[Do, 9.10.2025 – Bahn, schwedische Akademie]

Beim Buchen der Reise nach Bozen wich ich nun auf die Bahn aus. Seit es die schnelle Strecke zwischen Berlin und München gibt, dauert die Fahrt theoretisch 3 Stunden und 45 Minuten. Damit hat sich die Fahrtzeit um 2 Stunden verkürzt und sie dauert nun weniger lange als der Abschnitt zwischen München und Bozen, den ich früher immer als die letzte Meile empfand. In den mittlerweile dreißig Jahren, in denen ich nicht mehr in Südtirol wohne, nahm ich nämlich meist die Bahn, von den Niederlanden aus oder auch aus Hamburg und die ersten zehn Jahre in Berlin. Üblicherweise nahm ich Nachtzüge. Mit der neuen, schnellen Verbindung kann ich aber auch tagsüber fahren und wenn dann der Brennerbasistunnel in ein paar Jahren fertig ist, dauert auch die letzte Meile nach Bozen nur noch 2,5 Stunden. Dann wird es wirklich eine schnelle Fahrt, die nur noch sieben bis acht Stunden dauert. Dauern könnte. Dass man diese Strecke in Frankreich in vier bis fünf Stunden überwinden würde, ist ein schöner Gedanke, aber ich will mich nicht den Träumereien hingeben.

Triggerwarnung. Wieder ein Schlechtelaunepost.

Denn erstens stellt sich heraus, dass die Fahrt nach München zurzeit 6 Stunden dauert und nicht wie versprochen „weniger als 4“. Es wird gerade gebaut. Seit Monaten. Weil die Fahrt dann mit Umstieg in München mehr als 11 Stunden dauern wird, beschließe ich, einen Nachtzug nach München zu nehmen, nur um dann festzustellen, dass es auf dieser Strecke keine Nachtzüge mehr gibt. Ich müsste entweder drei Stunden nach Hannover fahren, um dort in den Nachtzug zu steigen (schlägt mir die Bahn freundlicherweise auch so vor), oder mit dem Nachtzug nach Mannheim und dort den Zug nach München nehmen, dort wieder umsteigen etc.

Echt jetzt.

Dann halt eben keine Schiene. Die komfortablen Flugverbindungen von Berlin nach Bozen gibt es aber nur mittwochs und sonntags. Wenn ich andere Tage wähle, muss ich mit den Lufthansatöchtern oder Austrian in Frankfurt oder Wien umsteigen und dann in Innsbruck oder Verona landen. Die Kosten sind auch noch entsprechend.

Echt jetzt?

So kriegt man die Leute über Umwege auch wieder zurück auf die Schiene. Andererseits komme ich mir vor, als würde ich auf dem Land leben und nicht in der Hauptstadt der drittgrößten Volkswirtschaft. Währenddessen googelte ich über die Gründe der langsamen Bahn. Was hängen bleibt: Visionlosigkeit und viele Lokalpolitiker, die mitquatschen wollen. Es verschlechtert meine Laune.

So sehen die Fahrtzeiten auf der Strecke Berlin -> Bozen (mit einer Stunde Umstiegs-Pause) aus:

08:30 – wäre jetzt schon theoretisch möglich.

07:00 – nach dem Bau des Brennertunnels in 2030

05:00 – würde die Strecke in Frankreich dauern

11:30 – die Realität nächste Woche mit der Bahn

Und: 10:00 – mit dem Auto

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Ich habe nie etwas von László Krasznahorkai gelesen. Wahrscheinlich, weil ich mich nie besonders für ungarische Männer interessierte. Imre Kertész las ich auch nur, weil meine Frau mir den wärmstens empfahl. Achso, Ödön von Horváth habe ich auch gelesen. Aber das ist sehr lange her. Wirklich sehr lange. Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Es hinterließ wahrscheinlich wenig Eindruck. Ágota Kristóf hingegen hat mich völlig umgehauen. Aber sie ist auch eine Frau. Als ich meine Frau kennenlernte, lasen wir uns alle vier Bände über die beiden Kinder vor. Das waren sehr eindringliche Texte, die ich heute noch spüren kann.

Und sonst heißt mein ungarischer Mann Pal Dardai und trainierte jahrelang Hertha BSC.

Aber über László Krasznahorkai weiß ich nichts. Jetzt, wo er von der schwedischen Akademie ausgezeichnet wurde, schaute ich natürlich nach, wie ein kleiner Schuljunge. „Verstörend, düster und freudvoll. Oft gleichzeitig.“ Damit kriegt man mich natürlich.

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Stillleben mit Dreierlei.

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