[Mittwoch, 21.7.2021 – weitermähen, Fabelwesen]

Heute habe ich dann weitergemäht. Am Ende vergass ich, die Strecke per GPS abzulaufen, ich weiss daher nicht genau, wie viele Meter ich heute vorangekommen bin, aber ich glaube es war eine ähnliche Strecke wie gestern, also weitere 70 Meter. Ich müsste mich auf der Hälfte des Weges befinden. Das geht leider sehr langsam. Für nächsten Sommer muss ich mir eine andere Lösung ausdenken. Eigentlich wollte ich einen Rasenmäher kaufen. Das Grundstück liegt mitten im Wald, es handelt sich also eher um Gras und weniger um Rasen, aber das müsste doch auch funktionieren. Und den Waldweg kann ich damit sicherlich auch irgendwie bearbeiten, auch wenn ich mit dem Mäher sicherlich improvisieren muss, weil der Waldweg sehr uneben ist und ich würde behaupten, dass Rasenmäher für gerade Oberflächen optimiert sind.
Es wird mit einem Rasenmäher aber trotzdem wesentlich schneller gehen als mit diesem rotierenden Grassschneidegerät. Doch meine Frau hat etwas gegen den Rasenmäher. Sie findet das verwilderte Gras ums Haus herum schön. Ich hingegen denke bei wildem Gras immer an Schlangen und Zecken und anderen Insekten die man nicht sieht, auf die man drauftretet. Es ist nicht so, dass das Haus von hohem Gras umgeben ist, am Anfang des Sommers kommt ein Bauer und mäht einmal das ganze Gras, aber danach eben nicht mehr. Ausser ich mähe es in meinen sporadisch auftauchenden Phasen der körperlichen Übermotivation. Dann greife ich zu einem rostigen, manuellen Rasenmähgerät, mit dem ich stundenlang über die Wiese laufe.

Nun, da wir am Samstag wieder nach Berlin zurückfahren, werden wir die Entscheidung Diskussion wohl auf nächstes Jahr vertagen.

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Vom Rasenmähen habe ich tatsächlich Schmerzen an meinen Oberarmen, aber die Schmerzen sind nicht so stark wie erwartet, sondern eher ein Gefühl, das mir auf eine gute Art Sexyness vorgaukelt, weil ich das Gefühl habe, neue Oberarmmuskeln aktiviert zu haben und eine der erstaunlichen guten Sachen am Gewichtsverlust sind diese geilen Oberarme, die man kriegt wenn das Fett weggeht. Also echtjetzt. Ich mähe hier schwitzend im Tanktop im Wald herum und lasse meine Oberarmmuskeln spielen. Ich sollte in Testosteronreklame mitwirken.

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Später wird man ein riesiges Insekt von meinem Tanktop pflücken. Ich bin hier schon öfter monströsen Insekten begegnet. Insekten, die ich noch nie gesehen habe. Insekten mit großen, haarigen Köpfen, oder exzentrischen Farben und dicken Beinen und großen Flügeln.
Es gibt hier ums Haus herum und unten beim Fluss viele große Insekten. Wenn ich mich aber noch tiefer in deren Gebiet hineinbegebe, wenn ich im hohen Gras stehe, fernab der Wege, zwischen den Bäumen. Wo manchmal das Sonnenlicht nicht durchzukommen scheint. Wo man nicht mehr richtig weiss, aus welcher Richtung die Geräusche kommen. Dann weiss ich wie nahe man Fabelwesen kommen kann.

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Gegen 5 hole ich meine Frau und ihre Mutter aus Boras ab. Ich teste den zur Hälfte rasierten Waldweg. Ja, man kann ich schon befahren, trotz des hohen Grases. Es ist halt nicht ideal. Bei einem TÜV vor einigen Jahren, hat der Prüfer mehrere dicke Graskuchen aus der Unterseite meines Wagens gezogen und dabei die Augenbrauen hochgezogen. Ob das wirklich schlecht ist, kann ich nicht sagen. Hochgezogene Augenbrauen kann man so beurteilen und so beurteilen.

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Auf Webseiten wird mir Werbung für Mähroboter angeboten. Das erzeugt Gefühle großen Ärgers in mir.

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Eigentlich hatte ich heute ein Telefondate mit meiner Schwester. Sie konnte erst gegen zehn Uhr. Ich bekam aber Kopfweh und bat sie, unser Telefonat zu verschieben.

[Dienstag, 20.7.2021 – Elektriker, Mähen]

Dienstagfrüh checkte ich als erstes den Karton unter dem Auto. Ich konnte keine Öl- oder andere Flecken entdecken. Das wertete ich als gutes Zeichen.

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Nach dem Frühstück war mein Schwiegervater beim Elektriker im Nachbardorf verabredet. Es ging darum einige technische Details zu klären. Ich wollte unbedingt mit. Aus Neugierde, Menschen beim Leben zuzusehen. Zu sehen, wie der Elektriker wohnt, wo er wohnt, wie er sich eingerichtet hat, wie seine Frau aussieht, was sie im Alltag anziehen, wie man sich mit Schweden trifft, redet etc.
In diesem Zuge sollten meine Frau und ich ihn kennenlernen, da wir in Zukunft öfter mit ihm zu tun haben werden.

Das Dorf, in dem der Elektriker lebt hat 651 Einwohner und ist eine kleine, niedliche Siedlung entlang einer schmalen, von Laubbäumen umsäumten Strasse. Viele Häuser sind ehemalige Bauernhäuser, natürlich aus Holz und in rotweiss, die Häuser haben so viel Abstand zueinander, dass man ziemlich privat und unbehelligt von anderen leben kann, aber dennoch nah genug, dass es sowas wie eine soziale Kontrolle gibt. Soziale Kontrolle meine ich in diesem Sinne positiv.
Das Haus des Elektrikers ist ein zweistöckiger Holzbau mit einer hölzernen Veranda, etwa 50 Meter rechts des Weges. Auf dem Grundstück stehen zwei Scheunen, eine größere und eine kleinere, dahinter befinden sich Felder. Drei langhaarige Katzen begrüßen uns und lassen sich streicheln. Der Elektriker kommt heraus und bittet uns zu einer hölzernen Sitzgarnitur, die neben dem Haus in einer wind- und sonnengeschützten Bereich steht. Wir brauchen nur ein paar Minuten, es geht ums Abstimmen von ein paar Details, es wird daher kein Getränk oder Kaffee serviert. Ich sage bei der Begrüssung sofort, auf schwedisch, dass ich kein Schwedisch spreche, um zu vermeiden, dass er glaubt ich sei ein Dödel, der den Mund nicht aufmacht und immer ein bisschen so guckt als würde er nix verstehen.
Er trägt ein Metal Tshirt und hat einen Spitzbart. Er wirkt nett. Seine Frau kommt dann auch heraus. Sie ist vermutlich mitte vierzig, trägt Tshirt und Shorts, sie sieht aus, als würde sie in Prenzlauer Berg herumlaufen, aber der Schwiegervater hat mir erzählt, dass sie immer mit einem dicken Traktor über die Felder fährt. Ich bin beeindruckt.

Auf der Rückfahrt bitte ich den Schwiegervater durch das Dorfzentrum zu fahren. Das Dorf hat kein richtiges öffentliches Leben mehr. Es gab mal einen Bahnhof und der Ort war jahrunderte lang bekannt für überregionale Käseherstellung. Der Bahnhof wurde aber stillgelegt und Käse wird seit den dreissigerjahren nicht mehr produziert. Es wird hier also nur noch gewohnt und auf kleinerer Ebene gearbeitet.

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Am Nachmittag mähe ich den Weg mit diesem tragbaren Mähgerät. Der kleine Akku hält genau zwanzig Minuten, der große Akku etwas mehr als eine Stunde. Nach fast zwei Stunden bin ich ziemlich erschöpft. Die Bewegungen, die ich beim Mähen absolviere sind mir sehr fremd, meine Unterarme sind völlig kraftlos geworden und wenn ich ein Glas in der Hand halte, zittere ich bzw ich kann das Glas gar nicht richtig festhalten. Auch fühle ich einige Muskelstränge in den Oberarmen, von denen ich nicht wusste, dass sie da sind. Ich fürchte ein wenig den Muskelkater von morgen.

Von den 300 Metern, die ich mähen sollte, habe ich etwa 70 geschafft. Es geht wesentlich langsamer als gedacht. Die 70 Meter sind ungefähr, mit Strava kann man per GPS Streckenverläufe aufnehmen. WIe genau das ist, weiss ich nicht, aber Schritte sind es 85. 70 Meter könnte also stimmen.

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Danach bin ich körperlich ziemlich erschöpft. Ich bekomme Whiskey aus Orkney und Bier aus Göteborg. Das wandelt die Erschöpfung in Cremigkeit um. Das ist nicht schlecht. Dann beginnen die Vorbereitungen für das Essen, ich sitze vor dem Haus auf der Bank und schäle Kartoffeln. Es gibt warmgekochten Lachs.

[Montag, 19.7.2021 – Akku, Waldwegen mähen]

Am Morgen werde ich von unserem Dienstleister in Amsterdam angerufen. Es gibt Schwierigkeiten mit einer Lieferung in unserem Rechenzentrum in Amsterdam. Ich telefoniere hin und her, dann schaue ich in meine Emails und merke, dass ich sofort in de Arbeitsmodus umgeschaltet habe. Und ich merke, dass es gut wäre, wenn ich mich um zwei oder drei Dinge kümmern würde. Dann kümmere ich mich um dieser zweidrei Dinge. Gegen ein Uhr klappe ich aber den Laptop zu und gehe runter vors Haus. Man trinkt Kaffee und es gibt Brot mit Käse und Wurst.

Meine Frau und ich wollen ins nächste Dorf fahren. Das ist etwa 17 Kilometer entfernt. Wir brauchen einen größeren Akku für den Grassschneider. Mit dem Grassschneider will ich den Weg aus nördlicher Richtung freimähen, damit man besser mit dem Auto durchkommt. Der nördliche Weg ist in einem schlechten Zustand, er ist holprig und wird nicht gewartet. Seit die Brücke gesperrt ist (siehe gestrígen Eintrag) würde dieser Weg für uns eine wesentliche Verkürzung der Fahrtzeit bedeuten, wenn man beispielsweise nach Boras oder Göteborg fahren will. Wir würden uns ganze acht Kilometer sparen. Aber wegen des jetzigen Zustands, nehmen wir lieber die extra Kilometer in Kauf.
Weil wir diesen Weg so selten verwenden, ist er permanent mit hohem und dichtem Gras zugewuchert. An dieser Stelle muss ich vielleicht erwähnen, dass es sich hier um nicht asphaltierte, unbefestigte Waldwege handelt.
Dieser Grassschneider ist eine akkubetriebene Maschine mit einem rotierenden Draht am vorderen Ende, mit dem ich hohes Gras kürzen kann. Der Akku, der mitgeliefert wurde hält aber nur etwa 15 Minuten und ich will nicht alle 15 Minuten zurücklaufen um den Akku aufzuladen, deswegen der größere Akku. Und ich kann sie dann auch abwechselnd laden.

Ich werde also das hohe Gras zu kürzen versuchen und langfristig sollte man sich vielleicht überlegen, den Weg richtig zu warten. Kiesel streuen und mit Traktoren festfahren. Waldwege zu warten ist leider aufwändig und es kann auch kostspielig werden, wenn man es gut machen will. Es gibt eigene Gesetze und auch Abgaben für die Wartung dieser Wege. Ich kenne mich mit diesen Gesetzen nicht so genau aus, aber ich weiss mittlerweile, dass dieser heruntergekommene Weg nicht unter diese Gesetzgebung fällt. Ob und wie wir ihn benutzen, obliegt also vollkommen unserer Verantwortung.
Der Weg ist etwa 300m lang. Das hört sich erstmal nicht nach so viel an, aber 300m sind auch ein knappes Drittel eines Kilometers. Diesen knappen Drittelkilometer muss ich mit einem sich drehenden Kabel Schritt für Schritt auf einer Breite von 2,5 Metern abmähen. Vermutlich muss ich die Strecke zweimal ablaufen.

Ich habe aber totale Lust darauf.

Im Dorf gehen wir dann auch einkaufen und auf dem Rückweg möchte ich unbedingt zwei kurze Abstecher machen. Zuerst zu diesem wilden See. Der See heisst Björnsjön, also Bärensee. Ich habe diesen See auf Googlemaps gesehen, erliegt weit abgelegen und es führt ein Waldweg hin. Wie er da so auf Googlemaps fern von Menschen am Ende eines sehr verlassenen Waldweges liegt. Ein bisschen gruselig finde ich den schon. Deswegen muss ich da hin.

Und der andere Abstecher ist zu einem kleinen Berg auf den man mit dem Auto hochfahren kann. Der Berg heisst übersetzt Rabenberg. Wir waren bereits vor drei Jahren einmal auf diesem Berg. Auf dem sogenannten Gipfel gab es nur Bäume, man konnte nirgendwo hinsehen, deswegen zogen wir etwas enttäuscht wieder ab. Heute sah ich aber auf Googlemaps, dass die den ganzen Berg gerodet haben. Weil ich wissen will, was wir damals an Aussicht verpasst haben, fahren wir diesen steilen Waldweg hinauf. Der Weg ist sehr schlecht und wir übersehen zwei große Steinbrocken auf der Strasse. Sie schlagen voll in die Unterseite des Autos ein. Meine Frau fuhr und das verhagelte ihr total die Laune. Sie wollte da nicht hochfahren, sie hat es nur getan weil ich so insistierte und jetzt dieser sich ungut anhörende Doppelschalg auf der Unterseite, was wenn das Auto beschädigt ist und wir nicht mehr damit nach Berlin kommen.

Die Stimmung ist mies. Wir streichen den Bärensee von der Liste der Unternehmungen und fahren zurück. Was ich aber noch erwähnen muss. Der gerodete Berg sieht apokalyptisch aus. Eine Landschaft, als wäre ein Ufo gelandet und hätte den Wald niedergemäht. Dafür kann man weit sehen. Man sieht Wälder, Hügel und einige verlassene Seeen. Der Wald da unten ist da so dicht, zu diesen Seeen werde ich vermutlich nie gelangen.

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Als wir zuhause ankamen schlägt der Schwager vor, einen großen Karton unters Auto zu legen, dann würden wir am nächsten Tag sehen, ib die Unterseite des Autos einen Schaden an Öl- oder anderen Leitungen zugefügt hat. Da wir noch die riesigen Kartons vom Ikeasofa und dem Ikeabett in der Scheune haben, lege ich einfach einen der Kartons auf die Wiese und parke das Auto darauf. Das Auto passt genau auf den Karton. Irre.

Und dann ist schon Beer o‘ clock. Wir öffnen uns ein Bier und setzen uns auf die Bänke vors Haus. Bald danach kochen wir und dann ist auch schon 23 Uhr.

[Sonntag, 18.7.2021 – gesperrte Brücke]

Heute endlich ein kühler Tag. Es wird 22 Grad nicht überschreiten.

Seit einigen Jahren ist eine wichtige Brücke, die zu unserem Häuschen führt gesperrt. Der Hintergrund dazu ist, dass ein Unternehmer einen Staudamm für die Stromgewinnung errichten will, dies aber politisch verhindert wird. Weswegen er sich weigert, eine Brücke, die auf seinem Grundstück steht, zu warten. Er sagt, sie sei baufällig und er wolle sie nicht sanieren, weswegen er sie nun aus Sicherheitsgründen schliessen müsse. Er nutzt das seit einigen Jahren als Druckmittel. Für uns ist das nicht das große Problem, wir fahren einfach einen Umweg über holprige Waldstrassen, aber für die Bauern und deren schweren Maschinen, sowie deren Milch-Laster sind die guten und kurzen Wege wichtig, weshalb es zu einem Thema in der Gemeinde geworden ist.

Einer der Gründe, warum man ihm den Bau verwehrt, sind der Naturschutz aber auch der Denkmalschutz. An dieser Stelle im Fluss leben seltene Muscheln, von denen man bisher dachte, sie seien ausgestorben. Ein anderer Grund ist eine mittelalterliche Mühlenruine die unter Denkmalschutz steht.

Meine Frau und ich nahmen heute bei unserem täglichen Waldspaziergang einen Abstecher zu dieser gesperrten Brücke und der alten Mühle.
Die Brücke ist bei näherer Betrachtung wirklich verrottet. Zumindest oberflächlich, die Geländer sind rostig und teilweise abgebrochen. Aber das sagt natürlich nix über die Statik aus. Sie ist allerdings so schmal, dass ich mich wundere, wie hier jahrelang die großen Milchtanker drüberfahren konnten.

Unter der Brücke ist ein Wasserfall. Am Wasserfall stehen alte Mauern. Das ist die alte Mühle. Wir machen viele Fotos.
Am meisten beeindruckt mich die gesperrte Strasse zur Brücke. Es sind nun vielleicht drei Jahre vergangen, dass hier keine Autos mehr fahren. Hohe Gräser und kleine Sträucher spriessen aus der Asphaltdecke hervor. Es erstaunt mich, wie schnell das ging.

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Zuhause helfe ich dem Schwager mit der Kühlung seines PC’s. Er hat einen riesigen PC, den er mit Wasser kühlen will. Prozessor und Grafikkarte wird also an flexiblen Rohren angebunden, die mit durch eine Pumpe das Wasser zirkulieren lässt. Der Schwager nimmt dafür eine rote Kühlflüssigkeit und die Rohre sind durchsichtig. Es sieht gut aus, finde ich.

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Die niedrigere Temperatur weckt wieder die Lebensgeister in mir, ich bin wesentlich aktiver und frischer.
Oben habe ich gelogen, als ich von unserem täglichen Waldspaziergang schrieb. Der tägliche Waldspaziergang bezog sich auf die vorherigen Jahre. Da liefen wir die Strecke täglich. Vier oder fünf Kilometer. Aber bei 34 Grad mache ich das einfach nicht. Die Temperatur erdrückt mich, heizt mich auf, macht mich träge. Bei 22 Grad will ich nichts wie raus in den Wald.
Vielleicht ja wieder täglich.

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Ein gelbes Hemd mit kurzen Ärmeln aus Boras.

[Samstag, 17.7.2021 – Borås]

Gestern gab mit meine Frau ein Antihistaminikum um besser zu schlafen. Das ist das gleiche Mittel das in Vick MediNait steckt. Mich haut das erfahrungsgemäß immer weg. Allerdings brauche ich auch am nächsten Tag noch lange Zeit um mich davon zu erholen.
Heute früh schlafe ich durch bis neun. Dann gehe ich frühstücken und nach dem Frühstück bin ich wieder platt. Ich muss mich hinlegen vor lauter Kraftlosigkeit.

Gegen Mittag muss ich mich aber zwingen, aufzustehen. Meine Frau und ich wollten heute nach Borås, das ist die nächste größere Stadt in der Gegend. Wir fahren jedes Jahr mindestens ein mal nach Borås. Borås ist nett, nicht unbedingt pittoresk, aber es hat eine gemütliche Innenstadt an einem Park mit Wasser und kleinen Fussgängerbrücken. In Boras gehen wir oft zum Rathausplatz und trinken da einen Kaffee oder wir essen eine Kleinigkeit an diesem großen Platz unten beim Kanal.

Fast immer gehen wir shoppen. Ich gehe immer zu Dressmann. Dressmann ist ein Modegeschäft für Männer, dort finde ich immer etwas. Diesmal kurze Hosen und ein Hemd mit kurzen Ärmeln. Ich habe seit einigen Wochen Kleidung mit kurzen Gliedern verstanden und für gut befunden.

Früher hatten sie bei Dressmann auch immer gute und exzentrische Anzugswesten. Ich habe Anfang der Woche schon einmal von Anzugswesten geschrieben. Also ich besitze viele Anzugswesten. Viele davon habe ich im Laufe der Jahre bei Dressmann gekauft, weil sie immer spezieller waren als anderswo. Meist mit einem schrägen Innenfutter oder zum Beispiel mit einem schreiend pinken Muster auf der seidenen Hinterseite. Vorne konservativ grau, hinten schreiend pink. Das mag ich. Oder psychedelische Muster. Auch gut.

Vor zwei Jahren hörte das auf. Vermutlich wurde der Westeneinkäufer ausgetauscht und der Neue hat einfach einen anderen Geschmack. Eine Person an der falschen Stelle und schon ändert sich alles. Seitdem habe ich auch keine neue Westen mehr gekauft. Auch online finde ich die Westen meist zu konservativ. Also konservativ kann ganz OK sein, ich habe auch viele konservativen Westen und auch die trage ich gerne. Aber davon gibt es halt ein Dutzend Variationen aber das wars dann auch schon.
Ja, Westen, ein schwieriges Thema.

Bajen – ein Text aus 2018. Warum mein Auto in Schweden mit Vorurteilen konfrontiert ist.

Wir fahren an der Borås Arena vorbei. Heute spielt Elfsborg IF aus Boras gegen Östersund FK. Östersund ist ja dieser nette Club aus Nordschweden, gegen den Hertha in der Europa League vor vier oder fünf Jahren so kläglich verloren hat. Östersunder Fussballspielerinnen müssen einmal in der Saison ein Theaterstück einstudieren und vortragen. Eine schöne Geschichte.

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Es hat hier immer noch 31 Grad und es ist staubtrocken. Es ist gerade schwer, sich die Katastrophenlage im Rheinland vorzustellen.

[Freitag, 16.7.2021 – Göteborg, Sofa, Bett]

Heute sind wir also zu Ikea nach Göteborg gefahren. Der Ablauf war strategisch durchgetaktet.
Wir würden:

  • zuerts mit dem Auto nach Borås fahren
  • dort einen kleinen LKW mieten
  • mit dem LKW zu Ikea fahren
  • Sofa und Bett kaufen
  • die Möbel ins Sommerhäuschen bringen
  • das alte Sofa und Sperrmüll in den LKW laden und zum Recyclinghof bringen
  • dann zurück nach Borås, LKW zurückgeben und das Auto abholen
  • zu ICA einkaufen
  • zurück nach Hause

Wir fuhren um halb neun Uhr hier los und waren gegen halb vier Uhr nachmittags fertig. Mein Schwager und ich begannen gleich Sofa und das Bett aufzubauen, damit das erledigt ist. Dafür brauchten wir nochmal anderhalb Stunden, vielleicht ein bisschen mehr.
Danach setzten wir uns hin, auf den Bänken vor dem Haus im Schatten. Wir öffeneten uns ein Bier. Der beste Moment.

Ich war danach ziemlich geschafft. Das Essen und das Bier versetzte mich in einen komatösen Zustand. Ich ging ziemlich bald ins Bett.

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Funfact: in Göteborg fuhren wir am Forschungszentrum von AstraZeneca vorbei. Dieser Schriftzug Astrazeneca. Ich musste es es einfach fotografieren. Dieses Iconosität. Iconighaftigkeit.

[Donnerstag, 15.7.2021 – Sonne meiden]

Die Aufnahmen mit dem Reisemikrophon sind etwas leise geworden. Und es nimmt mehr Hintergrundgeräusche auf. Ausserdem kommt ein leichtes Grundrauschen mit. Aber eventuell stammt das auch vom Laptop und seinem Lüfter.

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Es ist offenbar ein Fliegen- und ein Schmetterlingsommer. Schmetterlinge sind natürlich toll, auch wenn man manchmal davon erschrickt. Ständig begegnet man den flatternden Freunden, sich verirren sich ins Haus, landen auf Oberschenkeln und auf Tischen, Stühlen. Es wirkt nicht, als hätten sie die Flugsteuerung wirklich unter Kontrolle. Spass machen sie dennoch, weil sie diese simple Freude wie Blumen auslösen. Und sie sind besser als Mücken. Mücken bin ich bisher noch keinen begegnet, bis auf die großen Pferdemücken gestern unten im Moor.
Aber eben auch viel Fliegen. Fliegen nerven total.

Es misst 34 Grad. In Berlin wären es entspannte 27. Mein Vater in den Bergen berichtet von 16 Grad und Regen. Verrückte Welt. Okay, den Berg kann man nicht unbedingt als Vergleich heranziehen. Aber ich sehe die Bilder von den Überschwemmungen aus dem Reinland, Düsseldorf, Wuppertal, das sind vielleicht 900km Luftlinie.

Ich schaue mir Insta-Stories und Tweets der Leute aus dem Rheinland an. Wir sitzen draussen im Schatten auf den Bänken und quatschen. Wir reden über die Überschwemmungen, wir reden über Peter R. de Vries. Meine Frau schält Kartoffeln für den Kartoffelsalat am Abend, wir werden grillen. Sie zählt die Toten. Im Laufe des Tages kommt sie immer wieder mit einer neuen Zahl. Und sie sagt mir, dass Peter R. de Vries jetzt im Krankenhaus verstorben ist. Ich kannte Peter R. de Vries noch aus der Zeit als ich in den Niederlanden lebte. Das war in den Neunzigern, ich schaute das total gerne, auch wenn mir der Typ mit seinem leicht narzisstischen Sendungsbewusstsein auf RTL5, sehr suspekt war. Den Narzissmus dichte ich ihm jetzt an, weil er sich bei den Ermittlungen immer sehr zu inszenieren wusste. Aber er funktionierte. Seine Reportagen waren unheimlich spannend und er löste Fälle mit einer Abenteuerlust, und mit einer Hartnäckigkeit.

Ich habe heute wirklich nicht viel getan. Ich saß nur draussen im Schatten vorm Haus und mied die Sonne.

Dann schmeissen wir den Grill an. Es gibt verschiedene Arten von Würsten und Haloumi. Ich finde es immer schade, dass so wenig Essen in einen Bauch passt.

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Morgen fahren der Schwager und ich nach Göteborg ein neues Sofa kaufen. Das alte Sofa wurde im Winter von Mäusen heimgesucht. Es muss eine riesige Kolonie im Haus überwintert haben, ein Teil des Sofas haben sie als Klo verwendet, es gab offenbar einen riesgen, stinkigen Klumpen zwischen Kissen und einer der Armlehnen. Überhaupt soll es ein Mäusewinter gewesen sein. Das hat offenbar der Kammerjäger gesagt. Es habe in seinem Leben noch nie so viele Mäuseplagen gegeben.
Wir fahren also nach Boras, mieten einen Lieferwagen und fahren nach Göteborg. Da liegt offenbar das nächstgelegene Ikea. Ich dachte wirklich, dass hier in jedem mittelgroßen Kaff ein Ikea steht. Aber das ist wohl nicht so. Verständlich. Es laufen hier ja auch nicht überall Pipis in langen Strümpfen rum. Okay, alberner Witz. Ich habe tatsächlich noch nie ein Ikea gesehen in den 12 Jahren, die ich jetzt jährlich nach Schweden komme.

Morgen muss ich also früh aufstehen. Vermutlich bringe ich diesen Eintrag dann schon vor dem Bettgehen online.

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Mir fällt ein, dass ich schon in 2018 Tagebuch über meinen Urlaub in Schweden geführt habe.

[Mittwoch, 14.7.2021 – Vordingsborg, Weiterfahrt nach Schweden]

Ich habe ein Reisemikrophon dabei um dieses Blog aufzunehmen. Hoffentlich stört das nicht, wenn die Qualität sich ändert. Ich habe bereits gemerkt, dass die Eingangslautstarke auf meinem Laptop höher ist. Die Aufnahmen, die ich unterwegs einspreche, sind daher etwas lauter und das Reisemikro wirkt etwas trockener. Man kann es sich aber gut anhören, soweit ich das von unterwegs einschätzen kann.

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Am Morgen sage ich dem Hotelchef, dass ich das Zimmer nicht von aussen verschliessen kann. Er lächelt und sagt: doch das geht. Er zeigt mir den Trick. Ich muss den Schieber auf der Innenseite waagerecht legen, dann kann ich auch von aussen zusperren. Ich ahnte es. Ich sage: andere Länder andere Schlösser. Er sagt: nein, es ist nur ein altes, schrottiges Hotel.

Dann gehe ich duschen. Als ich nass bin, drücke ich auf den Duschgelspender. Aber es kommt nichts raus. Ich schaue mich im Badezimmer um, es gibt auch keine anderen Seifen. Es ist fast schon klischeehaftig.

Der Frühstücksraum im Hotel ist eng. Die Leute tragen keine Masken. Es sind vor allem ältere Menschen, sie werden vermutlich alle vor mir sterben. Aber die Fenster sind geschlossen und zwei Tische weiter hustet ein Mann ständig. Mich nervt das, also stehe ich auf und gehe. Es geschieht selten, dass ich das Frühstück überspringe.

Daher gehe ich ins Dorf und schaue mir die Dinge an. Es ist gar nicht so ausgestorben wie mir der Hotelchef gestern weismachen wollte. Ausserdem ist es in Teilen sogar richtig schön. Unmittelbar neben dem Hotel gibt es eine Einkauffstrasse, mit mehreren Bars und einigen Restaurants. Vier oder fünf nur, aber das ist mehr als nur eine Pizzeria. Vielleicht hatten wir uns bloss missverstanden.
Die Kaffees haben noch geschlossen. Es ist neun Uhr. Das erste öffnet um zehn. Mitten im Zentrum gibt es eine Ansammlung von Ruinen. Es ist ein Park mit alten Mauern. Und darauf steht ein hoher, ziemlich intakter, mittelalterlich anmutender Turm. Ich laufe zu den Ruinen, es gibt ein Besucherzentrum, Menschen arbeiten, sie bereiten vermutlich den Besuch der Touristinnen vor. Ich laufe bis zum Ende hin, da gibt es eine Aussichtsplatform, man kann den Hafen überblicken. Die ganze Anlage, die Größe des Ortes und auch die Dimension des Hafens, das wirkt für mich als wäre dieser Ort einmal wesentlich bedeutender gewesen. Auf dem Rückweg hole ich mir eine Broschüre und in der Tat, war der Ort Vordingborg im Mittelalter eine sehr bedeutende Stadt.
Vordingborg schläft um diese Uhrzeit aber noch, also checke ich aus und fahre los in Richtung Norden.

Dieses Jahr nehme ich die Öresundbrücke anstatt der Fähre in Helsingborg. Üblicherweise nehme ich die Fähren, damit ich die gesamte Fahrt dritteln kann und während der Überfahrten Pausen einlegen kann ohne Zeit zu verlieren. Diesmal bin ich schon mitten in Dänemark, ich entscheide mich also für die Brücke und für die pausenlose Durchfahrt.
Das wird sich eher als Fehler herausstellen. Da ich nur eine Coladose und zwei Snickers bei mir habe, werde ich sehr müde und quäle mich ein wenig. Das schlimme dabei ist: ich checks nicht. Fünf Stunden lang. Erst etwa 20 Minuten vor Ankunft merke ich, dass ich Hunger und Durst habe.
Als ich bei unserem Häuschen ankomme bin ich ziemlich erschöpft. Ich kriege aber sofort zu essen (Wurst und Brot und Wasser) und schon bald geht es mir besser.

Es ist sehr warm hier. Wärmer als in Berlin. Morgen wird es noch wärmer. Um 16Uhr habe ich noch einen Call mit dem Geschäftsführer. Wir müssen noch ein paar Details im Jahresbudget klären. Das war so abgesprochen. Draussen beginnt ein Unwetter. Der Donner bringt die Wände zum Beben. Mein Gesprächspartner fragt, ob ich mich da in einer sicheren Umgebung befinde. Ich versichere ihm, dass das der Fall ist.

Später hört es auf zu regnen und die Temperatur steigt wieder an. Der Schwiegervater beginnt mit der Zubereitung des Abendessens. Meine Frau und ich wollen noch ein Stück spazierengehen. Wir gehen hinunter zum Fluss und laufen noch ein Stück weiter durch den Teil, den ich immer Moor nenne. Das ist kein richtiges Moor, aber es ist eine sehr feuchte Ebene, die im Frühjahr oft vom Fluss überschwemmt wird. Üblicherweise sind in dem Moor immer viele Insekten, aber heute ist es ganz besonders schlimm, vermutlich wegen des Unwetters und wegen der drückenden Schwüle, also der Feuchtigkeit in der Luft. Ich werde plötzlich total nervös, ich werde regelrecht von Pferdemücken überfallen. Ich fange an, wild um mich zu schlagen und überall beginnt es mich zu jucken. Also drehen wir um. Dann ist alles wieder gut.

Nach dem Essen legen wir uns bald schlafen.

[Dienstag, 13.7.2021 – Fähre, Dänemark, Hotel]

Am Vormittag hatte ich noch ein paar Dinge für die Firma zu erldigen, ich konnte es aber alles von zuhause aus klären. So schaffte ich es nebenher noch zu packen und meine Reiseliste abzuarbeiten.

Um 14 Uhr steige ich dann ins Auto und fahre los in Richtung Rostock. Ich habe die Fähre um 17:45 gebucht und mir ein bisschen Puffer eingeplant, ich bin eine Stunde früher da, aber das ist okay, an einem Fährhafen zu stehen weckt bei mir immer große Urlaubsgefühle. Wenn ich da am Auto stehe und mich strecke, während links und rechts sich die Autos und LKWs einreihen und in der Ferne die Schornsteine der Schiffe und der Fähren vorbeiziehen.

Am Fährhafen überwältigt mich der Drang, meine Reisegefühle auf Socialmedia zu posten. Whatsapp Status, Facebook und Instastory. Während ich so auf die Fähre warte, lerne ich sogar, wie man eine Insta Story mit Musik erstellt. Mit Iggy Pops Passenger. Es passt perfekt. Ich spamme alle Kanäle voll.

Die Einreise in Dänemark läuft ohne Zwischenfall. Man muss einen negativen Test vorweisen können. Die Polizei steht wie immer bei der Ausfahrt des Hafengeländes, aber sie nehmen wahrscheinlich nur Stichproben. Zu mir schauen sie herein, winken mich aber weiter.

Ich hatte ein billiges Zimmer in einem Hotel in Vordingborg. Das ist etwa eine Stunde vor Kopenhagen. Irgendwo in der Mitte meiner dänischen Strecke. Der Ort wirkt etwas verfallen. Der Hotelparkplatz ist zum Teil eine Brachfläche mit verrosteten Gerätschaften.
Es gibt eine Terrasse, aber die Bar hat gerade geschlossen. Auf der Terrasse sitzen noch Menschen. Fast alles Männer. Es gibt auch eine Frau. Sie sitzt mit einem Mann am Tisch. Ich überlege, ob sie dafür bezahlt wird, mit dem Mann am Tisch zu sitzen. So wirkt sie aber nicht.

Der Rezeptionist ist ein älterer, gemütlicher Herr, er sagt „You must be Marcos, from Berlin“. Er scheint auf mich gewartet zu haben. Er ist freundlich jovial und sagt mir, ich solle die Maske abnhemen, hier trüge man keine Maske mehr. Ich weiss nicht ob er damit das Hotel meinte oder Dänemark. Ich winke ab und sage, haha, ach ich bin es gewohnt Maske zu tragen.
Ich frage, ob ich noch etwas zu essen bekomme, er verneint, im Hotel gäbe es keine Küche, und er bezweifelt, dass ich hier etwas zu essen bekäme, aber ich könne hier rechts aus dem Hotel rausgehen ins Dorfzentrum, es gäbe eine Pizzeria, die vielleicht offen hat. Es ist zehn Uhr.

Das Hotel ist eine sehr einfache Unterkunft, bei näherer Betrachtung ist sie sogar etwas siffig. Der Teppichboden klebt, es hängt der Geruch von alten Männern in der Luft, die Bettwäsche fühlt sich unsauber an. In der Summe, sind 100€ ein stolzer Preis. Aber mir ist es egal, wenn ich alleine bin, stört mich das nicht so sehr. Ich werde eine kleine Runde durch den Ort machen und mich dann schlafenlegen.

Als ich das Zimmer verlassen will, merke ich, dass ich das Zimmer nicht von aussen verschliessen kann. Das Zimmer war schon bei meiner Ankunft offen. Ich probiere lange herum. Wenn ich eine wichtige Sache in meinem Leben gelernt habe, dann ist es das Wissen, dass andere Länder andere Schlösser haben. Es ist wirklich eingerartig, wie unterschiedlich in Ländern Türschlösser gehandhabt werden. Aber nach längerem Probieren merke ich, dass sich das Zimmer schlichtweg nicht von ausser verschliessen lässt. Ich laufe zur Rezeption, aber der Mann ist nicht mehr da und es gibt auch keine Klingel und auch das Licht ist bereits ausgeschaltet. Auch auf der Terrasse sitzt niemand mehr.

Das werte ich als Zeichen. Ich werde mir den Ort morgen Vormittag ansehen. Mittlerweile bin ich richtig gespannt darauf zu wissen, wo ich hier gestrandet bin.

[Montag, 12.7.2021 – Edelspeisen, Reisevorbereitungen]

Es ist ein vollgepackter Tag. Morgen breche ich nach Schweden auf und ich muss im Büro noch alles zu Ende bringen bzw übergeben.

Mittags gehe ich mit meinen Impfunterlagen zur Apotheke und lasse mir die Verifizierung für den Impfpass geben. Ab Freitag habe ich den theoretischen vollen Impfschutz, was die Bewegungen zwischen den Ländern etwas erleichtert. Aber dennoch werde ich schon morgen fahren. In zehn Tagen, am 25.7 will ich wieder zurück in Berlin sein, ich möchte aber auch ein paar extra Tage in Schweden.

Am Abend bin ich mit den Chefs der Firma in einem sehr edlen Restaurant am Potsdamer Platz verabredet. Da ich mit kurzer Hose und einem engen Tshirt unterwegs bin, habe ich am Morgen zur Sicherheit eine Anzugsweste eingepackt. Anzugswesten geben immer den Anschein, dass man Geschmack hat, man kann Anzugswesten also gut zu Tshirts und kurzen Hosen tragen und es sieht nicht ganz so ungepflegt aus, da es vortäuscht, dass man sich Gedanken gemacht hat. Meine Essensbegleiter sitzen da in Jeans und Trainingskleidern. Nur der Engländer trägt ein Jackett mit einem Einstecktuch.

Das Essen kommt in vielen kleinen Schüben. Mit Betonung auf klein. Auch wenn ich die Qualität der Speisen in solchen Lokalen sehr schätze, passt das langsame Tempo nicht zu meinem Biorythmus. Ich verspüre den ganzen Abend über Hunger, den ich in Wein zu ersäufen versuche. Was sich positiv auf meine Laune auswirkt.
Ich bin der einzige Heterosexuelle in der Runde und merke wieder einmal, wie entspannt und stilvoll man mit homosexuellen Männern über Sex reden kann, das geht mit heterosexuellen Männern nicht.

Sie haben in solchen Lokalen noch kein gutes Bier, solche Lokale sind meist etwas konservativer und hängen dem Zeitgeist hinterher, Bier ist immer noch minderwertig und mit industriellem Fernsehbier gleichgesetzt. Sie haben also nur Radeberger oder Carlsberg oder sowas, ich trinke deswegen Wein, was ich mittlerweile sehr selten trinke, da meistens ich die Lokale aussuche und ich checke vorher immer die Bierkarte. Wein ist für mich gefährlich, wenn ich nicht aufpasse, dann trinke ich Wein in einem ähnlichen Tempo wie Bier, und Wein hat bekanntlich doppelt so viele Umdrehungen wie Bier. Das ging schon ein paar Mal nicht gut aus.

Gegen Mitternacht fahre ich nach Hause. Zuhause buche ich noch die Fähre für morgen. Ich habe mittlerweile einen genaueren Zeitplan im Kopf. Der Plan ist, am Nachmittag gegen ein oder zwei Uhr loszufahren, irgendwo mitten in Dänemark hatte ich bereits ein kleines Hotelzimmer gebucht. Sechs Stunden Fahrt. Dann habe ich am nächsten Tag noch eine ähnliche Fahrtzeit und komme am frühen Nachmittag an.