[Sa, 5.8.2024 – Heimspiel, AltersWG, Sommerregen]

Am Samstag begann die neue Saison mit einem Heimspiel im Olympiastadion. Es war eine erstaunlich kurze Pause, was womöglich mit meinen drei Reisen nach Skandinavien zusammenhängt.
Hertha eröffnete die Saison mit einer lähmenden und enttäuschenden Niederlage gegen Paderborn, die eine vorsichtige Euphorie sofort wieder einfror. Andererseits ist es eben der Anfang der Saison. Ein neuer Trainer, neue Spieler, die Mannschaft und der Trainerstab müssen sich noch finden, einspielen, ausserdem sind die beiden vielleicht wichtigsten Spieler verletzt – das wird schon. Die Saison ist noch lang.

In der zweiten Hälfte rollte unser Fanclub wieder eine Tapete aus. Mit der Botschaft sollte einem Freund und grossen Fan gedenken, der unter der Woche verstarb. Ich war diesmal nicht in der Vorbereitung und der Durchführung involviert. Die Initiative ging vom befreundeten Fanclub „1892 Hilft“ aus, die teils sehr eng mit dem Verstorbenen verbunden waren. Da unser Fanclub so gross ist und einen grösseren Bereich in der Kurve belegt, hatten wir mit André, dem Gründer von „1892 Hilft“ besprochen, die Tapete bei uns aufzubewahren und schliesslich auch hochzuhalten. Sein eigener Fanclub ist kleiner und die Mitglieder im Stadion verstreut. Was daher rührt, dass sein Fanclub weniger eine klassische Fangruppe, sondern eine soziale Initiative ist, die sich vor allem ausserhalb der Spieltage und ausserhalb des Stadions engagiert, indem sie u.a. Obdachlose unterstützt.

Bei mir kam die Meldung des Todes ziemlich überraschend an, jedoch wussten die meisten, dass er bereits Ende Januar einen heftigen Schlaganfall erlitt, an dessen Folgen er nun verstarb. André, der ihn besser kannte, stand neben mir im Block. Da ich mich selbst im besten Schlaganfall-Alter befinde und auch mit den nötigen Risikofaktoren ausgestattet bin, lösen solche Nachrichten horrorartiges Unbehagen in mir aus. Dass der Schlaganfall so heftig war, liess mir keine Ruhe. Deswegen fragte ich ihn, ob er wisse, was genau geschehen sei, wenn ein Schlaganfall so stark sei, dann bedeutete es, dass er vermutlich lange unerkannt geblieben war. Ich will wissen, ob ich mich vor so etwas schützen kann, je schneller ein Schlaganfall entdeckt wird, desto besser stehen die Chancen auf einen leichten Verlauf.

Bei unserem Freund sei es wohl zu Hause passiert. Und man hatte ihn erst nach zwei Tagen gefunden. Horror. Zwei Tage auf dem Boden liegen und wissen, dass jede Sekunde zählt.

Im Alter ziehe ich in eine WG.

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Die S-Bahn war auf der Ost-West-Strecke aufgrund von Bauarbeiten planmässig gesperrt, und auf dem Nordring hatte es einen Brandanschlag gegen NATO und dem Kapitalismus (Seufz) gegeben. Ich musste also Westkreuz umsteigen und über den Südring nach Hause fahren. Die Bahnen und Bahnsteige waren natürlich komplett überfüllt. Zu allem Überfluss landeten Dutzende Fans des BFC Dynamo am Westkreuz, die gerade vom Auswärtsspiel gegen den SV Babelsberg kamen. BFC Fans sehen immer wie Schlägertypen aus. Als sie ausstiegen und Hunderte Herthafans sahen, begannen sie „Scheiss Union (und niemals vergessen)“ zu singen, was wiederum auf fruchtbaren Boden zu fallen schien und plötzlich bebte der ganze Bahnhof vor „Scheiss Union“.
Dieser Schlachtruf ist sehr umstritten. In der Kurve gehört er mittlerweile zum schlechten Ton und wird daher nicht mehr gerufen. Ich persönlich mag es nicht, andere Vereine zu diffamieren. Aber das hat im Fussball leider Tradition.

Ich setzte mich in eine Vierergruppe von drei BFC-Fans. Eine war die Mutter, die anderen beiden die Söhne. Die waren aber ganz nett. Die Mutter arbeitete sogar beim BFC, wir kamen ins Gespräch und wir redeten über ihren Vereine. Über den BFC Dynamo muss man wissen, dass das der FC Bayern der DDR-Liga war, wenn auch von der Stasi finanziert, aber eben der grosse Club der DDR. Nach dem Mauerfall ging es aber nur noch abwärts und mittlerweile ist es ein finsteres Loch für Rechtsradikale und Gewalttäter geworden. So zumindest das Image.

Sie erzählte mir über den verpassten Aufstieg in die dritte Liga, über den Umzug zurück ins Sportforum Hohenschönhausen. Wie schön das wieder sei. Wie nach Hause kommen. So ist halt jeder Verein auch Heimat.

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Der Sommerregen heute. Morgens zog ich die Regenjacke über und die Gummistiefel an. Dann stapften die Hündin und ich durch das hohe Grass und den Pfützen. Das nasse Gras an meinen Waden. Sommerregen. Ich glaube, das ist einer meiner Happy Places.

[Do, 1.8.2024 – Trevor Noah, Stadträume]

Abends waren wir bei Trevor Noah in der Uber Arena. Ich tat mich anfangs schwer, die Show lustig zu finden. Wenn amerikanische Comedians über Radfahrer ranten, dann finde ich es nur theoretisch lustig, naja, das Fahrrad ist in Europa halt ein Verkehrsmittel und nicht ein Freizeitgerät, die Leute wollen von A nach B kommen. Ich beschwere mich ja auch nicht über Autofahrer, dass sie hupen, wenn ich auf der Strasse spaziere. Aber auch die anfängliche Fixierung auf nationale Klischees. Die Franzosen sind so und die Engländer sind so und die Deutschen so, etc. Nationale Klischees finde ich dermassen störend, dass ich sogar Länderspiele beim Fussball weitgehend meide.

Da Trevor Noah aber sehr klug und lustig ist, wurde die Veranstaltung danach natürlich super. Sein Repertoire nahm auf viele zeitgenössische Themen Bezug. Auf die Olympischen Spiele, die rechtsextremen Randale in England usw., was erstaunlich ist, weil Comedy Shows üblicherweise ja sehr einstudiert sind. Er hingegen wirkte immer, als würde er sich gerade Anekdoten aus den Fingern saugen, die er auf dem Weg nach Berlin erlebt hat. Das stimmt natürlich nicht, weil den Witz, wie er in einer Kölner Bäckerei Brot bestellte, den kannte ich auch von Youtube. Aber wie er sich zehn Minuten lang über die Wasserqualität der Pariser Seine lustig macht, oder wie er über englische Faschos ranted, das muss er rein zeitgeschichtlich ja erst vor wenigen Tagen ersonnen haben. Das macht wohl auch gute Comedians aus.

Ich kann dem ganzen Gelände der Arena durchaus etwas abgewinnen. Es ist sehr amerikanisch und ich finde, es passt sich in diesem undefinierten, uneinheitlichen und damit auch vielfältigen Berlin ganz hervorragend ein. Diese seltsamen Kontraste aus Oberbaumbrücke, Warschauer Strasse, Friedrichshain, Spree, Zalando, die neuen Hochhäuser und eben das Anschutz-Gelände mit der Uber Arena, dahinter das Berghain und das Ostplattenmeer. Auf dem Platz die Springbrunnen, die grossen LED Bildschirme, Werbung, es erinnert mich ans „LA Live“ in Los Angeles, wenn auch kleiner und architektonisch weniger spektakulär, und das LA Live spielt mittlerweile ja in der Kategorie eines Stadtzentrums mit. Als ich 2016 in Los Angeles war, gingen wir ins LA Live zum Essen und Trinken, wie man anderswo sagt, dass man „in die Stadt geht“, geht man in Los Angeles ins LA Live, schliesslich gibt es dort Parkplätze und neben Parkplätzen alles, was man zur Unterhaltung braucht, Geschäfte, Kinos, Bars, Restaurants, Konzerthallen, Sportveranstaltungen. Aus der europäischen Perspektive sieht das vielleicht künstlich aus, und man macht sich gerne über diese oberflächliche Glitzerwelt lustig, weil EUROPA, da ist ja immer alles so ECHT und ALT, was natürlich Unsinn ist. Das Anschutz Gelände, oder wie nennt man das jetzt eigentlich, Uber Gelände, Zalando City, ich weiss es nicht, jedenfalls scheint die Gegend jene stadtplanerischen Visionen zu erfüllen, die man sich in den Neunzigern vom Potsdamer Platz erhoffte, seit das Kino am Potsdamer Platz geschlossen hat, ist die Gegend aber ziemlich gestorben, nun eröffnet dort die dritte Food Court für Mitarbeiterinnen der Deutschen Bahn, es gibt kaum noch Gründe, sich in die Ecke zu verirren.
Oder auch die Friedrichstrasse, die an Samstagen so tot ist, dass man apokalyptische Filme drehen könnte. Auch darüber gab es neulich einen Artikel im Tagesspiegel, dort wurde der sterbende Einzelhandel als Schuldiger ausgemacht, weswegen man nun die Hoffnung darauf setzt, dass die Zentral- und Landesbibliothek ins ehemalige Galerie Lafayette einzieht. Aber ich bezweifle, dass es sich bessert, ich habe immer das Gefühl, dass es dort an Wohnungen fehlt, wenn man es nüchtern betrachtet, funktionieren doch nur jene Gegenden, in denen auch die Menschen leben, das ist weder in der Friedrichstrasse noch am Potsdamer Platz der Fall, beide Orte sind abends oder nachts ja immer tot, mittlerweile sogar tagsüber, während die Schönhauser oder die Warschauer oder auch der Kudamm, Hermannplatz und solche Orte ständig vom Leben durchgepustet werden. Vielleicht sollte man dort einfach Büroräume in Wohnungen umwidmen. Wohnungen brauchen wir eh. Aber das kann man ja nicht einfach so anordnen.

Die Gegend an der Uber Arena scheint aber mit der Spree, der Music Hall, den vielen Konzerten und den Spielen von Alba und den Eisbären wesentlich besser zu funktionieren. Vielleicht profitiert das Anschutzgelände von der Diversität im Angebot. Neben dem Spreetourismus, die Nähe zu den Kiezen auf beiden Seiten der Spree, dann die Abendveranstaltungen in Musik und Sport und sicherlich auch von den Zalandobüros, bei denen jetzt Arbeitsplätze von Amazon dazukommen, das dürfte immerhin die Tageszeiten beleben.

Ich finde das jedenfalls alles sehr spannend.

[Mi, 31.7.2024 – Liepnitzsee, Liebesmodelle]

Ich war mit Erik von der Hundewiese verabredet. Er hat diese Woche noch Urlaub und nichts vor, also beschlossen wir, mit den Hunden an den Liepnitzsee zu fahren. Es wird heute 31 Grad warm werden. Mittwochmorgens würde es noch nicht so voll sein, eventuell könne man auch mit den Hunden ins Wasser.

Beide unsere Hündinnen sind aber eher wasserscheu. Sie gehen nur ins Wasser, wenn wir sie dazu auffordern, oder wir eben mit hinein gehen. Wenn sie dann im Wasser sind, haben sie natürlich einen riesigen Spass. Sobald ich aber aufhörte zu spielen, kamen sie wieder ans Ufer.

Der See misst einen Umfang von 8 Kilometer. Wir liefen aber nicht die ganze Runde, sondern beschlossen, bei Kilometer 6 die Fähre zu nehmen. Mitten im Liepnitzsee liegt nämlich eine Insel. Auf dieser Insel gibt es einen schönen Kiefernwald mit Bungalows und mehreren Sandstränden. Ausserdem eine Gaststätte. Wir fuhren also mit der Fähre auf die Insel und assen einen Kartoffelsalat. Danach fuhren wir mit der Fähre auf die andere Seite, wo wir auch bald zu unserem Auto kamen.

Erik und seine Frau sind nicht mehr zusammen, sie haben aber eine gemeinsame Tochter. Die Tochter wohnt mit dem kleinen Hund in Friedrichshain. Er und seine Frau teilen sich hingehen eine Wohnung in Neukölln, wo sie abwechselnd wohnen. Das funktioniert offenbar super. Eine Woche ist er auf der Hundewiese und eine Woche seine Ex-Frau. Ich kenne auch die Frau, aber mit ihm habe ich den intensiveren Kontakt.

Ich habe jedenfalls eine grosse Faszination für Lebensmodelle.

Am Abend traf ich mich mit meiner Freundin M. Ich erzählte ihr von dem Bekannten, der mit drei Frauen 5 Kinder hat und nun zum vierten Mal heiraten wird. Ich weiss nicht, wie alt seine neue Freundin ist, es würde mich aber nicht wundern, wenn er zum vierten Mal mit dem Nestbau beginnt. Zum vierten Mal ewige Liebe schwören.
Ich kenne ihn nicht besonders gut, ich weiss auch nicht, wie er dieses Lebensmodell erklären würde, mir würden solche Schmetterlinge im Bauch aber Angst machen. Vielleicht bin ich zu abgeklärt und untersage mir wilde, brennende Gefühle, ich bilde mir ein, Liebe verstanden zu haben und sie zwar einigermassen interessant zu finden, aber Hormone machen eben noch lange keine Liebe.

Wir redeten über die Liebe. Es macht immer Spass, mit M über die Liebe zu reden. Wenn sie und ich über Liebe reden, reden wir immer wie zwei 100-Jährige, die alles über die Liebe wissen und mit gütigem Blick auf hormongeschwängerte Glühwürmchen herunterblicken.

[Di, 30.7.2024 – CV, Rekord, Eschenbräu]

Der Ernst des Lebens fing damit an, dass ich meinen eigenen Rekord bei Plants vs Zombies schlug. Danach fing ich an, meinen CV zu übersetzen. Am Abend wäre ich mit einem Mitglied der Voltpartei verabredet gewesen, um das Onboarding weiterzuführen, aber der Termin fand aus gesundheitlichen Gründen nicht statt.

Am Dienstag schickte ich zwei deutschsprachige Bewerbungen raus. Mit der Übersetzung bin ich noch nicht zufrieden. Aber es gibt einige interessante Stellenausschreibungen.

Gegen halb drei Uhr fuhr ich in den Wedding. Dort war ich mit Benny verabredet, nachdem sich unser Drink am Tag vor meinem Urlaub verschoben hatte.
Wir setzten uns in den Garten des Eschenbräu und redeten über die Dinge. Über den Tod, über das Älterwerden, über Hertha und über Griechenland.

Klingt jetzt alles sehr belanglos. Ist es aber nicht.

[So, 28.7.2024 – der Ernst des Lebens]

Die letzten beiden Tage: Fahrt ging gut. Jetzt zurück in Berlin sind wir beide unfassbar müde. Als müssten wir uns vom Urlaub erholen.

Ab morgen fängt der Ernst des Lebens wieder an. Ab dem ersten April fing ich an, loszulassen. Let go, let go, let go. Es funktionierte nicht sofort. Dieses Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, erzeugt eine eigenartige Leere, andererseits auch ein wildes Gefühl des Kontrollverlusts, das mich an einen Rausch erinnert. Spätestens seit Mitte Mai lebte ich in einer ziemlichen Schwerelosigkeit. Ich verschob alles, worauf ich keine Lust hatte, auf die Zeit nach meinen drei Skandinavienreisen. Ich liess los, liess los, liess los. Das war ein gutes Gefühl.

Interessant fand ich auch, herauszufinden, welche vermeintlich angenehmen Sachen ich verschob und um welche offensichtlich anstrengende Angelegenheiten ich mich mit Freude kümmerte. Ein Muster habe ich noch nicht ganz erkannt, ich habe aber eine Ahnung.

Jetzt ist aber die dritte Reise vorbei, ich habe immer gesagt, ich sei ab Anfang August wieder da. Und nun muss ich mich um alle verschobenen Dinge kümmern. Da sind erstaunlich viele Mails und Whatsapp Nachrichten dabei. Die meisten Nachrichten stehen im beruflichen Kontext, aber es sind auch Themen aus dem privaten Bereich. Ich habe aber gerade keine Lust, das aufzuarbeiten oder zu psychologisieren, aber irgendwann sollte ich das wohl tun, die Erkenntnis hilft mir irgendwann sicherlich, wenn mein Selbstmanagement nicht mehr funktioniert.

So.

Morgen fängt also der Ernst des Lebens wieder an.

[Fr, 26.7.2024 – letzter Tag, Bienen, Krabbensalat]

Da ist er wieder, der letzte Tag. Der Tag, an dem man eigentlich nur die Rückreise vorbereitet. Morgens filmte ich immerhin ein zweites Mal den Morgenspaziergang, diesmal allerdings nicht in Zeitraffer, sonder als vollständiges Video. In Berlin werde ich schauen, ob sich daraus etwas Gutes machen lässt.

Am Vormittag kam auch der Elektriker, um die Brunnenpumpe zu reparieren. Es gab seit zwei Wochen ein nicht weiter schlimmes Problem mit der Wasserzufuhr. Er fixte es in 10 Minuten. Danach fuhren meine Frau und ihre Eltern in die Stadt und ich blieb alleine zurück. Gegen Mittag kam der Förster, um nach den Bienen zu schauen. Er und seine Frau haben bei uns am Waldrand nämlich vier Bienenstöcke aufgestellt. Wegen der beiden grossen Linden, die neben dem Haus stehen. Lindenblüten machen guten Honig.
Er war wieder sehr redselig und blieb eine ganze Stunde bei mir. Mich freute es. Er erzählte mir von seiner früheren Arbeit als Förster und wie er in seinem Job auch junge Straftäter wieder resozialisierte. Das war seine liebste Arbeit. Allerdings arbeitete er auch in Nordschweden in einer Stahlfabrik, die riesige Ketten für Ölplattformen herstellte. Also Elemente, die so gross waren wie ein Eisenwagenwagon. Die fertigen Ketten wurden dann 2 bis 3 Kilometer lang. Als er da arbeitete, wurde auch Max geboren. Max sei ein echter Norrlander, sagte er. Aber die Frau war Alkoholikerin und Narzisstisch, das war nicht gut für Max. Und auch nicht für ihn.
Wir redeten auch über Holz und über schwimmende Stege und natürlich über Bienen. Dieses Jahr sei die Blütephase sehr kurz gewesen, sie hätten schon begonnen, den Zucker zu verzehren. Sie sammeln nichts mehr. Ab jetzt warten sie nur noch auf den Winter. Die meisten werden im Herbst sterben und die wenigen, die übrig bleiben, bilden im Frühjahr die neue Kolonie. Es gab erstaunlich viel darüber zu erzählen. Ich ahne, warum es in Berlin so viele Hobbyimker gibt.

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Am Abend assen wir Krabbensalat und dann packten wir alles ins Auto. Morgen früh raus.

[Do, 25.7.2024 – Uferweg, Förster, Mahjong]

Morgens nahm ich meinen Uferspaziergang mit der Hündin auf Video auf. Den ganzen Spaziergang mit gezückter Kamera. Wie ein Influencer. Wäre ich einem Reh begegnet, hätte ich mich vor dem Reh geschämt. Ich dachte aber, das könnte ein cooles Video werden. Dafür verwendete ich die Timelapse Funktion, damit alles schnell abgespult wird. Irgendwas stimmte aber mit den Einstellungen nicht. Aus dem halbstündigen Spaziergang wurde ein 14-sekündiges Video. Das geht so schnell, dass ich kaum etwas erkennen kann.

Wir fuhren heute einkaufen. Im Supermarkt traf ich den Förster. Zum Förster muss man wissen, dass er seit Jahrzehnten die vielleicht wichtigste Bezugsperson für unser Häuschen ist. Das Haus steht 10 Monate im Jahr alleine und verlassen im Wald. Der Förster schaut aber alle paar Wochen vorbei, im Winter kommt er sogar auf Skiern, er entfernt umgefallene Bäume, schaufelt auch mal Schnee vom Dach, wenn er glaubt, dass er das Dach erdrückt. Er hat unseren Schlüssel und kann dort ein und ausgehen.

Bereits der Vater des Försters war meiner Schwiegerfamilie verbunden, den Grosseltern natürlich, die das Haus in ’48 erwarben. Er war der Bauer des benachbarten Hofes, er pachtete unsere Wiesen und kümmerte sich auch um den Wald. Sein Sohn, der heutige Förster, ist auf dem Nachbarhof aufgewachsen. Der Förster arbeitet offiziell nicht mehr, er ist über siebzig und mittlerweile in Rente. Aber einmal Förster, immer Förster.
Der Nachbarhof wurde nach dem Tod des alten Bauers allerdings weiterverkauft, der Förster lebt jetzt etwa zehn Kilometer von uns entfernt.

Weil die Gegend hier aber eher dünn besiedelt ist, treffen sich alle Menschen, die in einem Radius von einer Dreiviertelstunde leben, im gleichen Supermarkt. So traf ich heute dort auch den Förster.

Er grüsste freundlich und sprach englisch mit mir. Ich wusste gar nicht, dass er ordentliches Englisch spricht. Wir begegnen uns immer nur, wenn meine Frau oder ihr Vater dabei sind, da wird schwedisch gesprochen. Heute sahen wir uns aber alleine und er redete einfach drauflos. Das freute mich sehr, weil er ein erfahrener Mann ist, der alles über die Gegend weiss und alles über Wälder und Flüsse und überhaupt, ich weiss, dass er die meisten Antworten auf alle meine Fragen hat, die mich bezüglich des Häuschens im Laufe der Zeit beschäftigten. Allerdings hatte ich bisher nie die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.

Er sprach mich auf das Youtube Video an, das ich vor einigen Tagen gepostet hatte. Den Clip von Max mit meiner Drohne. Dazu muss man auch wissen, dass Max sein Sohn ist. Und seit Max wieder zurück in die Gegend gezogen ist, hat sich zwischen Max, meiner Frau und mir ein durchaus lebendiger Kontakt entwickelt, dabei übernahm er ganz natürlich gewisse Aufgaben von seinem Vater. So schaut er auch im Winter regelmässig beim Häuschen vorbei und schickt uns Fotos per Messenger. Am Anfang des Sommers mäht er das Gras und er hilft uns, wenn wir Rat brauchen.
Mir kommt vor, dass dem Förster das gefällt, als würden die beiden Familien in einer Art Erbpacht bereits in dritter Generation miteinander verwoben bleiben. Aber das gefällt vermutlich allen.

Er sprach mich auch bezüglich blauer Kunststofffässer an. Ich weiss nicht, ob ich im Blog je darüber schrieb, aber ich suchte nach blauen Plastikfässern, weil ich einen schwimmenden Steg bauen möchte. Er weiss das, weil ich mit Max darüber sprach. Und jetzt erzählte er mir, wo ich die kaufen könne. Sie seien heutzutage leider sehr teuer, sie kosten 800 Kronen, also etwa 80€ das Stück, früher bekam man die umsonst, weil sie Abfallprodukte aus dem Bau waren. Er erzählte mir, dass er solche Stege aus Metall baute, mit rostfreien Ölfässern, die er mit Metallbalken –Aluminium, wenn ich es richtig verstanden habe– verschraubte. An einem See seien die sehr langlebig, aber an einem Fluss wie Unserem müsse man das im Herbst alles an Land bringen, weil das Eis im Winter alles mitreisst.

Eis. Mir war es nicht bewusst, dass der Fluss im Winter vereist. Aber natürlich macht er das.

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Heute ist Herthageburtstag auf dem Arkonaplatz. Auf den Bänken des Arkonaplatzes wurde von 132 Jahren der Fussballverein BFC Hertha 92 gegründet. Seit wir damit begonnen haben, am 25.7. am Arkonaplatz zu feiern, ist es das erste Mal, dass ich nicht dabei bin. Ich schreibe meine Fanclubfreunde an. Aber ich werde nur schlecht mit Infos versorgt. Sie sind alle am Feiern.

Am Abend spielten wir Mahjong. Meine Frau gewann zwei Mal. Ich finde das Spiel etwas unterkomplex. Beim Gedanken an Majhong dachte ich immer an ein kompliziertes und komplexes Spiel, aber genau genommen ist es nur eine Art Kartenspiel, das man mit Steinchen spielt anstatt mit Karten. Meine Frau belehrte mich aber, dass wir lediglich eine sehr vereinfachte Mahjong-Variante spielen. Das brachte mich gleich auf den Gedanken, mit unserer Freundin Wen zu spielen. Wen kommt aus Nordchina und kann sicherlich Mahjong in all seinen Ausprägungen. Ich liebe ja Brett- und Kartenspiele, aber ich spiele schon seit Jahren keine Spiele mehr weil meine Frau nicht gerne spielt und so schleichen sich die Dinge manchmal aus dem Leben.

[Mi, 24.7.2024 – Singen im Wald, Espen, Holz]

Morgens liefen die Hündin und ich wieder die lange Strecke bis hinauf zum Wald auf der Halbinsel. Da ich keinen Rehen begegnen möchte, griff ich auf einen Trick zurück, den man auch bei Bären anwendet. Man singt. Unfälle mit Bären passieren meist, weil sie überrascht werden. Wenn man sich schon von weitem bemerkbar macht, ziehen sie sich gewöhnlicherweise zurück, weil sie selber keine Lust auf Stress haben. Begegnungen mit Menschen sind immer Stress.
Bei Bären mag das vielleicht nicht immer funktionieren, bei Rehen aber sicher. Wenn es Tiere gibt, die keine Lust auf Begegnungen mit Menschen oder Hunden haben, dann sind das Rehe. Und ich möchte nicht wieder einem Reh begegnen und dabei riskieren, dass meine Hündin sie jagt oder verletzt.

Ich sang „Eisgekühlter Bommerlunder“. Ja, ich weiss. Andererseits hält mir das Lied sicherlich auch Eisbären vom Leib.

Ab Mittag wollten wir uns um verschiedene Dinge kümmern, die wir bisher aufgeschoben hatten. Da wir aber bereits am Samstag zurück nach Berlin fahren, ist nun Eile geboten. Wir wollten noch die Birke verarbeiten, die der Förster im Winter gefällt hatte. Er hatte den Baumstamm neben der Scheune in halbmeter grosse Stücke zerkleinert und zu einem Haufen zusammengeworfen. Daneben ein riesiger Berg zerkleinerter Äste. Die grossen Stücke wollten wir zerhacken und in die Scheune legen. Leider lag das Holz mittlerweile mehrere Monate im Gras. Die Unterseite ist teilweise verschimmelt. Ein halbes Dutzend der Klötze sind von Ameisen befallen.
Deswegen lockerten wir zuerst den Holzhaufen auf, legten die trockenen Stücke in die Scheune und die schlechten Stücke mit der nassen Seite nach oben in die Sonne. Wir werden am Freitag entscheiden, was wir mit den verschimmelten Stücken anfangen.

Nach dem Holz hatten wir noch die zahlreichen Espen auf dem Zettel. Ums Haus herum spriessen zahlreiche Espenbäume. Wenn man sich nicht früh genug darum kümmert, sind sie später schwieriger zu entfernen. Espen sind sehr invasiv. Sie spriessen überall. Mir wären Birken lieber. Um das Haus herum stehen etwa 20 Birken. Zwei davon sind nicht mehr in einem guten Zustand. Ich weiss nicht, warum.

Die körperliche Arbeit tut mir nicht gut. Ich habe mich etwas übernommen. Mein ganzer Brustkorb, aber vor allem die linke Seite, schmerzt wieder. Danach ruhe ich mich aus.

[Di, 23.7.2024 – Wasserwege, Drohnenvideo]

Heute malten wir vormittags ein paar Fenster, weil es am Nachmittag regnen sollte. Jetzt natürlich alles ohne Leiter.

Weil sich mein Brustkorb nun besser anfühlt, stieg ich kurz nach Mittag mit dem Kajak ins Wasser. Es dauerte ganze zwei Wochen bis zu diesem Schritt. Grund dafür war sicherlich, dass ich in den ersten Tagen schlichtweg andere Dinge im Kopf hatte und danach gab es einige kühle Tage mit Regen. Nach dem Regen wollte ich einen Tag Fenster renovieren und tja, da stürzte ich von der Leiter. So vergehen zwei Wochen ohne Kajak.

Ich fuhr heute die altbekannte Route fast zwei Kilometer flussaufwärts. Nicht ganz bis zum Wasserfall. Weil beim Wasserfall der Cousin und seine Frau ihre Badetreppe haben. Seine Frau und ich sind seit drei Tagen Freunde auf Instagram. Sie postet dort jeden Tag Videos, wie sie unbekleidet von deren Treppe ins Wasser springt. Solche private Momente möchte ich nicht stören. Wenn ich sie einmal treffe, werde ich das meine Kajaktouren erwähnen, dann werde ich sehen, wie sie darauf reagiert und dann können wir weitersehen.

Die Stelle beim Wasserfall ist aber wirklich schön. Der Fluss weitet sich dort, er wird fast zu einem kleinen See. Die Strömung verschwindet. Auf einer Seite gibt es Eichen, Kiefern und Buchen. Auf der anderen Seite eine Halbinsel, auf der Gänse leben.

Heute wollte ich nur die Uferstellen, sie ich sonst immer von Land aus begehe, vom Wasser aus inspizieren. Vor allem die undurchdringlichen Stellen. Damit ich sehen kann, ob sich die Mühe auszahlt, weiterzumähen. Der Erkenntnisgewinn war gering.

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Um 1630 waren wir bei Max verabredet. Zum einen, um ihm das Geld für das Mähen der Wiese zu übergeben, aber auch um endlich mit der Drohne seine Downhill Radbahn zu filmen.

Unsere Idee war es, dass ich ihn beim Start aufnehme, danach die Drohne aber höher steigen lasse und aus einem grösseren Abstand filme, wobei ich eher einen Gesamteindruck der Bahn erfassen würde.

Das funktionierte nur mittelmässig. Die gesamte Bahn ist etwa ein Kilometer lang, aber schon nach wenigen hundert Metern, verlor ich ihn aus dem Blickfeld, Die Bäume sind teilweise zu hoch und ich bin in der Steuerung noch etwas ungeschickt. Es ruckelt also sehr. Es machte dennoch Spass. Ich bräuchte ein paar Anläufe, aber der Akkus reicht lediglich für einen 20-minütigen Flug, und sie zu laden dauert mehrere Stunden. Ich bräuchte ein paar Ersatzakkus, die ich vor Ort tauschen kann. Max ist dennoch begeistert, nächstes Jahr probieren wir es wieder.

Hier ein Teil des Videos:

[Mo, 22.7.2024 – Textarbeit, Tastaturen, Kameras]

Der Sturz von der Leiter ist sehr ärgerlich. Meine linke Brustseite ist geprellt oder die Muskeln sind gezerrt, ich kann mit meinem Oberkörper keine Kraft ausüben. Wenn ich körperlich eingeschränkt bin, kann ich hier eigentlich nur lesen, essen und trinken. Aber das kann ich in Berlin ja auch. Ich hatte mich darauf gefreut, einen Steg zu bauen, mit dem Boot zu paddeln, Uferstellen zu mähen und Holz zu hacken.
Der Schwiegervater sagte in einer ruhigen Minute zu meiner Frau, dass das sicherlich schlimm für mich sein müsse. Ich sei ja immer so aktiv.
Das wusste ich bisher gar nicht. Ich und aktiv.

Dabei wollte ich eigentlich die Zeit zum Schreiben nutzen. Den Hausbesetzertext fertig bearbeiten. Aber das gelingt mir hier noch nicht. Das ist ein fertiger Text, der stark überarbeitet werden muss. Das ist Arbeit und weniger kreativer Flow. Texte entstehen bei mir immer in drei Phasen. Zuerst kommt der kreative Flow. Das ist der magische Teil. Das sind die Stunden, in denen der Text heraussprudelt. Eher unkontrolliert, sehr roh, sehr musikalisch. Dann kommt die zweite Phase. Das ist die Schönschrift. Der künstlerische Teil. Wo der rohe Text zur Poesie wird. Und zuletzt die dritte Phase. Wo man merkt, dass der Text viele Schwächen hat. Das ist die Phase, die bei kurzen Texten durchaus anregend ist, aber bei langen Texten fühlt es sich nach einem breiigen Kampf gegen Textmengen an. Der Hausbesetzertext hat etwa 100 Seiten, er wird noch auf 120 anwachsen. Und er befindet sich in der dritten Phase.

Manchmal stehen die ersten beiden Phasen sehr nahe beieinander. Manchmal ist die erste Phase bereits poetisch. Das hängt vom Text ab und vom Sujet. Aber die dritte Phase ist immer eigenständig. Was ich jetzt aber weiss: Für die dritte Phase brauche ich eine andere Grundvoraussetzung. Nächstes Mal bringe ich mir einen Monitor und eine bessere Tastatur mit. Mit dieser „Black Widow Lite“-Tastatur war ich nie glücklich. Von allen meinen mechanischen Tastaturen ist es die schlechteste, deshalb brachte ich sie im Mai nach Schweden und liess sie hier als feste Tastatur für Schweden, ich dachte, ich könnte sie in Berlin entbehren. Aber es ist natürlich Quatsch, die schlechteste Tastatur an einem Ort zu verwenden, wo ich erstens auf keine andere Tastatur ausweichen kann und zweitens, sie viel verwenden will. Allerdings wusste ich aber auch nicht, wie wählerisch ich mittlerweile bei Tastaturen geworden bin. Ich verstehe nicht, wie Menschen auf Laptops oder Apple-Tastaturen tippen können. Wenn ich kein mechanisches Grand Piano bespiele, spüre ich den Text nicht.

OK, das war jetzt etwas dramatisch formuliert.

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Heute Vormittag fuhr ein fremdes Auto an unser Haus heran. Auto sind hier ohnehin eine Seltenheit, fremde Autos sorgen zudem für Aufregung. Meine Frau, mein Schwiegervater und ich sassen gerade beim Frühstück. Wir gingen sofort hinaus. Es war ein alter Mann mit einem zerzausten Bart. Niemand kannte ihn. Da er schwedisch sprach und ich ihm nicht folgen konnte, ging ich nach einer Minute wieder in die Küche und überliess den anderen beiden das Gespräch. Nach einigen Minuten gab mir meine Frau ein Zeichen, dass ich kommen solle. Einfach um Präsenz zu zeigen.

Der Mann war zwar sehr alt, nach eigenen Angaben 86 Jahre alt, er war aber irgendwie unangenehm. Er stellte neugierige Fragen. Ob wir auch im Winter hier seien („Ja natürlich, sehr oft“) und wo wir eigentlich wohnten. Der Mann war ein schwedischstämmiger Finne, er wohnte im Nachbardorf. Er führe hier nur ein bisschen herum, um sich umzusehen. Nach zehn Minuten verabschiedete er sich und stieg in sein Auto. Dann fuhr er wieder fort.

In unserem Häuschen wurde vor einigen Jahren einmal eingebrochen. Das war bevor ich meine Frau kannte. Es befinden sich hier kaum Wertsachen. Ein kleiner Fernseher, ein Router, eine elektrische Motorsäge, mein geliebter Grasmäher, natürlich ein Bohrer und eine Schleifmaschine sowie diverses Werkzeug. Richtig auszahlen würde sich ein Einbruch nicht. Aber etwas mitnehmen kann man schon. Ärgerlich ist es vor allem für diejenige, die auf Kosten sitzen bleiben. Also meine Frau und ich. Zwar schauen Max und der Cousin ab und zu bei uns vorbei, aber das hält natürlich keine Einbrecher fern. Jetzt überlegen wir, eine Kamera zu installieren. Eine, die ohne Strom und WLAN funktioniert. Es gibt da einige Optionen, sie sind gar nicht teuer, aber die Bewertungen lesen sich eher halbgar. Ich muss mich zuerst einlesen, dafür habe ich jetzt als Invalide ja Zeit. Und zugegebenermassen liebe ich es, mich mit so etwas zu beschäftigen.

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Was ich meine, wenn ich von Uferstellen rede: