde mir etwas schwindlig. Es war sehr unterhaltsam.

Als ich auflegte, fiel mir auf, dass ich ja öfter mal meinen Vater anrufen wollte. Also tat ich das. Er befand sich gerade im Bus auf dem Weg zurück ins Dorf. Er war von meiner Schwester versetzt worden und hatte Geschenke für die Kinder dabei. Er war sehr gekränkt und sauer gleichzeitig. Ich sagte zu ihm, dass das sicherlich ein Missverständnis gewesen sein muss, zum einen, weil ich mir sicher war, dass sich keine böse Absicht dahinter versteckte, meine Schwester war schließlich nicht so und zum anderen konnte ich natürlich kaum sagen, dass sie gerade alle bei Mutter saßen und Spass hatten.
Wir plauderten ein wenig. Er war der einzige Passagier im Bus. Der Bus fährt dort etwa 20 Minuten durch eine Schlucht hinauf. Die Verbindung brach natürlich ständig ab. Das war vor vielen Jahren schon so und das ist immer noch so. Dieser Satz: ich bin im Eggental, die Verbindung wird gleich abbrechen. Drei oder vier mal.

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Ich verbringe mehrere Stunden in der Küche. Meine Frau ist gerade indisponiert. Ich backe Brot, bereite einen Salat für später zu, mache Ofenpaprika, koche eine Haferschleimsuppe mit Gemüse und räume auf.
Perfekt gegen Nackenschmerzen.

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Später am Nachmittag wird ein Interview unseres Torwarttrainers publiziert. Der Torwarttrainer ist Ungar und hat der großen, Orban-nahen Zeitung ein Interview gegeben. Ich meine nicht unseren Cheftrainer Pal, der auch Ungar ist, sondern den Torwarttrainer.
Er schwafelt viel über die Nation und sagt wörtlich „wir, als Vertreter der nationalen Seite“ und, dass Europa bei der Einwanderungspolitik moralisch tief abgesunken ist und er äußert Kritik über den ungarischen Nationaltorhüter, der die Fidesz Regierung wegen ihrer queerfendlichen Politik kritisiert. Es ist alles legal und nicht direkt diskriminierend, was er äußert. Seine Worte sind klug gewählt. Dass er ein großer Unterstützer der Orban-Politik ist, wird aber ganz offensichtlich, wobei er sich da auch rausreden könnte, wenn es drauf ankäme.

In allen Faninitiativen, Gruppen und meinem Twitterstream brennt es. Ich verfasse eine Mail an das Präsidium von Hertha BSC. Dass diese Aussagen nicht mit den Werten des Clubs vereinbar sind. Ich erhalte sofort eine Antwort aus dem Präsidium, dass man schon an dem Thema dran sei und man es sehr wichtig nehme. Es ist Ostermontag. Die Geschwindigkeit der Antwort beeindruckt mich. Eine offizielle Stellungnahme dazu soll es morgen geben.

Das Thema beschäftigt mich bis in die späten Abendstunden.

[Tagebuchbloggen. Dienstag, 6.4.2021

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Der Torwarttrainer wurde nach seinen seltsamen Äußerungen über queere und eingewanderte Menschen konsequenterweise entlassen. Hertha hat nicht rumgeeiert, dass er doch fachlich gut sei etc, sondern ganz geradlinig gesagt, dass solche Aussagen nicht zum Verein passen, danke für die geleistete Arbeit, viel Glück.

Selten so viel Liebe für diesen Verein empfunden.

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Draussen schneite es. Und es regnete Eis. Und es schien die Sonne. Das änderte sich alle drei Minuten.
Die Leute, die heute im Büro waren, können nur englisch. Als wir aus dem Fenster schauten, versuchte ich „Der April tut was er will“ zu übersetzen. Das ist ohne Reim gar nicht lustig. Wusste ich gar nicht. Und als ich den Spruch dann auf deutsch anschaute, merkte ich: ist mit Reim eigentlich auch nicht lustig.

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Am Abend muss ich Steuerkram nachholen. Die Steuerberaterin hat noch eine Liste mit offenen Fragen. Während ich versuche, mich zu konzentrieren, reagiere ich auf jedes Pling von meinem Telefon. Wenn ich Steuern mache, bin ich sehr leicht abzulenken.

[Tagebuchbloggen. Mittwoch, 7.4.2021]

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Heute bin ich sehr, sehr früh ins Büro gefahren. Das Problem mit dem früh ins Büro fahren ist, dass man dadurch nicht früher wieder aus dem Büro heraus kommt. Es heisst nur, dass man früher ins Büro gefahren ist.

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Am Abend bin ich auf einen alten, lustigen Text in meinem Blog gestossen, den ich schon vor mehr als zehn Jahren einmal auffrischen wollte, aber dann völlig vergessen habe. Er ist sehr schlampig dahingerotzt es ist aber eine ungemein gute Geschichte. Nein, ich verlinke den Text noch nicht. Ich schäme mich ein bisschen dafür, wie schlampig dahingerotzt er daliegt.

Überhaupt bin ich in letzter Zeit immer wieder auf einige alte Texte gestoßen. Indem ich auf Links klicke, die mein Statistiktool als aufgerufene Beiträge erfasst, gelange ich immer wieder auf Texte, die ich total vergessen hatte. Es sind einige gute Sachen dabei. Ich werde sie demnächst mal aufhübschen und in einer Playlist zusammenfassen. Vielleicht lese ich sie auch ein.

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Den ganzen Abend lang habe ich einen Megahunger. Da ich über Ostern vier Tage lang ein bisschen Bier getrunken und auch mehr gegessen habe als sonst, ist mein Appetit wieder zu seinem Sehnsuchtslevel von früher zurückgekehrt. Ich mag das englische Wort „craving“. Wenn ich in den Kühlschrank schaue, dann tut mein ganzer Körper craven, ich stelle mir dieses Craven so vor als kämen zahlreiche cravende Hände aus mir heraus und wollen nach dem Essen greifen um dieses cravende Loch in meiner Körpermitte zu stopfen.

To crave heisst auf deutsch Verlangen, Gier, Gelüste haben. Das geht auch. Verlangen vor allem, da sieht man ehesten Hände aus meinem willenlosen Körper ragen. To crave kommt mir visuell aber etwas besser hoch, vermutlich weil dieses „Raven“ drinsteckt und dieses Verlangen in mir etwas rabenartiges hat. Dunkel, bei scheinendem Licht aus dem Kühlschrank. So wie das, öhm, Raben eben tun.

[Tagebuchbloggen. Donnerstag 8.4.2021]

Die Entlassung des Torwarttrainers bei Hertha BSC hat nun die Staatsebene erreicht. Die ungarische Regierung bestellt einen Vertreter der deutschen Botschaft in Budapest ein, da sie die Meinungsfreiheit in Deutschland gefährdet sieht. Der Satz ist so schön, man muss ihn wiederholen, damit man auf der Zunge großzügig den roten Teppich ausrollen kann. Ich mache es nochmal. Die ungarische Regierung bestellt einen Vertreter der deutschen Botschaft ein, da sie die Meinungsfreiheit in Deutschland gefährdet sieht.

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Eine Freundin war vor einigen Wochen unter etwas dramatischen Umständen ins Krankenhaus eingeliefert worden und so kam in unserer Telegram-Gruppe die Idee auf, ihr ein Krankengeschenk zu kaufen und ihr dann einmal gemeinsam zu überreichen.

Vor einiger Zeit erlebte ihre Familie einen Wohnungsbrand in dem so gut wie alles verloren ging. Gegenstände, Möbel, Instrumente, Fotos, Bücher. Auch ihre Hertha Trikotsammlung.
Weil sie uns oft Fotos schickte, auf denen sie als kleines Mädchen in einem weissen Hertha-Trikot mit ihren Stars posierte, machten wir uns auf die Suche nach genau jenem Trikot. Und wurden fündig.

Heute dann: eine von uns war mit ihr am Potsdamer Platz verabredet und wir anderen beiden warteten aufgeregt auf einer Parkbank im Tiergarten.

Wie sie dann so ahnungslos auf uns zukam und Sekunde um Sekunde verstand, was da gerade abging.

Wir hatten einander ohnehin ewig nicht mehr gesehen und so standen wir lange in der Kälte herum in einem Coronakreis. Coronakreis, das kann man ja so nennen, dieses seltsame kontaktlose Herumstehen im Freien im Kreis. Ich mag das mittlerweile.

[Tagebuchbloggen. Freitag, 9.4.2021]

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Ich habe gehört, dass für den 12.9. Wahlhelferinnen gesucht werden und diese Tätigkeit mit einer vorgezogenen Impfung belohnt wird. Das klingt für mich sehr verlockend. Ende Mai würde ich geimpft werden und im Tausch dagegen stehe ich dann einen Sonntag lang in irgendeinem Wahllokal in Berlin und mache Sachen. Rumstehen oder Zählen oder Kärtchen verteilen. Und es wird sicherlich irgendwas spannendes passieren. Alles im Dienste der Demokratie. Das mag ich total, ich bin weit davon entfernt, überfordert zu sein.

Der Tag fällt auf einen Sonntag. Das einzige Problem könnte sein, dass Hertha spielt, das würde mich sicherlich sehr ärgern. Da die meisten Spiele jedoch am Samstag stattfinden und am Sonntag nur zwei der insgesamt neun Partien, gibt es eine statistische Wahrscheinlichkeit, für die es sich zu hoffen lohnt.

Aber dann: Impfdränglung. Ich möchte kein Impfdrängler sein. Bin ich ein Impfdrängler? Warhscheinlich schon. Aber wenn es der Staat anbietet? Dann immer noch, aber ich kann das schlechte Gewissen auf den Staat abwälzen. Also melde ich mich an.

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Das Herumstehen in der Kälte ist mir gestern nicht gut bekommen. Ich bin sonst nicht anfällig für Kälte, aber gestern hat sich das offenbar anders auf mich ausgewirkt. Als ich nach Hause kam behielt ich den ganzen Abend lang eine kalte Nase. Ich probierte vieles, hielt lange meine Nase mit den Händen fest, setzte mich an den Heizkörper auf den Boden, bedeckte meine Nase mit dem Tshirtkragen und hauchte warme Luft in mein Tshirt hinein, aber es half alles nichts. Erst gegen elf Uhr, als ich einen Früchtetee trank, kam sie auf Temperatur zurück. Kalte Nase, Himmel. Kannste ja keinem erzählen.

Heute bin ich deshalb etwas kränklich. Ich wusste es nur lange nicht. Am Nachmittag bin ich quengelig und als ich merke, dass ich krank bin, beschließe ich Feierabend zu machen und schon geht es mir besser.