[Samstag, 23.7.2022 – letzter Tag, Klangteppich, kleiner See]

Es ist der letzte Tag. Letzte Tage fühlen sich immer gleich an. Man geniesst ihn nie wirklich, sondern es fühlt sich immer an wie ein Abzählen der letzten Dinge. Was haben wir also getan? Also ich habe gefrühstückt, dann war plötzlich Mittag und wir fuhren ins Dorf, um ein paar Erledigungen für die Reise zu machen. Danach lief ich die große Waldrunde mit dem Tier. Ich hörte einen Podcast zu Ende und danach hörte ich Black Metal. Wandar. Ich hörte das, weil mir einfiel, dass sie von sich behaupten, die skandinavischen Wälder in ihren Klangteppichen wiederzugeben.

Mit Kopfhörern Black Metal hören und durch einen skandinavischen Wald laufen ist eine aussergewöhnliche Idee. Nicht unbedingt die beste Idee, aber eine Aussergewöhnliche. Ich drehte mich ständig um, weil ich das Gefühl hatte, verfolgt zu werden. Ich begann auf die Hündin zu achten, die würde es mitbekommen, wenn sich jemand uns nähert. Sie schnüffelte aber sorglos vor sich hin, also war alles gut.

Ich verstehe schon, was die mit Klangteppichen, die skandinavische Wälder wiedergeben, meinen. Kann man so sehen. Allerdings fehlt der Schnee und es müsste mehr dämmern um zum Blackmetal zu passen.

Nachher packen wir. Ich lasse noch einmal die Drohne steigen und fahre damit zwei Kilometer über die östlichen Wälder. Dort finde ich diesen verwunschenen Waldsee. Ich hatte im April schon die Idee, zu diesem See zu fliegen. Daraus wurde dann nichts.
Heute traue ich mich 2 Kilometer zu fliegen und ich finde den kleinen See. Es gibt keinen Weg dorthin, das Gelände ist unwegsam. Das Signal zur Drohne ist wegen des Waldes aber bereits schlecht. Ich traue mich nicht, das Gerät bis hinunter zum Ufer sinken zu lassen, ich würde das Signal verlieren. Dafür fliege ich auf 200m Höhe darüber hinweg und halte nach Pfaden Ausschau, aber ich bleibe erfolglos.

Morgen fahren wir. Zehn Stunden. 8 davon im Auto. Daher trinke ich heute nur zwei leichte Biere und dann lege ich mich ins Bett.

[Freitag, 22.7.2022 – Boras, Schwedenkarte, Urlaubsextension]

Heute war ein ziemlich uninspirierter Tag. Morgens holte ich die Blogeinträge vom Vortag nach, aber ich klatschte den Text ziemlich lieblos dahin. Auch beim Einsprechen stolperte ich und verhaspelte ich mich und hatte auch keine Lust, es neu aufzunehmen, oder mich anzustrengen. So ist das manchmal. Dennoch treibt mich die Dienstbeflissenheit an.

Wir fuhren schon ziemlich früh nach Boras, in die Stadt. Das ist eine halbstündige Autofahrt. Wir gingen nur ein wenig Shoppen. Ich brauchte Unterhosen und ein Eis. Ich ass ein Saffran-Honig Eis. Erstaunlich gut. Meine Frau kaufte andere Sachen.

Beim Akademibokhandeln in der kleinen, trashigen Mall unweit des Stadions, gab es vor zwei Jahren mal eine beeindruckende Schwedenkarte. Die Karte hing an der Tür des Personalzimmers der Buchhandlung. Diese Schwedenkarte war so gross wie die ganze Tür, also etwa 2m hoch und entsprechend breit. Wenn man so vor der Karte steht, befinden sich die Augen in etwa auf der Höhe des Polarkreises und man kann über die dünnbesiedelten Weiten Norrlands schweifen und die Bahnstrecken von Galliväre über Kiruna bis nach Narvik nachvollziehen. Und wenn man Boras oder Goteborg sucht, dann muss man in die Hocke gehen und nach unten schauen. An dieser Karte merkt man, wie gross dieses Land ist. Da ich meine Tage damit verbringen könnte, auf Karten zu starren, wollte ich sie damals kaufen, aber leider stand die Karte nicht zum Verkauf.
Heute waren wir wieder in dieser kleinen Mall. Meine Frau suchte etwas bei Lagerhaus und dann fiel mir diese Karte wieder ein. Ich sagte zu meine Frau, dass ich zu Akademiebokhandeln gehe um zu schauen, ob diese Karte da noch hängt. Sie hing da noch. Und ich blieb da auch hängen. Eine beeindruckende Karte. Diesmal fotografierte ich die Legende mit dem Herstellernamen, vielleicht kann ich sie ja irgendwo bestellen.

Skandinavien, Juli 2022: in einer (anderen) Mall musste ich auf die Toilette. Ich folgte den WC-Schildern ins Kellergeschoss. An den Toilettentüren gab es ein Kartenlesegerät. Ich hielt meine Karte dran, 8 Kronen, und die Tür öffnete sich. Als Bewohner einer deutschen Metropole fühlt sich das wie Science Fiction an.

Der Temperaturunterschied zu gestern beträgt fast 20 Grad. Gestern mass es 35 Grad, heute 17.

Wir beschlossen gestern, dass wir einen Tag länger bleiben. Normalerweise würden wir am Samstag fahren, aber wir haben beide noch keine Lust dazu. Wir werden also Sonntag fahren. Da ich keine Lust habe, am Sonntag anzukommen und gleich am nächsten Tag zu arbeiten, buchte ich gleich einen extra Urlaubstag dazu. Am Montag findet auch der Herthageburtstag am Arkonaplatz statt, da ich den ja organisiere, bzw die Feier iniziiert habe, werde ich um Punkt 18Uhr am Arkonaplatz sein.

[Mi/Do, 20./21.7.2022 – miserable Nacht undsoweiter, Hasen auch]

Mi

Das Tier hat die Hasen entdeckt. Es gibt hier schon seit mehreren Jahren eine Hasenfamilie. Wenn ich es richtig verstanden habe, leben sie unter der Scheune. In den seltenen Fällen, an denen man sie zu blicken bekommt, sieht man sie meistens in Richtung Scheune weghoppeln. Nachts ist meine Frau mal auf dem Weg zum Klo, das sich hinter der Scheune befindet, mit einem Hasen kollidiert.
Ich habe bisher drei auf einmal gesehen, wie groß die Familie aber tatsächlich ist, weiss niemand. Die Hündin hat sie jetzt jedenfalls entdeckt. Ich fand sie konzentriert an der Seite des Hauses, wie sie den Weg zum Fluss hinunter starrte. Am Ende des Weges, unten an der Lichtung, sass ein Hase. Und der Hase starrte zurück. Nach einigen Sekunden sprang er ins Gebüsch.

Heute 34 Grad. Wir gingen natürlich zum Fluss. Es dauerte bei mir wieder ewig, bis ich bis zu den Schultern unter Wasser war. Aber es zahlte sich aus. Wie jedes Mal. Wenn ich dann im Wasser bin, will ich es nicht verlassen. Die Hündin ging wieder nicht ins Wasser. Stattdessen knabberte sie an einer Pflanze herum und meine Frau geriet daraufhin in Panik. Es sah nach dem „gefleckten Schierling“ aus. Davon sterben Hunde. Und auch Menschen.

[hier müsste jetzt ein größerer Abschnitt zu dieser Paniksituation stehen, aber mir fehlt heute der Elan, das aufzuschreiben]

Abends wollte das Schlafzimmer nicht auskühlen. Zwar sinkte draussen die Temperatur, aber in den oberen Geschossen blieb eine unangenehm, drückende Wärme hängen. Ich schlief in jener Nacht etwa 2 Stunden. Gegen halb vier Uhr ging ich mit dem Tier hinaus und streunten ein bisschen auf der Wiese herum. Mit der Hündin kann man wunderbar vor sich hin starren. Man stellt sich irgendwohin wo man einen Überblick hat, starrt in die Ferne und lässt Gedanken in die Leere laufen. Bei erwachsenen Menschen sieht das immer komisch aus, aber wenn man einen Hund bei sich hat, dann hat es eine gewisse Legitimation.

Do

Nach dieser Nacht ging es mir schlecht. Ich versuchte bis Dreizehn Uhr, Schlaf nachzuholen, was mir nicht gelang.

Da der Donnerstag einen Grad heisser werden würde, beschloss ich, am Abend keinen Alkohol zu trinken und nur etwas leichtes zu essen. Ich ahne nämlich, dass die Zufügung von Alkohol bei dieser Hitze, keine gute Idee ist.

Meine Frau und ich fuhren ins Dorf Einkäufe tätigen. Wir schauten auch wegen einer Mähmaschine. Die Mähmaschine, die ich bräuchte, ist ein Ungetüm und kostet etwa 6000 Kronen, also 600 Euro. Es fühlt sich momentan nach einer falschen Entscheidung an, die Maschine zu kaufen. Es wird sicherlich der Moment kommen, an dem die Entscheidung richtig sein wird.

Was sonst so. Es ging mir den ganzen Tag eher schlecht. Was der Fluss an Erfrischung zu schaffen vermag, ist schon erstaunlich. Später schnitten wir auch die Haare des Tieres. Sie lässt es mit sich machen. Widerwillig, aber wenn man sie am Nacken festhält, dann wird wie meistens zahm. Meine Frau hatte sie schon vorletzte Woche geschert. In mehreren Durchgängen. Deswegen gibt es jetzt keine aussagekräftigen vorher/nachher Fotos.

Apropos Wasser: An dieser Stelle muss ich die aufblassbaren Hängematten in den Himmel loben. Siehe Foto unten. Man kann sich darauf im Wasser treiben lassen, ohne sich Gedanken um die Sauerstoffzufuhr machen zu müssen. Man kann sich darauf hinlegen als sässe man auf einem Sonnensessel. Dabei ist man aber im Wasser bzw mit dem Körper unter Wasser. Es ist wirklich ein grossartiges Gefühl.

Am Abend esse ich einen Salat und trinke Wasser.

Bin beim Aufschreiben dieser Zeilen irgendwie uninspiriert.

[…]

Miserabelst geschlafen heute. Kein Eintrag. Wird morgen nachgeholt.

[Dienstag, 19.7.2022 – Mähmaschinengang, Schwimmen, Todoliste]

Am Morgen kamen die Männer mit den Mähmaschinen. Sie hatten sich für zehn Uhr angekündigt, waren aber bereits um halb zehn vor Ort. Einer mit einem motorisierten Handmäher und der andere mit einem kleinen Wagen, der aussah wie ein Wagen für Golfspielerinnen auf dem Golfplatz. Aber ohne Dach. Dafür ein lautes Mähgestell darunter. Der mit dem Mähgestell fuhr systematisch über das Grundstück und der mit dem Handmäher mähte die Ränder.
Die Hündin mochte das gar nicht. Sie fand es merkwürdig, wie ruhig wir die ganze Zeit waren, während draussen der Krach vonstatten ging. Sie bellte und schaute uns auffordernd an, ging zum Fenster, kam wieder zurück und schaute uns auffordernd an. Nach 45 Minuten war der Spuk vorbei. Das Gras ist jetzt kurz, ich ging wieder barfuss. Wenn das Gras so halbhoch ist, habe ich Respekt vor den Dingen, die im Gras so leben.

Größere Strecken, beispielsweise zum Aussenklo oder zur Scheune, legt man immer mit Schuhen zurück. Bzw mit Stiefeln, oder Croqs. Aber vorm Haus zum Tisch kann man schonmal barfuss gehen.

Dieser Mähservice ist übrigens ein Resozialisierungsprogramm. Kostet zwanzig Euro pro Mal und wird Rentnerinnen zur Vefügung gestellt. Jetzt sind meine Argumente für die Anschaffung einer Mähmaschine schlagartig rapide gesunken. Normalerweise kommt die Mähgang immer am Anfang des Sommers, bevor meine Schwiegereltern in den Wald ziehen. Diesmal wuchs das Gras so schnell nach, dass sie noch einmal gekommen sind. Aber ganz ehrlich: ich mache das auch gerne selber. In Zukunft dann. Ausserdem will ich Schneisen mähen. Ich will Schneisen runter zum Fluss mähen und weitere Schneisen, zum Beispiel durch den Wald, damit man bei der Waldrunde die Abkürzung nehmen kann, aber ich will auch den Weg mähen, also den Weg, den man mit dem Auto fährt, der ist ständig zugewachsen, ich würde am liebsten einfach überall Schneisen mähen. Wenn man mich liesse. Schneisen. Schneisen überall.

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Heute dann der erste heisse Tag. Oder besser gesagt: warme Oberkante. Es wurde 27 Grad. Das ist nicht heiss, sorgt aber dafür, dass man immer wieder den Schatten sucht. Schon wenn man die große Waldrunde läuft, heizt sich der Körper aufgrund der Bewegung dermassen auf, dass man die schattige Seite des Weges vorzieht anstatt sich der niederbrennenenden Sonne auszusetzen.

Zurück beim Haus will meine Frau in den Fluss springen. Davon kühlt man nach der Wanderung natürlich am effizientesten ab. Ich stehe mit der Hündin am Ufer und wir schauen beide unserem Frauchen nach, wie sie ins Wasser steigt. Das Tier wird ganz aufgeregt, sucht ständig nach Möglichkeiten zum Wasser zu kommen, aber dann traut sie sich doch nicht. Als meine Frau wieder herauskommt, will ich kruz die Füsse ins kalte Wasser halten. Wie haben da eine steile Holztreppe ins Wasser. Ich nehme Stufe um Stufe. Nach zehn Minuten stehe ich biskurz unterm Schritt im Wasser. Der Hodensack ist das Schlimmste. Meine Frau ruft „weiterweiter“ und ich verschwinde mit einer Geschwindigkeit von 2mm pro Stunde im Wasser. Nach einer Ewigkeit steht mir das Wasser bis zum Kinn und es ist göttlich. Ich will nicht mehr heraus. Die Hündin hat sich mittlerweile einen Weg zum Wasser herunter gefunden. Ich locke sie mit Wasserspritzern, aber sie traut sich nicht, den letzten Schritt zu machen. Irgendwann ziehe ich sie kurz am Halsband. Es ist schlammig dort unmittelbar unterm Wasser und es leben viele Flusskrebse im Schlamm. Aber das sollte ihr wenig ausmachen. Sie ist dann bis zum Hals im Wasser, genau wie ich. Sie erschrickt davon aber dermassen, dass sie sofort die Böschung nach oben sprintet und sich erstmal nicht mehr sehen lässt.

Ich schwimme nicht, ich halte mich nur dan der Treppe fest und lasse mich gleiten. Irgendwann steige ich aus dem Wasser. Meine Frau hat es sich mittlerweile oben bequem gemacht und liest auf dem Telefon. Die Hündin sitzt bei ihr. Ich fühle mich wie neugeboren.

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Letztes Jahr am letzten Urlaubstag in Schweden, fertigte ich eine Liste an, weil es mich ärgerte, einige Dinge nicht unternommen zu haben. Dort schrieb ich auf, was ich im Sommer 2022 in Schweden machen will.

Ich hatte die Liste vergessen, aber nachdem wir gestern in Hedared waren, fiel mir ein, dass ich den Besuch dieser Stabskirche mal auf eine Todoliste gepackt hatte. Als ich die Liste suchte, wurde ich ihm Blog fündig.

Ohne die Liste vorher konsultiert zu haben, bin ich schon fast damit durch. Göteborg werde ich auslassen, zum Bärensee werden wir morgen oder übermorgen fahren. Kanu, hm, wird schwierig. Ich habe dieses Jahr immerhin die Luftmatratze (noch unbenutzt), aber ich habe tatsächlich wieder über das Kanu nachgedacht. Damit müsste ich mich aber vorher beschäftigen. Ich bin mir sicher, dass Kanukauf kompliziert ist und vermutlich sind Kanus teuer, es zahlt sich für mich wohl eher nicht aus.

[Montag, 18.7.2022 – Lesen, Stabskirche, Supermarktkette, Abwege]

Es regnete. Den ganzen Vormittag. Gerade so sehr, dass man noch rausgehen konnte.

Nach dem Frühstück gingen wir hinauf, zurück ins Bett. Meine Frau las. Ich möchte auch wieder lesen, ich habe jegliches Interesse an Fiction verloren. Aber gegen meinen Willen. Ich finde Fiction durchaus ein valides, sogar wichtiges Erzählmittel empfinde. Ich schaue ja auch Serien und Filme, die sind größtenteils immer Fiction. Bei Büchern fühle ich mich manchmal der Autorin zu nahe, alle diese Wörter, Satz für Satz hingeschrieben, jedes Wort zum Anfassen und umzudrehen und jeder Satz erfunden. Ich habe zu viel Einblick ins Handwerk. Dabei stört mich das Handwerk nicht, aber ich habe das Gefühl, dass ich sehe, wie der Text entstanden ist und sehe die erfundenen Gedanken regelrecht auf dem Papier vor mir. Nach drei Seiten gebe ich auf. Ich lese fast nur noch Essays, Blogs. Ich hasse es.

Bewegtbilder überwältigen mich besser. Vielleicht, weil ich das Handwerk nicht so kenne, ich weniger seziere. Vermutlich habe ich auch einfach zu viele schlechte Bücher gelesen. Dabei habe ich noch ein paar Bücher von Freunden, die ich unbedingt lesen will. Aber es kommt schon seit einigen Jahren nicht mehr über mich, dieses Bedürfnis, das Buch in die Hand zu nehmen. Romane. Ganz schlimm. Viel theoretische Lust darauf, vor allem, wenn ich Buchrezensionen lese, aber nach drei Seiten muss ich mir sehr viel Mühe geben und nur wenige Bücher schaffen diese Schwelle.

Heute wollte ich Joseph Conrads Herz der Finsternis weiterlesen. Immerhin ein Klassiker. Ich habe meinen Ereader in Berlin vergessen, aber ich kann Bücher ja auch auf dem Telelefon lesen. Jetzt spinnt diese Tolino App. Ich kann kein einziges Buch öffnen. Nur Fehlermeldungen. Und aufgrund des dämlichen Kopierschutzsystems kann ich das Buch nirgendwo anders lesen, ohne es neu kaufen zu müssen.

Am frühen Nachmittag fuhren wir nach Hedared. Dort gibt es diese mittelalterliche Holzkirche. In Schweden ist es die einzige verbiebene ihrer Art. Alle anderen wurden Laufe der Zeit abgerissen. Nur in Norwegen gibt es noch viele davon. Dort sehen sie meist auch spektakulärer aus. Die Holzkirche in Hedared sieht eher wie ein kleines Hexenbauernhaus aus. Aus schwarzem Holz. Ich war vor zwei Jahren zum ertsen Mal da, allerdings war die Kirche aufgrund Corona geschlossen. Heute sollte sie aber offen sein. Als wir ankamen war die Tür allerdings verschlossen. Davor stand ein Schild: Guide kommt gleich.
Der Guide kam aber nicht gleich. Also warteten wir vor der Kirche. Ich lief ein bisschen um die Kirche herum und schoss Fotos, meine Frau sass auf einer gemütliuchen Bank und las aus ihrem Buch. Nach zwanzig Minuten kam der Guide, eine junge Frau anfang zwanzig, und liess uns in die Kirche. Sie führte uns nicht im Sinne eines Guides, aber sie konnte Fragen beantworten. Zum Alter der Bilder etc etc usw.
Ich bin mit Kirchen gross geworden und finde diese kleinen bemalten Holzkirchen zum Umfallen beeindruckend. Meine Frau kann mit Kirchen wenig anfangen und empfindet das alles eher bedrückend. Das düstere Äußere der Kirche gefällt ihr allerdings.

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Danach fahren wir einen kleinen Umweg nach Töllsjö, dort gibt es eine Brauerei, dessen Bier ich mal getrunken habe. Offenbar haben sie vor Ort einen Ausschank, ausserdem kann man die Brauerei besichtigen. Wir wollen einfach nur wissen, wie es da aussieht und ich liebe es, durch diese kleinen, abgelegenen Ortschaften zu fahren.
Die Strasse von Hedared nach Tollsjö ist eine einspurige Asphaltstrasse, auf der es alle paarhundert Meter Einbuchtungen gibt, die zum Ausweichen bzw Überholen gedacht sind. Man darf auf dieser hügeligen, kurvigen Strasse 70 fahren. Nachdem uns zweimal Geländewagen auf Steroiden entgegenkamen, bewog sich mein Tacho aber der Null näher als der Siebzig.

Die Brauerei befand sich gerade im Umbau, wir konnten also nicht hinein.

In Töllsjö gibt es auch einen normalen Lebensmittelladen. Wir brauchten noch Kohlebriketts, für den Grill am Abend.
Schweden wird ja dominiert von den riesigen ICA Supermärkten. Auch wenn ich ICA Spitze finde, weil es dort soo viele Produkte gibt, die ich aus Deutschland nicht kenne, aber ich ahne schon, dass es wirtschaftspolitik eher problematisch ist, wenn der Lebensmittelmarkt von einer einzigen Supermarktkette dominiert wird. Auf dem Parkplatz des Ladens steht eine Schild, das darauf hinweist, dass dies ein kleiner Lebensmittelladen ist, dass der Kunde hier im Mittelpunkt steht, und dass man sich dafür bedankt, ein vielfältiges Wirtschaftsleben aufrecht zu erhalten.
Mit diesem Spirit betreten wir den Laden. Dummerweise kommen wir uns vor wie in einem Zoo. Danach ist die Kasse nicht besetzt. Eine andere Kundin wird etwas ungehalten und brüllt etwas nach hinten, den ich als unfreundlichen Aufruf, die Kasse zu besetzen, interpretiere. Daraufhin kommt eine junge (natürlich) blonde Frau nach vorne und rechnet ab. Es klingt jetzt etwas klischeehaftig, wenn ich sage, sie wirkte lustlos. Die Kassiererinnen bei ICA sind immer freundlich. Ich würde jetzt gerne auf der richtigen Seite der Welt stehen, aber.

Danach fahren wir entlegene Waldwege zurück nach Hause. Ich wollte nicht den gleichen Weg zurückfahren, ich liess das Navi die hellen, fast undurchsichtigen Wege kalkulieren. Wir fanden uns dann auf löchrigen, unasphaltierten Schotterwegen wieder. Ich fands gut. Ich weiss, dass mein Schwiegervater einmal die ausgeklügelte Federungstechnik bei Citroens lobte. Unser neuer C3 zeigte nun seine ganze Ausgeklügeltheit.

Hedared Stavskyrka

[Sonntag, 17.7.2022 – Imker, Pronomen der Hündin, flüssiges Fliegen]

Sonntags haben ja viele Läden in Schweden geöffnet. Vor allem Lebensmittelgeschäfte. Heute am Abend würden wir grillen, mein Schwager fuhr also ins Dorf und kaufte ein. Fleisch. Wurst. Und Halloumi.

Mal kurz nachdenken, was heute so passiert ist. Eigentlich nichts. Wie gestern auch schon nicht. Ich habe viel draussen gesessen und Dinge aufgeschrieben. Und mit dem Tier gespielt. Tennisbälle geworfen. Das Tier läuft gerne geworfenen Gegenständen hinterher. Vor allem Tennisbällen. Aber zurückbringen ist noch nicht ihr Ding.

Ich weiss, ich bringe hier schon seit Monaten die Artikel durcheinander. DAS Tier und DIE Hündin. Wenn ich von DEM Tier rede, aber danach SIE referenziere. Ist halt so. Falsch, aber es fühlt sich richtig an, ich nenne das Freiheit der Kunst. Es gibt Leute, die bezeichnen sie mit einem männlichen Pronomen. Weil sie DEN Hund meinen. Dann rede ich gleich von IHR. ER geht bei meiner Hündin so ziemlich gar nicht.

Am Nachmittag kam der Pächter mit seiner Ehefrau. Seine Ehefrau ist Imkerin und sie haben an der Südseite des Hauses mehrere Bienenstöcke aufgestellt. Wegen der Linde auf dem Grundstück. Linden seien in der Gegend so selten, das mache ihren Honig sehr speziell. Ich würde denen gerne mal beim Arbeiten zusehen, aber sie sprechen beide nicht besonders gut englisch, das wird nix. Zum einen stünde ich denen nur im Weg und zum anderen würden sie mir ohnehin nichts erklären können. Zudem müsste ich das ganze über meine Schwiegereltern organisieren, das ist mir zu viel Gewese.
Heute haben sie Luftpumpen dabei. Sie pusten damit irgendwelche Platten aus, die sie aus den Stöcken ziehen. Vielleicht ist das der Honig. Die Bienen scheinen aufgeregt. Wäre ich aber auch.

Ich beherrsche die Steuerung der Drohne immer besser. Die Flüge werden immer flüssiger. Heute flog ich auf einem halben Kilometer Abstand über ein großes, offenes Feld mit hohem Gras. Ich versuchte, wenige Meter über dem Gras zu fliegen, weil das als Video ungemein gut aussieht. Dabei kann ich nur das sehen, was mir das Display meines Telefones zeigt. Im letzten Moment sehe ich ein Stromkabel, das über das Feld gespannt ist, ich schaffe es nicht, auszuweichen, aber ich flog tief genug, sodass ich es unterquerte. Nachher flog ich hinunter zum Fluss, nur wenige Meter überm Wasser und folgte dem Flussverlauf. Ich bin die ganze Zeit nervös, ich sehe nur das, was ich auf dem Display sehe, die Drohne ist so weit weg, dass ich sie längst nicht mehr höre.

Aber immer wenn ich nervös bin, steuere ich nicht mehr flüssig. Ich habe wirkliche Probleme.

[Samstag, 16.7.2022 – Katzensitting, Mähmaschine]

Eigentlich sollte heute ein guter Freund meines Schwagers zu uns in den Wald kommen. Der Freund kommt aus Italien, er konnte aber keine Katzensitterin finden. Er hat drei Katzen, dabei war der Plan, alle drei zu einem Katzensitter zu bringen. Eine der drei Katzen geriet bei ihrer Umsiedelung aber in Panik und da sich kein Ersatz dafür finden liess, musste er kurzfristig die Reise abblasen. Jetzt weiss ich nicht, welche Alternativen auf dem Plan standen. Nur jemanden zum Füttern finden, oder jemanden finden, der in seiner Wohnung wohnt. Katzen sind ja ein bisschen anders und jede Katze noch einmal eigen.

Gegen Mittag fuhren wir dann ins Dorf. Das Dorf ist eine sogenannte Marktgemeinde. Die abgelegenen, schwedischen Gegenden sind in sogenannten Marktgemeinden organisiert. In der Marktgemeinde gibt es Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Kneipen. Ziemlich alles, was man braucht. Die Dörfer hingegen, die keine Marktgemeinden sind, dienen nur zum Leben.

Wir fuhren also ins Dorf und kauften ein. Es gibt dort einen riesigen Supermarkt, den man größenmäßig mit einem durchschnittlichen Kaufland in Berlin vergleichen kann. Eigentlich wollte ich auch eine Mähmaschine kaufen, aber ich hatte keine Lust auf die Diskussionen mit meiner Frau. Sie findet eine Mähmaschine Käse, da der Pächter ab und zu vorbei kommt und das Gras mäht, aber weil ich ständig und überall über das hohe Gras lamentiere, akzeptiert sie immerhin, dass wir mittelfristig nicht um eine Mähmaschine herum kommen. Ausserdem lässt der Pächter immer die Waldwege aus und er interessiert sich nicht für die Pfade zum Fluss, zudem ist die Südseite des Hauses ein faktisch ein unzugängliches Grasland. Meine Frau findet, dass solch ein Kauf Wohlüberlegt sein soll. Wenn ich aber eine Mähmaschine kaufen will, dann will ich das ohne Wohlüberlegenheit machen. Ich weiss ziemlich genau, was ich will, aber nicht genau genug: sie soll mehr als nur Rasen mähen können, ich möchte damit auch Schneisen in hohem Gras schlagen können. Ich brauche aber kein richtig schweres Gerät, weil ich ja keine großen Flächen von hohem Gras befreien will. Eher so ein Mittelding. Da ich selber nicht so genau weiss, was ich brauche und dann die Aussicht, dass meine Frau es eigentlich Käse findet und mindestens Wohlüberlegtheit von mir fordert, raubt mir den Elan.
Mähmaschinenkauf. Das ist bei mir offenbar ein Impulskauf. Wie der Kauf eine Tshirts.

Was ich allerdings bereits weiss, ist die Marke. Ryobi. Ich sammle Maschinen aus dem Ryobi System. Dafür gibt es ein standardisiertes Akkusystem, mit dem man alle Akkumaschinen von Ryobi betreiben kann. Mein Akkuschrauber ist von Ryobi, auch der Handstaubsauger. Hier in Schweden haben wir eine Heckenschere von Ryobi und auch den Handmäher, mit dem man kleine Flächen ausmähen kann (siehe meine mühseligen Mäharbeiten vom letzten Sommer in diesem Blog) Ich habe alle meine Akkus dabei, ich bin bereit zu arbeiten.

Was ich gestern nicht erwähnte: ich mähte mit diesem umständlichen Handmäher bereits das Ufer bei der Badestelle und auch die ersten 20 Meter vom Waldweg im Norden. Aber das ist mühselig. Ich brauche eben schwereres Gerät.

So. Was sonst so?

Ich wollte dieses Jahr wieder zum Fussball. Elfsborg IF ist der naheste beheimatete Fussballclub. Aber an beiden Wochenenden an denen ich hier bin, spielt der Verein auswärts. In Göteborg gäbe es ein Heimspiel, aber das ist mir dann doch zu weit weg.

Ich habe wieder die Drohne bei mir. Ich finde die Landschaft im Sommer allerdings nicht so schön. Alles ist grün und zugewachsen, alles so satt und fertig. Man sieht den Fluss von oben kaum, auch die tollen Perspektiven auf das Häuschen gibt es nicht, wegen der Blätter in den Bäumen. Ich muss noch das Rohmaterial aus dem Mai sortieren, vielleicht ein Vergleichsvideo Mai/Juli machen.

[Freitag, 15.7.2022 – Licht, Wasser, Statistik]

Wir gehen jeden Tag früh ins Schlafzimmer. Auch heute. Quatschen und lesen. Um zehn Uhr kann ich die sinkende Sonne von meinem Bett aus sehen, sie zieht sich langsam am Horizont entlang und verschwindet irgendwo im Nordosten,

Nachts wird der Himmel nicht richtig dunkel. Um 1 Uhr schimmert noch ein Viertel des Himmels. Ganz leicht nur. Es ist dunkel, aber es schimmert. Um drei Uhr ziehe ich immer die Rollos runter, damit ich nicht ständig wach werde.

Am Vormittag geht meine Frau ins Wasser. Die Luft ist frisch, das Wasser auch. Sie macht es dennoch. Ich halte die Hündin an der Leine, sie ist sehr aufgeregt, die Holztreppe ist zu steil für sie, also versucht sie über die Uferböschung einen Zugang zum Wasser zu finden. Aber auch das will nicht gelingen. Ehrlicherweise halte ich sie ein wenig zurück. Wir wollen für ihre Wassertaufe auf einen besseren Moment warten, welcher Moment das auch immer sein mag.
Ich bleibe draussen, ich steige nur die Stufen der Holztreppe hinunter und halte die Füsse ins Wasser. Das Wasser ist kalt.

Heute mass ich die große Waldrunde. Ich liess den Geotracker mitlaufen. Es sind 3,72 Kilometer. Dabei überbrücken wir eine Höhe von 25 Metern. Wir laufen die Strecke in etwas unter einer Runde. Dabei lerne ich, dass wir uns hier auf 200m Meereshöhe befinden. Man weiss nie, wozu dieses Wissen gut ist.

Nachher wollten wir ins Dorf. Ich war dieses Jahr noch nicht im Dorf. Der Biervorrat ist aber noch vorhanden und auch sonst gab es nichts dringendes zu kaufen. Ich werde dieses Jahr eine akkubetriebene Mähmaschine kaufen, aber das eilt ja nicht. AUsserdem will ich jedes Jahr eine Mähmaschine kaufen und vermutlich blogge ich jeden Sommer darüber, langsam wird es peinlich.

Wir fahren also nicht ins Dorf, aber trotzdem ist der Tag plötzlich vorbei. Die Tage gehen so schnell vorüber. Am Abend backen wir Pizza und dann gehen wir ins Bett.

[Donnerstag, 14.7.2022 – Wasser, Pächer, Bieroclock]

Der Akku meiner Uhr ist alle und ich habe das Ladegerät zuhause vergessen. Vielleicht besser so. Dann erfahre ich nicht, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe.

Heute war ein etwas kühler Tag. Den halben Tag lief ich im Tshirt herum und hatte das Gefühl, etwas anziehen zu müssen. Dann zog ich mir einen Pullover an und merkte: das Gefühl ist nicht mehr da.
Das Thermometer sackte auf 16 Grad ab. Mir soll es recht sein. Lieber zehn Grad zu wenig als zehn Grad zu viel. Nur zum Schwimmen im Fluss wird es bei diesen Temperaturen nicht kommen. Ich habe mich mit verschiedenen Badeutensilien eingedeckt. Luftmatratze, Wasserball und eine Wasserhängematte. All dies, damit ich in den Fluss kann, ohne zu ertrinken. Ich bin ja eher ein Schlechtschwimmer und einem tiefen Fluss mit Strömung begegne ich mit Respekt. Aber wenn das Tier das erste Mal ins Wasser springt und feststellt, dass es ein Wasserhund ist, will ich natürlich dabei sein. Das wird sicherlich spassig.

Später regnete es auch ein wenig. Wir gingen wieder die lange Waldrunde spazieren. Dabei begegneten wir dem Pächter, mit dem wir uns eine Weile unterhielten. Der Pächter kann eigentlich nur schwedisch. Ich stehe immer ein wenig verdattert daneben, während er mit meiner Frau spricht. Wenn Schweden sich miteinander unterhalten, verstehe ich etwa 20 Prozent. Wenn er mit meiner Frau redet, verstehe ich ziemlich genau 0,0001 Prozent. Das ist ausreichend um ab und und mal zu nicken.

Meine Frau und ihre Mutter schauen die Pilotfolge von „Only Murders in the Building“. Ich sitze vorm Kamin, das Tier an meinen Füßen und wir schlafen ein. Wird werden wach, weil jemand Bier o‘ Clock sagt. Wir haben Bieroclock auf fünf Uhr abends verschoben. In den letzten Jahren, fing Bieroclock bereits um vier Uhr an. Fünf Uhr ist aber etwas vernünftiger.

Heute gab es simplen Reis mit Curry und Hähnchen. Reis. Ich glaube, ich könnte mich von Reis alleine ernähren.