[Do, 12.12.2024 – Sally Rooney, FinOps, Sportdaten]

Am Mittwoch hatte ich den Termin beim HNO, der mir mit einem kleinen Sauggerät klebriges Material aus beiden Ohrgängen sog.

Im Wartezimmer lud ich mir Sally Rooneys Roman „Normal people“ auf das Telefon und begann ihn zu lesen. Ich wurde erst neulich auf Sally Rooney aufmerksam, und fast alles, was ich über sie und ihre Texte las, begeistert mich. Ausgenommen davon ist ihre offenbar harte Position gegenüber Israel bezüglich des gegenwärtigen Konfliktes in Israel und Palästina. Sie untersagt u.a. den Verkauf ihres Buches in Israel und sie boykottiert israelische Kultureinrichtungen. Ich kenne ihre genauen Positionen nicht, aber derzeit stehen die lauten Israelkritikerinnen immer mit mindestens einer Zehenspitze auf antisemitischen Hoheitsgebiet.

Ich versuchte den Roman unvoreingenommen zu lesen. Die ersten dreissig Seiten bestehen aus Dialogen. Mag ich eigentlich nicht. Aber der Reiz des Textes wird sich sicherlich noch entfalten.

Was ist sonst noch passiert? Wenn ich mir keine Notizen gemacht habe, heisst das üblicherweise, dass es eindrücklich genug war, um es nicht zu vergessen. Heute fällt es mir aber nicht mehr ein. Ich brachte frühmorgens immerhin das Auto in die Werkstatt, um die Winterreifen zu montieren. Nächste Woche fahre ich nach Südtirol. Wir werden auf alle Fälle auf die Alm spazieren und da liegt schon Schnee.

Am Abend fuhr ich mit meinem Schwager auf eine Veranstaltung zu FinOps nach Niederschöneweide. Er hielt einen Vortrag zum Thema. Dazu gab es Bier und Sushi. Nach der Veranstaltung lud uns der Gastgeber auf einen Rundgang in die Firma ein. Eines ihrer Kernthemen ist das Sammeln und Aufarbeiten von Fussballdaten. So arbeiten sie u.a. mit dem 1. FC Scheissunion zusammen, um den Fussballernachwuchs besser zu screenen und monitorieren. Das ist aus datentechnischer Perspektive ein spannendes Geschäft.

Auch wir Besucherinnen durften unsere Fussballskills testen. So gab es eine Art Arena mit einem Projektor und mehreren Bewegungssensoren, in der man mit dem Fussball auf bewegende Toren schiessen musste. Ich meldete mich selbstredend als Freiwilliger. Dabei schnitt ich erstaunlich gut ab. Ich landete punktgleich mit einem FinOps Experten aus Ungarn. Jeder von uns schoss sieben Tore. Nur der Gastgeber schoss mehr als wir, er gab aber auch zu, dass er einmal pro Woche mit seinen Kindern übt.

Auf dem Rückweg sassen wir zu fünft im Auto. Mein Schwager brachte sie alle in ihre Hotels. Ich fahre gerne nachts im Auto durch Berlin.

[Di, 10.12.2024 – poppige Mall, Hörkanal, Knochenschall]

Das verstopfte Ohr schränkt mich ein. Erst jetzt bemerke ich, wie sehr ich mich immer auf mein Gehör verlasse. Ich höre gut und ich höre alles. Sogar meine Hündin nehme ich mit den Ohren wahr, wenn ich unangeleint mit ihr spaziere. Ohne Ohren muss ich ständig nachsehen. Aber auch im Verkehr, auf dem Fahrrad oder auf den Beinen: Ich muss mehr schauen und ich kann Geräusche nicht orten, ich kann sie durch den Filter zwar hören, aber ich weiss nicht, woher sie kommen. Zudem ist mein Gleichgewicht beeinträchtigt.

Ich versuchte mich mit verschiedenen Hausmitteln. Kirschkernkissen und den Tipp mit dem Wasser. Siehe dazu die Kommentare der vergangenen Tage. Das Wasser sorgte kurzzeitig für Linderung. Nach wenigen Minuten verstopfte der Pfropfen aber wieder das Ohr. Ich glaube, es wächst wieder ein Schmalz-Baby heran.
Als ich im Januar wegen der Nasen-OP mehrmals bei meinem HNO-Arzt war, zog er mir einen beeindruckenden Butterwurm aus dem Hörkanal. Er legte es auf die Petrischale und fragte: „Wollen Sie ihm einen Namen geben, Herr Pfeifer?“. Ich antwortete: „Pfropfen Pfeifer“.

Morgen lasse ich wieder die Profis ran.

Am Abend sagte ich deswegen die Hörbuch-Premiere meiner Freundin ab. Es hatte keinen Sinn, mich unter Menschen zu begeben.

Nachmittags ging ich zu Thalia in die East-Side Mall, weil es das Weihnachtsgeschenk für meine Frau nicht mehr online gibt. Bei Amazon ist es frühestens im Januar zu bestellen, laut Thalia Webseite führen sie das Buch aber offenbar im Laden.
Ich mag diese kleine, poppige Mall sehr. Das Thalia ist eher klein, sie hatten das Buch nicht vorrätig, aber in der Filiale im Alexa läge noch ein Exemplar. Da Hunde im Alexa verboten sind, bat ich, das Buch zu reservieren. Die Konversation lief ziemlich schleppend, ich bat den jungen Angestellten, lauter zu reden, dabei hielt ich ihm mein linkes Ohr entgegen, auf dem ich zumindest Teile von Schallwellen aufnehmen kann. Aber wir bekamen es hin und morgen kann ich das Buch im Alexa holen.

Auf dem Rückweg auf der Warschauer Brücke traf ich eine Frau aus dem Hundepark, mit der ich mich sehr gut verstehe. Sie ist so gut wie taub und weil mich das Thema sehr interessiert, reden wir oft darüber. Sie trägt ein Implantat und kann daher ein bisschen hören. Man muss aber die Lippen deutlich bewegen und sie ansehen, wenn man mit ihr spricht. Artikuliertes Sprechen wäre auch vorteilhaft, was mir als Nuschler einiges an Anstrengung kostet. Es traf sich gut, dass wir uns gerade heute über den Weg liefen. In früheren Gesprächen hatte ich ihr von meinen Knochenschall Kopfhörern erzählt und ich fragte mich, ob das bei ihr einen Effekt haben würde. Sie schien sich auch zu interessieren, wobei man bei beiläufigen Kontakten nie weiss, ob hinter Interesse einfach nur Höflichkeit steckt. Weil ich gerade schlecht höre, trug ich tatsächlich die Knochenschallkopfhörer und liess sie gleich probieren. Sie setzte sie sich auf und ich schaffte es noch rechtzeitig „Manowar – Kings of Metal“ zu pausieren und etwas Cooleres auszuwählen. So spielte ich einen Song aus der Filmmusik von Christopher Nolans „Tenet“ und prompt wehte eine stürmische Böe aus Intellekt und Stil von der Brücke her durch mein Haupthaar.

Sie konnte mit ausgeschaltetem Implantat tatsächlich etwas hören. Es klang etwas dumpf bei ihr, aber die Musik übertrug sich tatsächlich über den Knochen zu ihrem Hörorgan.

Die Begeisterung war mittelmässig. Die Erkenntnis geringfügig grösser. Immerhin grösser als mittelmässig.

[Mo, 9.12.2024 – Hörvermögen]

Mittlerweile höre ich auch auf meinem linken Ohr weniger, aber dort hat es noch nicht „FLAP“ gemacht. Rechts ist completamente dicht. Gefühlt besitze ich gerade 20-30% meines Hörvermögens. Morgen Abend werde ich der Vorstellung eines Hörbuches beiwohnen. Das HÖR möchte ich an dieser Stellen gross geschrieben sehen.

Also ging ich zu meiner Hausärztin. Die Empfangsdame reagierte patzig. Sie kanzelte mich mit einem empörten Unterton vor anderen wartenden Patientinnen ab, was ich bitteschön mit einem verstopften Ohr in einer Hausarztpraxis wolle. Damit geht man doch zu einem HNO Arzt. Ich kannte diese Empfangsdame, ich meide sie so gut es geht. Meine Ärztin ist leider super. Und die burschikose Assistentin auch. Die Assistentin machte früher den Empfang nebenher. Mit der kann man immer gut schäkern. Jetzt nimmt sie aber nur noch das Blut ab, oder sie verabreicht Impfdosen. Im kommenden Jahr geht sie in Rente. Die neue Empfangsdame ist hingegen furchtbar. Ich glaube, sie ist schlichtweg inkompetent und überfordert. Gleichzeitig hält sie einen kleinen Machtknüppel zwischen ihren Fingern. Keine gute Mischung.

Da ich nicht ausfällig werden wollte, aber auch keinen freundlichen Ton anzustimmen gedachte, sagte ich schlichtweg: Dann gehe ich.

So fuhr ich mit dem Fahrrad zu einem etwas entfernten Ärztehaus direkt in die HNO Praxis. Dort stellte ich mich an den Empfangsschalter und sagte „Hallogutentag“. Prompt wurde ich angeschnauzt. Sie sei noch beschäftigt, ich solle sie nicht unterbrechen.

Ey, ich weiss nicht, was heute los ist.

Am liebsten hätte ich sofort zurückgepflaumt. Dass sie ihren Stress irgendwo anders abladen soll. Es ist nicht meine Schuld, wenn die Praxis schlecht organisiert ist. Auch wenn ich weiss, dass sie vermutlich am wenigsten für den Stress kann, schliesslich bestand das Praxisteam aus mehreren Menschen. Aber es ist immer das Gleiche. Ärzte laden die Organisation an das Praxiteam ab, beim Praxisteam wird gespart, es wird nur das nötigste gemacht, vermutlich gibt es dort dann Hierarchien, alte Schnepfen (sorry, aber es sind immer alte Schnepfen) die alles delegieren, an den Rangniedrigsten bleibt dann alles haften und es gibt immer diesen Arbeitsberg, dem man vor sich her schiebt und zum Schluss gibt es auch noch Patientinnen, die etwas von einem wollen.

Da ich diesmal aber nicht gehen wollte, geduldete ich mich, bis die junge Frau ihren Papierkram erledigt hatte. Man könnte mich nicht akut behandeln, aber immerhin erhielt ich einen Termin am Mittwochmorgen.

Die Vorstellung des HÖRbuches ist aber schon am Dienstag. Das wird lustig.

[So, 8.12.2024 – Ohrkanal, Panettone]

Nach vielen Jahren mich endlich zu einem Abo der New York Times entschieden. Es werden dunkle Zeiten auf die zukommen.
Diesen Begriff verwende ich neuerdings oft. Dunkle Zeiten. Bisschen unheilvoll. Ich lasse das jetzt trotzdem so.

Apropos Unheil: Heute ging mein rechtes Ohr dicht. Es machte „Flap“ und seitdem blockiert vermutlich ein Pfropfen den Gehörgang. Meine Frau behauptet, dass es im Ohr entzündet aussähe, vielleicht ist es daher gar kein Pfropfen, sondern etwas Schlimmeres. Wenn das morgen nicht besser wird, sollte ich vielleicht zu einem Arzt.
Akute Termine beim Arzt bedeutet immer lange Zeiten des Wartens im Vorzimmer. Seit es Smartphones gibt, sind Zeiten des Wartens allerdings meditative Lebensphasen geworden. Es haben sich in den letzten Tagen ein paar gute Podcasts angehäuft, zum Glück muss ich daher nicht auf Herthapodcasts zurückgreifen und diese schreckliche Niederlage vom Samstag durchnudeln. Vielleicht ist der Hörspass mit einem verstopften Ohr aber sehr limitiert, ich habe das noch nie probiert, andererseits habe ich ja diese Knochenschall-Hörer, die umgehen ja den Hörkanal. Aufregend. Ich freue mich. Ansonsten lese ich gerade wieder Roberto Bolaño, auch damit komme ich gut durch die Wartezeit.

Am Abend kam mein Schwager wieder nach Berlin. Wir kochten ein Chili und assen Panettone. Als Kind mochte ich keinen Panettone, ich mochte nur Pandoro. Beim Panettone musste ich zuerst immer die Rosinen und kandierten Früchte herauspulen. Bis er dadurch essbar wurde, war mir die Lust schon wieder vergangen.
Pandoro hingehen konnte ich direkt von der Packung in die heisse Schokolade eintunken und anschliessend auslöffeln.

Allerdings muss ich einsehen, dass ich Panettone heute ganz OK fand. Die getrockneten Früchte störten mich nicht mehr. Es ist das erste Mal seit sicherlich 40 Jahren, dass ich Panettone ass. Fairerweise ass ich den Panettone heute aber auch nicht in heisser Schokolade.

[Sa, 7.12.2024 – Kohlklöpse, schwarzer Reis]

Es ist grau draussen. Tagsüber wird es gar nicht mehr richtig hell. Eine dicke Wolkendecke hängt über Berlin, über ganz Mitteleuropa. Immer wieder Niesel. Die Hündin mag es. Sie tapst durch die Pfützen und läuft neben mir her, während ich mit Regenjacke und meinen neuen Gummistiefeln im nassen Matsch latsche.

Am Freitag kochte ich Burgerpatties aus Weisskohl. Dass ich Kohl liebe, habe ich schon oft gesagt und sicherlich weiss das auch Instagram, weswegen mir ständig Kohlrezepte in meine Timeline gespült werden. Neuerdings häuften sich Rezepte für Fleischklöse aus Kohl, also Frikadellen, Buletten, Burgerpatties. Allesamt aus Kohl. Instagram weiss natürlich auch, wie experimentierfreudig ich bin.

Wenn man danach googelt, findet man eine grosse Auswahl an Rezepten. Alle diese Rezepte sind ein bisschen unterschiedlich und einen Fehler, den ich regelmässig begehe, ist es, zwei oder drei Rezepte zu vermischen. Meistens komme ich dann mit den Mengenverhältnissen durcheinander. Manchmal entstehen daraus aber auch wunderbare Gerichte.

Diesmal kreuzte ich zwei Rezepte, in denen einmal der Kohl grob geschnitten und dafür länger gekocht wird und beim anderen der Kohl wesentlich feiner geschnitten und dafür nur kurz gekocht. Ich machte daraus: grobe Stücke kurz gekocht. Im Ergebnis wurden die Patties natürlich sehr bissfest.
Ich werde das Gericht auf alle Fälle wiederholen. Aber mit mehr Gewissenhaftigkeit. Und mehr Salz. Ich hatte fast überall das Salz vergessen.

Heute hingegen kochten wir ein simples Curry. Da wir keinen Reis mehr vorrätig hatten, griff ich zu schwarzem Reis, den ich vor zwei Jahren in grossen Mengen in Italien gekauft hatte. Schwarzen Reis verwendet man eher für Desserts und für Speisen mit einer Pudding-artigen Konsistenz. Oder auch für Risotto. Da ich Reis aber in allen Lebenslagen essen kann, eignet er sich nach meinem Verständnis auch für Curry.

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12 Eier bestanden nicht den Wassertest. Gibt es eigentlich wieder einen Naziaufmarsch?

[Do, 5.12.2024 – Businessdistrict, Dystopien, Kauf, Buchläden, Fussballkulturen]

Am Mittwoch traf ich mich mit einem Headhunter, der mich gerade an eine Firma vermitteln will. Wir setzten uns in eine Galerie nahe des Gendarmenmarktes und tranken einen Kaffee. Die ganze Gegend ist eine Art Businessdistrict geworden. Ich arbeitete lange dort, aber erst jetzt fällt mir auf, wie sehr mich die Gegend an Mailand erinnert. Das Berlusconi-Mailand, das Medien-Mailand. Die 5-geschossigen Häuser, die Hauseingänge aus Glas und Marmor, die geparkten Limousinen mit Fahrer. Immerhin sind die Leute hier besser gekleidet als im restlichen Berlin.

Wir redeten über Musk. Über Peter Thiel. Über die neue totalitäre und autoritäre Rechte. Und wie die dystopischen Themen der Filmgeschichte zunehmend realer werden: Total Recall, 12 Monkeys, Terminator, Minority Report, Brave New World usw. Von Orwell wollen wir gar nicht reden.

Nachher ging ich ins Alexa. Ich suchte nach schwarzen Sneakers. Ich brauche Sneakers, die nicht so schnell schmutzig aussehen. Ich trage derzeit weiss und gelb, die färben sich zu schnell in ein fahles Berlingrau. Die Suche lief erfolglos, vielleicht weil ich eine zu genaue Vorstellung davon habe, wie sie auszusehen haben. Dabei durchwanderte ich einmal das komplette Alexa. Alle drei Geschosse und alle zwei Segmente. Am Ende hing ich allerdings im Thalia ab. Schon neulich schrieb ich über dieses Thalia. Oder über Buchläden im Allgemeinen. Weil ich in den letzten Jahren so selten Buchläden besuchte, vergass ich die ständigen Kauftrigger, die solche Läden in mir auslösen. Nach einer Viertelstunde hielt ich fünf Bücher in den Händen. Bevor ich zur Kasse ging, konnte ich mich allerdings von allen wieder lösen.

Und so fuhr ich ohne Sneakers und ohne Bücher wieder nach Hause. Nächste Woche bringe ich das Auto zum Reifenwechsel weg. Nicht weit vom Dussmann entfernt. Ich werde ein paar Stunden warten müssen. Dabei weiss ich, wo ich mich ein paar Stunden lang aufhalten werde.

Am Freitag hielten wir die Mitgliederversammlung des Fanclubs ab. Wir trafen uns wie immer im Haus der Fussballkulturen an der Cantianstrasse im Prenzlauer Berg. Es gab viel Gesprächsbedarf. Lustigerweise offenbarten sich unterschiedliche Vorstellungen darüber, was Support ist und wie man sich in der Kurve zu verhalten hat. Da unser Fanclub neben der Grösse, auch ein breites Altersspekturm abbildet, gibt es die jungen Leute, die fast schon Ultras sind und die alten Leute, die einfach das Fussballspiel sehen wollen und es gibt noch ganz viel dazwischen. Und alle haben ein eigenes Verständnis davon, was genau „die Kurve“ ist.

Am Ende sind wir vermutlich alle weiser geworden. Geeinigt haben wir uns auf nichts, es war aber dennoch gut, die Diskussion geführt zu haben.

Dazwischen lief immer meine Hündin durch die Reihen und holte sich bei den Anwesenden eine Kopfmassage ab.

[Di, 3.12.2024 – Dosierung, Novelle, King]

Für die letzte Nacht gab mir meine Frau eine niedriger dosierte Variante Melatonin. Als ich wieder um drei Uhr wach lag, schluckte ich das Präparat und fiel bald wieder in den Schlaf. Tatsächlich war ich am Morgen weniger erdrückt. Dafür zeigte meine Smartwatch einen tiefen Schlaf an. Ich verstehe langsam, warum Menschen den Schlaftabletten verfallen.

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Nun bin ich mit einer zweiten Literaturagentin im Gespräch. Die erste Agentin hatte nach einiger Überlegung keine Kapazitäten, mich in ihr Portfolio aufzunehmen. Sie schrieb, sie fände den Text gut, aber es sei schwierig, eine Novelle als Debüt bei einem Publikumsverlag unterzubringen. Sie empfahl mir stattdessen drei kleinere Verlage anzuschreiben, bei denen das Buch reinpassen könnte.

Ich hatte mit einer Ablehnung gerechnet. Schliesslich weiss ich die Chancen mit der Hausbesetzernovelle durchaus einzuschätzen. Zum einen ist sie nur 140 Seiten lang und inhaltlich hat sie keine zeitgenössische Relevanz (Neunzigerjahre, Hausbesetzerszene). Da sie ausserdem in den Niederlanden spielt, gibt es für ein deutsches Publikum auch keine gesellschaftliche Bedeutung. Es ist einfach nur eine gute Geschichte.
Mit diesen Worten bot ich den Text auch der Agentin an. Einer Agentin gegenüber sollte ich den Text vielleicht nicht schlechtreden.

Eine alte Freundin, die heute Bestsellerautorin ist, stellt mir die Kontakte her. Ich weiss nicht, ob ich hier ihren Namen nennen sollte. Vielleicht später einmal. Jedenfalls brachte sie mich auch mit der zweiten Agentin in Verbindung. In der Kontaktaufnahme beschrieb ich meinen Text diesem als eine Art Abenteuergeschichte. Das kommt dem Text durchaus nahe. Es ist eine Abenteuergeschichte und ein Milieuproträt. Daraufhin schrieb sie mir heute eine bemerkenswerte Antwort, in dem sie sagte: Das ist gut. Mit einem Text aus dem literarischen Bereich wäre es schwieriger.

Natürlich hat die Hausbesetzernovelle Literarizität. Pft.
Okay, ich fand ihre Antwort schon lustig. Ich weiss ja, wie sie das meinte.

Sie hat den Text allerdings noch nicht gelesen. Das wird jetzt ein paar Tage dauern.

Apropos Literarizität. Ich lese gerade wieder Stephen King und bin sehr begeistert von der Art, wie er diese beiläufige, suggestive Stimmung herstellt, diese emotionale Distanz, die er zwischen einer freundlich gestimmten Erzählstimme und dem Geschehenen aufrecht erhält. Vor zwanzig Jahren hätte ich mich nicht getraut, so etwas zu sagen.

Apropos Länge meiner Novelle. Das Buch von Stephen King ist eine Sammlung von Kurzgeschichten und Novellen, die er mal eben so runterschrieb, aber offenbar zu kurz für ein eigenes Buch sind. Darin enthalten ist auch die Novelle mit dem Namen „Danny Coughlin’s Bad Dream“, die 224 Seiten umfasst. Daneben sieht meine Erstveröffentlichung mit ihren 140 Seiten schon sehr dünn aus. Ich finde das beachtlich. Von dem ganzen Sitzen muss er ja Rückenschmerzen bekommen.

[Mo, 2.12.2024 – Melatonin, Antihistaminika]

Auf meine Bewerbung in Fehmarn kam bereits heute eine Antwort. Um die lange Story short zu machen: Es geht darum, einen sechsstelligen Betrag zu investieren und die Firma weiterzuführen.
Ich antwortete dem Inserenten, dass er dann doch einfach schreiben soll, dass die Firma zum Verkauf steht, anstatt so missverständlich nach einem Geschäftsführer zu suchen. Meine Antwort klang sicherlich etwas ungehalten.

Ich war den ganzen Vormittag lang, aber auch nicht auf der Höhe meiner empathischen Kräfte. Wegen meiner Erkältung schlief ich furchtbar schlecht und nahm nach einer Stunde Wachsein deswegen um 3 Uhr eine Pille mit Melatonin. Davon schlief ich sehr schnell ein. Allerdings kam ich morgens kaum aus dem Bett und ich fühlte mich, als hätte ich unter den Rädern eines LKWs geschlafen. Es war ein guter Schlaf, aber ein LKW wiegt schwer und entsprechend geplättet war ich davon. Irgendwann schälte ich mich von der Matratze herunter, was meine Hündin wiederum zu amüsieren schien, weil sie mich freudig beschleckte, was sie sonst morgens nie tut.

Vielleicht lag es aber auch am Vick MediNait, das ich am späten Abend zu mir nahm. Ich weiss, dass ich Antihistaminika nicht gut vertrage. Vor fünf oder sechs Jahren fing das mit der verstopften Nase an (ich berichtete gestern), damals probierte ich verschiedene Mittel. Natürlich geriet schnell eine Allergie in Verdacht, weswegen ich Antihistamin zu mit nahm. Davon lief ich tagelang müde herum und wusste nicht warum. Ich legte mich sogar im Büro auf die Couch und bat meine Kolleginnen, es zu ignorieren. Als mein Admin (!) die Antihistaminika verdächtigte, hörte ich sofort damit auf und schon ging es mir besser. Der Nase allerdings nicht. Das bekam ich erst Anfang dieses Jahres mit der OP in den Griff.

[So, 1.12.2024 – Nuuk, Nase, Fehmarn]

Seit drei Tagen gibt es Direktflüge von Kopenhagen nach Nuuk in Grönland. Bisher konnte man Nuuk lediglich über Reykjavík anfliegen, deswegen planen wir für den anstehenden Herbst eine Reise nach Island, von wo aus wir für ein paar Tage nach Grönland übersetzen werden. Wir sparen uns ein bisschen Geld, weil meine Frau da an einer Tagung in Reykjavík teilnehmen wird und die Hotelkosten daher vermutlich vom Veranstalter übernommen werden, somit muss nur ich für meine eigenen Flugkosten aufkommen. Wenn es jetzt aber Direktflüge von Kopenhagen aus gibt, dann können wir uns auch überlegen, die Grönlandreise unabhängig von Island zu planen.

Die Nachricht dieser Direktverbindung löste eine ungemeine Freude in mir aus. Allerdings wird die Euphorie von den Preisen gedämpft. In Summe ist es zwar immer noch günstiger als ein Flug via Reykjavik, aber man muss erst mal auch bis nach Kopenhagen kommen. Wir könnten den Flug mit einer Reise nach Schweden verbinden, weil wir da ohnehin durch Kopenhagen reisen, allerdings ist das auch irgendwie blöd: Man fährt in den Urlaub, um irgendwo anders Urlaub zu machen und auf dem Rückweg zum ursprünglichen Urlaubsziel weiterzureisen.

Während ich das alles hier aufschreibe, ist meine Freude wieder gewichten.

Dabei bin ich gerade leicht erkältet. Die Augen brennen und die Nase ist verstopft. Ich habe es bisher vermieden, Nasenspray zu verwenden. Seit der Nasenoperation im Januar bin ich vom Spray losgekommen und ich bin jeden Tag glücklich darüber, dass ich nie mehr danach greifen musste. Es liegen noch zwei angefangene Fläschchen in der Schublade, die ich als Notration vorrätig halte, ich konnte mich aber immer zurückhalten, sie zu verwenden. Vermutlich wäre es harmlos, wenn ich mich für einen besseren Schlaf einen Sprühstoss in die Nase geben würde. Ich habe allerdings irrationale Angst davor, dass mein Körper sich an dieses schöne, befreiende Gefühl erinnert und sofort wieder abhängig wird.

Am Samstagabend war ich bei meinem Freund Klaus auf eine kleine Wohnzimmerparty mit Mezcal eingeladen. Weil ich fürchtete, dort mit einer akut verstopften Nase hängen zu bleiben, nahm ich mir eines der beiden Fläschchen mit. Man weiss nie, wie der Körper auf Alkohol reagiert oder wenn Leute in meiner Umgebung rauchen. Glücklicherweise kam es aber nicht dazu. Also zur Verstopfung. Zum Alkohol kam es schon.

Ausserdem habe ich mich auf eine Stelle auf der Insel Fehmarn beworben. Es geht um die Übernahme einer Fahrradverleihfirma. Ich würde dort das Geschäft führen und drei bis vier Tage pro Woche auf der Insel verbringen. Das wäre mal etwas ganz anderes und der Gedanke gefällt mir wesentlich besser als in einer IT Butze wieder irgendwelche Strategien auf Papier bringen und Reports anstarren.
Auch meine Frau fand den Plan gar nicht so schlecht. Wir würden einander weniger sehen, aber das kann man sich ja gut einrichten, dann hat die Zeit, die man miteinander verbringt, auch mehr Qualität. Das muss nicht schlecht sein. Wie wir das mit der Hündin machen, müssten wir noch klären. Wenn sie mit ins Büro gehen kann, wäre es besser, sie kommt immer mit mir mit. Aber ich befinde mich schon sehr weit in der Zukunft. Ich habe gerade erst die Bewerbung abgeschickt.

Mit dem Auto fährt man vier Stunden. Mit der Bahn sieben. Mit dem Fahrrad sind es 19 Stunden und zu Fuss 3 Tage. Vielleicht ist die Idee auch nur so mittelmässig gut.

[Fr, 29.11.2024 – Trinkgeld, Deckel, verwildert, Wal]

Vor einigen Tagen steckte ich unserem DHL-Mann einen Umschlag mit 20 Euro zu. Unser DHL-Mann ist ein sehr netter, freundlicher, bisschen schüchterner Pole und bisher hat er von mir noch nie Trinkgeld erhalten. Ich glaube, das ist auch nicht üblich. Allerdings erhalten wir sehr oft DHL-Pakete, es war durchaus an der Zeit, sich mit einer nette Geste erkenntlich zu zeigen. Ich wünschte ihm dabei Frohe Weihnachten. Er bedankte sich, jedoch nahm er den Umschlag ohne emotionale Regung entgegen. Mir kommt vor, dass es ihm unangenehm war. Mir kommt es auch vor, dass er sich seitdem anders verhält. Ich sehe ihn täglich. Auch bei uns im Kiez, wenn ich mit der Hündin spazieren gehe. Bisher grüsste er immer. Seit ich ihm den Umschlag überreichte, grüsst er aber anders.

Meine Frau sagt, ich würde das overthinken. Kann sein.

Overthinken. Auch so ein Wort. Es lässt sich nicht in „Überdenken“ übertragen.

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Morgens schwebte ein finsterer Deckel über Berlin. An seinen Rändern schien eine wunderbare Wintersonne herein.

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Am Nachmittag spazierte ich lange mit Frau Casino. Wir trafen uns in der Greifswalder am Anton-Saefkow-Park und begaben uns zum Volkspark Prenzlauer Berg auf der anderen Seite der Gleise. Ich mag diesen grossen, verlassenen Park ja sehr. Wir waren uns nicht sicher, ob wir den Park verwildert oder ungepflegt bezeichnen sollten. Das weiss man in Berlin ja nie genau. Wobei das eine Frage ist, die man über diese ganze Stadt ausweiten kann.

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Ich werde den Wal vermissen: