Neujahrslesung

etwas lustiges? / etwas trauriges? / etwas lustiges? / etwas trauriges?
Wüchsen in dieser Jahreszeit bloss Margeriten, die wüssten es für mich.
Jedenfalls freue ich mich schon auf Berlin und auf alle Menschen die ich sonst nur vom Lesen her kenne, und vor allem auf jene mit denen ich schonmal angestossen habe.
Kommt ihr anderen auch? Ich lasse mich auch gerne fahren, ich bin ein vortrefflicher Co-Pilot, das weiss ich aus verlässlicher Quelle.
Und mal sehen ob das mit einem Livestream klappt.

spiegeleien

Meine Lieblingskollegin schrieb mir neulich davon, dass der Zustand der Wohnung den Zustand der eigenen Seele wiederspiegele. Ich fragte mich danach tagelang welche Farbe meine Wohnung in einen grossherzigen, starken, kreativen, freundlichen und liebevollen Zustand versetzen könnte. Weinrot? Oder ein fahles Blau vielleicht?

(Als ich heutefrüh meine Wohnung verliess beschäftigte mich jedoch der Gedanke, wie es sich wohl mit einer ausgebombten Seele leben liesse)

ach du fröhliche

Und dann frage ich mich warum man mir heute immer eine fröhliche Weihnacht wünscht, mit dem besonderen Nachdruck auf diese Fröhlichkeit und mit dem begleitenden bemitleidenenden Blick, als würde ich heute ganz besonders verdattert dreinschauen, dabei liebe ich es doch nur wie die Stadt sich gerade herunterfährt, wie langsam der Lärm aus den Strassen weniger wird und die Läden schliessen und die Menschen aus den Lichtern verschwinden.
Und morgen erst, wenn die Stadt die Lichter ausmacht, was wird man dann machen, wird man mich dann schon begraben? Dabei liebe ich es doch nur.

(Nächstes Jahr sollte ich wiedermal in die Berge fahren zu Weihnachten, in den Schnee, zu meiner Familie, aber laut meinem Weblog sage ich das schon seit zwei Jahren, und in Zeiten von mequito1.0 -die unvorstellbare PreBloggiare Epoche- sage ich das bestimmt schon einige Jahre länger. Aber nächster Jahr bestimmt. Oh, auch das habe ich schonmal geschrieben)

Euch, lieben, letzten Verbliebenen, die noch nicht in die Weihnacht verschwunden sind, oder es auch gar nicht mehr machen werden, auch vieles Fröhliche. Und Gesegnete.

der gefundene Satz, 37

Trunksucht. Selbstbefleckung. Völlerei. Faulheit.
In manche Häuser zog der Wahnsinn als Mieter ein.
An einem nassen schaurigen Abend geschah es, dass Rebecca Swift, Sardus‘ junge aber zerstreute Frau, in ihrem Kopf ein Klopfen hörte -zu laut diesmal, um es unbeachtet zu lassen-, und mit bebendem Herzen und winzigen zitternden Händen zog sie den grossen schwarzen Riegel ein kleines Stück zurück und liess den Mieter ein.

(Nick Cave. Und die Eselin sah den Engel. 1989)

Als kleines Dankeschön an Kids gefundene Sätze und weil er mich ganz besonders an diesen erschlagenden Satz erinnert.
Und weil mir damals beim Lesen dieser Passage über Rebecca Swift derartige Last auf die Brust drückte, dass ich vorhin, acht Jahre später, wegen meiner bodenlosen Vergesslichkeit nicht schlecht staunte, dass ich immer noch wusste, diese Stelle auf Seite 63 zurückzufinden, wobei ich jene Seite seit ebensovielen Jahren nicht mehr aufgeschlagen habe.

es stinkt

Die GEZ stinkt. Seit zwei Wochen klingelt es jeden Abend an der Haustür und ich lasse sie nicht rein. Auch nicht wenn ich offensichtlich zuhause bin, weil das Licht durch den milchigen Türspion nach draussen leuchtet und ich in der Küche laut Pavarotti imitierend koche. Die Klingel klingelt weiter. Ich mache niemals die Tür auf wenn jemand im Treppenhaus klingelt und wenn jemand unten auf die Glocke drückt dann frage ich immer nach Vor- und Nachnamen durch die Fernsprechanlage. Wenn ich besonders gut gelaunt bin, frage ich zusätzlich nach dem Beruf des Vaters und der Mutter. Man will ja gerne wissen welche soziale Klassen sich nachts auf St.Pauli so herumtreiben.

Ich finde das Spielchen ja witzig, meinetwegen, kommt er morgen halt wieder und ich singe ein bisschen schöner, auf das hohe D von vorhin bin ich schliesslich nicht besonders stolz.
Aber die sollen endlich aufhören. Fernsehen fühlt sich nach deren Besuch immer ein wenig Scheisse an. Das nervt.

Blog:Read nr. 30

Schon vor einigen Wochen, als ich über Epicore auf diese Geschichte stiess, dachte ich mir sofort, dass sie sich vortrefflich vorlesen liesse. Es ist nun zwar einige Zeit darüber hinweggegangen, aber jetzt ist es soweit: die Aufnahme ist fertig. Fast ein Hörspiel.
Eine sehr lange Geschichte von Jochen Reinecke. Ein lustiges und irgendwie trauriges Dramolett über seine Mietwohung in einem Untergeschoss in Frankfurt und dem dazugehörigen Vermieter.
Als echter Hesse hat der geschätzte Herr Bandini seine Stimme hergegeben und den Vermieter Herr Liesegang gesprochen.
Die Musik habe ich selbst eingespielt, das einzige Stück das ich fehlerfrei spielen kann, ja genau, das erste Präludium in C-Dur aus „das wohltemperierte Clavier“ von J.S. Bach. Samt Fehler und allem. Aber die Fehler hört man kaum. Dafür dauert es fünfunddreissig Minuten lang. Immer wieder und wieder. In Endlosschleife und mit ein paar (hüstel) „kreativen“ Einlagen.

Reis

Als ich meiner Kindheit entwuchs, glaubte ich genauso wenig an das chinesische „L“ wie ich an das Christkind glaubte. Alberne Märchen der Erwachsenen, die uns weismachen wollten, dass in China kleine, Leis essende Mädchen namens Balbala lebten. Denn, warum sollten die Chinesen den Reis erfinden wenn sie nichtmal dessen Namen aussprechen konnten. Bis ich Jahre später eine junge Frau aus China kennenlernte die auf meine Frage hin, was sie denn trinken möge, einen Lotwein haben wollte.
Aber das ist auch nicht schlimm. Bloss witzig. Und da ich einen sehr stark ausgeprägten Sinn für schlechte Witze habe, konnte ich mich heute vor Lachen auch nicht mehr einhalten, als mein chinesischer Lieblingskollege eine E-Mail an die Abteilung schrieb:

„Chef ist heute klank.“

Ein Freudscher Vertipper der ganz skurrilen Sorte.

Eintrag #600 und was soll ich bloss lesen?

Eigentlich mag ich ja keine Jubileen. Die bringen Unglück. Und alkoholbedingte Kopfschmerzen. Aber da ich jetzt bei Eintrag Nummer 600 angekommen bin und ich dieses Weblog nun seit zwei Jahren führe, bin ich gerade etwas nachdenklich geworden und habe mal eine mathematische Bilanz gezogen. 600 Einträge über 730 Tage verteilt macht optimistisch gerechnet sechs Einträge pro Woche. Das ist gut. Gerade so, dass ich noch ein wenig Freizeit habe und auch wieder genug um kein Wochenendblogger zu sein. Laut einer etwas pessimistischeren Rechnung wären das fünf Einträge pro Woche. Nicht ganz so toll, aber auch das würde mir reichen. Weil ich aber ein ganz cleverer Bursche bin, habe ich es ausgerechnet: 5,7851239669421487603305785123967 Einträge pro Woche. Ich bin ein Optimist, ganz klar.

Aber ich labere… was ich eigentlich sagen wollte:

Jetzt stehe ich vor dem Dilemma, dass die werte Modeste mich gefragt hat, im Januar auf einer Berliner Lesung vorzulesen. Zusammen mit anderen geschätzten Schreiberlingen natürlich, daher muss ich mir kein Abendfüllendes Programm aussuchen, sondern bloss einzweidrei Texte.
Allerdings habe ich keine Lust mir aus diesen 600 Texten selber einen auszusuchen, da ich eh nur die elendigen Heulgeschichten auswähle und ich eigentlich lieber ein bisschen Rocknroll lesen möchte. Weil ich keinen Rocknroll schreibe überlasse ich die Wahl dem Publikum, schliesslich wisst ihr besser, wofür ihr hier jeden Tag vorbeikommt. Die Urne ist in den Kommentaren.

(dies ist ein Aufruf zur Stimmenabgabe)