Es geht mir heute nicht besonders gut. Ich wachte mit Gliederschmerzen auf und mein Körper war durch eine unangenehme Schicht leichten Schmerzes überzogen. Ich ging trotzdem eine lange Runde mit der Hündin und lief dabei auch etwas schneller um meinen Organismus anzukurbeln. Das half im Moment, aber sobald ich zu Hause war, sackte ich wieder ein. Auch schlafen half nicht. So nahm ich Aspirin und schaute einfach, wie ich durch den Tag komme.
Es ging einigermassen. Am Nachmittag bekam ich allerdings Durchfall. Keine Ahnung woher das jetzt kommt. Vielleicht habe ich einen Apfel nicht richtig gewaschen.
Dafür schrieb ich gestern und heute richtig viele Bewerbungen. Durch eine Funktion in LinkedIn blieben mir viele Stellen verborgen, jetzt entdeckte ich noch Dutzende weitere Ausschreibungen, wovon sich einige durchaus interessant lasen.
Bei der Stellenausschreibung eines grossen deutschen Konzerns muss man für die Bewerbung ein Konto anlegen. Ein Konto. Echt jetzt? Weil ich mir die Chance nicht entgehen lassen wollte, legte ich das Konto natürlich an. Vielleicht siebt man dadurch viele schlechte Kandidaten aus. Kandidaten die zu faul sind oder die Bewerbung ohnehin nicht ernst nehmen.
Da ich selber meist offene Stellen habe, weiss ich um die Qualität der Bewerbungen, vor allem, wenn man Entwickler oder Techniker einstellen will. Die Kandidaten sind zu 90% wirklich unterirdisch. Ich hätte mit einer Vorfilterung wie dieser allerdings Angst einen guten Bewerber wegzusieben, deswegen lasse ich lieber alles auf mich einprasseln.
In meinem letzten Job gab es zwischen den Bewerbungen häufig Dickpics oder auch einfach Nacktbilder von Männern. Dickpics sind auch auf schwulen Datingportalen üblich und viele Männer sind davon genervt. Es ist nicht nur ein Thema für Frauen.
Was ich in meinem Leben wirklichwirklich schade finde, ist, dass ich bereits verheiratet war, als Datingapps auftauchten. Ich glaube, ich hätte richtig Spass an Datingapps. Swipen, schreiben, treffen und Spass haben, bis man jemanden findet, in den man sich verliebt. So geht das im echten Leben ja auch. Man knutscht herum, bis man jemanden findet, bei dem man bleiben will. Aber auf Partys waren Leute oft bereits vergeben und man weiss nie so recht, Menschen haben ja vorlieben zu Körperbau, Haarwuchs und Hobbys, man wird auf einer Party nie weggeswiped (links oder rechts, was war das nochmal?), sondern Leute unterhalten sich dennoch aus Anstand oder Höflichkeit und am Ende geht man enttäuscht und einsam nach Hause.
Jetzt gab es aber eine App, wo auch andere Menschen sind, die knutschen wollen. Das fand ich gut. Und während man so herumknutscht, hat man viel getrunken und viel Sex gehabt und jede Menge über Menschen und sich selbst gelernt. So stelle ich mir das vor.
Aber ich habe viele Bekannte, die online daten. Sie hassen es alle. Sicherlich auch, weil es zum guten Ton gehört, Onlinedating scheisse zu finden. Ich kann dazu allerdings nie etwas Konstruktives sagen, weil mir dazu der Erfahrungsschatz fehlt. Aber ich liebe gute Geschichten und meistens sind es eben gute Geschichten, deprimierende Geschichten zwar, aber gute Geschichten. Jedoch gewinne ich daraus auch die Erkenntnis, dass ich als Frau nie heterosexuelle Männer daten müssen möchte, als Datingspezies klingen heterosexuelle Männer ausnahmslos wie Dumpfbacken. Natürlich habe ich leicht reden, ich date ja nicht, vermutlich wäre ich auch so eine Dumpfbacke.
Vor einigen Tagen las ich ein beachtliches Interview aus SPON mit einer 59-jährigen Sexworkerin. Eine Frau, die sonst einem normalen Job nachgeht. Seit sie sich vor zehn Jahren von ihrem Mann trennte, und sie Tinder eher enttäuschte, beschloss sie, sich für Sex bezahlen zu lassen. Dann schloss sie sich einer Agentur an und mittlerweile ist es ein stabiles Nebeneinkommen geworden. Aber ein Satz beeindruckte mich besonders: sie sagte, sie werde beim Paysex wesentlich besser behandelt als von Männern über Tinder. Nun ist sie sicherlich nicht die Frau, die sich Männer in Autos am Strassenrand aufgabelt, aber ich fand das dennoch eine bemerkenswerte Aussage.