Blühende Industrieruinen.
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Dem goldenen Tip von Herrn UndUndUnd folgend nach Wustrow gefahren. Per Bahn. Und nochmal Bahn. Und Bus. Und nochmal Bus. Vorausplanende Menschen die wir sind, haben wir natürlich alles perfekt organisiert, erst angerufen, nette Leute da, alles sei kein Problem, es gäbe noch Kanus, und auch Platz für unser kuscheliges, kleines Zelt. Selbst bahn.de zeigte uns die Wustrower Bushaltestelle an, kein Hauptbahnhof Wustrow, aber immerhin Grünplan Abzw., Wustrow b Wesenberg (Meckl), eine schöne Reise sollte uns bevorstehen, durch blühende Landschaften, industrielle Ruinen, ein schauriges Bild vom Abgang der Weltwirtschaft, ich liebe es, den Haltestellenknopf in der Regionalbahn drücken, an zugenagelten Bahnhöfen halten, die uns in verblichener Frakturschrift sagen wollen, dass sie einmal stolze Hauptbahnhöfe von Städchen waren, die auf -ow und -litz und -lin enden, und heute vor allem enden und sonst nicht viel anfangen, der alte Mann, der dann in Litz-lin-ow mühselig auf den verwachsenen Bahnsteigschotter steigt, den Lokomotivführer kann ich durch die abgedunkelte Glasscheibe sehen, wie er geduldig wartet, bis der Mann festen Boden unter sich hat und aufatmend die Stange loslässt.
Die vielen Busfahrer, die uns durch die Landschaften kutschierten, wussten mit Wustrow nicht viel anzufangen. “Weiss nicht ob da irgendwas fährt”. Nur der letzte kannte Grünplan Abzw., Wustrow b Wesenberg (Meckl). Bei der Haltestelle Grünplan bis zur nächsten Kreuzung hochlaufen, da fährt vielleicht noch ein Bus weiter. Kein Problem für uns mit tonnensschwerem Rucksack, Schlafsäcken, Isomatten, Zelt, Provianttaschen zu dieser Kreuzung hochzulaufen. Aber-
“Wie jetzt noch nen Bus nehmen?”
“Grünplan ist nicht ganz Wustrow”
“Aha, danke, wie freundlich”
Ob da Busse fahren oder nicht, konnte er nicht sagen, weil ab Grünplan sei es schon Mecklenburg-Strelitz und er sei ja nur für Rheinsberg-Neuruppin zu ständig. Ahja, klar.
[“Wo ist dieser Camping überhaupt? Haben wir eine Telefonnumer? Adresse? Nein. Danke für den flotten SMS-Service]
“Wie gut, dass uns der freundliche Busfahrer bescheid gibt wenn wir aussteigen müssen. Man fühlt sich ja richtig gut umsorgt in dieser kleinen Welt wo jeder jeden kennt”, kam mir freudestrahlend über die Lippen, als wir in Richtung Grünplan durch den Wald fuhren. Die strahlende Freude hörte erst drei Minuten später auf, als der Bus an einer Weggabelung inmitten einer sumpfigen Waldlichtung hielt. Der Fahrer blickte ein wenig verlegen in den Spiegel zu uns zurück und sagte “Grünplan”. Kunstpause. “Grünplan” wiederholten wir.
Es gab dort immerhin Schilder. Eines zeigte nach Wustrow und offenbarte uns, dass sich dieser Ort nur sieben Kilometer entfernt befand. Deutlich besser als das 13 Kilometer weiter entfernte Wesenberg.
Stöhnend, schwitzend und keuchend liefen wir in der prallsten Mittagssonne zu dieser Kreuzung hoch. Diese Kreuzung lag einen dreiviertelstündigen Fussmarsch in nördlicher Richtung, exakte 43 Minuten zu viel für meinen Rücken. Die Kreuzung war eigentlich ein Dörfchen namens Canow und dort befand sich tatsächlich eine Bushaltestelle. Das Erfreulichste war, dass es noch genau zehn Minuten dauern sollte, bis der letzte dieser zwei täglichen Busse vorbeikommen würde. Wir warteten zehn Minuten. Zwanzig Minuten. Dreissig. Wir kannten den fünzeiligen Fahrplan schon auswendig, als wir merkten, dass das dicke, fette “S” hinter Mo-Fr nicht Samstag bedeutete, sondern “nur an Schultagen”. Der einzige Bus, der an einem Donnerstag fuhr, war schon um zehn Uhr gefahren.
Es half nichts anderes mehr, als den Finger rauszustecken. Nach einer Stunde Mercedesse, Jeeps, Rentnerpäärchen und Grossfamilien vorbeirauschen zu sehen, hielt irgendwann ein junger Neustrelitzer Bursche, der uns in dieses paradiesische Wustrow brachte.
Ich dachte ich sei zu alt für sowas. Aber es hat sehr viel Spass gemacht.
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Paddeln. Vögel, Schilf, plätscherplätscher, Libellen, Wind.
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Gelernt, bei Mückenstichen nicht direkt am Stich zu kratzen, sondern drumherum. Jetzt habe ich die Wunden daneben.
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Die Schwaanenhavel ist ein 5 Kilometer langer und anderthalbe Meter breiter Kanal durch Schilf und verwachsener Wildnis. Die Schwaanenhavel ist sehr schön. In der Schwaanenhavel wohnen auch Schwäne. Wenn Schwäne Kinder haben werden sie sehr böse. Ein anderthalb Meter breiter Kanal ist manchmal sehr schmal.
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Tante Emma trägt in ihrem Laden Hotpants mit Hautfarbener Strumphose in Birkenstock. Sie stellt uns eine persönliche Frage, ob diese CoffeToGogo Becher den Kaffee auch wirklich warm hielten. Sie habe ja bloss ihren Mann gefragt etwas aus der Stadt mitzubringen, damit sie den Gästen nicht immer ihre Tonbecher mitgeben muss, das sei ja immer so umständlich und die Gäste würden ab und zu einmal vergessen den Becher zurückzubringen.
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Ich hasse Insekten. Ich hasse Mücken, Käfer, Spinnen, Ohrenkneifer, Fliegen, alles was summt, alles was kriecht, alles was fliecht, zirpt, hinter den Ohren kitzelt, sticht, an den Armen juckt, versucht in mein Hosenbein zu krabbeln, im Zelt an den Innenwänden hängt.
Aber ich mag Rapskäfer. Auch in Plagen. Auch wenn ich ein knallgelbes Handtuch habe.
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