Seit ich in Hamburg wohne, ist es eines meiner Ziele, Bremen und Lübeck zu besuchen. Gleich ein Doppelziel und unglücklicherweise befinden sich beide Städte auch noch in entgegengesetzter Richtung. Der Einfachheit halber habe ich deshalb zwei Ziele daraus gemacht. Also nochmal:
Seit ich in Hamburg wohne, sind zwei meiner Ziele, Bremen und Lübeck zu besuchen. Ich bin vernarrt in Städte und seit meinem Umzug nach Deutschland faszinieren mich, nach anfänglicher Enttäuschung über den vielen Neubau, genau diese Lücken die die Bombardementen des zweiten Weltkrieges herausgeschlagen haben. Vor allem Hamburg entpuppt sich als wahres städtebauliches Wunder, wenn ich mit alten Karten aus Anfang 1900 durch die Stadt radle und feststelle, dass für Städteplaner die alliierten Bomber ein regelrechter Segen gewesen sein müssen. Nicht dass ich zB die Ost-West-Strasse schön finde, nein ganz im Gegenteil, aber wie würde die westliche Innenstadt und das nordöstliche St.Pauli heute wohl aussehen, wenn die Städteplaner nicht freie Hand gehabt hätten, in dieser Gegend um der Nikolaikirche herum, die als Mittelpunkt für die vier alliierten Angriffskeile diente? Ach, obwohl ich den architektonischen Sündern aus den siebzigern ohne weiteres zutraue, dass die die Ost-West-Schneise auch ohne den Zerstörungen, gewissenslos reingekeilt hätten.
Aber ich schweife ab. Ich wollte immer schonmal nach Bremen und nach Lübeck, und obwohl ich nun schon seit anderthalb Jahren in Deutschland wohne, habe ich es noch nie geschafft dorthin zu kommen, auch wenn es eigentlich nur ein Katzensprung ist. Vielleicht konnte ich mich aber auch nie entscheiden, welche der beiden ich zuerst besichtigen wollte. Die beiden Städte präsentierten sich mir immer als Doppelpack, daher liess ich es wohl immer sein und fuhr stattdessen lieber nach Glückstadt oder Wien.
Jedoch ist es heute soweit. Ich wurde vom Philharmoniachor für ein Konzertwochenende angeheuert. In Bremen und in Lübeck. Heute Bremen, morgen Lübeck. Am Sonntag Hamburg, aber das tuht nichts zur Sache. Also gibts die beiden Städte doch im Doppelpack.
Was ich damit sagen will? Natürlich gar nichts, bloss wiedermal mit meinen Konzerten angeben, und das, obwohl mir beide Konzerte so peinlich sind, dass ich es nichtmal wage jemanden einzuladen, geschweige denn zu sagen was wir da aufführen.
Aber ich komme nach Bremen und nach Lübeck, im Doppelpack. Das zählt.
Monat: März 2005
…
Der Regen ist mir völlig wurscht. Nach den gestrigen 17 Grad und Sonnenschein kann es meinetwegen auch wieder regnen. Hauptsache die Kälte ist weg.
Ich mag den Regen heute richtig gerne, wie ein warmer Sommerregen, der einen angenehmen Geruch von Veränderung mit sich bringt. Wobei man schon leichtbekleidet, so tut, als würde man die Tropfen gar nicht spüren.
Fleischklumpen
Da nach den Kaminwurzen, der Speck nun auch fertig ist, und damit beinahe der ganze Fleischberg abgetragen, ist nur noch die eine leckere unbekannte Wurst übriggeblieben, die ich mir als besonderen Leckerbissen aufbewahren wollte.
Ich kenne diese Wurst nicht. Weder aus meiner Kindheit, noch von sonstigen Informationskanälen die mir momentan nicht einfallen. Aber da die Wurst im Überlebenspaket meiner Mutter enthalten war, muss es sich einfach um irgendwas traditionelles Südtirolerisches handeln. Bestimmt sone Bergbauerwurst vom Vinschgau, oder pustertaler Delikatesse mit wenig Fett für die neue Generation körperbewusster Knödlfresser wie mich.
Vorhin packte mich der Nachmittagshunger, bei uns auch Merende genannt, da schnitt ich die Wurst aus der Packung heraus und sah erstmal, dass es keine Wurst war, sondern ein geräuchertes Stück Fleisch. Ich war überrascht, konnte es der Form wegen aber nirgendwo einordnen. Rund, zwanzig Zentimeter lang, aus einem einzigen Stück Fleisch. Ein knochenloses Schweinebein, haha. Es roch vortrefflich, wie Speck, aber irgendwie frischer, mit einer leisen Andeutung von Pfefferminze. So schnitt ich mir ein Stueck ab und kaute ein Stück Apfel dazu. Ein wirklich wunderbares Stück Fleisch, dachte ich mir die ganze Zeit dabei, und nam noch ein Stück, während ich versuchte mir ein Bild zu machen was für Fleisch das wohl sein könne. So kaute ich, versunken in tiefster kulinarischen Erotik mit Blick auf die geräucherte Essensware, bis das Stück Fleisch vor mir Form anzunehmen schien. Und prompt spuckte ich es aus meinem Mund! Ein Ochsenpimmel war das! Der Penis einer männlichen Kuh. Ich spülte meinen Mund mehrmals um, drückte die halbe Zahnpastentupe in meinen Rachen und massierte mit der Zunge meinen Gaumen, bis ich das Gefühl losgeworden war, den Schwanz eines Huftieres gekaut zu haben.
Der Schock löste sich aber bald, und ging gleich in Interesse über. Ich war mir der Sache mit dem Pimmel ja nicht ganz sicher. Vielleicht war es auch bloss ein äusserst raffiniert aus einem Kalb herausgeschnittener Muskelstrang. Das würde die konische Form erklären.
Doch die endgültige Antwort konnte nur Frau Mutter wissen. Also nahm ich das Telefon. Ging keiner ran. Natürlich.
Daher setzte ich mich an den Laptop und rief google zu Hilfe. Google, sag mir was zu „Wust Pimmel Südtirol„. Google fand tatsächlich was. Nichts hilfreiches, aber an erster Stelle meine eigene Seite. Huch, schreibe ich wirklich über solche Sachen? Ich schäme mich ja zutiefst.
Dann kam die Dame des Hauses, erblickte die Wurst und rief: „Ah, da habe ich gerade Bock drauf!“, schnappte sich das Messer und schnitt hinein. Ich gesellte mich zu ihr, und sagte ganz geheimnisvoll und unverbindlich, dass es eine äusserst leckere Wurst sei, aber sie solle erstmal reinbeissen. Nein, ich wollte sie nicht warnen, sie sollte ihr Urteil selbst fällen. Ich war mit meinem Peniswahn bestimmt bloss paranoide. Doch sie ist ein gewieftes Mädl und guckte mich mit einem argwöhnischen Blick an: „Sag mir bitte bevor ich reinbeisse, das was du zu sagen hast“.
„Och nee, ich hab mir bloss so meine Gedanken gemacht. Ist aber wirklich leckeres Fleisch.“
Ihr argwöhnischer, mittlerweile böse gewordener Blick klebte an mir wie die klebrige Zunge eines Chamäleons. Ich musste mit der Sprache rausrücken.
„Nunja die Form“ sagte ich und machte eine wellenartige Bewegung über den Fleischklumpen. „Erinnert mich halt irgendwie an einen Penis eines grosse Tieres.“
Sie schmiss das Messer hin und nahm einen Meter Abstand von der Anrichte. Dann näherte sie sich behutsam dem Fleisch, begutachtete es kurz, und verliess dann die Küche.
Und nun liegt das Ding da verwaisd herum, niemand will es essen, und meine Mutter nimmt das Telefon immer noch nicht ab.
Gott liebt dich (und auch mich)
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.
(Joh. 3, 16)
Rebelle: „Gott muss verrückte Leute lieben“
John J. Rambo: „Warum?“
Rebelle: „Weil er so viele davon gemacht hat“
(Rambo III, 53. min.)
Sklaventum
Does your weblog own you?
Aha, das ist also der Weg womit sich die Maschinen zur Weltherrschaft erschleichen wollen. Ich danke dem Herrn Nase.
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personalabteilung
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Mail aus Wien
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Es geistert oben
Es geistert oben. Ich will den neuen Mieter aber nicht einschüchtern. Vielleicht wird er es auch nie bemerken. Er kommt mir sehr jung und frisch vor und ist mit allem anderen beschäftigt als mit unheimlichen Geräuschen in seiner Wohnung. Deshalb wird er meistens Musik oder den Fernseher anhaben, wenn er zuhause ist, und wenn er sich schlafen legt, dann wird er das nie in aller Stille tun, sondern immer mit seinen weiblichen Neueroberungen oder genüsslich benebelt von den Getränken der Party. Aber in seiner Wohnung geistert es.
Vorher wohnte oben ein türkischer Alkoholiker mit seinem Sohn. Ein etwas verlorener Mann, der oft alleine anfing, zu brüllen. Aus dem Nichts. Wenn er oben am Fenster saß, mit der Bierflasche, und in die Leere guckte, führte er Gespräche mit sich selbst. Er schien immer zu schimpfen. Manchmal zertrümmerte er Gegenstände und dann schrie er eine halbe Stunde lang aus dem Fenster. Die paar Male, an denen ich ihn im Treppenhaus getroffen hatte, kam er mir eigentlich ganz normal vor. Er grüßte und ging wieder seinen Weg. An den ersten Tagen nach unserem Einzug streckte er mir seine Hand entgegen und meinte, falls es mal Probleme geben sollte, falls es etwas gäbe, sollten wir ihn doch direkt ansprechen, anstatt den Vermieter oder die Polizei zu rufen. Alles ließe sich klären. Natürlich nickte ich. Unter Nachbarn soll man immer erst versuchen, alles zu klären. Das gefiel mir. Vor allem wenn das ein türkischer älterer Mann mit zerfurchtem Gesicht sagte, der nach Alkohol roch.
Auch seinen Sohn kannte ich. Mit dem redete ich öfter. Ein junger Mann, höchstens 25, ein ambitionierter junger Boxer mit einem sehr aufdringlichen Tourette-Syndrom. Gleich warnte er mich mit seinem Arm um meiner Schulter, dass es oben bei ihm manchmal ein bisschen laut werden könnte, da sein Vater große Sorgen habe. „Sorgen, die ganz tief liegen“, sagte er mit todernstem Blick und legte dabei die rechte Faust auf sein Herz.
Mit der Zeit erfuhr ich, dass es da einen jahrzehntelangen Streit zwischen den beiden türkischen Familien da oben gab. Sie wohnten im selben Geschoss und waren miteinander verwandt, und irgendetwas war vor einigen Jahrzehnten passiert, das von dem Mann über mir nie richtig verarbeitet wurde. Ich erfuhr die Details nie wirklich, obwohl ich mich mit dem Sohn eigentlich ganz gut verstand und mich mehrmals mit ihm im Treppenhaus über alles Mögliche unterhielt. Dabei versuchte ich immer wieder, das Tuch über diesen geheimnisvollen Vorfall abzuziehen. Es gab eine Hochzeit vor ganz vielen Jahren, wo südländische Tragödien sich eben immer abspielen. Da war irgendwas geschehen. Vielleicht ein Mord? Vielleicht ging es um Betrug? Ich werde es wohl nie erfahren.
Der Mann wurde schon mal ganz in Blut überströmt vom Krankenwagen abgeholt. Ein Messerstreit vielleicht, oder ein Überfall. Der Mann hatte ein wirkliches Problem. Nachdem er oben die Tür des Verwandten eingetreten hatte und sehr handgreiflich geworden war, sodass die Polizei einschreiten musste, reichte es dem Verwandten und er zog mit seiner Frau aus dem Haus.
Etwa einen Monat später spürte er ein bedrückendes Gefühl in seiner Brust. Sein Sohn, der Boxer, schulterte ihn und zog ihn zur Notfallpraxis um die Ecke. Doch unterwegs hörte sein Herz auf, zu schlagen.
Dies geschah vor etwa einem halben Jahr. Der Sohn ist jetzt ausgezogen und die Wohnung kam zur Miete frei. Ich will dem neuen Mieter gar nicht erzählen, was da oben alles geschah. Er soll neue Frische ins Haus bringen und die Toten ruhen lassen.
Aber es geistert da oben. Der Neue ist noch gar nicht eingezogen. Er hat nur eine Mauer eingerissen und fängt gerade an zu renovieren. Jedoch läuft da oben nachts jemand herum. Wenn ich mitten in der Nacht erwache, höre ich Schritte. Drei, vier, dann bleibt er stehen. Dann wieder ein paar Schritte, und wieder Stillstand. Manchmal fällt etwas zu Boden. Mitten in der Nacht, an einem stinknormalen Wochentag. Es hört sich an wie ein Glas oder eine Flasche, die zersplittert. Ich warte immer auf aufgeregte Schritte, die sich in die Küche begeben, um ein Putztuch zu holen, damit der verschüttete Wein aufgewischt werden kann. Aber nichts geschieht. Nur das zersplitterte Glas und danach nichts.
Nein, ich werde ihm davon nichts erzählen. Wenn der Neue allerdings einmal danach fragen wird, dann werde ich ihm sagen, dass bei ihm ein junges Pärchen gewohnt hat, das ein Kind bekommen hat und nun in eine größere Wohnung in Altona gezogen ist.
Er soll neue Frische ins Haus bringen und die Toten soll man ruhen lassen.
magnificat
Die CD unseres Magnificat Konzertes in der Hamburger Katharinenkirche ist fertig. [link gelöscht]. Falls jemand die ganze CD will, mit Schuberts Messe in AS Dur im Anschluss, moege mir bitte schreiben.