Wir fuhren vorgestern bis Bayreuth, checkten dort in ein Hotel nahe der Innenstadt ein und gingen danach ins Liebesbier, ein perfekt gestyltes Lokal von der Maisels Brauerei, die direkt gegenüber ihre Stammbrauerei unterhält. Dort tranken wir das Urban Pale Ale und ich aß einen veganen Burger, und plötzlich kam es uns vor, als hätten wir Berlin gar nie verlassen. Glücklicherweise bestellte meine Frau ein Dorschfilet mit Gerstenrisotto. In jenem Moment kam uns das sehr bodenständig vor, während ich das gerade aufschreibe, klingt es allerdings nicht mehr so bodenständig wie ursprünglich, I mean, Gerstenrisotto, ich liebe sowas ja, aber–
Immerhin schliefen wir danach gut.
Am nächsten Tag ging ich früh mit der Hündin raus und wir machten einen langen Spaziergang an der Mistel, dem kleinen Bach, der durch Bayreuth fließt. Es ist in Wahrheit weniger ein Bach, sondern ein Rinnsal, das sich aber als breiter, verwilderter, grüner Streifen durch die Stadt schlängelt. An dessen Ufer gibt es einen breiten Weg für Joggerinnen, Fahrräder und Hunde, sowie deren Halterinnen. Mein Lieblingstier fand es dort super. Ich lernte sogar zwei Menschen kennen, bzw. ich geriet mit denen in angeregtes Geplauder. Weiß auch nicht, warum. Meine Frau behauptet, ich sei so ein chatty husband, also ein plaudernder Ehemann, ich wusste gar nicht, dass es eine solche Kategorie gibt, aber auf Insta ist das tatsächlich ein Thema. Ich fühle mich von den dort vertretenen chatty husbands jedenfalls nicht gut wiedergegeben. Zudem bin ich wirklich nicht sehr gesprächig, ich quatsche nur oft fremde Menschen an. Das ist etwas ganz anderes.
Am späten Nachmittag kamen wir in Meran an. Wir aßen etwas, tranken etwas, und dann fielen wir müde ins Bett.
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Heute ist Wintersonnenwende. Dieses Jahr genau um 16:02. Leider war die Sonne da schon hinter den Bergen.
Am Vormittag saßen meine kleine Schwester, meine Mutter und ich an der Meraner Winterpromenade vorm Café Darling. Die Wintersonne leuchtete uns an und es war so warm, dass ich die Jacke ausziehen musste.
Später fuhren meine größere Schwester und ich nach Bozen zu meinem Vater, der gerade an den Arterien operiert worden war. Wir trafen ihn gut gelaunt im Wartezimmer an, wo er gerade mit drei anderen Herren Karten spielte. Er bat mich gleich, ein Problem mit seinem Handy zu lösen. Er kann sein Telefon kaum noch nutzen, weil es von Werbung und Scam zugemüllt ist. Es kostete mich eine ganze Stunde, um es wieder einigermaßen brauchbar zu machen. Wir vereinbarten, dass ich mich an Heiligabend weiter drum kümmere.
In der Zwischenzeit meldete sich ein Freund von ihm, der am Tag davor meine Novelle gelesen hatte. Es war ein älterer Herr aus seiner Seniorenrunde. Offenbar hatte er das Buch auf dem Nachttisch meines Vaters gesehen und mit nach Hause genommen. Er begann um 9 Uhr abends zu lesen und konnte es bis tief in die Nacht nicht mehr weglegen. Als er erfuhr, dass ich gerade im Krankenhaus zu Besuch war, stieg er in den Bus und fuhr ins Krankenhaus, um mit mir über die Geschichte zu reden. Er bat mich, mich mit ihm an einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen zu setzen, dort stellte er mir viele Fragen. Er sagte sehr viele nette Dinge über den Text und bezog sich auf Details, die ihn ganz offensichtlich beschäftigten.
Anfangs war ich ein wenig verschämt, aber es freute mich dann schon sehr.
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