[Sonntag, 24.10.2021 – die berühmte Schauspielerin auf dem Hundeauslaufplatz]

Auf dem Rückweg vom Volkspark machen wir fast immer Halt an diesem Hundesauslaufplatz. Wir wollen uns schon seit einiger Zeit einen Hund anschaffen, wir zögern aber noch, wiegen noch ab. Aber das ist eine andere Geschichte, die erzähle ich sicherlich ein andermal.

Weil das Interesse an Hunden geweckt ist, beschäftigen wir uns viel mit Hunden. Meine Frau ist ein Hundemensch, sie ist mit Hunden aufgewachsen, sie weiss mit Hunden umzugehen, sie weiss alles über Hunde.
An diesem Hundeauslaufplatz stellen wir uns einfach an den Zaun und schauen den Hunden zu. Wie sie einander jagen, einander beschnüffeln, wie sie reagieren, wenn neue Hunde auf das Gelände kommen. Manchmal fühlt es sich an wie eine Sozialstudie und es ist immer sehr unterhaltsam. Gestern verliebten wir uns beide in den gleichen Hund.

Heute kam auch eine ältere Frau mit einer Freundin und einem Hund. Ein schöner, großer Hund. Ich kannte das Gesicht dieser Frau. Es war diese ostdeutsche Schauspielerin, mir fiel nur ihr Name nicht ein. Auch meine Frau flüsterte, die kenne ich doch.
Sie war offenbar das erste Mal da, sie fragte, ob man da einfach hinein dürfe. Die Umstehenden nickten.
Sie verhielt sich sehr auffällig, redete laut. Nicht unsympathisch, aber da merke ich immer, wie unfassbar anstrengend es sein muss, vom Schauspiel zu leben. Deine Währung ist dein Gesicht. Es ist nicht dein Charakter, nicht deine Musik, nicht deine Texte, nicht deine Bilder, es ist dein Gesicht. Es ist genau jener Körperteil mit dem höchsten Wiedererkennungswert, mit dem du durch die Welt laufen musst. Und was noch schlimmer ist: die Menschen lieben dein Gesicht in Zusammenhang mit einem Wesen, das du mal vor der Kamera vorgetäuscht hast, im besten Fall überzeugend, aber eben vorgetäuscht. Jetzt läufst du da mit einem Gesicht durch die Welt, ein Gesicht, das alle kennen, alle interpretieren irgendwas in dich hinein, aus irgendeiner Rolle, die du einmal gespielt hast, alle haben eine Projektion auf dein Gesicht. Und dahinter bist du ein völlig fremder Mensch.
Ich stelle mir das so anstrengend vor. Schauspieler sind in der Öffentlichkeit auch immer die Unentspanntesten. Sie werden ständig erkannt, werden immer wahrgenommen, sobald sie das Haus verlassen. Sind immer in einer Rolle. Nie einfach nur da.

Sie redete, verhielt sich theatralisch, reproduzierte sich, sie war jetzt diese berühmte Schauspielerin auf dem Hundeplatz. Menschen schielten sie an.

Als wir zuhause waren googelte ich sie, es gibt Fotos von ihr mit ihrem schönen, großen Hund, da ist er noch ein Welpen und sitzt auf ihrem Schoß. Irgendwie schön, das.

[Samstag, 23.10.2021 – Hörnchen, Norrlands Guld]

Gegen Mittag machen wir eine lange Runde im Volkspark Friedrichshain. Beide Bunkerberge und eine weite Umrundung. Wir haben viele Dinge zu besprechen.
Am südlichen Ende des Parks, wenn man vom großen Berg herunterkommt auf dem Weg zu dem kleinen Teich, gibt es auffällig viele Eichhörnchen. Auffällig viele unerschrockene Eichhörnchen. Zwei uns entgegenkommende Frauen haben Walnüsse bei sich. Ein der Frauen bückt sich und hält einem Hörnchen die Packung hin. Das Hörnchen kommt und holt sich die Walnüsse aus der Packung.
Ein anderes Tier nähert sich meiner Frau und mir. Meter für Meter. Macht bei jedem Meter eine kurze Pause. Prüft die Situation. Als es nahe genug ist, springt es mich an und klettert mein Bein hinauf. Menschen lachen. Ich finde das nur theoretisch lustig.

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Am Abend spielt Hertha gegen Gladbach. Die große Frage ist, ob das gute Spiel vom letzten Wochenende eine unerwartete Ausnahme war, oder ob sich die Mannschaft gefangen hat. Letzteres ist der Fall. Ich habe keine Ahnung, welche Mannschaft in den vorausgehenden 7 Spielen auf dem Platz gestanden hat. Wie ausgewechselt. Es ist natürlich kein zauberhafter Kunstfussball, sondern ein kämpferischer, athletischer Stil, zu mehr ist diese Mannschaft natürlich nicht in der Lage, aber dennoch, ich liebe diesen Stil, das Ablaufen der Bälle, ein Bein, das in die Flugbahn des Balles gestellt wird, den Ball im Liegen wegkicken, die Grätschen. Wo ist der Angsthasenfussball der ersten 7 Spiele geblieben?

Vielleicht liegt es am Norrlands Guld.

Hach. Diese gute Laune. Sie hält auch dieses Wochenende an. Am Dienstag spielen wir gegen Münster im Pokal. Am Freitag gegen Hoffenheim. Drei Spiele hintereinander zu gewinnen ist selten. Ich glaube, bei uns war dies das letzte Mal in der zweiten Liga der Fall. In dieser Woche werden wir also statistisch wieder verlieren. Die gute Laune sollte daher genossen werden.

[Freitag, 22.10.2021 – veganer Burger, edition Schelf]

Schon seit zwei Tagen vergesse ich, mich um den Notfallpass zu kümmern. Die Botschaft hat nur wenige Stunden am Tag geöffnet. Nein keine Ausrede. Ich bin nur eine Mischung aus zu faul und zu dusslig, um mir einer Erinnerung zu setzen.

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Am Abend gehe ich zur Premiere der neuen Buchreihe „Edition Schelf“. Meine Frau musste leider absagen, daher fragte ich bei Freundinnen nach, wer hingehen würde. Eine der Angeschriebenen wollte da sein, so trafen wir uns vorab um eine Kleinigkeit zu essen. Wir gingen zu diesem veganen Burgerladen in den Schönhauser Arkaden.

Obwohl ich mich weder vegetarisch noch vegan ernähre, esse ich tatsächlich äußerst selten Fleisch. Zum einen, weil ich nicht besonders gut darin bin, es zuzubereiten, aber auch, weil es mir nicht besonders gut schmeckt. Das heisst nicht, dass ich es nicht mag, aber es schmeckt mir halt nicht besser als, wasweissich, eine marinierte und gegrillte Aubergine. Insbesondere prozessiertes Fleisch, wie Wurst oder auch Burgerpatties, da geht es eher um die Würzung und weniger um das eigentliche Fleisch. Ob die Masse aus Tier oder Pflanzen besteht, ist für mich völlig zweitrangig.

Neuerdings greife ich in Restaurants öfter nach veganen Speisen. In den meisten berliner Lokalen gibt es mittlerweile eine vegane Auswahl. Man muss nicht immer vom Tier essen. Ich empfinde diesen Fokus auf das Tier oft etwas angelernt. Und weil die industrielle Tierhaltung ökologisch ohnehin katastrophal ist, passt mir das ganz gut.

Der Burger bei Vegan Vincent ist jedenfalls ziemlich gut.

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Edition Schelf. Ich war ja schon beim inoffiziellen Sneak-Preview und kenne die vorgelesenen Texte bereits. Ich finde den organisatorischen und auch wirtschaftlichen Aspekt dieses Projektes sehr spannend. Eine Edition für Novellen. Novellen sind zu unwirtschaftlich für herkömmliche Verlagsstrukturen und vermutlich auch zu riskant für eine Offsettdruckproduktion. Es wäre nicht überraschend, wenn gerade der Digitaldruck aber auch das Digitalformat die Veröffentlichung von Novellen begünstigt. Ich kenne die Entwicklung dazu nicht. Ich sage nur, er wäre nicht überraschend.

[Donnerstag, 21.10.2021 – Sturm]

Heute war Sturm. Ignatz. Sogar die Webseite der Bahn war träger als sonst.

Morgens auf dem Fahrrad hatte ich viel Gegenwind. Zwei Mal kam ich komplett zum Stehen. Ich tretete immer langsamer und langsamer, bis ich zum Stillstand kam. Das Fahrrad kippte nicht, ich blieb sitzen, aber bewegungslos. Der Wind, das Fahrrad und ich. Eine Erinnerung in Bernstein.

Abends pustete mich der Wind allerdings nach Hause. Meist ist es so, dass ich bei Sturmperioden immer Gegenwind habe. Morgens kommt mir der Wind meist aus dem Westen entgegen, mittags dreht er dann und kommt aus dem Osten. Heute war das anders, am Abend wurde ich nach Hause gepustet.

Abends sitzen wir wieder auf dem Balkon. Ich habe bereits meine Hose ausgezogen, ziehe mir aber eine gefütterte Windjacke über und setze mich mit nackten Beinen raus.

Wir reden.

[Donnerstag, 20.10.2021 – Reisepass, Tromsö]

Langsam wird es Zeit, den neuen Reisepass zu beantragen, wenn wir Anfang Dezember nach Tromsö wollen. Ich war immer sehr optimistisch und schob es zugegebenermaßen vor mit her, da ich die Webseiten der italienischen Botschaft ganz furchtbar konfus finde. Aber weil mir nahegelegt wurde, dass ich mich etwas beeilen sollte, da es zeitlich eng werden könnte, setzte ich mich heute an den Bildschirm und kämpfte mich erfolgreich durch den Seitenwust der Ambasciata. Jetzt habe ich einen Termin. Es ist der Ersttermin. Den Pass erhalte ich dann womöglich ein paar Wochen später. Der Ersttermin ist der 30. Dezember. Genau. Ein Tag vor Silvester. Das ist sehr inkompatibel mit der geplanten Reise Anfang Dezember. Ich bin kurz vor schlechter Laune. Ich schreibe meine Freundinnen an. Ein unkontrolliertes: ich-kann-nicht-nach-Tromsö-weil-mein-Pass-erst-in-drei-Monaten-verlängert-wird. Es ist ein unkontrollierter Reflex, damit dieser Satz nicht im Magen landet. Es funktioniert und niemand ist zu Schaden gekommen. Im Gegenteil, es wird mit mitgeteilt, dass Botschaften auch so etwas wie Notfallpässe ausstellen. Muss ich morgen mal hinterhertelefonieren.

[Dienstag, 19.10.2021 – bars]

Heute früh taten wir etwas sehr ungewöhnliches. Nachdem ich meine Frau weckte, setzten wir uns auf den Balkon und tranken dort unseren Kaffee. Das haben wir noch nie gemacht. Und das war sehr schön.

Wir reden über Bars. Wie anders man in Italien in Bars geht. Als ich ein sechzehnjähriger Lehrling war, traf ich mich mit meinen Kolleginnen morgens immer in der Bar. Dort rauchten wir zwei oder drei Zigaretten und tranken einen Espresso oder Macchiato und gingen danach in die Arbeit. Das war jeden Tag so. In Bozen gibt es an jeder Ecke Bars, in denen man morgens einen Espresso trinkt und Freundinnen trifft. Das machen Studentinnen so, Schülerinnen, Arbeiterinnen, Sekretärinnen, alte Leute, junge Leute. Man geht morgens schon in die Bar und trinkt einen Espresso. Die kosteten auch nicht viel, 800 Lire vielleicht, das sind heute 40 cent. Natürlich ist das heute etwas teurer, aber dennoch: man trinkt einfach kurze Kaffees und redet währenddessen mit Menschen. Manchmal fügt man dem Espresso einen Grappa hinzu, manchmal trinkt man statt dem Espresso einen Weisswein, aber man geht eben ständig in Bars und trifft Leute. Ohne Schnösel, ohne Attitüde, ohne aufgesetztem Bar Feeling,sondern einfach in schlichten Bars, meistens mit vielen Spiegeln, etwas geschmacklosen Tischen und Stühlen, ein langer Tresen, Chipstütenregal, eine laute Kaffeemaschine, die ständig mahlt und rödelt, in Ausmaßen einer mittelgroßen Kirchenorgel.

Ich weiss nicht, warum das in anderen Ländern nicht so funktioniert. Bars in Deutschland sind ja immer schnöselig und aufgesetzt, dieses schnelle mal irgendwo reingehen und einen Macchiato trinken oder ein beiläufiges Glas Weisswein mit jemandem trinken und dann wieder gehen, das gibt es hier nicht so. Auch anderswo nicht. In Spanien vielleicht, aber anders. Macht mich ganz fertig, wenn ich drüber nachdenke.

Das Dorf meines Vaters hat vielleicht 2000 Einwohner, das Dorf hat sieben Bars. Gehste in Deutschland in ein Dorf dieser Größe, da gibt es ein Gasthaus mit Küche. Wenn man Glück hat gibt es in jedem dritten Dorf eine Kneipe. Die dann noch ab Mittag aufmacht.

Macht mich fertig.

Danach redeten wir über Julian Reichelt. Was die Leute zu vergessen scheinen: Döpfner ist immer noch da.

[Montag, 19.10.2021 – Arkonaplatz]

Die Nackenschmerzen mit in den Montag genommen.

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Später am Nachmittag führte ich ein längeres Telefonat mit einem Mitglied des Fanclubs. Es ging um die Vorbereitung von einigen Aktivitäten im nächsten Sommer. Wir haben unterschiedliche Ansichten dazu. Mehr zum Inhalt des Thema schreibe ich vielleicht wenn es so weit ist bzw. im nächsten Sommer. Mal sehen.

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Es hätte eigentlich ein längerer Abend in der Firma werden sollen, aber der Termin wurde kurzzeitig abgeblasen. Gleichzeitig postete ein Freund in der Fanclubgruppe, dass Unioner den Arkonaplatz vollgestickert hatten und rief dazu auf, sich in den nächsten Tagen mal zu organisieren.

Ich saß da mit dem gecancelten Termin, hatte daher ein Stündchen frei und schrieb: also ich könnte in 20 Minuten am Arkonaplatz sein.
Und so trafen sich eine Stunde später etwa fünf erwachsene Leute am Arkonaplatz um die Wiege von Hertha BSC zu säubern.

[Sonntag, 17.10.2021 – Nackenweh, Kartoffel, Beweisfoto]

Ein Tag mit sehr schlimmem Nackenweh. Am Nachmittag googelte ich nach Videos von Nackenübungen. Genauer gesagt gibt es eine Übung, den Atlas zu trainieren, die Übung kannte ich, aber ich merke sie mir nie, muss ich immer googlen.
Bin mir nicht sicher, ob es geholfen hat. Vielleicht ein bisschen. Zumindest fühlt sich der Nackenschmerz jetzt anders an.

Die gute Laune zum gestrigen Sieg hielt auch noch den Sonntag lang. Ich weiss nicht, wie Bayernfans mit diesen ganzen Siegen umgehen. Immer mit guter Laune durch die Wochenenden gehen. Irre.

Am Abend koche ich alle Gemüsereste der Woche zusammen. Ich stoße dabei auf ein interessantes Phänomen. Die Idee war, Kartoffel und anderes Gemüse zu vierteln und in den Backofen zu legen. Normalerweise ist das Gemüse dann in 25 Minuten fertig. Diesmal gab ich das Gemüse in eine Tonform und mischte die übriggebliebene Tomatensauce von der Pasta des Vortages dazu. Von der Sauce gab es nicht besonders viel, es bedeckte nur etwa einen halben Zentimeter des Bodens und natürlich überzog es auch das Gemüse. Aber diesmal brauchten die Kartoffeln 2 Stunden. Und wenn ich ganz ehrlich bin, fand ich die Kartoffeln nach zwei Stunden immer noch nicht ganz durch. Es hat vermutlich mit der Feuchtigkeit zu tun. Verstanden habe ich es aber noch nicht.

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Übrigens, bezugnehmend auf den Eintrag von vorgestern, hier das Beweisfoto, dass im Dezember 2010 Eisschollen in der Nordsee trieben:

[Samstag, 16.10.2021 – Auswärtssieg, Ladung Split]

Die zwei Tage mit wenig Schlaf und viel Alkohol setzen mir einigermaßen zu. Es wird ein langsamer Tag. Aber das wusste ich vorher schon. Ich bewege mich lange zwischen Bett und Schreibtisch. Hin und her und hin und her.

Bis zum Spiel (15:30 Uhr) will ich angezogen und bereit sein für den Tag. Hertha spielt in Frankfurt.
Es ist ein richtig gutes Spiel. Das erste gute Spiel der Saison. Die Pässe funktionieren, die Angriffe werden zu Ende gespielt, die Bälle werden abgefangen, es wird schon im Mittelfeld verteidigt.

Beim 2:0 klingelt es an der Tür. Ich lasse mich niemals während eine Spiels stören. Alles kann immer warten. Es sei denn, es klingelt an der Tür. Das mit der Tür ist vermutlich ein Reflex, Türklingeln klingt für mich wie eine Alarmsituation. Das heisst: jemand braucht dringend etwas, jemand will mich warnen, oder es gibt Geschenke. Ich stehe also auf und beantworte die Tür. Die Nachbarin steht unten, sie fragt mich, ob ich ihr und ihrem Ehemann mit dem Anhänger helfen kann. Sie haben eine Ladung mit 800kg Split, die in den Hof geschoben werden muss. Ich werde panisch und sage, ich könne jetzt unmöglich, es laufe gerade Fussball und wir stünden 2:0 vorne. Ob sie denn nicht bei jemand anderem klingeln könne. Ich sage sorry und nochmal sorry und lege auf. Doch schon zurück in der Küche weiss ich, dass ich die Welt jetzt nicht einfach so stehen lassen kann, wie ich sie gerade stehen lassen habe. Dabei geht es mir nicht einmal so sehr darum, dass ich jemandem helfen will, es geht mir vor allem darum, dass ich mich nicht mehr dem Spiel hingeben kann, mit dem Wissen, dass ich die Nachbarn gerade hängen lasse. Wenn sich dadurch der Spass nicht mehr heraufbeschwören lässt, dann kann ich genau so gut schnell runtergehen.

Meine Frau lacht nur. Sie hat mich laut abwägen gehört, wusste aber, dass ich hinuntergehen würde. Weil ich mich immer aufspringe, wenn es darum geht, nachbarschaftliche Dinge zu erledigen. Sie nennt es Pflichtbewusstsein. Ich bin mir da nicht so sicher.

Das Spiel endet jedenfalls 2:1. Und ich freue mich auf ein Wochenende ohne schlechte Laune.

[Donnerstag und Freitag, 14./15.10.2021 – Trinken im Südwesten und alte Freunde]

Donnerstagabend war ich mit Fanclubfreundinnen im „Fränkys“ in Friedenau. Die erste der Kneipen, die während Corona von der Aktion Herthakneipe unterstützt wurden. Aktion Herthakneipe war eine Initiative, in der u.a. mein Fanclub involviert war, mit der an Wochenenden oder an Spieltagen online Zoom-Meetings abgehalten wurden, em eine Herthakneipe zu simulieren. Für jedes Bier, das die Anwesenden tranken, bezahlte man das Äquivalent des Preises in der Kneipe auf ein Paypal Konto ein. Die Tageseinnahmen wurden dann jeweils ausgewählten Herthakneipe überwiesen. Fränkys war der erste.

Die Initiative war sehr erfolgreich und brachte vor allem Herthafans außerhalb Berlins zusammen.

An dem Abend ass ich eine riesige Kohlroulade. Sie war so groß wie mein Unterarm. Glücklicherweise bestand sie aber größtenteils aus Kohl. Ich war in dem Moment so verfressen. Nach der Kohlroulade ass ich noch mindestens ein Viertel des Flammkuchens meiner Tischnachbarin auf, die diesen wegen versehentlich verstreuten Speckwürfeln nicht mehr aufaß. Als der Flammkuchen aufgegessen war, hätte ich am liebsten noch einen ganzen bestellt.

Vom ersten „ich werde bald mal gehen“ bis zum tatsächlichen Aufsperren der Haustür vergingen etwa drei Stunden. Ich schreibe das gerne dem Südwesten Berlins zu. Alles im Südwesten Berlins ist so weit weg von allem. Vor allem von meiner Wohnung. Es wurde allerdings auch noch Mampe eingeschenkt und noch ein kleines Bier und dann noch ein kleines Bierchen.

Am nächsten Morgen war mir schlecht. Richtig schlecht. So schlecht, dass ich nicht den Tagebucheintrag schreiben konnte. Nach vier Stunden Schlaf blieb ich wach, und hing mehrmals mit dem Kopf über der Kloschüssel. Dabei hatte ich gar nicht so viel getrunken. Es muss etwas anderes gewesen sein. Ich nahm kein Frühstück zu mir, es wäre nicht im Magen geblieben, schlafen konnte ich auch nicht mehr, so fuhr ich einfach ins Büro. Das letzte Mal, an dem ich ohne Frühstück oder mindestens einen Kaffee, in den Tag gegangen bin, war ich bestimmt noch ein Teenager.

Gegen 11 Uhr versuchte ich es mit einem Kaffee. Er blieb drin. Danach begann es mir besser zu gehen.

Am Abend waren meine Frau und ich mit einem lange befreundeten Paar verabredet. Sie sind vor einigen Jahren nach Minden gezogen und seitdem sehen wir uns nicht mehr so oft. Während Corona zoomten wir einige Male miteinander und wir schmiedeten Pläne, sie in Ostwestfalen zu besuchen, allerdings wollte es bisher nicht klappen.
Wir trafen uns in der Markthalle unterm Pfefferberg an der Schönhauser Allee. Ich beschrieb den Ort bereits vor einigen Wochen. Ich ass wieder diese umwerfenden Tacos als Vorspeise und danach teilte ich mir mit meiner Frau eine Pizza vom Salami Social Club.

Mit den beiden verbrachten wir vor etwa 10 Jahren das schönste Silvester meines Lebens. Das war auf Amrum. Es war Sturm, es schneite, ganz Norddeutschland war im Schnee versunken, die Fähre nach Amrum, die wir eigentlich nehmen wollten, fiel aufgrund der Wetterbedingungen aus. Aber es fuhr an dem Tag noch eine. Die nahmen wir dann und es sollte die letzte Fähre für die nächsten beiden Tage bleiben.

Danach waren wir 4 Tage auf Amrum eingeschneit. Dicke Eissschollen stapelten sich am Strand auf, wir liefen über diese meterhohen Schollen. Wenn ich das heute jemandem erzähle, dann glaubt das ja niemand. Wie jetzt Eisschollen in der Nordsee sowas gibt es ja gar nicht. Ich werde heute oder morgen die Fotos dazu raussuchen. Das war nämlich wirklich so.