FC St.Pauli ist ja nicht richtiger Fussball. Wagt euch also ruhig mal den Fernseher einzuschalten wenn Pauli schonmal im Fernseher auftaucht.

heute:
ZDF 20:15 – FC St.Pauli gegen Bayern München um den DFB Pokal
ja genau, jetzt gleich. Am Millerntor.

Und natürlich gewinnen die, öm, Besseren. Wir also.

Ah, da habe ich ja hier rechts im Menü diese neue Funktion eingebaut. Die Texte oder die anderen wichtigen Beiträge zu Weltfrieden, Haushalt und Sittsamkeit, denen ich während des Streunens in fremden Gefilden so begegne. Tägliche Delikatessen habe ich sie genannt. Geschenke des Himmels kam mir so übertrieben vor.

Und dann merken wie man immer alles auseinandernehmen will, zerkleinern, ausziehen, wie ich viel besser darin bin, Verzierungen zu entfernen, zu minimalisieren, wie das Design dieses Blogs, das eigentlich dieses oh so slicky Kubrick-Theme war, aus dem ich liebevoll den ganzen Ballast rausge-ctrl-x-ed habe, weg in den Speicher, alles zurückbringen auf die relevanten Sachen, den Text, keine Ablenkungen, keine Bilder, wie mir die Energie fehlt etwas schön zu gestalten, weil ich immer nur entfernen will, wegschmeissen, nur die Essenz sehen, riechen, wie ich die Frauen in Primärfarben kleiden würde, rot, blau, oder signalfarben Schwarz, am Grund, am Boden, als wären es Urmütter, wie ich in den besetzten Häusern lieber den Putz heraushaute, bis auf den kahlen Stein, fast besessen, als die beschädigten Wände glatt zu streichen, als trüge ich dort sonst nur Ballast auf, bedrückenden Müll, wie ich eigentlich nie wirklich aufräume, sondern nur wegschmeisse, keine Orte finden kann, keine Kategorien für die Dinge an denen mir so wenig liegt, wie wenig ich mich mit Dingen umgebe, wie ich auf Flohmärkte nur Bücher kaufe, die ich nach dem Auslesen in der Ubahn liegenlasse, wie schwer es mir fällt Farben zu tragen, wie sehr ich mich dabei wie ein Christbaum fühle.

Das dachte ich heute so. Ich kann nicht viel, aber ich kann Sachen ausziehen. Alles muss klar sein.

Phantomschmerzen

Es fühlt sich sehr seltsam an, Pluto verloren zu haben. Und ich dachte schon, der Grund meines gestrigen Unausgeschlafenseins läge am Mond. Da er jedoch weder voll noch neu gewesen ist, machte ich mir wirkliche Sorgen. Aber jetzt weiss ich es: Pluto wurde uns aberkannt. Einfach so. Die Welt ist eine andere geworden.
Es ist jetzt ein ganzes Stück kälter, wenn man in den Himmel guckt, wenn man daran denkt, dass der klobige Neptun da draussen ab jetzt als Schlussmann fungiert, als Wächter, man fühlt sich nicht mehr so sicher. Bis vorgestern wussten man, dass ganz weit im hintersten Winkel, dieser exzentrische Felsbrocken merkwürdige ovale Runden dreht, so klein, dass man ihn gar nicht sieht, aber diese Gewissheit, ihn da zu haben reichte aus, dieser verrückten Wicht, ach, wie gerne haben wir über ihn gelacht. Und jetzt ist er weg.

In meinem Geburtshoroskop steht Pluto in Spannung mit der Sonne:

In dieser Konstellation liegt ein enormes Potential. Je mehr es Ihnen gelingt, voll und ganz zu Ihrer Macht zu stehen, desto mehr können Sie im Beruf oder auch in einem privaten Bereich eine Art „graue Eminenz“ werden, die im Hintergrund die Fäden in der Hand hält. Das Ausüben von Macht, beispielsweise in einer führenden beruflichen Stellung, könnte Ihnen viel Lebensfreude bereiten.

Das einzige Lichtlein in der Trümmerlandschaft meiner Lebensplanung, mich bald zurückzulehnen und als „Graue Eminenz“ meine letzten Tage zu verbringen, ist verschwunden.
Jetzt gehe ich mich besaufen.

über die Freundlichkeit im Umgang

Ich bin ein höflicher, netter Mann. Ich bemühe mich um Freundlichkeit, bedanke mich wenn mir jemand nach dem Niesen Gesundheit wünscht, ich spucke nicht auf den Boden wenn mich jemand sehen könnte, ich lalle nicht wenn ich betrunken bin, sondern versuche deutlich und klar zu reden, auch wenn ich nicht mehr stehen kann, und ich bin immer behilflich wenn jemand in der Öffentlichkeit in schwierigkeiten gerät. Ausserdem höre ich zuhause selten übertrieben laute Musik.

Aber heute kam ich aus der Dusche, in den Boxen sang Tom Waits von seiner Neighbourhood, die Jugend kam in mir hoch und da dachte ich mir, mich mal ein wenig zu verausgaben. Also packte ich die Ziehharmonika, stellte Tom Waits laut und auf Repeat – und gröhlte mit.

Zehn Minuten später klingelte es an der Haustür. Ich hielt nur die Ziehharmonika in der Hand und meine Hüfte war mit einem knappen Handtuch umwickelt. Geschwindt rannte ich „momentmoment!“ schreiend durch die Wohnung auf der Suche nach provisorischer Kleidung. Und so öffnete ich eine Minute später, provisorisch bekleidet, die Türe. Es war eine Nachbarin vom Nebenhaus, eine etwa sechzigjährige abgerockte Version von Doro Pesch, nur viel gelbere Haare, in schwarzer Lederhose, wahrscheinlich Ex-RollingStones-Groupie. Ich war wie üblich höflich, und fragte nach ihrem Wunsch. Auch sie war zugegebenermassen freundlich. Ohne lange um den heissen Brei herumzureden, erläuterte sie, dass meine laute Musik sie störe, sie sei sonst ja nie zuhause um diese Uhrzeit, aber heute schon, und bei ihr zitterten schon die Gläser auf dem Wohnzimmertisch.
Ich versicherte ihr, wie üblich in nettem und freundlichem Ton, dass ich die Musik gleich leise stellen würde, das sei ja gar nicht meine Art, und das sei ja gar nicht nötig, Musik sei ja immer besser wenn man hinhöre anstatt sich von der Musik erschlagen zu lassen.
Auch hege ich beste nachbarschaftliche Beziehungen, darum sagte ich, sie solle kurz warten, ich gäbe ihr meine Telefonnummer, sollte es mal wieder etwas geben, müsse sie nicht gleich ihr Haus verlassen, sondern könne mich einfach anrufen.

Ja, so bin ich wirklich. Auch wenn an meinem Charakter die negativen Eigenschaften vorherrschend sind, bemühe ich mich immer nett zu sein. Was mich jetzt aber richtig ärgert, und zwar so richtig richtig, ist, dass die mich jetzt in ihrem Adressbuch warscheinlich als den „Nachbar mit dem knallgrünen Blümchen-Tshirt und umgewickelten Handtuch (laute Musik undso)“ führt.

die echten Weltmeister der Herzen

Ich bin jetzt ein Fan. Ich werde sie verfolgen bis zum bitteren Ende. Dass die Fabrik jetzt einen Fernseher im Raucherzimmer stehen hat, der nur Eurosport zu sprechen können scheint, hat auch seine guten Seiten. Wie die elf U20 Mädls heute gegen Mexico in der FIFA WM tapfer über den grünen Rasen des Dynamo Stadions in Moskau geschwitzt haben, gescheucht, Tore ins Netz geballert, keine Ballack-Allüren, sieht ja eh Scheiße aus die Frisur bei Mädchen, dieser Ernst mit dem sie auf das Tor hin, regelrecht gedrückt haben, bis zum Endstand 9:1, dieses Spielen nur des Gewinnens wegen, nicht des Drumherums, diese Getriebenheit, bei fünfhundert Zuschauern, ein Spiel mit Herz, wie nachdenklich gestürmt wurde, vorsichtig, aber immer kalkuliert, und trotzdem körperlich, wie man das so nennt, mit dem ganzen Leib aufs Tor ohne rumzujammern, ohne zu foulen, aber immer geradeaus, wie warm es mir ums Herz wurde als die neunzehnjährige Anne Blässe (was für ein Name!) das 6:0 schoss und man in diesem Moment noch allzu gut das Tosen der Massen von letztem Sommer im Ohr hat, doch stattdessen gar nichts – nur Anne freut sich. Und ihre Mitspielerinnen. Und vereinzeltes Klatschen von der Hälfte der Fünfhundert, inmitten der sechzigtausend leeren Sitzplätze, dieses Gefühl, dass man ganz große Klasse ist, auch wenn niemand zuguckt.

Am 24. gegen Suisse. Um 16Uhr. Bestimmt auf Eurosport.