[13.9.]

Am gestrigen Samstag meiner Bürgerpflicht nicht nachgekommen, während die anderen Zehntausend gegen Freiheitsbeschneidungen durch die Stadt gezogen sind, saß ich mit schlechter Laune über meine Politikverdrossenheit zu grummeln, ha, Politikverdrossenheit, dabei war es schon eigenartig befremdlich die vielen orangeschwarzen Parteifahnen zu sehen, befremdlich, wegen diesem Gefühl, für ein Parteibuch instrumentalisiert zu werden, etwas, das schon vielen anderen nicht sonderlich gut bekommen ist, aber ich weiß, dass das Unsinn ist, ich bin wahrscheinlich zu sehr noch von den roten Fahnen geprägt, die Piraten sind eben gerade die Bewegung, das ist möglicherweise OK.

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Gestern Abend dann diesen langen Film gesehen. Ich gehe ja nicht aus in diesen Tagen, ich habe mich auf Nahrungsentzug gesetzt, also nicht ganz ohne Nahrung natürlich, ich will ja nicht an Prana sterben, aber ich futtere eben nur noch so energieloses Zeug: Salat, verkochtes Gemüse, Wasser, Brühe, rohe Möhren, Wasser. Wegen dieser großen Unlust so Scheiße mitzumachen wie Herzinfarkt oder schlimmer noch: Schlaganfall. Keine Lust mit einem halbgelähmten Gesicht herumzulaufen, keine Lust auf einen schleppendem Gang, oder schlechten Sex zu haben, oder an Kabeln und Röhren zu hängen, auch keine Lust auf Geschichten mit Zuckerspiegel, oder Schweißausbrüchen, wenn ich der Jugend hinterher hechle, jetzt erstmal alles ausfließen lassen, wenn K kocht schmeckt es wunderbar, wenn ich koche, schmeckt alles tot, ich weiß nicht wie sie das macht, aber es ist mir egal, ich entsage, ich trinke auch keinen Alkohol mehr und damit sind wir auch schon beim Samstagabendfilm, wenn ich nicht esse und nicht trinke, dann gehe ich auch nicht aus, wenn ich Menschen treffe, dann will ich immer trinken und essen, wenn ich Menschen treffe dann borde ich über.
Und so kommen wir zum Samstagabendfilm.
Gestern lief dieser Film über so mysteriöse Dinge: ein Kamm der die Zeit anhält, ein Schlüssel der dich überall hinbringt, ein Kugelschreiber der Menschen von innen grillt. Wir waren mittendrin in der Geschichte, auf den Zehenspitzen vor Spannung und dann kam plötzlich der Abspann, achso Miniserie, wasnscheiß, mich kaputtgeärgert, keine Lust gehabt auf die Forsetzung nächste Woche zu warten und deshalb die restlichen drei Stunden der Miniserie aus dem Netz gezogen, Politikverdrossenheit.

[7.9.]

Weil sie in meinem Buchladen in der Anklamer Straße Infinite Jest immer noch nicht vorrätig haben (morgen, Herr Wito, kommen Sie morgen wieder) und ich mich weigere meine Nummer oder Adresse zu hinterlassen, ich stattdessen jeden Abend in den Laden laufe, habe ich jetzt aus Protest Judith Hermanns Alice gekauft.

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Am Wochenende getan: das Essen eingeschränkt.
Auch versucht diese gehypte 24h Berlin-Doku zu schauen, also nicht vollständig natürlich, aber ich habe versucht mir ein Bild davon zu machen, inwiefern sich mein Bild der Stadt mit dem Bild der Anderen, oder mit dem Bild wie es wirken wird, deckt.
Deckt sich so.

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Dann den neuen Brenner gekauft (morgen, Herr Wito, kommen Sie morgen wieder). Darüber hat am selben Tag die Isa etwas geschrieben. Der Brenner und der Liebe Gott.

[1.9.]

Ich kann mich diesem Hype um Infinite Jest nicht entziehen, man stößt allernorts darauf, in Blogs, in Blättern, so viel darüber zu lesen, zum Hintergrund, zu David Wallace Foster, zu seinem Genie, zu seiner Depression, zum Suizid, und wenn man der Aufregung Anderer beim Lesen der 1600 Seiten folgt, kann ich mich unmöglich gegen eine Ansteckung wehren, auch wenn es ein Männerding ist, typische Lektüre die von Männern geschrieben, von Männern besprochen und von Männern zum Monument erklärt wird, und ich weiß, dass das ein Gedanke ist, den ich irgendwann zerpflücken muss, dabei meine ich das keineswegs abfällig.

[…]

Die Sommerfestnacht am LCB: Es ist zu kalt und windig, um am Ufer zu trinken, es wird also getanzt. Die Musik ist schrecklich-schön und von allen Bedenken befreit. Natürlich ‘Haus am See’, natürlich ‘Beat it’, natürlich ‘Smells like teen spirit’, natürlich ‘Killing in the name of’. Das Berliner Feuilleton und der Betrieb tanzen wild zu ‘Killing in the name of’. Burkhard Spinnen ist ein strenger, aber gütiger Vater, und tanzt auch. ‘Insomnia’, die 8:39 lange Version: Diese langsam freigeschälten arschgeilen endkitischigen Keyboardkaskaden meiner Abizeit hatte ich vergessen, da sind sie wieder, auf dem Parkett einer Wannseevilla.

[wiiih]

Eigenartig beklemmend ist das immer. Wie es eben noch eine theoretische Vorstellung war, diesen Zahnarztbohrer im Mund zu haben, was eben alles theoretisch war, eine Vorstellung von, die man hatte, und dann plötzlich, bevor man es noch richtig verstanden hat, nur noch durch dieses beschränkte Sichtfeld zu blicken, mit weit aufgerissenen Augen in die Zahnarztlampe, die mit ihrem beiden Guckern ein bisschen so aussieht wie Wall-E’s kleine Schwester, und um das Sichtfeld herum die Zahnärztin die grobschlächtig ihrem Handwerk nachgeht und die Assistentin die mir das Kinn fixiert und mir Schäuche an den aufgesperrten Mund hängt, den man nie entpannen kann, weil das so eine natürliche Reaktion ist: zuzusperren wenn sich jemand gewalttätig dranmacht, Herr Wito entspannen Sie Ihren Mund, und mir die ganze Würde nimmt weil ich nicht antworten kann, dass ich ihr Tun so furchtbar unsympathisch finde, das Fiepen, das Schaben, das Kratzen, das Wiiiiiiiiiiiiih und das Bsiiiiiiiiiiiiih und mein ganzer Schädel der auseinanderzuklirren droht.
Aber dann. Sie hatte diesen Geruch von frisch gewaschener Kleidung an sich, der mich ganz zahm machte.

[…]

„Wir leben am Limit, die Tag-und-Nacht-Betreuung ist ein ausgeklügeltes System aus Eltern, Helfern, Schule: wenn da eine Komponente wegbricht, bricht das System zusammen“ Die Hintergrundinfo.

Der von Moni mitbegründete Verein braucht bis zum 5.September 2.772€ für das Schalten einer Anzeige. Hierhin.

[18.8.]

Nachdem ich mich nun drei Tage lang in K’s Kimono durch die Wohnung gefiebert habe, wagte ich heute erstmals den Versuch Kleidung anzuziehen. Kleidung die am Körper liegt. Man fühlt sich gleich gezüchtigter. Irgendwie, als würde man gleich gesund.

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Letzte Nacht um ein Uhr hatte ich versucht das obere Fenster im Schlafzimmer zu schließen, dazu musste ich einen mit Kleidern überhäuften Stuhl besteigen um daraufhin auf die Fensterbank zu treten, doch die Fensterbank war wegen der vielen Blumentöpfe keine sehr geschickte Fläche, dachte ich, und stieg daher auf den Heizkörper, der unter meinem Gewicht sofort aus der Verankerung gerissen wurde und nach vorne zu Boden donnerte, wobei sich beide Leitungen komplett verbogen und natürlich aufbrachen und das halbe Bett, das halbe Zimmer in Leitungswasser ertränkten.
Ich konnte nur eine Wasserkatastrophe verhindern indem ich den Heizkörper wieder in seine Position bog,das verschloß die Risse notdürftig und es hörte wenigstens auf zu spritzen, wenngleich es das Leck natürlich nicht völlig dichtete. Gegen das Tropfen half der Untersetzer meines Basilikumtopfes der mehrmals in der Nacht geleert werden musste.
Die Aufregungen. Und das alles mit Fieber und einem unheimlichen Kopfschmerz der gestern Abend eingesetzt hat.

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Ich meine mich zu erinnern es habe einmal diese Zeiten gegeben in denen ich niemals krank war. Glücklicherweise erfreue ich mich nach wie vor einer blendenden Gesundheit, doch werde ich in den letzten Jahren mit einem gewissen Regelmaß krank, zweidreimal im Jahr, Kleinigkeiten zwar nur, grippale Infekte, wie man sie so nennt, oder Erkältungen die mich ins Bett hämmern. Und dieses Fieber der letzten drei Tage war schon eine eigenartige Sache. Bei meiner Tante war das so: sie bekam Fieber, ärgerte sich darüber, dann ging das Fieber nicht weg, Antibiotika schlugen nicht an, und dann schaute der Arzt ein zweites mal hin und tja, das war dann Bauchspeicheldrüsenkrebs. Danach dauerte es nicht mehr lange und wir mussten sie unter vielen Tränen in der Friedhofserde begraben. Gott habe ihre Seele, sie war ein guter Mensch.

[studien]

Es gibt zwei Methoden zur Bekämpfung von Fieber: die Methode B2 und die Methode F33.

B2 wurde von mir mitte der Neunziger Jahre entwickelt, und hat sich beinahe ein Jahrzehnt lang bewährt. B2 ist eine direkte Weiterentwicklung von B1 und hatte sofort die gewünschte Wirkung, sodass es keine weiteren Studien brauchte um die Effizienz zu steigern. Diese Methode bedient sich der Achsellymphknoten (Nodi lymphatici axillares) und wirkt direkt darauf ein.
Auf die Idee kam ich leider etwas verspätet, da ich lediglich neun Jahre lang die Schule besucht habe, und in diesen neun Jahren stand das lymphatische System noch nicht auf dem Schulplan. In der Zeit davor hatte ich mich stets der Methoden aus der A-Reihe (ich bevorzugte Methode A3) bedient, die auf ziemlich unpräzisen Studien aus meiner Kindheit basierten. Die A-Reihe erfüllte jedoch ihren Zweck und in meiner Kindheit wollte ich schließlich Astronaut werden und nicht Wissenschaftler, somit setzte ich nicht auf die Weiterentwicklung von irgendwelchen Fieberverdrängungsmethoden die nicht meine berufliche Laufbahn pflastern würden.
Die Idee zur B-Reihe kam mir jedenfalls als mir einmal meine Nodi lymphatici axillares schmerzten und ich mich wunderte, wie das denn sein könne, unter den Achseln befänden sich ja keine Organe die sich entzünden könnten, oder sich verstopfen, also keine Gedärme, keine Zähne, keine Herzen. Einer der Punks mit denen ich mich in jenen Tagen so umtrieb, ein unangenehmer Zeitgenosse der immerzu nach Schnaps und altem Käse roch und die Gesichtsfarbe einem grauen, schmutzigen Bodenlappen entlehnt zu haben schien, zeigte auf seine Nodi lymphatici axillares und sagte, das seien die Lymphknoten, die seien für den Bauch zuständig, dann zeigte er auf seinen Hals und sagte: und auch das sind Lymphknoten, die sind für den Kopf zuständig. Lymphknoten? fragte ich, Ja Lymphknoten, sagte er, das sind die Dinger die Antikörper aussenden. Er mutmaßte, ich hätte etwas in meinem Bauch. Eine Verstimmung im Magen, oder ein paar Bakterien im Darm zu viel, ich sollte einen Jenever trinken, Jenever verbrenne Fremdkörper im Leib. Hilfe von extern sozusagen.
Ein halbes Jahr später, als der Winter ’97 durch die fingerdicken Risse und Spalten meines unbeheizten Abrißhauses gekrochen kam, fing ich mir eine ziemlich üble Erkältung ein und fand mich mit meiner neu gewonnenen Kenntnis über Anatomie und dem Lymphatisches System, in der Lage, die A-Reihe zu ersetzen indem ich die B-Reihe zum Einsatz brachte.
Die B-Reihe erfordert es, auf dem Rücken zu liegen und die Arme überkreuzt in die Achselhöhlen klemmen und dort mit den Fingerspitzen oder wahlweise mit den Handinnenflächen ein rotes Feld zu erzeugen. Ein rotes Feld lässt sich ganz einfach herstellen indem man sich ein rotes Feld denkt. Gewöhnlicherweise ist ein rotes Feld kreisförmig und leicht durchsichtig, etwa vergleichbar mit einem Magnetfeld nur ohne den Bögen die Magnetfelder immer ziehen, sondern ein durchgehendes kreisrundes Feld mit einem Radius von etwa zehn Zentimetern, das nach außen hin abschwächt.
Auch blaue Felder funktionieren, auch gelbe und grüne, aber rote Felder haben sich in den Studien meiner Kindheit (die A-Reihe basierte darauf schwache, rote Felder willkürlich und ohne anatomisch fundierte Kenntnisse einzusetzen) als stärker erwiesen, ohne je dafür einen handfesten Beweis gefunden zu haben, doch die Statistik, die auf Daten der Feldexperimente am eigenen Körper beruht, zeigt uns die Fakten auf.
Die roten Felder bewirken eine stärkere Produktion von Kampfschwadronen in den Lymphknoten (die achsularen Lymphknoten übernehmen bei dieser Methode wundersamerweise auch die Aufgabe der übrigen Knoten im lymphatischen System) wobei sich von den Kampfschwadronen nicht nur die Anzahl steuern lässt, sondern auch deren Aggressitivtät und Tempo. Zudem auch das Vehikel (mini-Shuttle, düsenbetriebene Vespa, Schneekatze) mit dem die Schwadronen durch die Blutbahnen rasen, die Ausrüstung (steuerbarer Helm, Brustpanzer), die Waffen (alles was irgendwie Laser kann, martialische Stichwaffen) und alles erdenkliche das dem ästhetischen Auftritt genügt. Details werden oft dem Grad des Fieberwahns überlassen.
B1 war noch nicht ganz ausgereift, ich ließ die Schwadronen drei Tage lang ausschwärmen ohne wirklich taugliche Ergebnisse einbringen zu können. In B2 versuchte ich die einzelnen Schwadronen dann besser zu koordinieren. Ich ließ sie vom Kopf abwärts arbeiten, immer nur Teilbereiche sollten in den Fokus gestellt werden, und alles musste nach unten gedrängt. An der Fußsohle öffnete ich Ventile, die das Krankheitsbild als ziemlich heißen Dampf austreten ließ. Das führte zum gewünschten Erfolg, und damit war B2 massentauglich geworden.

Im Glauben Wissen, bahnbrechende Studien gefertigt zu haben, arbeitete ich Anfang der 2000er Jahre an den Reihen C und D, die jedoch allesamt lediglich nette Theorien geblieben sind, weil sie für dem Krankheitsfall nicht praktikabel waren, daher werde ich sie auch nicht weiter erläutern um nicht den Rahmen dieses Textes zu sprengen. Ich hatte aber große Freude daran mein anatomisches Wissen in den Dienst der Menschheit zu stellen, und so kam ich auf die F-Reihe der Methoden, um letztendlich zur heute üblichen Version F33 zu gelangen.

F33 ist eine äußerst verfeinerte Weiterentwicklung von F1, die, wie alle Methoden aus der F-Reihe, darauf basiert, das Fieber mittels eines Sperrgitters aus dem erkrankten Organismus zu verdrängen. Die F-Reihe war anfangs noch nicht so effizient wie sie später werden wird, da sie noch sehr auf eine sanfte Vorgehensweise setzte, das war 2006, da wurde irgendwie alles Bio in den Läden um mich herum, alles wurde sanft, um den Körper zu schonen, um die Nerven zu schonen, um die ganze Schöpfung zu schonen. Mit dieser Philosophie schonte ich leider auch das Fieber.
Auf den Einfall zur F-Reihe kam ich nach einem Konzert der Einstürzenden Neubauten in der berliner Columbiahalle, als die Rausschmeißer mich und alle weiteren übriggebliebenen Konzertbesucher mit einem Sperrgitter zu verdrängen suchten, um die Halle eiligst zu räumen, möglicherweise weil zuhause die Reality Show lief die es nicht zu verpassen galt, was ich jetzt aber nur erwähne um meinen Vorurteilsdrang an die Luft zu lassen. Das war jedenfalls sehr wirkungsreich, langsam aber stetig, Meter für Meter vorarbeitend, mit kurzen Pausen dazwischen, waren die Mengen bald nach draußen gekehrt ohne großes Aufsehen zu erregen. Die Menschenmenge bekam einfach immer weniger Platz und wollte dann von selbst den Ort verlassen ohne recht verstanden zu haben was eigentlich geschehen war.
Bei der F-Reihe wendet man diese Technik an indem man sich in den hinteren Teil des Hinterkopfes setzt und mit den Beinen ein Sperrgitter nach vorne, den Hals hinunter bis zu den Füßen voranschiebt. Schwierigkeiten boten mir vor allem die Rundungen der Innenseite des Körpers, vor allem im Kopf, in den Schultern, in den Hüften, was daher rührte weil so ein Sperrgitter eine rechteckige Form hat und es auf diese Weise sehr mühselig ist, das Fieber sauber den Hals runter zu drängen. In den Versionen F2 bis F24 korrigierte ich hauptsächlich dieses Problem, ich war darin geübt, erfolglos zu sein und einem wissenschaftlichen Traum nachzuhängen, das machte mich unermüdlich. Bis ich in F25 die sogenannten Schneelinge erfand, also je ein Sperrgitter in der Form eines Schneeschuhs pro Fuß. Damit war man viel flexibler und beweglicher, man konnte erstmals die beiden Füße unabhängig voneinander bewegen. Doch auch dies benötigte eine Verfeinerung, bis ich für F33 diese elastischen Lamellen erfand, die zwar weiterhin die Form des Schneeschuhes nachahmen, aber bewegliche Lamellen sind, die nicht in einem Rahmen eingefasst sind und sich daher perfekt an der inneren Oberflächenform meines Körpers entlangschaben und so alles mitnehmen was ein Sperrgitter aus der F-Reihe mitzunehmen hat.
Die Sache mit den Lamellen und den Schneeschuhen hatte zwar nur mehr wenig mit der ursprünglichen Form des Sperrgitters in F1 zu tun, in einem anderen Zusammenhang hätte ich vermutlich eine neue Reihe angefangen, aber an der F-Reihe hatte ich so lange gearbeitet, dass ich ihr gewissermaßen anhänglich geworden war. Und im Grunde ist es immer noch die selbe Methode, man sitzt eben im Hinterkopf und schiebt das Fieber den Leib hinunter.

Nur eine Schwierigkeit habe ich in der F-Reihe bisher nicht lösen können: der Dreck in dem ich selbst sitze. Ich sitze im Hinterkopf und schiebe das Fieber erfolgreich vor mir her, aber ich werde das Fieber in dem ich selber sitze, also das Fieber zwischen mir und Sperrgitter, nicht los. Workarounds habe ich ein paar: Abklopfen, abwischen, doch es sind alles nur Workarounds, besonders schön ist das nicht, zudem kriege ich nie alles weg. Gegen dieses Problem schmeiße ich dann ein Ibuprofen und gut ist.

[15.8.]

Heute mich zu sehr auf das Grillen im Monbijoupark gefreut, wegen der Käsekrainer (Eitrige) die ich gekauft hatte, es war also weniger das Grillen worauf ich mich freute, sondern die Eitrigen die ich mit ein paar Bieren in der Abendsonne an der Spree verdrücken würde, denn anfangs hatte ich ja noch diese Bedenken, Grillen, muss das tatsächlich sein, ich rede doch immer so schlecht über die Grillerplage, die überall immer und alles befällt, wenn der Sommer mit einem Auge durch die graue berliner Wolkendecke lugt.
Doch meine Gelenke fingen an zu ächzen und die darin steckenden Glieder hingen schwer daran, die Nackendusche half nichts und als ich dann diese leichten Halluzinationen bekam, legte ich den Link zu Fieber um danach das Fieberthermometer zu konsultieren, das es mir schwarz auf braungrau bestätigte: höchste Zeit sich krank zu fühlen.
K legte mich ins Bett, kochte Tee und las mir DFW vor, doch ich konnte ihr nicht folgen, dann las sie mir Paul Auster vor, doch ich konnte ihr nicht folgen, dann schlug sie mir vor, Harry Potter zu lesen, doch den habe ich nicht mehr. Sie las dann doch Paul Austers letzte Dinge, und das war wunderbar, ich vergaß zwar dauernd die Namen der Figuren doch verwebte ich später einen fiktiven Plot zu dem mir Vorgelesenen, und das Fieber stieg und ich riet mir zu Ruhe, legte mich in die stabile Seitenlage um nicht abzuheben, oder vom Bett runter ins berliner Urstromtal zu rollen, danach musste ich meine Kampfschwadronen durch die Blutbahnen schicken die in ihren metallenen Schlitten, die so aussehen wie diese Wasserfahrgeräte, nur windschnittiger und mit einem Metallgehäuse obendrum, damit man sich nicht an den Stalagtiten in den Blutbahnen verdingst, meinen Schmerz und die Hitze nach unten hin verdrängen. Das kommt unten dann als eine Art Dampf aus der Fußsohle heraus.

[ – 13.8.]

Sommerlieder. Mit Minka aus Bern den jährlichen Drink genommen, eine Weißweinschorle vor dem Dave Lombardo am Zionskirchplatz. Ich hatte Dave Lambado in die Email geschrieben, möglicherweise wegen der Musik, als ich nämlich neulich mit Madame Modeste und dem J dort saß, wusste der J sein iPhone zu zücken und den Namen Lombardo zu googeln, und dieser Lombardo war dann nichts geringeres als der Schlagzeuger von Slayer, was eine eigenartige Entdeckung war, mit der keiner von uns so recht etwas anzufangen wusste, weil sich keiner von uns auf ein Gespräch über Heavy Metal einlassen wollte und für einen Witz sich dieser Fakt nicht wirklich ausschlachten ließ, und alles andere mühselig war, so saßen wir da, wussten wie der Schlagzeuger von Slayer heißt, hatten aber keine Ahnung was das nun bedeuten mochte.
Dass es mit Musik zu tun hatte ist mir aber in Erinnerung geblieben, und so wurde Lombardo heute zu Lambado, was ihn möglicherweise ärgern wird und mir jetzt nicht ganz klar macht ob das nun witzig ist oder ob ich nur einen Vorwand brauchte diesen Fakt in zwei gekünstelten Sätzen aufzuschreiben.
Minka hat es jedenfalls gefunden.