[Di, 20.8.2024 – Bewerbungen, Onlinedating, Paysex]

Es geht mir heute nicht besonders gut. Ich wachte mit Gliederschmerzen auf und mein Körper war durch eine unangenehme Schicht leichten Schmerzes überzogen. Ich ging trotzdem eine lange Runde mit der Hündin und lief dabei auch etwas schneller um meinen Organismus anzukurbeln. Das half im Moment, aber sobald ich zu Hause war, sackte ich wieder ein. Auch schlafen half nicht. So nahm ich Aspirin und schaute einfach, wie ich durch den Tag komme.

Es ging einigermassen. Am Nachmittag bekam ich allerdings Durchfall. Keine Ahnung woher das jetzt kommt. Vielleicht habe ich einen Apfel nicht richtig gewaschen.

Dafür schrieb ich gestern und heute richtig viele Bewerbungen. Durch eine Funktion in LinkedIn blieben mir viele Stellen verborgen, jetzt entdeckte ich noch Dutzende weitere Ausschreibungen, wovon sich einige durchaus interessant lasen.

Bei der Stellenausschreibung eines grossen deutschen Konzerns muss man für die Bewerbung ein Konto anlegen. Ein Konto. Echt jetzt? Weil ich mir die Chance nicht entgehen lassen wollte, legte ich das Konto natürlich an. Vielleicht siebt man dadurch viele schlechte Kandidaten aus. Kandidaten die zu faul sind oder die Bewerbung ohnehin nicht ernst nehmen.
Da ich selber meist offene Stellen habe, weiss ich um die Qualität der Bewerbungen, vor allem, wenn man Entwickler oder Techniker einstellen will. Die Kandidaten sind zu 90% wirklich unterirdisch. Ich hätte mit einer Vorfilterung wie dieser allerdings Angst einen guten Bewerber wegzusieben, deswegen lasse ich lieber alles auf mich einprasseln.
In meinem letzten Job gab es zwischen den Bewerbungen häufig Dickpics oder auch einfach Nacktbilder von Männern. Dickpics sind auch auf schwulen Datingportalen üblich und viele Männer sind davon genervt. Es ist nicht nur ein Thema für Frauen.

Was ich in meinem Leben wirklichwirklich schade finde, ist, dass ich bereits verheiratet war, als Datingapps auftauchten. Ich glaube, ich hätte richtig Spass an Datingapps. Swipen, schreiben, treffen und Spass haben, bis man jemanden findet, in den man sich verliebt. So geht das im echten Leben ja auch. Man knutscht herum, bis man jemanden findet, bei dem man bleiben will. Aber auf Partys waren Leute oft bereits vergeben und man weiss nie so recht, Menschen haben ja vorlieben zu Körperbau, Haarwuchs und Hobbys, man wird auf einer Party nie weggeswiped (links oder rechts, was war das nochmal?), sondern Leute unterhalten sich dennoch aus Anstand oder Höflichkeit und am Ende geht man enttäuscht und einsam nach Hause.
Jetzt gab es aber eine App, wo auch andere Menschen sind, die knutschen wollen. Das fand ich gut. Und während man so herumknutscht, hat man viel getrunken und viel Sex gehabt und jede Menge über Menschen und sich selbst gelernt. So stelle ich mir das vor.

Aber ich habe viele Bekannte, die online daten. Sie hassen es alle. Sicherlich auch, weil es zum guten Ton gehört, Onlinedating scheisse zu finden. Ich kann dazu allerdings nie etwas Konstruktives sagen, weil mir dazu der Erfahrungsschatz fehlt. Aber ich liebe gute Geschichten und meistens sind es eben gute Geschichten, deprimierende Geschichten zwar, aber gute Geschichten. Jedoch gewinne ich daraus auch die Erkenntnis, dass ich als Frau nie heterosexuelle Männer daten müssen möchte, als Datingspezies klingen heterosexuelle Männer ausnahmslos wie Dumpfbacken. Natürlich habe ich leicht reden, ich date ja nicht, vermutlich wäre ich auch so eine Dumpfbacke.

Vor einigen Tagen las ich ein beachtliches Interview aus SPON mit einer 59-jährigen Sexworkerin. Eine Frau, die sonst einem normalen Job nachgeht. Seit sie sich vor zehn Jahren von ihrem Mann trennte, und sie Tinder eher enttäuschte, beschloss sie, sich für Sex bezahlen zu lassen. Dann schloss sie sich einer Agentur an und mittlerweile ist es ein stabiles Nebeneinkommen geworden. Aber ein Satz beeindruckte mich besonders: sie sagte, sie werde beim Paysex wesentlich besser behandelt als von Männern über Tinder. Nun ist sie sicherlich nicht die Frau, die sich Männer in Autos am Strassenrand aufgabelt, aber ich fand das dennoch eine bemerkenswerte Aussage.

[So, 18.8.2024 – Ventilator, Småland, Gurkensnack, Schnitzel, Sodbrennen]

Die erwartete Horrornacht Nummer 5 wurde dann trotz Pizza und den Drinks gar keine Horrornacht.
Ich griff nämlich auf einen Ventilator zurück, den ich letztes Jahr kaufte. Diesen stellte ich direkt neben das Bett, auf das ich mich unbekleidet legte und liess mich mit Wind bestrahlen. Das war dermassen angenehm, dass ich Glücksgefühle bekam. Mit dieser kühlenden Luft schlief ich sofort ein und wachte erst um 7 Uhr wieder auf.
Meine Smartwatch zeigte zwar einen unruhigen Schlaf an, aber das war mir egal. Ich hatte nicht bis vier Uhr wach gelegen. Um sieben Uhr stand ich mit richtigen Gefühlen der Freude auf.

Gegen Mittag fuhren wir zu Ikea. Wir brauchten Matratzenauflagen und kleinere Dinge. Wenn man übrigens mit Schweden zu Ikea geht, wird man feststellen, dass die die Möbelnamen konsequent falsch aussprechen.

Funfact: Der Kinderbereich mit der Hüpfburg heisst bekanntlich Småland. Das ist den meisten Deutschen als die Provinz in Südschweden bekannt. Småland heisst aber schlichtweg „Kleinland“, was man mit etwas guter Laune durchaus in „Land der Kleinen“ übertragen kann. Für Kinder ist das sehr passend. Offenbar wissen das die meisten Menschen ausserhalb Schwedens nicht. Deshalb möchte ich dieses Wissen den Leserinnen dieses Blogs vermitteln. Kann man ein bisschen angeben.

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Zu Mittag bereitete ich einen Snack aus dem Internet vor. Der Algorithmus bei Insta spült mir oft seltsame Gerichte in meine Timeline. Es scheint, als hätte ich ein grosses Interesse an seltsamen Gerichten wie Tunasteak aus Wassermelone oder eben 10-Minuten-Karottenkuchen. Ich speichere tatsächlich oft solche kleine seltsamen Gerichte ab. Heute machte ich diesen Gurkensnack, der gerade durch das Internet geht.

Man schneidet eine Gurke in feine Scheiben, gibt einen grossen Löffel Erdnussbutter dazu, einen kräftigen Schuss Sesamöl, Sojasauce, Chili Öl, Essig und Sesamkerne. Und dann schüttelt man das Ganze eine Minute lang.
Da ich kein Chili-Öl hatte, liess ich das einfach weg. Und statt der Sesamkerne nahm ich Chia Samen und gepuffte Quinoa.

Das Ergebnis schmeckte solala. Muss ich nicht unbedingt wiederholen.

Am Samstagabend gingen wir mit den Nachbarn von gegenüber zu „Rembrandt Schnitzel“. Das ist ein neues Restaurant im Friedrichshainer Richard Sorge Kiez. Mit den Nachbarn von gegenüber gehen wir mehrmals pro Jahr ins Alt-Wien Schnitzel essen, wenn aber in Friedrichshain ein neues Schnitzellokal öffnet, dann muss das unbedingt getestet werden. Ausserdem waren wir bereits zusammen bei „Rembrandt Burger“ nur ein paar Häuser weiter. Die beiden Lokale gehören offensichtlich und jetzt auch nachweislich zusammen, irgendwie war das nur logisch, dass wir zusammen zu Rembrandt Schnitzel gehen.

Das Schnitzel war dann eher mittelmässig. Aber der Kaiserschmarrn war hingegen bemerkenswert gut. Wenn nicht sogar der beste Kaiserschmarrn, der mir in den letzten zwanzig Jahren untergekommen ist. Auch die Bedienung war super. Sie wirken noch ein wenig unkoordiniert, so war nicht ganz klar, ob der Gurkensalat standardmässig dabei ist, oder ob man ihn dazubestellen muss. Aber ich finde es eher sympathisch, wenn sich die Leute noch finden. Auch hängt noch das Hundeverbotsschild von früher, das ihnen offenbar noch nie aufgefallen war. Sie werden es entfernen.

Am nächsten Tag hatte ich Sodbrennen. Auch meine Frau hatte Sodbrennen. Das habe ich sonst nur wenn ich zu viel esse. Damit meine ich richtig grosse Mengen. So viel, dass man sich vollgestopft hat. Das weiss ich mittlerweile zu vermeiden und gestern assen wir nur je ein Schnitzel und nachher teilten uns zu viert einen Kaiserschmarrn, sowie einen Schoko Lava-Cake.
Trotzdem hatten wir beide heute Sodbrennen. Es liegt vermutlich an der Hitze. Es liegt immer an dieser Scheiss Hitze. Während der Nachspeise begann es zu regnen. Wir sassen draussen unter der grossen Markise und es begann zu regnen. Es gibt weniger schönere Dinge, als an einem Sommerabend mit Freunden unter einer Markise zu sitzen während der Regen niederplätschert.

Und dann kühlte es ab. Am Sonntag war die Temperatur erträglich. Wir putzten die Wohnung. Am Mittwoch bekommen wir Besuch. Am Nachmittag spielte Hertha in Rostock im Pokal. Wir gewannen mit einer ordentlichen Leistung 5:1 und später gingen wir zu Backaro und nahmen einen Aperitiv zu uns. Ich trank allerdings nur einen Fruchtsaft, neuerdings häufen sich die Überlegungen, den Alkoholkonsum runterzufahren. Ich werde im Januar 50. Ich kann nicht immer so weitermachen.

[Fr, 16.8.2024 – Klimaanlage, Hundebesuch, berliner Weisse]

Horrornacht Nummer 4.

Gestern chattete ich aufgrund meines letzten Blogeintrages mit Frau Fragmente über Klimaanlagen. Sie schickte mir ein Video von ihrer festen Anlage, einem sogenannten Split-Gerät. Zuerst eine Aufnahme von innen und dann eine Aufnahme von aussen. Das Gerät ist tatsächlich leise. Wie ein Kühlschrank. Laut ihren Aussagen sogar leiser.

Es gibt viele Aspekte, die ich berücksichtigen und viele Arbeitsschritte, die ich anstossen muss um mir in diesem Altbau ein solches Gerät einbauen zu können. Möglicherweise würde ich irgendwann im nächsten Sommer die Erlaubnis dafür enthalten. In der Zwischenzeit müsste ich allerdings viele Gespräche mit den Nachbarn führen und Dutzende Emails schreiben. Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit, einmal ChatGPT heranzuholen, ich verwende AI kaum, mich langweilt AI total, aber ich sehe schon den Vorteil darin, repetitive Textaufgaben übernehmen zu lassen.

Heute war Peppa bei uns. Peppa ist die Hündin von E aus der Hundewiese. Bei unserem gestrigen Ausflug an den Bernsteinsee telefonierte er mit seiner Exfrau, es ging um Abstimmungsschwierigkeiten zwischen beruflichen Terminen und die Logistik mit Hund und Kind. Da ich natürlich jedes Detail mitbekam, bot ich den beiden an, dass sie die Hündin auch bei mir abgeben können. Es handelte sich nur um sechs Stunden, von neun bis drei Uhr. Ich wollte es immer schon einmal testen, einen zweiten Hund in der Wohnung zu haben.

Das wurden sehr interessante sechs Stunden. Meine Hündin ist nicht sehr dominant, allerdings ist sie auch nicht devot. Von Peppa wird sie immer wie die grosse Schwester behandelt, meine Hündin wird von der aufgeregten Kleinen aber irgendwann genervt. Sie ist von aufgeregten Hunden immer genervt. Am schlimmsten findet sie die aufgeregten Vizlas. Die knurrt sie schon weg, wenn sich einer nähert. Ich glaube, sie findet die dumm. Unter ihrer Würde.
Mit Peppa war das sehr interessant, weil sie sich gut kennen, aber heute war sie zum ersten Mal in der Wohnung zu Besuch. Wir hatten bisher nur ein einziges Mal Hundebesuch. Damals war sie noch ein Welpe und es kamen zwei schöne und ruhige Setter-Hunde. Das war harmonisch. Jetzt ist sie aber erwachsen und ich ahnte, dass sie territoriale Ansprüche entwickelt hat. Als die mit Peppa zusammen die Wohnung betrat, liess sie den kleinen Hund nicht aus den Augen. Peppa war natürlich neugierig und schnüffelte sich durch die Wohnung, während mein Tier die ganze Zeit dazwischenging. Sie folgte Peppa auf jedem Schritt und ging auch dazwischen, indem sie Peppa mit ihrer Schnauze vom Schnüffeln abhielt, was Peppa aber nicht daran hinderte, einfach weiterzumachen. Ein lustiges, aber überraschendes Verhalten.

Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, einander im Blick zu behalten. Peppa musste im Hausflur bleiben, meine Hündin sass bei mir im Arbeitszimmer und behielt ein wachendes Auge auf Peppa. Wenn Peppa sich aus dem Sichtfeld schlich, legte sich meine Hündin an eine andere Stelle um, wo sie Peppa beobachten konnte. Manchmal verschwand Peppa in einen anderen Raum und dann verschwand auch die Hündin. Das ging 4 Stunden lang so. Mit kurzen Unterbrechungen, an denen ich mich mit den beiden Tieren beschäftigte, indem ich versuchte, Entspannung zu vermitteln.

Normalerweise setze ich mich vormittags im Arbeitszimmer an die Tastatur und die Hündin legt sich daneben und schläft. Es dauerte heute vier Stunden, bis die beiden ausgestreckt pennten. Der Erholungsfaktor war eher gering.

Um halb fünf war ich mit meiner Frau im Hops&Barley an der Wülischstrasse verabredet. Dort stellen sie selber Cider aus Apfelsaft her. Ich war sehr früh da. Neben mir am Tisch sassen der Gründer und Brauer des Hops&Barley wie auch der Gründer der Hopfenreich-Bar im Wrangelkiez. Mit dem Hopfenreich verbinden meine Frau und ich Geschichte. Als wir uns kennenlernten, wohnte sie nämlich in dem Haus, in dem sich das Hopfenreich befindet. Unten gab es aber noch nicht diese Bar sondern ein Spätzle-Restaurant mit dem Namen „Da Gino“. Dort hatten wir unser erstes Date. Bzw unser zweites und drittes. Wir sassen auch danach noch sehr oft da. Bis wir schliesslich zusammenzogen nach Mitte und der Weg in den Wrangelkiez zu umständlich wurde.
Einige Jahre später entwickelten wir eine grosse Leidenschaft für das Bierhandwerk und weil ich mich ständig nach guten Bierlokalen umsah und jede Hopfenstube sowie jeden Hopfentrunk ausprobierte, die in Berlin aus dem Boden wuchsen, entdeckte ich natürlich bald das Hopfenreich in der Wrangelstrasse. Die waren eine der ersten, grösseren Bierbars, allerdings auch etwas teuer und hip.

Ich mischte mich ins Gespräch ein, weil sie über Andreas Bogk sprachen, der damals vor vielen Jahren die Originalhefe einer der letzten echten Berliner Weisse aus einer alten DDR Flasche unter Laborbedingungen extrahierte. Die Berliner Weisse war ja praktisch tot. Die Kindl Weisse ist schliesslich keine echte Berliner Weisse, das ist ein seltsames Weizengebräu, das man ohne Sirup nicht trinken kann. Im Osten produzierte man bis in die Siebziger noch echte Weisse, aber weil es einigermassen schwierig ist, richtige Berliner Weisse auf industrieller Ebene zu brauen, gaben auch die irgendwann auf. Kindl ist die einzige Brauerei, die in dieser Stadt der gestorbenen Traditionen, zumindest den Namen „Berliner Weisse“ weiterführte.
Andreas Bogk und die Berliner Handwerkbrauerinnen belebten vor einigen Jahren die alte, echte Berliner Weisse wieder. Insbesondere die Brauerin namens „Schneeeule“ widmete sich vollständig der Berliner Weisse, aber auch BRLO, Berliner Berg sowie Lemke stellen sie mittlerweile erfolgreich her. Und alle diese neuen bzw alten originalen Weissen basieren auf den Hefestamm, den Andreas Bogk damals exrahieren konnte.

Danach tranken wir Cider und ich wusste, dass die folgende Nacht die Horrornacht Nummer 5 werden würde, denn wenn ich Alkohol trinke, dann heize ich mich auf wie ein Ofen, ich werde mich bis 4 Uhr morgens wälzen um dann zwei unruhige Stunden zu schlafen. Deswegen bestellte noch ein kleines Pale Ale und dann ein kleines Pils. Weil ich seit Wochen nichts getrunken hatte, stieg das Bier sofort in mein Sprachzentrum ein. Als wir nach Hause gingen, bestellten wir ausnahmsweise Pizza. Wenn ich mich eh schon aufheize, dann kann ich auch mit Pizza nachheizen. Die Nacht ist dahin.

[Do, 15.8.2024 – Sandalen, Hitze, Bernsteinsee]

Horrornacht 2 und Horronacht 3. Ich möchte aber nicht darüber reden.

Gestern war ich aber shoppen. Ich brauche mehr sommerliche Kleidung. Deswegen kaufte ich weisse Unterhemden und weisse, kurzen Hosen. Weiss ist besser gegen Sonne, die Farbe heizt weniger auf. Aber ich muss auch an meiner Farbwahl arbeiten. Schwarze Tanktops und schwarze Hosen sehen zusammen mit meinen tätowierten Armen schnell nach Rammstein-Fan aus. In einem weissen Unterhemd sehe ich nur aus wie ein Mann, der seine Frau und Kinder schlägt. Immerhin laufe ich immer mit einer kleinen, flauschigen Hündin herum, das sorgt für Milde.

Ich hasse diese Hitze so sehr, dass ich sogar Sandalen kaufen wollte. Weil Sandalen für Männer selten ästhetisch sind, entschied ich mich für Birkenstocks, die immerhin einen gewissen Retroschick abstrahlen. Als ich in Madrid wohnte, trug ich wochenlang Birkenstocks. Anzug, Weste und Birkenstock. Oft lief ich auch barfuss, ja auch auf der Strasse, weil ich fand, dass es zu heiss ist und man das machen kann. Heute bin ich mir nicht sicher, ob ich das damals richtig einschätzte.
Das Problem mit mir und Sandalen sind meine hässlichen Füsse. Ich habe richtig hässliche Füsse. Meine Füsse sind so hässlich, dass ich sie gar nicht beschreiben mag. Davon wusste ich in Madrid auch, aber dort war es so heiss, dass ich es für richtig hielt. Auch so eine Einschätzung von der ich nicht weiss, ob sie richtig war.

Es gab allerdings keine geeigneten Birkenstocksandalen für mich. Farbe oder Grösse stimmten nicht. Somit sah ich vom Kauf ab.

Heute war ich mit E von der Hundewiese am Bernsteinsee nördlich von Berlin. Das ist ein See in einer ehemaligen Kiesgrube und an dessen Stränden sind Hunde erlaubt. Es gibt dort richtige, grosse Sandstrände. Da gehe ich sicherlich wieder hin.

Ich empfinde immer Liebe, wenn ich meine Hündin so glücklich über den Strand laufen sehe. Das unten eingestellte Video habe ich mehrmals angeschaut und es kommen jedes Mal Glücksgefühle in mir auf. Dieses glückliche Hopsen.
Auch Peppa war dabei. Peppa ist etwas jünger und kleiner. Peppa achtet sehr auf das, was meine Hündin macht und folgt ihr ständig. Sie ist etwas ängstlicher und schüchterner, sie hängt an meiner Hündin, wie man an einer grossen Schwester hängt. Das ist so rührend.

[Di, 13.8.2024 – Hitze, Schwimmen]

Ich wurde für Temperaturen jenseits der dreissig Grad nicht gebaut. Tagsüber kann ich mich immerhin noch in schattigen Orten aufhalten. Heute fuhr ich beispielsweise mit E von der Hundewiese zum Maxsee. Dort am Ufer, im Schatten der Bäume, ist es auszuhalten. Vom Wasser her weht leicht gekühlte Luft. Ich sprang ins Wasser. Es ist das erste Mal, dass ich in einen Brandenburger See sprang. Nach siebzehn Jahren Berlin eigentlich erstaunlich. Menschen von ausserhalb denken vermutlich, dass Berliner den ganzen Sommer lang in Brandenburger Seen springen. Ich tat es vor allem wegen der Hündin. Zuerst warf ich Stöcke und den Tennisball ins Wasser, sie schwimmt aber nicht wirklich, sie weiss nicht, dass sie es kann. Zwar ist sie mittlerweile mehrmals einen oder zwei Meter geschwommen, aber das waren immer eher Momente des Stresses, weil sie den festen Boden unter den Pfoten verlor. Heute stellte sie sich wieder an. Sie wollte den Stock holen, erreichte ihn aber nicht, und sie traute sich natürlich nicht, den letzten Meter ohne Boden unter den Pfoten zu überbrücken. Also zog ich mich aus und sprang einfach hinein und ging weit an ihr vorbei, bis ich schwimmen konnte. Es ist das erste Mal, dass sie mich schwimmen sah und sie war entsetzt darüber. Sie quiekte vom Ufer aus wie ein sterbendes Schwein, eine Art Weinen, Hunde sind unfassbare Kontrolletti. Ich im Wasser und dermassen unerreichbar für sie, damit konnte sie nicht umgehen. Deshalb spritze ich mit dem Wasser und warf den Ball vor mir her. Ich kenne schliesslich irre Trigger. Sie kam mir immer näher. Nach viel Aufregung erreichte sie mich plötzlich. Aber nur um mir den Ball zu nehmen und wieder zurückzuschwimmen. Als sie wieder festen Boden unter sich spürte, quiekte sie weiter. Ich fand das sehr lustig. Aber ich bezweifle, ob sie verstand, dass sie eben geschwommen war oder, dass sie eben schwimmen kann. Und sie wird kaum verstehen, wie gut ihr das kühle Wasser täte. Ab 20 Plusgraden wird sie träge. Ihr schwarzes, dichtes Fell ist dabei auch nicht förderlich. Genetisch ist sie ein Wasserhund. Goldies wurden in Schottland gezüchtet und Pudel in Deutschland. Beide Rassen wurden genutzt um Fischernetze oder Beute aus dem kalten Wasser zu holen. Meine Hündin weiss das nicht, aber ich warte darauf, dass die Gene ihre Magic machen. Es scheint nur nicht zu zünden.

Als ich aus dem Wasser kam, trocknete ich mich in der Sonne. Plötzlich stand ein sechzehnjähriges Mädchen bei uns. Sie gehörte zu einer kleinen Gruppe Mädchen, die sich auf der Luftmatratze auf den See hinausgleiten liessen, aber sie war offenbar an Land geblieben. Mir war sie vorher nicht aufgefallen, es gibt wenige Dinge, die mich weniger interessieren als sechzehnjährige Mädchen, ich hatte sie nur vorher angesprochen, ob es sie stören würde, wenn wir die Hunde ins Wasser liessen. Ich frage das immer, es gibt Menschen, die haben Angst vor Hunden. Das störte sie aber nicht.
Das Mädchen war sehr dick. Sie stand in ihrem Bikini in der Sonne und unterhielt sich angeregt mit uns. Sie hatte einen riesigen Bauch, riesige Brüste und riesige Oberschenkel. Ich erwähne das mit dem Dicksein, weil sie sich überhaupt nicht dafür zu schämen schien. Im Gegenteil, sie tänzelte, liess ihren Bauch aushängen und war bestens gelaunt. Wäre sie nicht so jung gewesen, hätte ich gesagt, sie flirte mit uns. Wenn das der Effekt der Bodypositivity-Bewegung auf Social-Media ist, dann ist das eine wirklich gute Sache. Ich hingegen zog meinen Bauch ein. Wenn ich schon ein alter, dicker Mann bin, dann versuche ich wenigstens, nur halbdick zu wirken. Gleichzeitig schämte ich mich ein bisschen, vor einem sechzehnjährigen Mädchen den Bauch einzuziehen.

Sie erzählte uns davon, dass sie immer hier herkommen, weil es hier so abgelegen sei und man selten Menschen träfe. Und mit dem Fahrrad sei es ja nicht weit. Sie erzählte, dass man im Winter manchmal darauf eislaufen kann, aber dafür müsse es schon sehr kalt sein. Ich versuchte mehrmals, das Gespräch höflich abzukürzen. Einerseits fand ich es irgendwie unpassend, wenn sich zwei alte Männer mit einem halbnackten Mädchen im Wald unterhalten und andererseits fiel es mir schlichtweg nicht so leicht, den Bauch über einen längeren Zeitraum zu halten. Aber das Mädchen plapperte drauflos, erzählte von der Schule, vom Dorf, vom Sportverein.
In der Zwischenzeit bratete ich bereits in der Sonne. Ursprünglich wollte ich mich nur in der Sonne trocknen, aber die Trocknung war längst geschehen. E von der Hundewiese sass nur neben mir auf dem Stamm und schaute meist auf sein Telefon.

Dann sagte ich, wir müssen gehen. Und so gingen wir. Leider war die Abkühlung nun vorbei.

Diese heissen Tage werden aber vor allem abends oder nachts sehr schlimm. Je näher die Bettzeit rückt, desto unentspannter werde ich. Bei 24 Grad kann ich schlichtweg nicht einschlafen. Abends heizt sich ausserdem mein Körper auf. Ich meide sogar den Alkohol. Alkohol verwandelt mich in einen Ofen. Aber auch Nahrung heizt mich auf. Heute beliess ich es bei einem gebratenen Lachs und einem Gurkensalat. Aber auch das erhitzte mich. Zumindest bilde ich es mir ein. So lag ich bis halb zwei Uhr auf meinem Bett, ohne Decke, unter dem geöffneten Fenster, alles auf Durchzug gesetzt. Es war eine grausame Nacht. Laut meiner Smartwatch verbrachte ich Schlaf- und Wachphasen in einem 20-minütigen Wechsel. Die ganze Nacht lang. So kam ich immerhin auf 4 und 7 Minuten Schlaf. Morgen wird es sogar schlimmer. Es wird 33 Grad warm und nachts kühlt es nicht ab.

Ich weiss auch nicht. Lasst mich jammern.

[So, 11.8.2024 – Fermentierung, Überwachungskamera]

Also ja. Das Experiment mit Filmjölk lief hervorragend, wie hier im Kommentar erwähnt. Ich nehme zu meinen Haferflocken jetzt täglich meine eigene deutsche Filmjölk.

Zusammengefasst:
1 Esslöffel Filmjölk in ein 1L Einweckglas
1L H-Milch dazugeben
24h in einem dunklen Ort stehen lassen.
Temperatur ist eher egal. Zimmertemperatur ist aber gut.

Die Gefässe bzw. der Löffel soll natürlich so wenig wie möglich Keime enthalten, da man die Bakterienkulturen ja jeden Tag weiterzüchtet. Man will keine Keime mitzüchten. Aus diesem Grund nehme ich auch lieber H-Milch.
Gefässe und Löffel übergiesse ich daher kurz mit kochendem Wasser aus dem Wasserkocher, bevor ich die neue Kultur ansetze.

Vielleicht mache ich ein Reel auf Insta daraus. Ich wollte immer schon mal ein Reel machen.

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Und sonst beschäftigte ich mich den ganzen Abend lang mit Videotechnik bzw. Überwachungstechnik. Ich schrieb vor einigen Wochen, dass ich in unserem schwedischen Häuschen eine Kamera verbauen möchte, die bei Bewegung anfängt zu filmen. Der vordergründige Vorwand ist natürlich, dass man Einbrüche aufzeichnen kann, aber am wichtigsten wäre mir ein Foto pro Tag, damit ich jeden Tag sehen kann, wie es dort aussieht, sogar im Winter, wenn dort alles verlassen ist. Die Fotos würde ich dann zu einem Zeitraffervideo zusammenschneiden, das den Wechsel der Jahreszeiten dokumentiert.
Und mit ein bisschen Glück schieben sich Elche, Luchse und andere Tiere vor die Kamera.

Was es so schwierig macht, diese Idee umzusetzen, ist der fehlende Strom. Weil unbewachter Strom einfach eine potentielle Brandgefahr ist, schalten wir den Hauptschalter, der sich 50m vom Haus entfernt befindet, im Herbst aus. Und das ganze Gelände ist damit 9 Monate lang stromlos. Bis wir im Mai wiederkommen.
Nun gibt es tatsächlich Lösungen für solche Umstände. Kameras mit SIMkarte und einem Akku sowie einem Sonnenpaneel. Sie kosten gar nicht so viel, aber je mehr man sich damit beschäftigt, desto tiefer begibt man sich in ein sogenanntes Rabbit Hole. Ich bin sehr anfällig für Rabbit Holes.

Laut Bewertungen sind Akkus meist zu klein, die Solarpaneele zu schwach, es müssten mindestens 30W sein anstatt der häufig angebotenen 6W, andererseits wird von der Akkuleistung geschwärmt, aber ich weiss auch nie, auf welche Anwendungsgebiete sich die Kritiken beziehen. Ich will ja nur ein Foto pro Tag und mal eine Aufzeichnung, wenn Diebe kommen, das dürfte doch kaum Strom verbrauchen. Natürlich kommt der Upload in die Cloud dazu und vielleicht muss die Kamera ständig filmen, weil sich im Winter ständig Elche oder Wildschweine über das Grundstück bewegen, wer weiss das schon.

Je tiefer man sich in den Kaninchenbau vorwagt, desto düsterer wird es. Bevor ich mich schlafen legte, postete ich in einem Forum mein Anliegen. Das Forum sieht aus, wie Foren schon vor zwanzig Jahren aussahen, grau in grau, wenig Gestaltung. Männer geben in kurzen Sätzen Antworten. Die Antworten sind immer kompetent. Meist aber auch unverständlich. Und man darf nichts Falsches sagen. Ich benötigte mehr als eine Stunde, um mein Problem zu schildern. Bloss keine Rückfragen zulassen, bloss den Anschein erwecken, man habe alles bedacht.

Die erste Antwort kommt sofort:
“ Du hast zwei Faktoren, die das Konstrukt mit Consumer Ware zum Scheitern bringen, da brauchst nicht lange rumrechnen. „

Dann werden die Faktoren aufgezählt und mein Vorhaben für Unsinn erklärt. Nach einigem Hin und Her merke ich, dass das Profis sind und Liebhaberprojekte, wie es meines ist, nicht verstehen. Ich kann das nachvollziehen. Wieder so ein Amateur, der kein Geld ausgeben will und alles kaputtmacht.

[Sa, 10.8.2024 – Hetzgedanken, Recruiter, Glühwürmchen]

Es war eine furchtbare Nacht. Ich lag stundenlang wach und musste an meine gärende Filmjölk denken. Es waren Hetzgedanken, ich hatte Angst, Fehler beim Ansetzen gemacht zu haben, diese Hamsterradgedanken, man kommt im Halbschlaf nicht davon weg. Irgendwann stand ich auf, lief in der Wohnung auf und ab, lehnte mich aus dem Fenster und schaute auf die Strasse. Dann ging es besser. Hetzgedanken über Filmjölk. Kann man niemandem erzählen, so lächerlich ist das.

Am Nachmittag kam die Absage eines der gestern erwähnten Beratungsunternehmen. Eine Absagemail an einem Samstag. Das sieht im Hinblick auf Work/Life Balance nicht gut aus.
Die Recruiter haben vielleicht nach mir recherchiert und dieses Blog gefunden und dann gelesen, dass ich etwas abfällig über sie schrieb. Vielleicht hätte ich nach noch mehr Gehalt fragen sollen, dann hätte ich immerhin ein besseres Gefühl wegen der Unverschämtheit.

Am Abend spielte Hertha in Hamburg gegen den HSV. Wir wissen immer noch nicht, wie gut unsere Mannschaft ist. Letzte Woche zeigten sich gegen einen vermeintlich unterklassigen Gegner sehr viele Schwächen. Gegen den HSV, der wie wir in die erste Liga aufsteigen will, fürchteten wir eine deprimierende Niederlage. Es kamm jedoch zu einem unterhaltsamen, ausgeglichenen Spiel, das wir mit 1:1 beendeten. Am Ende der Saison müssen wir einen der ersten drei Plätze erreichen, idealerweise die ersten zwei, sonst wird es aus finanzieller Sicht sehr düster.
Der HSV ist in dieser Sicht sicherlich ein Gradmesser. Trotz des Ausgleichs wirkten wir aber nicht sehr souverän und nicht immer auf Augenhöhe. Gut, uns fehlten gestern drei sehr wichtige Spieler, zwei davon werden uns noch länger fehlen, aber es kann eben auch daran scheitern, dass uns die wichtigen Spieler zu lange fehlen. Wenn ich an die letzte Aufstiegssaison mit Ronny und Ramos denke, wie wir die ganze Saison über die Liga dominierten, war das eine ganz andere Qualität. Damals verloren wir von 37 Spielen nur zwei. Bisher haben wir von zwei Spielen bereits eines verloren. Und im Spiel von gestern haben wir erst kurz vor Schluss den Kopf aus der Schlinge gezogen.

Aber ich bin halt Fan. Ich bin nur ein Glühwürmchen. Draussen ist es dunkel. Ich kreise ums immer gleiche Licht herum. Ich weiss nicht genau, was ich mache.

[Fr, 9.8.2024 – Jobs, Milch, Filmjölk]

Es gibt zurzeit nur mässig interessante Jobangebote. Ich bewerbe mich trotzdem drauf. Auch grosse amerikanische Beratungsunternehmen suchen Kandidaten, auf die mein Profil durchaus passen würde. Allerdings bewöge ich mich damit beruflich in eine etwas andere Richtung. Ich bewerbe mich trotzdem und schmeisse bei der Angabe eines Gehaltswunsches ein unverschämt hohes Gehalt ein. Wenn die das wirklich zahlen, dann mache ich auch den Job. So bin ich wirklich. Ist mir doch egal, ich kann alles.

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Man erinnert sich vielleicht, dass ich im Mai über Filmjölk schrieb, eine Art Dickmilch oder Joghurt, die in Schweden und anderen nordischen Ländern weit verbreitet ist. Sie wird wie Joghurt mit Bakterienkulturen hergestellt. Allerdings hat Filmjölk hat einen wesentlich säuerlicheren, erfrischenden Geschmack, der mir sehr zusagt. Sie schmeckt eher wie Kefir, hat dabei aber die Konsistenz von Joghurt.

Was die meisten Menschen nicht wissen: Ich bin ein Kalb in einem Menschenkörper. Ich konsumiere täglich so viel Milcherzeugnisse wie eine fünfköpfige Familie. Das war als Kind schon so. Ich könnte mich ausschliesslich von Milch, Joghurt, Molke, Käse, Buttermilch, Kefir, Ricotta und allen verfügbaren Käsesorten ernähren. Wenn es die Gesundheit zulassen würde. Mittlerweile habe ich Kuhmilch durch Hafermilch ersetzt, weil sie mir zum einen besser schmeckt und zweitens finde ich den Kühen die Milch abzuzweigen und den Kälbern dafür einen künstlichen Ersatz zu geben, schlichtweg falsch, zumindest in diesem industriellen Ausmass. Beim Joghurt bin ich allerdings von den nach Karton schmeckenden Sojaghurts wieder auf Joghurt mit Milchbasis zurückgekehrt.

Als ich in Hamburg lebte, teilte ich die Wohnung jahrelang mit einem Stamm Kefirknollen, die ich in Milch blubbern liess und die daraus fermentierte Milch, immer mit Muesli verspeiste. Jeden Tag einen halben Liter. Die Knollen reinigte und pflegte ich wie kleine Babies. Mit dem Umzug nach Berlin gab ich sie aber auf.

Ab und zu machte ich selber Joghurt. Joghurt braucht eine höhere Temperatur, die man einfacher mit einer Joghurtmaschine erzielt. Aber die kleinen Becherchen nervten mich. Ich esse 500ml zum Frühstück. Die kleinen Becherchen sind Kinderspielzeug. Also doch wieder kaufen.

Ich will damit nur sagen: Ich probiere gerne Dinge aus.

Ich kenne Filmjölk nun seit einigen Jahren, ich schenkte ihr bisher aber keine Beachtung. Bis zu diesem Jahr, wo mir Joghurt nach den vielen Jahren plötzlich zu süss schmeckte. Das ist immer so. Nach einiger Zeit braucht man einen Wechsel. Bei unserem ersten Schwedenbesuch im Mai trank meine Frau Filmjölk und dann wusste ich, dass das genau der Geschmack war, der mir momentan am Joghurt fehlte. In den darauf folgenden Skandinavienwochen trank ich die schwedischen Nationaldepots an Filmjölk leer.

Zurück in Berlin stellte ich mich gezwungenermassen wieder auf Joghurt um. Mein Nachbar Sven erzählte mir allerdings, dass man im Denns Biomarkt Filmjölk unter dem Namen „Schwedenmilch“ kaufen kann. Das gab es dort tatsächlich und sie schmeckt wie im Urlaub. Filmjölk wird in Deutschland aber nicht grossflächig getrunken, bei Denns werden sie in einem braunen 500ml Liebhaberfläschchen für 2 Euro irgendwas und Biosiegel angeboten. Es wirkt wie aus der „Special Interest“ Ecke in Videoläden. In Schweden hingegen steht Filmjölk in Tetrapacks von verschiedenen Marken zwischen Milch und Joghurt in den Supermarktregalen.

Gestern googelte ich, ob man Filmjölk auch selber herstellen kann. Und tja. Das ist wirklich sehr einfach. Man stellt es wie Joghurt her, aber noch einfacher, da man sie auf Zimmertemperatur fermentieren lassen kann. Man gibt einen Esslöffel Filmjölk in einen Liter Milch und lässt diese 24 Stunden stehen.

Das tat ich heute schliesslich. Jetzt habe ich Filmjölk für den täglichen Gebrauch. Und ich bin glücklich.

[Do, 8.8.2024 – Bürobesuch, Modigliani, Potsdam, wieder Liepnitzsee]

Gestern war ich im Büro. Meine Tiefgaragenkarte und den Transponder abgeben. Was als Kurzbesuch geplant war, dauerte drei Stunden. Ich blieb in vielen Tratschgeschichten hängen, für guten Tratsch bin ich immer zu haben und es gab gestern so viel davon. Lustigerweise sucht die Firma nun doch einen Ersatz für mich. Man dachte, die Stellen des CEO und CTO kombinieren zu können, aber der Nachfolger des CEO will sich nicht mit CTO Themen auseinandersetzen müssen, also wird man sich jetzt wieder auf die Suche begeben.

Die Hündin fand den Besuch super. Sie ging alle ihre Menschenfreunde aufsuchen. Leider war Salman, von dem sie immer Kopfmassagen bekam, nicht da. Aber Ilya, der seine Hände immer von ihren Zähnen bearbeiten lässt, war da. Nächste Woche findet die Sommerparty auf einem Boot auf der Havel statt. Ich wurde eingeladen. Auch der ehemalige CEO ist eingeladen. Vielleicht gehe ich hin. Der Eigentümer und der neue Geschäftsführer werden nicht da sein. Es könnte also durchaus lustig sein.

Den Bürobesuch hatte ich mit einem Besuch der Reifenwerkstatt zusammengelegt. Ich muss immer noch von Winter- auf Sommerreifen umrüsten. Ja, es ist August, ich weiss. Bald ist Oktober. Das hat Gründe, die zu kompliziert sind, sie aufzuschreiben. Auch würde ich durch das Aufschreiben vermutlich herausfinden, dass die Idee doch etwas schwachsinnig war und das muss ich mir nicht antun. Aufgrund eines Problemes mit Schrauben bekamen sie den Reifenwechsel nicht zeitlich hin. Es stünde erst morgen früh zur Abholung bereit.

Also fuhr mit der Regionalbahn nach Potsdam. Dort war ich mit meiner Frau verabredet, da wir die Sonderausstellung von Modigliani im Museum Barberini besichtigen wollten, bevor sie schliesst.

Ich liebe Porträtkunst. Modigliani malte vor allem Freunde und Bekannte. Das fand ich so schön. Er malte seinen Vermieter, seinen Galeristen, Bedienstete, Freunde, die ihn besuchten. Viele Frauen mit kurzen Haaren. Er verzerrte die Gesichter, machte sie lang, meist die Hälse, die Augen immer mandelförmig gezogen, oft verblindet, keine Irisse.
Das Porträt von Frida Kahlo’s Mann macht mir gute Laune. Es ist seltsam unseriös. Ich möchte es in der Wohnung hängen haben.

Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Paris muss für Künstler eine magische Zeit gewesen sein. Auch eine arme Zeit, aber eben auch magisch. Man war die Avantgarde, man änderte die Dinge, man brach die Traditionen auf, man schuf die Dinge, Frauen zogen Hosen an und schnitten sich die Haare ab, zeitgenössische Kunst war mit Bedeutung aufgeladen und alle waren sie da, Picasso, Mattisse und eine unendliche Liste von Namen.

Seine Verlobte ist 19 Jahre alt, als er sie kennenlernt. Sie bekommen ein Kind. Mit 22 ist sie wieder schwanger. Dann stirbt Modigliani an Tuberkulose. Zwei Tage später nimmt sie sich hochschwanger das Leben.

Uff.

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Ich war übrigens seit 17 Jahren nicht mehr in Potsdam. Damals war ich gerade nach Berlin gezogen und meine damalige Freundin und ich wollten uns dieses barocke Potsdam ansehen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich am Bahnhof von der Tram zurückschreckte und mit vollem Gewicht einer amerikanischen Frau auf den oberen Teil des Fusses trat. Dort, wo man richtig viel Schaden anrichten kann. Die Frau schrie. Ich entschuldigte mich sofort und sie nahm die Entschuldigung an. Im Vorbeifahren sah ich allerdings von der Tram aus, dass sie ihren Schuh ausgezogen hatte. Vielleicht habe ich ihr Leben ruiniert. Ich werde es jedenfalls nicht erfahren.

Noch bemerkenswerter fand ich damals die hässliche Piefigkeit Potsdams. Man kam vom Hauptbahnhof über diese Brücke, dahinter eine grosse Baustelle, das Ufer war lieblos, zugewachsen, links das Mercure in einem grauen Plattenbau und die Leute grau in grau. Wie halt so vieles damals grau in grau getaucht war. Kein schönes grau, kein Anthrazit, sondern ein staubiges grau.

Jetzt läuft man über die Brücke und sieht zuerst natürlich das wiedererbaute Schloss, den Markt, rechts moderne, kleinteilige Häuser am Ufer, man möchte fast sagen in Bauhaus-Barock-Stil erbaut, am Ufer sitzen Menschen oder fahren mit Booten auf dem Wasser. Sogar das Mercure hat etwas von dem Glanz abbekommen.

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Heute Vormittag fuhren meine Frau und ich zum Liepnitzsee. Mir hatte es dort letzte Woche so gut gefallen, dass ich sie bat mitzukommen. Zuerst musste ich das Auto holen und danach fuhren wir raus. Es sollte nur ein kurzer Besuch werden. Eine Stunde am Ufer spazieren. Ich wollte eventuell auch ins Wasser springen, deswegen zog ich mir die Schwimmhose an. Die Luft war mir aber noch nicht warm genug, am Vormittag mass es lediglich 19 Grad, deshalb warf ich Stöckchen ins Wasser, damit die Hündin wenigstens etwas vom See abbekam.

[Di, 6.8.2024 – Korrektur, Biertrinkengehenbubble, rotes Halstuch]

Am Montag war ich mit einer Freundin verabredet. Sie ist eine der wenigen Leserinnen dieses Blogs, die ich auch persönlich kenne. Mittlerweile liest aus meinem Freundeskreis kaum noch jemand mit. Was ich durchaus gut finde. Es lässt mich befreiter aufschreiben.

Sie hatte den Eintrag von letztem Donnerstag anders verstanden, als ich ihn meinte. Der Eintrag handelte von meinem Abend mit Freundin M, wo wir über die Liebe sprachen und ich mich etwas überheblich über den Bekannten ausliess, der nun zum vierten Mal eine neue Ehe eingehen wird. Meine Abfälligkeit bezog sich allerdings nicht darauf, dass er seine Partnerin oft wechselt. Häufig wechselnde Partnerschaften oder wenn Menschen einen promiskuitiven Lebensstil pflegen, finde ich prinzipiell eine gute Sache, ich bezog mich hingegen darauf, dass er bisher drei Mal den Nestbau von vorne begann und nun mit seiner neuen jungen Frau vermutlich ein viertes Mal das ganze Programm mit dem Schwur der ewigen Treue und der Zeugung von Nachwuchs angehen wird. Natürlich kenne ich seine Beweggründe nicht, aber was ich im Laufe meines Lebens gelernt habe, sind die verschiedenen Stadien der Liebe, wovon das erste halbe Jahr sicherlich das aufregendste ist, weil alles in einem drin brennt. Diesen Gefühlscocktail kann man allerdings nicht immer aufrechterhalten. Mein Urteil bezog sich darauf. Ich glaube schlichtweg, dass er immer noch an die ewige rosarote Wolke glaubt. Aber was weiss ich schon. Überheblich ist es dennoch von mir.

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Heute fuhr ich wieder in den Wedding zum Eschenbräu. Ich war dort mit Freunden aus dem Fanclub verabredet. Wir redeten nicht über Hertha. Tun wir eigentlich eh nie. Es war ein neues Mitglied dabei, ein Mann in meinem Alter, der sagte, er sei KFZ Mechaniker. Natürlich kenne ich KFZ Mechaniker, ich kenne Handwerker, Maurer usw, aber Menschen mit einem richtigen handwerklichen Beruf finden in meiner Berliner Biertrinkengehen-Bubble schlichtweg nicht statt, daher konnte ich meine Verwunderung leider nicht sonderlich gut verbergen. In meiner Berliner Blase sitzen wir alle am Computer und werden jedes Jahr älter und unbeweglicher. Mehr oder weniger. Daher fand ich es ungemein spannend, über seine Arbeit zu reden. Aber er sagte gleich eingangs, dass er lieber einem anderen Gewerk nachgehen möchte, etwas, womit man bauen kann. Also die Arbeit von Tischlern, Maurern oder auch Arbeit an verschiedenen Leitungen, Wasser, Gas, Elektrizität. Das konnte ich total nachvollziehen. Mir geht es in Schweden so, nur habe ich sicherlich wesentlich weniger handwerkliches Geschick. In Schweden will ich die ganze Zeit etwas bauen, aber ich kann wirklich gar nichts. Für jeden Handgriff muss ich Max zurate ziehen.

Eine der Freundinnen trug ein rotes Halstuch. In meiner bisherigen Firma hatte ich auch einen Mitarbeiter, der auf schwulen Veranstaltungen immer ein rotes Halstuch trägt, um seine sexuelle Vorliebe nach aussen hin zu kennzeichnen. Das ist superpraktisch, es ist zielgerichtet und man vermeidet Missverständnisse. Der Mitarbeiter ist auch ein lieber Freund geworden und er erzählte mir immer ausgiebig von seinen Wochenenden. Aber seit ich ihn kenne, bringe ich rote Halstücher unweigerlich mit Fisting in Verbindung.
Meine Freundin stand schon und verabschiedete sich, so fragte ich beiläufig, ob sie wisse, was ein rotes Halstuch bedeute. Sie verneinte, aber ich wollte es in jenem Moment nicht ausbuchstabieren, deswegen empfahl ich nur, es zu Hause zu googlen. Plötzlich wollten alle wissen, was rote Halstücher bedeuten und so redeten wir danach übers Fisten von Männern.

Das Problem ist, dass rote Halstücher wirklich cool aussehen, ich glaube, das haben die Franzosen als modisches Gimmick erfunden, oder vielleicht waren es die Italiener oder die Mexikaner. Oder die Cowboys.