Obwohl ich viel Zeit auf Bürostühlen verbringe, achte ich verhältnismässig wenig auf die Qualität meines eigenen Stuhls. Ja, der Bürostuhl war hier im Laufe der Jahrzehnte (!) schon mehrmals ein Thema, auch unlängst noch vor vielleicht zwei oder drei Jahren, richtig zufrieden war ich mit den getätigten Käufen aber nie. Ich liess mich immer sehr von der Optik der Stühle leiten. Den letzten Stuhl kaufte ich sogar im Netz. Dieser senfgelbe Stuhl sieht natürlich fantastisch aus, aber er sitzt sich nicht gut und irgendwie schlucke ich meine Fehlentscheidungen immer runter, bis mir der Nacken und der Rücken schmerzt.
Jetzt bin ich wieder so weit, dass mich der fehlende Sitzkomfort dieses Stuhles nervt. Deswegen fuhr ich zuerst zu Ikea und danach zu Möbel Höffner um Bürostühle probezusitzen. Die Moral der Geschicht: Ich fand sie alle zu hässlich und zog wieder von dannen.
Am Abend traf ich mich mit einigen Exkollegen. Wir gingen ins Schnitzelrestaurant „Austria“ an der Bergmannstrasse. Nicht zu verwechseln mit dem Schnitzelrestaurant „Felix Austria“ ein paar Häuser weiter. Ich sass schon einmal im falschen Austria und wartete vergeblich. Das war eine merkwürdige Erfahrung. So ging es mir auch einmal im „Kuchi“, wo ich im „Next to Kuchi“ vergeblich wartete. Wer denkt sich sowas eigentlich aus? Zumindest ahne ich, dass es bei den beiden Austria’s schon eine Vorgeschichte gab, weil das „Austria“, also das ohne dem „Felix“, überall betont, das Original zu sein. Auf den Schildern, bei Google und auf der Webseite. Überall steht „das Original“.
Wir hatten einen unterhaltsamen Abend, wo wir natürlich hauptsächlich über die Firma tratschten. Auf dem Heimweg fuhr ich mit dem Fahrrad eine bemerkenswerte
Route über die Baerwald-, Prinzen- und Heinrich-Heine-Strasse, eine mehr als drei Kilometer lange, schnurgerade Strecke durch ein seltsam ausgegrautes Berlin. Die Strecke liegt mitten in der Stadt zwischen Kreuzberg und Mitte und führt durch eine Mischung aus Gewerbegebieten, Sechzigerjahre Westplatten, Siebzigerjahre Ostplatten, Flachbauten, Parkplätzen und etwas uninspiriert daliegenden Grünflächen. Man hat nie das Gefühl, man befände sich in der Mitte der Hauptstadt der grössten Industrienation Europas (um jetzt mal ein monumentales Bild heranzuziehen). Höchstens am Moritzplatz sprenkeln ein paar Farben vom Aufbauhaus und am Kitkat verdichtet sich die Stadt ganz kurz zu einem düster-romantisierten Strassenraum aus der Pariser Jahrhundertwende.
Heute traf ich meine Fussballfreundin. Sie hat jetzt einen Welpen. Eine unglaublich süsse Golden Retrieverin. Unsere Hündinnen sollten sich heute kennenlernen, während wir um den Schäfersee in Reinickendorf spazierten. Meine Hündin mag keine aufgeregten Hunde und erst recht nicht, wenn sie dauernd ihr Hinterteil beschnuppern. Welpen tun eigentlich nichts anderes, als aufgeregt sein und schnuppern. Meine Hündin wird dann zu einer grummeligen, alten Lady. Die kleine Babyhündin tat mir irgendwann leid, weil sie ständig weggeknurrt wurde. Meine Freundin fand das gut für die Erziehung. Ich finde aber, dass sich meine Hündin ruhig ein bisschen netter verhalten könnte. So habe ich sie schliesslich nicht erzogen. Eltern von Kindern haben sicherlich ständig solche Gedanken. So habe ich sie nicht erzogen.
Wir sassen eine ganze Zeit lang in diesem Café am See. Eine zauberhafte Märzsonne schien über die Terrasse des Cafés herein. Die Hündinnen lagen unterm Tisch und wärmten sich darin. Um den See herum werden neue und höherpreisige Häuser gebaut. Wenn man die Residenzstrasse hinauf läuft, fällt einem sofort die Armut der Leute auf. Menschen mit Gehhilfen, alte Leute, die an der Strasse herumhängen, junge, pornös gekleidete Frauen. In dieser Dichte sieht man das in den Ostbezirken nie. Auch nicht in Hellersdorf oder Marzahn. Nur noch im südlichen Spandau, aber das ist ja Berlin West. Wenn ich hier so herumlaufe, dann empfinde ich die Wahl der AfD in den Ostbezirken als ziemlich elitär und schnöselig.
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Reinickendorf ist Herthaland. Keine ollen, rotweissen Sticker.
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Gestern der Berliner Abendhimmel. Ganz Insta war voll davon:
