[Mittwoch, 14.12.2022 – Wohntemperatur gegen russische Faschisten, Dogwalkerin und Kälte, White Lotus]

Minus 7 am Morgen. Wir heizen immer noch nicht. Unter normalen Bedingungen würden wir heute vermutlich das erste Mal die Heizung anschmeissen. Aber hey, it’s Putin time, es macht irgendwie Spass, eisern zu bleiben, gegen die russischen Faschisten. Es hat 18 Grad in der Wohnung, 18 Grad sollte eigentlich nicht kalt sein.

Ich googelte das mal:
Richtwert: zwanzig Grad tagsüber in den Wohnbereichen. Nachts geht auch 18 Grad. Unter 18 Grad empfindet man die Wohnung als kalt. Interessant. 18 Grad scheint auch bei mir ein Wendepunkt zu sein. Vor allem, wenn ich bei 18 Grad eine Stunde lang regungslos am Bildschirm sitze. Es zieht irgendwann am unteren Rücken und von dort aus breitet sich die Kälte in alle Richtungen aus. Hände und Finger auch. Aber das ist egal, dann stehe ich eben auf und bewege mich ein wenig oder trinke einen Kaffee, dann kommt die Wärme wieder zurück. Es ist Putin-time, leiden für die westeuropäische Freiheit.

Die Dogwalkerin kam heute wieder. Sie hat eine Coronainfektion ausgestanden. Wegen unserem Urlaub im Oktober und die anschliessende Läufigkeit unserer Hündin, war sie jetzt schon fast 2 Monate nicht mehr mit unserem Tier im Wald. Heute war es wieder so weit. Bei Minus 7 Grad in den Wald. Es ist ein erfrischender Beruf. Unsere Hündin fand das trotzdem gut, sie friert nicht, sie leidet eher ab 25 Grad aufwärts, Kälte scheint ihr bisher nichts anzuhaben, ich hoffe, dass das so bleibt, ich versuche schon aus Eigenliebe ein Leben über dreissig Grad Celsius zu vermeiden.

Üblicherweise schiesst die Dogwalkerin immer Fotos vom Ausflug, heute entschuldigte sie sich dafür, sie hatte einfach keine Lust, mit frierenden Händen das Telefon zu bedienen. Ich konnte es nachvollziehen.

Tagsüber arbeitete ich trotz Krankheit mehr oder weniger den ganzen Tag. Vormittags hielt ich mehrere Calls mit meinen Techleads wegen der Nacharbeiten eines Problemes und darüber, wie wir das über die Feiertage stabilisieren wollen, danach musste ich mich den ganzen Nachmittag wegen organisatorischen Problemen rumärgern, aber das konnte ich wenigstens alles schriftlich klären.

Am Abend schauten wir die zweite Staffel von White Lotus. Eine tragische Komödie über ein Luxusresort. Ich liebte bereits die erste Staffel. Die Zweite ist auf Sizilien angesiedelt. Alles passt wieder. Figuren, Konflikte, alles anders, aber alles passt wieder.

[Dienstag, 13.12.2022 – Home, Schwurbeldoku]

Immer noch krank. Mit dieser Info begann ich alle letzten paar Tagebucheinträge.

Meine Frau hat mir meinen Lieblingshoodie gewaschen. Ich kam mir dabei vor wie ein kleiner Junge. Jetzt sitze ich hier, verkrochen in der Kapuze des Hoodies und die Hände in den Bauchstaschen verstaut.

Home.

Am Abend war meine Frau mit einer Freundin verabredet, das bedeutete, dass ich richtigen Trash im Fernsehen schauen konnte. Ich entschied mich für diese Pseudoarchäologische Dokuserie auf Netflix von dem Bestsellerautor Graham Hancock, der spektakuläre Theorien über archäologische Funde weiterspinnt und daraus gut verkaufbare Geschichtstheorien für ein Millionenpublikum erzählt. Das alles mit einem seltsamen Verschwörungsduktus, dass Archäologen und Regierungen Funde und Beweise zu vertuschen suchen.

Die Doku heisst „Ancient Apokalypse“. Dabei werden aber durchaus interessante Fragen aufgeworfen und wahrscheinlich sind es gerade diese Fragen, die das Publikum begeistern. Für die Fragen gibt es keine fundierte Erklärung, beispielsweise, wie es denn sein könne, dass Malta vermutlich vor 7000 Jahren durch sizilianische Fischer und Jäger auf Flössen bevölkert wurde, die dann plötzlich aus dem Nichts megalithische Tempel bauen konnten. Und warum erst auf Malta und nicht schon in Sizilien? Er findet sich aber nicht damit ab, dass man schlichtweg noch keine schlüssige Erklärung dafür hat, sondern er spinnt wilde Theorien, die einen grösseren Plan suggerieren, von irgendwelchen „Riesen“, die im Liedgut verschiedener Kulturen vorkommen. Dabei verhält er sich gerade noch so, dass man ihn nicht als Spinner abtun kann. Und er wird nicht müde von den „sogenannten Archäologen“ oder „Mainstream-Archäologen“ zu reden, die als Vertuscher und Widersacher auftreten. Es ist ein bisschen ermüdend. Ich schaue es aber dennoch gerne, weil es viele spannende Fragen gibt, zu denen es halt keine wissenschaftliche Erklärung oder Grundlage gibt. Wobei ich den wilden Theorien natürlich auch nur schlecht widerstehen kann. Zwei Stunden später habe ich dutzende Wikipedia-Tabs im Browser offen und kenne mich nicht mehr aus.

[Montag, 12.12.2022 – Kameraführung]

Immer noch krank. Heute deswegen krank gemeldet. Immerhin war am Vormittag der Kopfschmerz weg. Er kam erst am späten Nachmittag zurück.

Ich führte dennoch zwei Bewerbungsinterviews. Das ging ganz schnell. Ich mache immer das erste Screening. Fünfzehn Minuten nur. Kennenlernen, ein paar Dinge abchecken und dann ja/nein. Es waren beide ja-Kandidaten.

Dann „The Square“ geschaut. Der Film stand ich schon lange auf meiner Liste. Auch der neue Film des gleichen Regisseurs Ruben Östlund steht auf meiner Liste. Ich mochte das schnelle Tempo, aber mit dieser langsamen Kameraführung und diesen langen Schnitten. Überhaupt die Kamera, ich schaute den Film irgendwann nur noch mit dem Blick auf die Kameraführung, sie hielt sich immer dort auf, wo das Geschehen gerade nicht stattfand, sondern wo man die Reaktion auf das Geschehen sieht, das wurde mir erst während des Schauens bewusst, und welche seltsame Spannung das erzeugt.

Ich fühle mich wie ein intelektueller Kinokenner, während ich das so beobachte.

Die Szene mit dem Affenimitator, die man in jedem Trailer sieht, ist im ganzen Film die kontextloseste und langweiligste Szene. Ich habe keine Ahnung, warum die so präsent ist.

[Sa/So, 10./11.12.2022 – Wochenende krank und Streaminganbieter leergeschaut]

Ich bin immer noch krank. Ziemlich dahingestreckt. Zumindest den Kopfschmerz habe ich durch 600mg IBUs im Griff. Aber die Augen brennen und die Muskeln schmerzen.

Zum Schlafeghen hatte ich Vick Medinait genommen. Das ist gut für meinen Tiefschlaf und für meine Tiefschlafkontinuität. Sagt meine Smartwatch zumindest. Aber ich fühle mich auch wesentlich ausgeschlafener als sonst.

Das Blog war den halben Samstag down. Der Server hing. Ich konnte ihn nicht einmal neu starten, ich musste den Support kontaktieren.

Und sonst schaute ich verschiedene Streaminganbieter leer. Ich schaute „The Patient“ weiter, es wurde für mich nicht besser. Nach wie vor fand ich die Art, wie der Therapeut therapierte, nicht überzeugend. Zwar war ich nie in Therapie, aber ich habe eine gute Vorstellung davon, wie so etwas funktioniert. Jedenfalls nicht so, wie in dieser Serie. Das Ende war dann, nunja weder enttäuschend noch gut, man sagt manchmal während eines Filmes, er können nur so und so enden, sonst gilt das nicht mehr, so war es bei The Patient dann auch. Er konnte eigentlich nur so enden.

Ich schaute auch „I’m Thinking of Ending Things“. Den hatte ich vor einem Jahr bereits einmal begonnen, aber meine Frau wollte ihn nicht weiterschauen. Weil ich das Wochenende krank auf dem Sofa sass, konnte ich praktisch schauen, was ich wollte. Der Film hätte mir mit mitte zwanzig vermutlich besser gefallen. Das kryptische, subversive, rauschige. Aber mittlerweile finde ich Filme oder Geschichten, die rätslig sein wollen, ganz schlimm. Der Wikipedia Artikel zu dem Film hat einen eigenen Abschnitt „Interpretation“. Wenn ich sowas sehe, dann habe ich schon keine Lust mehr.
Jetzt mit fast fünfzig Jahren konnte ich nur noch den Szenen im Auto etwas abgewinnen. Die Hälfte des Filmes spielt sich im Auto ab. Draussen ist Nacht, es fällt viel Schnee, das leise Brummen des Motors während der Fahrt, die Scheibenwischer wischen, das indirekte Licht der Scheinwerfer. Die Dialoge der beiden. Diese Stimmung. Mit einem grandiosen Jesse Plemons.
Aber gut, Jesse Plemons war noch nie nicht-grandios.

Zudem sah ich „Inside Man“, also die Serie aus 2022 nicht die aus 20-irgendwas. Sie fing ganz gut an, aber der Erzählstrang mit dem Priester nervte mich zunehmend, ich fand die Überschlagung der Ereignisse in diesem Keller irgendwann unglaubwürdig und dieses Hineinreiten in immer grössere Fehler empfand ich als albernes Spiel mit meinen Nerven. Trotzdem hat die Serie viele gute Momente. Vor allem Stanley Tucci in der Todeszelle.

Was schaute ich noch? False Positive. Ein angeblicher Horrorfilm mit Pierce Brosnan. Er spielt einen Fruchtbarkeitsarzt, der einem befreundeten Ehepaar beim Kinderwunsch nachhilft. Sie wird schwanger von einem eineiigen männlichen Zwillingspaar und einem eigen-eiigen weiblichen Kind. Aufgrund der risikoreichen Schwangerschaft soll sie sich für entweder die beiden Jungs oder dem Mädchen entscheiden. Der Arzt rät dazu, sich für die beiden Jungs auszusprechen. Sie entscheidet sich allerdings für das Mädchen und so werden die beiden Jungs abgetrieben. Sie fängt an, komische Sachen zu fühlen und irgendwann schlief ich auf dem Sofa ein. Als ich aufwachte sah ich nur noch die letzten paar Sekunden der Schlussszene. Sie zog das abgetriebene Mädchen aus der Placenta und führte es zu ihrer Brust.
Ich las auf Rotten Tomatoes, dass der Film 47% Zustimmung erhielt. Das ist sehr wenig.

Moonfall schaute ich auch. Der letzte Katastrophenfilm von Roland Emmerich. Eigentlich auch Käse. Aber ich las von schönen Mond- und Weltuntergangsbildern, das kann man sich ja mal ansehen. War ganz OK, aber es zog sich dann doch ganz schön, das alles. Und am Ende war die Welt dann doch wieder gerettet. Durch einen Nerd wohlgemerkt, der auch noch in Game of Thrones mitgespielt hat.

Was schaute ich noch? Abby, oder so ähnlich, ich kriege den Namen der Serie nicht ergooglelt, eine seichte, aber unterhaltsame Feelgood Serie über eine attraktive Hellseherin, die, nunja, sich verliebt. Ihre Freundinnen verlieben sich auch und es passieren Dinge und am Ende ist viel passiert und sie sind immer noch verliebt.
Auch schaute ich einen Weihnachtsfilm, aber ich kann mich nicht mehr an den Titel und an die Handlung erinnern. Ja sorry, das Wochenende rann seltsam träge und rauschig vor meinen Augen herunter.

Was sonst noch? Vielleicht habe ich noch etwas geschaut, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern.

[Donnerstag, 8.12.2022 – krank, wie es damals mit Covid war, Trostessen, Trostpizza]

Ich bin krank. Schon gestern Abend kam ein leichtes Kratzen in meinem Hals auf. Heute haute es mich dann doch etwas nieder. Ich begann den Tag von zuhause aus zu arbeiten, schob die Fahrt in die Firma etwas vor mir her, bis ich realisierte, dass es mir nicht gut ging. Hals und Augen und Kopf, alles nicht gut. Zwar musste ich mich noch um ein paar Dinge kümmern, aber für den Grossteil der Zeit meldete ich mich ab.

Augen schliessen und auf dem Rücken liegen. Das war eine Wohltat.

Es ist aber kein Covid. Zumindest schlägt der Test bisher nicht an.

Apropos Covid. Ich hatte damals nicht darüber gebloggt, weil wir gerade den Welpen bekommen hatten und ich alle zwei Stunden mit ihr raus musste. Man kann nicht mal eben Freunde oder Nachbarn bitten, alle zwei Stunden mit einem Welpen hinauszugehen. Damals war es bei einer Strafzahlung von 20.000€ verboten, Covidpositiv das Haus zu verlassen. Man muss es ja nicht provozieren, also schrieb ich nicht darüber. Ich schrieb nur von einer Erkältung, die allerdings länger als eine Woche dauerte. Corona fing bei mir mit starken Kopfschmerzen an, vorne zentral über den Augen. Die Kopfschmerzen dauerten drei Tage, danach fühlte es sich lediglich wie eine Erkältung an. Positiv war ich allerdings ganze 14 Tage lang.

Am späten Nachmittag wünschte ich mir Pizza. Und ich wollte eine Serie schauen. Trostpizza und Trostserie. Apropos Pizza. Früher liess meine Frau immer etwas übrig für mich. Diese Zeiten scheinen vorbei. Ich weiss nicht, was passiert ist, aber ich mochte das immer, diese Pflicht, das Essen der Frau aufzuessen. Es fühlt sich jetzt immer so an, als hätte ich noch nicht fertig gegessen.

Wir schauten „The Patient“. Ich glaube, das läuft auf Disney+. Ein Therapeut wird durch seinen Patienten entführt. Der Patient entpuppt sich als Serienmörder und will gegen seine Mordlust therapiert werden. Klingt lustig, ist es aber nicht. Die Konzept der Geschichte ist toll, sie ist aber nur mässig gut erzählt, es gibt ein paar interessante Konstellationen (ich spoilere jetzt mal nicht), aber mir fällt es schwer, den therapeutischen Ansätzen zu folgen. Vielleicht ist das mit der uninspirierten Therapie auch so gewollt, weil der Therapeut, angesichts der Umstände, sich natürlich schwer tut, eine positive Bindung zu seinem Patienten herzustellen, aber wenn das so gewollt ist, dann funktioniert die Geschichte eben schlecht. Aber gut, zwei Folgen habe ich noch und ich habe keine Ahnung, wie es ausgehen soll. Eigentlich müssen sie jetzt alle sterben.

[Mittwoch, 7.12.2022 – Pagando, Belarusische Softwarebuden]

Wie befürchtet brannte es heute bei der Morgentoilette. Ich gehöre ja zu der Kategorie Menschen, die darunter leidet. Auf italienisch gibt es dazu den lustigen Spruch, dass man beim Essen vom scharfen Sachen drei mal zahlt:

mangiando
pagando
cagando

Beim Essen, beim Zahlen, beim Kacken. Auf italienisch klingt das aber wesentlich lustiger.

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Tja.

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Die Dogwalkerin sagte heute ab. Dabei brauchten wir sie diese Woche unbedingt, weil meine Frau wichtige Termine hat und ich in Amsterdam sein sollte. Wir hatten sie für heute und für Freitag gebucht. Jetzt ist sie erkrankt. Es ist ein Glück, dass meine Amsterdamreise abgesagt wurde. Ich weiss nicht, wie wir das sonst gelöst hätten.

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Bis Februar diesen Jahres wurde ich über Linkedin wöchentlich von Softwarefirmen aus Minsk kontaktiert. Immer durch auffallend schöne Frauen, die lassiv, aber dennoch dezent genug um seriös zu wirken, in die Kamera schauen. Immer das selbe Muster. Eine schöne Frau aus Belarus, die im Namen ihrer Firma Programmierdienste für meine Firma anbietet. Immer diese lassive aber dezente Pose, dermassen auffallend lassiv/dezent, als würde man diese Pose trainieren und optimieren können.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine haben die Kontaktaufnahmen aufgehört.

[Dienstag, 6.12.2022 – Tacos und scahrfe Sauce die schlechte Laune macht]

Am Abend war ich wieder in der Markthalle am Pfefferberg. Diesmal mit Exkolleginnen. Vor einigen Monaten schrieb ich ja, dass es dort offenbar die besten Tacos auf europäischen Boden gibt. Wo sie im internationalen Ranking stehen, kann ich nicht beurteilen, ich kann aber dennoch sagen, dass sie mir sehr gut schmecken. Allerdings verursacht man beim Verspeisen dieser Tacos eine immense Schweinerei. Das liegt auch daran, dass man kein Besteck bekommt, aber auch daran, dass die Tacoscheiben irgendwann matschig werden und man sie nicht mehr ordentlich dem Mund zuführen kann, weil alles zerbricht. Am Ende sind die Hände fettig und grausig, das mag ich schon an Burgern nicht, jetzt kann ich es auch an Tacos nicht mögen. Äh.

Und Vorsicht vor dieser Ajo-irgendwas Sauce. Die ist dermassen scharf, dass sie mir noch zehn Minuten später schlechte Laune machte. Ich freue mich schon auf die Output-Schmerzen morgen früh.

[Montag, 5.12.2022 – Amsterdam abgesagt, Fotos mitte der Neunziger]

Eigentlich sollte ich am Donnerstag zum Headquarter nach Amsterdam fahren, aber das Treffen wurde nun abgesagt. Wir verschieben das Treffen auf Ende Januar oder Anfang Februar. Ich hatte mich auch darauf gefreut, meine Ex-Freundin wiederzusehen, aber das holen wir einfach im Februar nach. Ich muss ohnehin noch ihr Romanfragment lesen. Darüber hatte ich ja bereits geschrieben, oder, ja hatte ich.

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Im Laufe des Tages bekam ich das Chatsystem für den Fanclub wieder ans Laufen. Ich frage mich, warum ich mir das ans Bein gebunden habe. Wieder habe ich irgendwas an der Backe, das kaputtgehen kann und worum ich mich dann kümmern muss. Immerhin bekomme ich Unterstützung von zwei anderen technisch einigermassen versierten Mitgliedern aus dem Fanclub.

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Meine Mutter hat wieder ein paar Fotos ausgegraben. Meine Schwestern und ich. Es muss Weihnachten gewesen sein. Aber zwei unterschiedliche Weihnachten, weil die Haare meiner einen Schwester ganz unterschiedlich lang sind. Ich trug damals schwarze Schnürsenkel wie einen Choker um den Hals gebunden. Fand ich gut. Die Haare schnitt ich mir immer selbst. Was man mir auch immer ansah. Auf den Fotos war ich wahrscheinlich 23 oder 24 Jahre alt. Die Schwester mit der Gitarre wohnte damals in Wien. Ich versuchte meine Heimatbesuche immer mit ihren Besuchen zu takten. Meine andere Schwester war damals noch sehr klein, höchstens 11. Aber auf den Fotos sieht sie älter aus. Das wundert mich jetzt ein wenig. Als meine Mutter noch in dem Dorf wohnte, fühlte ich mich bei den Heimatbesuchen immer etwas verloren. Ich besass keinen Führerschein und kein Auto, daher war mein Bewegungsradius sehr eingeschränkt. Meine Eltern hatten sich damals schon getrennt. Mein Vater wohnte wahrscheinlich wieder im Dorf. Dem ging es nicht so gut, weil wir alle immer lieber bei unserer Mutter waren, die zudem im Haus geblieben war. Ich kann mich an das erste Weihnachten mit meinem getrennten Vater erinnern. Ich war alleine mit ihm in seiner temporären, lieblosen Stadtwohnung in Bozen. Unsere Bindung war nie besonders gut. Das war das deprimierendste Weihnachten, das ich je erlebte. Er war damals jünger als ich heute, 42 oder 43, wenn ich richtig rechne.

[Fr/Sa/So – 2./3./4.12.2022 – Internationale Küchen, Kneipenquiz, Wednesday, Chatsoftware]

Freitag

Einer der neuen Kollegen ist Inder. Er ist ein erwachsener Mann, Ende 30 und er wohnt schon seit sieben Monaten in Berlin. Als er in die Küche kam, sah er mich Sushi essen. Er sagte „Oh Sushi“. Das würde er auch gerne einmal probieren. Alle Anwesenden schauten etwas erstaunt.

Aber das lässt sich natürlich einfach erklären. Die indische Küche ist gut und vielfältig genug, dass sich ausländische Küchen auf dem indischen Subkontinent nie durchgesetzt haben. Es gibt zwar einzelne Sushiläden, aber das ist nur etwas für Liebhaber. Ich glaube nicht, dass sich Inderinnen explizit dagegen wehren, aber Essen hat in Indien wesentlich mehr Tradition, sodass es schlichtweg kein Bedürfnis gab, in ausländische Küchen zu schielen.

Es lässt mich an Italien denken. Wenn man in Italien aus essen geht, dann isst man üblicherweise, nunja, italienisch. Meistens Pizza. Besonders vielfältig ist das auch nicht, aber in Italien geht man auch weniger aus essen. Bzw man geht anders aus essen. Zwar gibt es mittlerweile auch Sushiläden und auch Restaurants mit verschiedenen asiatischen Küchen, aber sie sind nicht so präsent wie in Nordeuropa. Ich kann es gut verstehen, warum in Nordeuropa exotische Küchen erfolgreich geworden sind. Man kann seinen Schatz nicht immer zu einem romantischen Dinner mit Eisbein, Pommes oder Saumagen einladen.

Freitagmorgen ging ich mit der Hündin das erste Mal wieder in den Park und liess sie von der Leine. Dies fürs Protokoll. Muss ich vielleicht noch einen Läufigkeitseintrag verfassen.

Am Abend war ich für das Hertha Kneipenquiz angemeldet. Ich bin ein Quizkönig, ich liebe Trivial Pursuit und Ratespiele überhaupt. Es ist das dritte Herthaquiz an dem ich teilenehme. Diesmal erreicht mein Team den dritten Platz. Von 15.

Das Quizspiel fand auch dem Gelände der Hertha Geschäftststelle statt. Es war sehr nett, die Veranstaltung wurde unterhaltsam moderiert, ausserdem gab es phantastischen Grillkäse.

Samstag
Es wurde eher spät auf dem Hertha-Gelände. Gegen zwei Uhr war ich zuhause und ich fiel ins Bett wie ein Stein. Morgens wachte ich aber dienstbeflissen wieder um sechs und auf und ging mit der Hündin raus.

Es schneite. Der Park war mit einer Schneeschicht bedeckt. Meine Gummistiefel sind die beste Anschaffung seit der besten Anschaffung davor.

Ich war dann zu faul um den Tagebucheintrag nachzuholen. Ich schob den Text vor mir her und schob weiter, bis es Nachmittag war und ich es sein liess.

Am Abend schauten wir Wednesday. Ich mag die Serie ästhetisch sehr. Gestört hat mich nur das Setting auf der Highschool. Highschoolthemen, Verknalltheit, Mobbing etc. das mochte ich schon an Riverdale nicht, das ich aber ästhetisch auch sehr mochte.

Die letzte Folge ist nur noch Action. Die Auseinandersetzung mit dem Monster. Mir geht Action sehr auf die Nerven. Es passiert sehr wenig, aber es ist immer ein langes hin und her von vermeintlich aufregenden Geschehnissen. Ich stehe dann meistens auf und frage nachher wie es ausgegangen ist. Bei Actionszenen kann man auch auf die Zusammenfassung setzen.

Sonntag
Auch Sonntag schaffte ich es nicht, den Eintrag aufzuschreiben. Um 16Uhr würden wir Besuch von einer Hunde-Aufpasserin bekommen. Wir mussten daher vorher die Wohnung aufräumen und putzen. Die Hundesitterin war dann, nunja, sehr speziell. Ich sollte hier besser nicht ins Detail gehen, ich weiss nicht, wer hier alles mitliest, sie war jedenfalls speziell, zwar nett und unterhaltsam, aber eben speziell. Die Hündin vergötterte sie. Das ist ja das wichtigste.

Am Abend bereitete ich die neue Chatsoftware für den Fanclub vor. Wir testeten schon seit 5 Monaten und wir beschlossen im Laufe des Abends, heute damit live zu gehen. Wir kündigten es bei 130 Menschen an, und etwa eine halbe Stunde später funktionierte der Chatserver nicht mehr. Bäm.

Ein kurzer Blick aufs Serverkonto zeigte, dass das Zahlung der letzten Rechnung ausstand und der Server daher auf inaktiv gesetzt wurde. Ich hatte vergessen die Zahlung auf Kreditkarte umzustellen. Ein peinlicher Zufall.

Die Mitglieder nahmen es immerhin gelassen und mit Humor. Es wird jetzt mehrere Stunden dauern, bis das wieder funktioniert.