An jenem Tag an dem ich am sozialen Abgrund stand, fiel es mir schwer, mich zu entscheiden, ob ich nun über die Klippen nach unten spucken sollte, wie ich es für gewöhnlich auf Brücken zu tun pflegte, oder mich einfach umdrehen, zurückgehen und noch ein Bier bestellen.
proportionen
Vorhin, als ich dabei war das Büro zu verlassen, ich vor der automatischen Schiebetür plötzlich innehielt und es mich grauste, gleich von dieser Hitzewand erfasst zu werden, wie mir die Sonne gleich alle blossgestellten Teile der Haut verbrennt, da kamen mir alte Erinnerungen hoch, aus diesem furchtbaren Sommer ’03, nachdem ich mich vier Tage lang durch ein vierziggradiges Paris gequält hatte, ich am Vorabend von meiner Rückkehr nach Madrid in diesem stickigen Restaurant im 3ème Arrondissement mit der gebratenen truite um die Wette schwitzte und dieses dänische Ehepaar noch mehr jammerte als ich es tat, und mir schliesslich erzählte, Paris sei noch gar nicht schlimm, verglichen mit Madrid, wo es gerade 52 Grad Celsius mass, und mir dabei übel wurde, meine Armhaare sich aufstellten.
Als ich dann am nächsten Mittag in Madrid bepackt, beladen an der Oberfläche auftauchte, lag diese ausgestorbene Stadt vor mir, sie tänzelte regelrecht vor meinen Augen, die aufsteigende Hitze verbog die Häuser, alle Läden, Cafes, Fenster versperrt, dahinter mussten sich Leichenhäuser verbergen, verzweifelt kühl gehalten, als würde man sich fürchten. Meine Wohnung, dieses finstere Loch im Dachgeschoss, worin man die Hitze des scheinbar schmelzenden Dachteeres von oben, wirklich fühlen konnte, kühlte selbst in den Nächten den ganzen Sommer über nie aus, niemals unter fünfunddreissig Grad, meist mehr, als ich nackt auf dem Bett lag, Hände und Beine von mir gestreckt, ein Proportionsschema in pummelig, damit keine Falte Haut die andere berühre, der Körper aus jeder einzelnen Pore atmen könne, Wärmeeinheiten verdampfen liesse, alle Fenster offen, sperrangelweit, die Luft aber erstarrt war, dickflüssig geworden auf meiner Brust klebte, drückte, während draussen die Madrileños um die Wette hupten, Autos und rotgestreifte Seats, die ganze Nacht lang, als hälfe nur noch das offene Fenster des Autos, ein bisschen Frischwind ins Haar zu kriegen, und ich in nervösem, traumlosen Wachschlaf blökende Schafe riss, nur um beim Weckerklingeln wieder lauwarme Kleider über meine heisse Haut zu streifen und in den kochenden UBahnschacht zu steigen, Höhlen die direkt in des Teufels Kessel führen mussten, in diese alten, klapprigen Wagen der immer überfüllten Linie Nummer 1, die Hellblaue, der Metromadrid zu steigen, um acht Uhr von Tribunal bis Plaza Castilla, zwanzig Minuten lang, mich am Schweiss der anderen Sardinen reibend, um einen Platz für meine Hand an den Haltestangen kämpfen.
Die letzten 5000 Kilometer zum Büro, den rettenden Pol, nur noch die Buchstaben zu KLIMAANLAGE zählen, in verschiedenen Sprachen, vorwärts und Rückwärts und quer durch. Nach Ankunft, acht Stunden lang gebraucht mich abzukühlen, nach getaner Arbeit, und dazwischendurch, unter den Schreibtisch gekrochen und die Augen geschlossen. Alle Schafe laufen lassen, mich um Keines gekümmert.
Daran dachte ich vorhin, als ich kurz innehielt, bevor ich durch die automatischen Schiebetüren, hinaus in den Sommer schritt. Dieser Gedanke hat mir Mut gemacht. Und Spass.
alle Jahre wieder
Alle Jahre wieder, stehe ich im schwarzen Anzug und ledernen Halbschuhen am Strand, weil es hiess, „ach lass uns doch zum Wasser gehen“, und während ich ahnungslos dem Ruf des Wassers folge, mich von der Melancholie der Wellen aufsaugen zu lassen, weil Wasser -ach Wasser- immer so schön ist, immer so weit, so klar, so reinigend; wenn die Leute in dessen Gesellschaft ich mich befinde, plötzlich ihre Kleider vom Leib reissen, darunter Badehosen tragen, gar Badetücher auspacken, fröhlichen Gemütes sich hinlegen und, wie Sardinen, erst ins Wasser springen um anschliessend in der Sonne zu braten.
Alle Jahre wieder, stehe ich dann, fern von Zuhause, bis zu den Knöcheln im Wasser, die rechte Hand in der Hosentasche, in der Linken die Schuhe, der Schweiss tropft ins Wasser, die feindliche Mittagssonne brennt mir auf das Hemd das sich jetzt über meinen Kopf und Nacken spannt, komm nicht weg, kann nicht sitzen, kann nicht liegen, will nicht weiterlaufen, und sehe stundenlang den Ostseequallen zu, in hoffnungsvoller Abwartung, meine Gesellschaft sei dieser merkwürdigen sommerlichen Gepflogenheiten endlich überdrüssig.
Alle Jahre wieder, sehne ich mir das Christuskind herbei.
achja, gleich gehts ja los mit dem Weltfrieden da draussen
Weil ich ohnehin nie am Zahn der Zeit nage, könnte ich es auch heute sein lassen und nicht über Fussball schreiben. Ich mache es aber trotzdem, weil ich mich gerade fragte ob elf gegen elf nun den Torwart mit einschliesst oder nicht.
Aber Fussball interessiert mich bekanntlich ja nicht mehr, seit ich das grossartigste Tor der gesamten Gadertaler Geschichte geschossen habe. pft, wer sind schon die Amateure da im Fernsehen.
der Heilige
Pfingstreise
Das Mädchen bei mir zuhause ist Studentin in der heisstesten Schlussphase. Um genau zu sein, hat sie morgen ihre Diplomprüfung. Seit Monaten arbeitet sie an einer interessanten Art Reiseführer, der das Reisen in der eigenen Stadt, oder gar Nachbarschaft stimulieren soll. Geschickt und hübsch hat sie anhand eines cleveren Kartensystems, samt Tagebuch, blanko Landkarten und Aufgaben ein gut aussehendes Bündel gefertigt, womit sie morgen ihr Studium beenden wird.
Für mich einfachen Hirtenjungen eine grossartige intelektuelle Herausforderung, und so durfte ich mich auf die erste Testreise begeben, die ich dann anhand von Zeichnungen, Fotos und Tagebucheinträgen dokumentieren musste, die sie morgen in ihrer Prüfung präsentieren wird.
Ich zog drei Karten die eine Art Basis für meine Reise schaffen sollten:
Gepäck: verschiedene Dinge mitnehmen, die man verschenken wird oder verkaufen oder liegenlässt
Ort: Endhaltestelle des nächsten öffentlichen Verkehrsmittels
Aktivität: Freunde machen
Als Gepäck nahm ich drei Bücher die ich loswerden wollte und eine alte Sonnenbrille.
Mein Reiseziel würde die Endhaltestelle der S-irgendwas-Bahn sein. Wie sich später herausstellte, brachte mich die Bahn bis zum Bahnhof Elbgaustrasse. Ich hatte keine Ahnung was mich dort erwarten würde.
Ein Teil ihrer Arbeit besteht aus einem Tagebuch. Hier habe ich notiert, was ich im finstersten und abgelegtesten Hamburg erlebt habe:
-In östlicher Richtung, die Elbgaustrasse runter, das Buch Dr.Ratte von William Kotzwinkle auf einer Holzbank liegenlassen. Die erste leere Seite des Buches vollgeschrieben, eine Botschaft an den glücklichen Finder, wie mir das Buch gefallen hat, welche Charaktere ich nicht mochte, und dass der Finder nach dem Lesen, das Buch doch einfach wieder irgendwo liegenlassen solle.
-In einer Seitenstrasse der Elbgaustrasse auf ein altes Paar gestossen. Beide zwischen siebzig und achtzig, im glücklichen, ehelichen Spaziergang durch ihr Wohnviertel unterwegs. Ich erklärte ihnen, dass ich mich gerade auf einer Reise in einer eigenen Stadt befände. Meinen Reiseführer gezeigt. Ein „ihr jungen Leute seid alle so verrückt“ geerntet. Ich bat sie, mir ein wenig von ihrer Wohngegend zu erzählen, weil ich bei meiner Rückkehr von meiner Reise erzählen wollte. Das Gespräch wollte nur mühsam zustande kommen, daher beschloss ich, sie ein wenig aufzuwärmen, und zeigte ihnen zwei Bücher, wovon sie sich eines aussuchen sollten, das sie behalten durften. Ein Geschenk der Kulturen sozusagen. Als Reisender soll man dem besuchten Ort auch etwas zurückgeben, und nicht bloss konsumieren und ausssaugen, so habe ich einmal gelesen.
Zur Auswahl hatten sie: „Las 100 mejor Tapas“, ein Kochbuch der 100 besten Tapas, auf Spanisch, und „Julia EXTRA, Sommerband nr 278“, eine Kollektion der allerschönsten Liebesgeschichten, für den Sommer.
Der Herr wollte keines, Liebesgeschichten interessierten ihn nicht, und spanisch könne er auch nicht. Und kochen erst recht nicht. Als ich meinte, dass er mit dem Buch das Kochen ja erlernen könne, lachte er nur.
Seine Frau schien von „Julia EXTRA, Sommerband nr. 278“ ein wenig angetan, traute sich jedoch nicht wirklich zuzupacken. Also streckte ich ihr das Buch entgegen und legte ihr die dritte Geschichte ans Herz, „die Liebesgeschichte mit dem Arzt“, und zwinkerte ihr dabei verschmitzt zu. Sie schien mich zu verstehen, und nahm es dankend in die Hand.
Um meine Reisebekanntschaft zu zelebrieren und unsere Freundschaft zu besiegeln, bat ich sie für mich für ein Andekenfoto zu posieren. Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Schuld daran war wohl der Bus, der sich vom Ende der Strasse her näherte. Man konnte ja nicht wissen welche Nachbarn dort drinnen sassen. Ein Lächeln habe ich keines bekommen, aber wenigstens hat die Dame den „Julia EXTRA, Sommerband nr. 278“ halbwegs stolz in die Kamera gehalten.
-Interessante Häuser gesehen, an der linken Seite in östlicher Richtung an der Elbgaustrasse, kurz vor der Brücke, die mich sehr an norditalienische Lehrervillen aus der Po-ebene denken liessen.
-Einen etwa 16-jährigen Jungen angesprochen. Ich bat ihn, mir etwas Sehenswürdiges aus der Gegend zu empfehlen. Er sagte „das Rathaus“, womit er das Hamburger Rathaus in der Innenstadt meinte. Netter Versuch.
Nach einigen verkrampften Ansätzen ein flüssiges Gespräch zu führen, blühte er erst beim Thema Wetter so richtig auf. Er begann zu schimpfen. Er schimpfte lange. Ich wartete. Und nickte. Aber letztendlich sagte er, dass es nicht mehr lange dauern kann, dass es wieder besser wird. Ich sagte ihm, ich habe das Hoffen schon aufgegeben und schenkte ihm meine Sonnenbrille. Als Andenken bat ich ihn, sich mit Brille fotografieren zu lassen. Das hat er gerne getan.
(Zum Schluss hat er mir die Brille zurückgegeben, da sie ihm plötzlich nicht mehr gefiel)
-Zuruck am S-Bahnhof. Beim türkischen Imbiss gegenüber den schlechtesten Kaffee meines Lebens getrunken. Gleich einen Zweiten bestellt.
With your feet in the air and your head on the ground
Damals im Damals. Als ich nach etlichen Jahren Holland meine Heimat besuchte. Die Heimat die eigentlich nur noch aus Erinnerungen bestand, weil mein Leben, meine Freunde, meine Sehnsucht, von dort verschwunden waren, leergefegt, die Kneipen in die ich manchmal vorsichtig reinschielte, keine Freunde mehr sassen, mit denen ich Schnelln spielte, oder mir die Nächte mit billigem Rotwein aus Halbliterkaraffen um die Ohren schlug, oder die Orte (nenn sie geographische Bezugspunkte), saniert, ausgezogen, bis auf die Unterhose, abgerissen. Alles war anders geworden, weil wir alle weggezogen waren, unsere Leben so plötzlich auseinandergedriftet, weil man bloss verschwinden wollte, als sei jeder Quadratmilimeter ausgereizt und die Beziehungen zueinander aufgereizt, weil jeder mit jedem vögelte, weil Jeder mit Jedem über Jedem sprach und die Welt zu einem Kinderüberaschungslosen Ei geschrumpft war. Wobei das Ü immer noch im Ei blieb. Mit fettem L.
Bis auf jenen Tag, an dem ich nach etlichen Jahren Holland meine Heimat besuchte, als sich ein kleiner Widersehensumtrunk mit dreivier Freunden in Meran zu einem spontanen Altefreundetreffen wandelte, weil auf einmal Jeder in der Stadt zu sein schien, und mit Jeden meine ich auch wirklich Jeden, auch die, die man vergessen hatte, die, die man gehasst hatte, die, die man geliebt hatte, die, die nachts immer Spaghetti kochen wollten, die, die nie Lust darauf hatten, und dann für einen ganzen Abend lang alte Sentimente, die man längst schon zu den Erinnerungen geschoben hatte, spielerisch aus der Weinkaraffe herausgefischt wurden,
komma
Warum ich das jetzt erzähle? Weil ich vorhin auf den Link zu Coverversionen von „Where is my mind“ von den Pixies stiess. Weil ich in jener Nacht mit ihm und mit ihr von diesem Wiedersehen mit Freunden nach Hause fuhr und er dieses Lied auflegte, in das ich mich unmittelbar verliebte, weil es genau diesen Zustand von sentimentaler Freude erfasste in dem ich mich in jenem Moment befand, weil ich, nachdem das Lied zuende war, ich auf RW drückte und als es fertig war, nochmal, und dann nochmal und nochmal. Und als ich merkte, dass ich es ein paarmal zu oft zurückgespult hatte, vorsichtig fragte, ob ich es nochmal hören dürfe, und nochmal und nochmal. Und weil wir dann, zuhause angekommen, noch eine ganze Weile im Auto sassen, Erinnerungen hochleben liessen, das Auto vollqualmten und zu „With your feet in the air and your head on the ground“ dem stampfenden Schlagzeug und den heulenden Gitarren lauschten. Und als ich zurück nach Holland fuhr, mir als Erstes die CD besorgte und dieses eine Lied nochmal und nochmal in einer Endlosschleife laufen liess. Und nochmal.
Und weil mich dieses, schon wieder vergessen geglaubte Lied, heute in allerherrgottsfrühe den besten Morgen seit langer Zeit bescherte.
(via Passantin)
man lernt ja nie aus
Es ist erstaunlich, nur weil man es zeitlich nicht schafft, sich bis 16Uhr Mut anzutrinken, zufällig draufzukommen, dass es sich nüchtern sehr viel besser liest. Das mache ich jetzt öfter.
(Liebes Weblögchen, ab heute werde ich mich wieder mehr um Dein Wohl kümmern. In den letzten drei Monaten habe ich Dich wirklich schwer vernachlässigt)
Blog:Read nr. 52
Ein grosser Dank geht an die fünf fröhlichen Kammerchorgesellen und -gesellinnen, die mich wegen der bevorstehenden Lesung beiseite nahmen, sich in einem Halbkreis vor mich setzten und drei Stunden lang unermüdlich meine, ahem, Rhetorik auseinanderpflückten und wieder aneinanderreihten und letztendlich den Text so klingen machten wie er jetzt klingt.
Ein grosser Dank geht auch an die Dame des Hauses, die trotz Diplomstress immer noch meine Aufnahmen sortiert und bewertet, und ein weiterer Dank an Lars, auch für das Anhören, für dieses verdammt geile Mikrophon und für dieses noch geilere USB Dingsda.
Ein Schnappschuss der Übungen zur Lesung bei Blog:Read.
Kaffee.Satz.Lesen
Ich bin ja bloss ein einfacher Kuhhirte aus den Bergen. Ich wollte lieber Schafhirte sein, aber die Bauern in meinem Dorf maßen die Länge ihrer Kaminwurzen an der Zahl ihrer Kühe, da gab es keinen Platz für Wolle, pft, armseliges Zeug. Und weil Kühe so furchtbar träge sind und ich daher immer viel Zeit übrig hatte, während ich auf den Wiesen lag, Grashalme zerkaute und von Schafen träumte, nahm das Schicksal seinen Lauf: als meine Lieblingskuh Elisa dieses hässliche Geschwür an ihrem Euter bekam und zum Metzger musste, schrieb ich ein Trauergedicht für sie, entdeckte dabei die Liebe zum Wort und begann zu Schreiben.
Nach vielen Jahren stiess ich auf das Weblog dieses Herrn Paulsen, dessen Geschichten ich mag, und der, wie sich später herausstellte, Mitgründer der Rederei Hamburg ist, der Verein hinter der Literaturveranstaltung Kaffee.Satz.Lesen in Hasselbrook. Ich ging da manchmal hin, setzte mich unauffällig ins Publikum, lauschte den grossen Schreiberlingen auf der Bühne, und dachte mir im Stillen immer: „Boah Mek, wenn Du mal so gut schreiben kannst, das Du DA mal auftrittst, dann hast Du wirklich etwas erreicht, mein Lieber. Dann hat sich Elisas Tod ja fast gelohnt!“
Höhö, lachte ich meistens nach diesem Gedanken und nahm einen Schluck Flens, während die Dichter da oben grosse Worte sprachen die mich nur im Entferntesten an Elisas Trauergedicht erinnern liessen.
Ein Jahr später kochte die liebe Dame bei mir zuhause Zander mit Salzkartoffeln. Herrlich, dachte ich, während ich schnell noch ein paar mal auf mein Mailprogramm klickte, in der Hoffnung, jemand hätte gerade an mich gedacht und mir eine Email geschickt, und ja, kurz bevor die Dame „Der Zander rührt sich nicht mehr“ aus der Küche rief, flatterte eine neue Mail in meinen Postkasten. Die Mail kam von diesem Paulsen. Und in der Betreffzeile stand „Kaffee.Satz.Lesen“.
Der Mauszeiger auf dem Bildschirm zitterte.
Nach fünfmal klicken erwischte ich schliesslich die richtige Mail und erfuhr, dass der Paulsen, nachdem er erstmal haufenweise freundliche Worte über meine Texte niederprasseln lies, mich fragte, ob ich am 28. Mai, bei ihnen in Hasselbrook, eine Geschichte von mir vortragen könnte. Dort oben auf dieser Bühne, da wo die grossen Geschichtentipper immer sassen.
Der Zander lag danach mit offenem Maul vor mir. Und ich tat es ihm nach. Ich musste meine Dame enttäuschen, ich bekam keinen einzigen Bissen hinunter, mein Magen war blass geworden.
Ich kämpfte zwei Wochen lang mit meinem Magen, redete ihm merhmals gut zu, er solle sich doch beruhigen, das sei alles nicht so schlimm, es sei doch wunderbar, dass ich dort lesen dürfe. Nach zwei Wochen und einigen Kilos weniger, hatte er schliesslich ein Einsehen.
Die Zeit schritt voran, inzwischen sind der Herr Paulsen und ich trinkfreudige Gesellen geworden, auch die paar verlorenen Kilos blieben mir vom Leib und so sassen wir beide eines Abends in der Pfälzer Stube in Eimsbüttel bei Hektolitern Bier und Saumagen, in geselliger Runde, mit vielen klugen Menschen, als das Gespräch wieder auf diese stattzufindende Kaffesatzlesung kam. Ich war mit meinem Saumagen fast durch, lediglich den letzten Leckerbissen und etwas Sauerkraut hatte ich mir aufbewahrt, weil ich so voll war, dass ich erst noch eine Zigarette rauchen wollte, damit der letzte Leckerbissen besser schmeckte, als dann der Name einer meiner Mitleser fiel: John von Düffel. Keine Ahnung wer das sei, aber bei meinen Tischgesellen löste dieser Name ein tiefes, kollektives Seuzen aus: von Düffel!
Von Düffel sei sen-sa-tio-nell, von Düffel sei ein Star, noch nie hätte man solch einen grossen Namen bei Kaffee.Satz.Lesen gehabt, von Düffel sei von der Heidenreich im Fernsehen hochgejubelt worden, seine Romane hatten eine Auflage mit vielen Nullen, es gibt einen Eintrag bei Wikipedia über ihn, und selbst eine Doku die im Fernsehen läuft-
Da sass er also, dieser kleine, zitternde, südtiroler Hirtenjunge, der eigentlich viel lieber Schafe gehütet hätte als Kühe, und starrte verdrossen auf seinen letzten Leckerbissen Saumagen, als sein eigener Magen sich wieder zusammenzog und jegliche Essensaufnahme verweigerte. Hätte er doch bloss nie dieses Trauergedicht für Elisa geschrieben. Es wäre ihm einige Aufregung erpart geblieben.
Andererseits, eine willkommene Gelegenheit nochmals ein paar Kilo zu verlieren.
Wenn ihr also sehen wollt, wie schlank ich geworden bin, kommt am Sonntag doch einfach vorbei.