[Mi, 7.6.2023 – Frau Fragmente reist in die Arktis]

Frau Fragmente machte sich heute auf den Weg nach Longyearbyen. Zuerst wird sie einen Tag in Oslo verbringen, am Donnerstag landet sie dann in der Arktis. Ich schmeisse dafür auch Twitter wieder an und checke ständig ihren Whatsapp Status.

Sie erzählte mir von der anstehenden Reise bei unserem Treffen vor drei Jahren. Ich musste damals meine eigene Reise verschieben und war endlos enttäuscht, wirklich endlos enttäuscht, ich fühlte eine körperliche Enttäuschung, dass ich nicht nach Spitzbergen reisen konnte, das Gefühl war ähnlich körperlich und nachhaltig wie der Abstieg von Hertha dieses Jahr. Später musste auch sie die Reise verschieben, ich glaube, das hatte mit Corona zu tun, wie später auch wieder bei mir, auch bei mir verschob sich die Reise letztendlich auf dieses 2023.

Aber sie fährt jetzt. Leider spielt das Wetter nicht ganz so mit. Ich bin ein bisschen neidisch, aber lieber neidisch, sogar lieber endlos neidisch, als endlos enttäuscht.

[Di, 6.6.2023 – Umhängetäschchen, Shoppen]

Auch Pal Dardai kann jetzt nicht mehr mit dem Flieger in seinen Urlaub fliegen. Er hat jetzt ja einen Hund. Genau mein Schicksal. Lange Autofahrten. Er sagte, die 7 Stunden an den Balaton seien anstrengend gewesen, aber er tue das aus Liebe zu seinem Hund. Das sind genau meine Gefühle.

Heute traf ich meine Fussballfreundin. Wir haben uns seit langem nicht mehr gesprochen, wir hatten viel aufzuholen. Wir gingen sogar zusammen shoppen, ich habe nämlich das Problem, dass ich nie weiss, wo ich im Sommer Schlüssel, Handy und Kacktüten unterbringen soll. Wenn ich keine Jacke trage, beule ich immer die Hosentaschen aus, weil ich alles darin unterkriegen muss. Ausserdem zieht es die Hose runter, was die Lücke zwischen Hose und Tshirt vergrössert und zwischen Hose und Tshirt befindet, sich, genau, meine haarige Wampe.

Heute kaufte ich dann ein Umhängetäschchen. Man hängt es sich um den Oberkörper, es ist aber wesentlich kleiner als eine Laptoptasche. Es passen rein: Schlüssel, Telefon, Kacktüten, Dauerkarte, Führerschein. Und es bleibt noch Platz für Notfälle. Deo zumbeispiel, oder was weiss ich.
Und das Wichtigste: es sieht nicht scheisse aus. Diese Täschchen oder Bauchtaschen sehen immer gleich nach Outdoortourismus und Funktionsjacken aus, muss man höllisch aufpassen.

Ich fand also eine für 12€. Sie ist nicht schick, aber sie hilft mir vorerst mit meinem akuten Problem. Jetzt habe ich Zeit, mir etwas passenderes zu suchen.

[Mo, 5.6.2023 – wir stammen doch von den Pflanzen ab, stammen wir nicht?]

Morgens im Park, bei 14 Grad in kurzen Hosen und Tshirt in der wärmenden Frühlingssonne stehen. Ein Cocongefühl. So muss Mutterbauch gewesen sein. Mein Reflex ist es, die Augen zu schliessen, ich bilde mir ein, dass mein Gesicht tausende kleine Fühler ausstreckt um das ganze Licht einzufangen. Wir stammen doch alle von Pflanzen ab, stammen wir nicht?

[So, 4.6.2023 – Volksparks, Cornwall zwei, Brauerei in der Arktis]

Einen langen Spaziergang im Volkspark Prenzlauer Berg gemacht. Der Stimmungsunterschied zwischen den Volkspärken Friedrichshain vs Prenzlauer Berg ist wirklich beeindruckend. Sie sind gerade einmal 1km voneinander entfernt und könnten kaum unterschiedlicher sein. So ist der erste ab einer Temperatur von 15 Grad völlig überfüllt und verschmutzt, während der Zweite sogar an einem warmen Sonntag im Hochsommer leer und verwildert bleibt. Es hat vermutlich mit den umliegenden Kiezen zu tun. Der eine ist umgeben von schönen Grunderzeitkiezen mit schönen Menschen mit schönen Zähnen und schönen Kindern, der zweite liegt ausserhalb des Sbahnrings umgeben von Ostplatten und Schrebergärten.
Dieser verwilderte, grosse Park ist eine echte Wohltat.

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Weiter zur Reise nach Cornwall. Gestern gestaltete sich die Planung der Reise nur etwas holprig, heute ging es aber komplett schief. Weil wir uns grösstenteils auf Reisedaten und Eckdaten geeinigt hatten, buchte ich schliesslich eine Ferienwohnung in Falmouth und auch die Flüge hatten wir bereits ausgesucht, glücklicherweise hatte ich sie aber noch nicht gebucht. Dann stellte nämlich eine meiner Schwester fest, dass sie in jener Woche nicht verreisen kann. Sie war im Kalender um eine Woche verrutscht. Lustig ist es schon. Aber auch ärgerlich.
Das ist in meiner Familie aber immer so, deswegen auch nicht weiter überraschend. Ich ahne aber, dass wir dieses Jahr nicht mehr gemeinsam verreisen werden.

Weil ich dann doch etwas frustriert war, beschloss ich, mich umso mehr auf die Reise in die Arktis zu freuen und buchte einen Tisch in der Brauerei in Longyearbyen für den Oktober. Die nördlichste Brauerei der Welt. Ich habe einen Termin auf Spitzbergen. Sofort ging es mir besser.

[Sa, 3.6.2023 – Reisen]

Meine Schwestern und ich kommen mit der Planung für Cornwall nicht gut voran. Es gibt immer Meinungen und Fragen bleiben unbeantwortet. Wir haben uns aber fast auf die Tage geeinigt. Fast wäre aus der Reise nach Cornwall eine Reise nach Frankreich geworden, jetzt ist es aber wieder eine Reise nach Cornwall.

Dafür fahren meine Frau und ich nächste Woche nach Schweden. Das Sommerhaus aufmachen und vorbereiten. Ein paar Tage alleine mit Hund im Wald verbringen. Mal schauen ob das meiner Leere gut tut. Wobei: es geht mir schon wesentlich besser. Zumindest glaube ich das.

Am Abend kam meine Frau von ihrer Dienstreise zurück. Wir öffneten uns ein Bier und sassen lange auf dem Balkon. Diese Abende bei 18 Grad. Das ist das beste der Welt.

[Fr, 2.6.2023 – Tshirts]

Apropos Kugelbauch. Schon seit mehreren Tagen wird mir Tshirtwerbung in meine Timeline auf Insta gepült. Es sind Tshirts, die garantieren, das Beste aus echten Dadbods zu holen. Dadbod, das ist das was ich also habe, den Body eines Daddies. Die Marke wirbt damit, dass man die Arme heben kann, ohne dass die Wampe darunter rausrutscht. Ich könnte natürlich auch XL oder XXL kaufen, da rutscht auch nix darunter raus, weil sie lang genug sind, ich trage aber immer enge Tshirts, weil es nichts bringt, den Bauch zu kaschieren, ich habe keine Lust darauf einen Kartoffelsack zu tragen, ich zelebriere meinen Körper lieber als ihn zu verstecken, zumindest so lange es stilvoll ist, weil darum geht es ja immer, es geht um den Stil. Wenn mein haariger Bauch unterm Tshirt rausrutscht, dann ist das nur in gewissen Clubs von Vorteil. Aber nicht bei Edeka oder im Hundepark.

Heute bestellte ich also 3 Tshirts von der Marke, die mir ständig in die Timeline gespült wird. Ich verlinkte sie jetzt mal nicht, solange ich nicht weiss, ob das wirklich brauchbar ist. Sie Marke heisst True Classic. Tja. Ob das ein guter Name ist, weiss ich nicht, aber der Mann, der im Werbevideo die Arme hebt, ohne dass der Bauch darunter rauslugt, der hat mich überzeugt.

Neben „True Classic“ gibt es noch „Son of a Taylor“. Die werben mit einem ähnlichen Product. Die haben einen guten Namen, finde ich.

[Mi/Do, 1.6.2023 – Stroh, Kugelbauch]

Am Mittwochmorgen fuhr meine Frau zu einem beruflichen Termin ins Ausland. Als ich die Hündin nicht hatte, freute ich mich immer auf mein Strohwitwerleben. Vor Corona verreisten wir beide ständig und wir genossen diese Tage wenn eine von uns alleine zuhause war. Mit dem Tier hat sich das für mich geändert. Es ist nicht schlimm, aber man fühlt sich nicht mehr alleine. Ich fühle mich manchmal gerne alleine. Einfach aufstehen, unbekleidet herumlaufen auf nichts und niemanden zu achten, mein komplettes persönliches Programm abspulen.
Jetzt habe ich ein Tier, das mich ständig beobachtet. Manchmal habe ich das Gefühl ich müsse den Bauch einziehen wenn sie mich anstarrt.

Donnerstagfrüh gab es gleich berufliche Komplikationen, die ich klären musste. Ich hatte zuerst sehr schlecht geschlafen, meine Smartwatch zeigte 2h und 15min Schlaf an. So ungefähr fühlte ich mich auch. Ich sass von 8 bis 13Uhr in mehreren Calls, meine Augen waren rot. Aber es ging alles gut. Ich konnte mich jedoch nicht um den Tagebucheintrag kümmern. Ich bin damit etwas nachlässig geworden, ich bin mir nicht ganz sicher warum das so ist. Es hat sicherlich auch mit der neulich beschriebene Leere, die den Output aufraucht, zu tun, andererseits geht es mir wieder ein bisschen besser. Egal, nur so ein angefangener Gedanke.

Am Abend begann ich mit den Schwestern und der Mutter die Planungen für unsere Cornwall Reise. Eine der Schwestern hat offenbar panische Flugangst, das wusste ich gar nicht. Das verkompliziert alles ein wenig.
Später ging ich auf die letzte Runde mit der Hündin. Ich hatte Joghurt zu Abend gegessen, zwei grosse Becher, also fast einen ganzen Kilo. Mein Bauch war davon völlig aufgebläht. Eigentlich wollte ich in den Hundeauslauf gehen, aber mein Bauch bildete eine dermassen grosse Kugel, dass er ständig unter dem Tshirt herauslugte. So konnte ich unmöglich unter Leute gehen. Ich lief also etwas vornübergebeugt durch abgelegene Strassen des Kiezes.

[Di, 30.5.2023 – Leer, Verfressenheit des Hundes]

Bin derzeit so leer. Es geht mir gut, aber ich bin leer. Ich dachte, es läge an Herthas Abstieg, aber das zog mich nur zwei Tage lang runter, und leer fühlte ich mich vorher schon. Das blöde ist, dass ich gar nicht weiss, was ich ändern sollte, im Urlaub würde ich mich nur noch leerer fühlen, auf einer Reise auch, dabei gehen die Dinge auf der Arbeit gerade gut, auch sonst geht eigentlich gerade alles gut, ich fühle mich nur einfach leer. Bisschen kraftlos. Ich würde gerne schlafen.

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Die Läufigkeit der Hündin ist jetzt so gut wie vorbei. Die Dogwalkerin will aber noch eine Woche warten. Ich lasse sie aber schon seit einer Woche frei laufen. Sie ist derzeit aber unkonzentriert, sie hört nur zu 30%, aber die Grundeinstellung stimmt immerhin, sie verlässt beispielsweise nicht den Bürgersteig ohne meine Erlaubnis, damit ist schon einmal das allergrösste Risiko gebannt. Aber sie ist so verfressen. Wenn wir spazierengehen, habe ich das Gefühl, dass sie nur nach Essen sucht. Und das findet sie natürlich. Ausgeleerte Erdnüsse, zetretene Eiswaffeln, umgekipptes Proteinpulver, Joghurtbecher, Chipstüten, halbe Döner. Vor allem Sonntagmorgens gleicht Berlin einer Abfallhalde.

Ich kompensiere die Leere mit Ärger.

Aber ich arbeite gerade gut. Das macht Spass. Immerhin.

[Mo, 29.5.2023 – Pfingstmontag, Autowaschanlage, Gewöhnung ans Hundesitting, Helmholtzkiez]

Es ist Pfingsmontag.

Die Nachbarin mit der ich am Vortag Pizza essen war, hatte mir zugesagt, dass sie mit mir in die Autowaschanlage fährt. Mein Auto ist superschmutzig. Es ist von einer dicken, klebrigen Schicht und Staub überzogen und über das ganze Auto sind grosse Flecken von Vogelscheisse verteilt. Ein paar davon in lila, also von Vögeln, die Beeren gegessen haben.

Ich traue mich aber nicht alleine in die Waschanlage zu fahren. Ich habe das bisher nur ein Mal mit Hilfe einer Freundin gemacht und das ist lange her, ich weiss nicht, was ich da tun muss, wie ich mich zu verhalten habe, ob ich auf alles vorbereitet bin. Die Nachbarin ist eine sehr routinierte Autofahrerin und sie hatte mir gestern zugesagt, dass sie mich begleitet.
Wir trafen uns also um 13Uhr vor dem Haus und fuhren in die Waschanlage, kamen wieder mit einem sauberen Auto aus dem Tunnel heraus und fuhren wieder nach Hause. So einfach.
Aber kurzer Merkzettel für nächstes Mal, wenn ich das dann alleine mache:

  • Antenne vorher abnehmen
  • Wischautomatik ausschalten
  • Motor auf „N“
  • Alles andere geht fast von selbst.

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Um drei Uhr waren wir bei bei meiner Freundin Frau Casino verabredet. Frau Casino wird im Oktober eine Woche lange auf unsere Hündin aufpassen, wenn wir in Longyearbyen sind. Sie ist als ausgebildete Hundetrainerin mit Hunden sehr erfahren und hat einen Plan. Die Hündin soll sich an die Wohnung gewöhnen, sie wird sie füttern und wir sollen auch einmal für 20 Minuten aus der Wohnung gehen und dann wiederkommen.

Genau so machen wir das. Die Hündin ist dabei sehr entspannt. Das ist gut.
Das wiederholen wir jetzt alle paar Monate oder Wochen.

Ich bin nur noch sehr selten im Helmholtzkiez. Das war früher mein Berlin. Auch in den Neunzigern schon. Während wir heute so durch den Kiez spazierten fühlte es sich an, wie durch eine Memory Lane zu spazieren. Hier die Kneipe in der ich Backgammon gelernt habe, hier der Teil des Platzes wo man abends gut kiffen konnte, hier die Kneipe die immer noch so aussieht, hier die Strasse durch die ich immer lief usw. Aber nicht als wären es 5 Jahre her, sondern eine Erinnerung in Technicolor.

[Fr/Sa/So, 26/27/28.5.2023 – etc, Saisonabschluss, Natasha Lyonne]

Es ist diese letzten drei Tage wenig passiert und gleichzeitig waren sie doch sehr anstrengend. Eine seltsame Mischung ist das. Und ich kann die Anstrengung nicht einmal richtig zusammenfassen. Am Freitag blieb ich etwas länger in der Firma, weil wir wieder das Ende des Sprints zelebrierten, wie jeden dritten Freitag. Diesmal aber ohne viel Aufwand, es wurde lediglic etwas gequatscht und getrunken.

Am Samstagmittag gingen wir mit den Schwiegereltern zum Griechen, danach um halb vier fand das letzte Spiel der Saison statt. Wir spielten gegen Wolfsburg in Wolfsburg. Jetzt wo wir bereits abgestiegen waren, spielten mehrere Spieler aus unserem Nachwuchs und wir gewannen am Ende sehr verdient 2:1. Eine seltsame Sache.
Ich habe mich mental bereits auf die zweite Liga eingestellt, insofern fühlte es sich total merkwürdig an, noch einmal erste Liga zu spielen, ein bisschen wie ein Testspiel.
Am Abend ass ich dann nur Salat. Das viele Fleisch vom Griechen zu Mittag hielt immer noch mein gesamtes Verdauungssystem auf Trab.

Sonntagfrüh verabschiedeten wir die Schwiegereltern, danach schauten wir „Poker Face“ zu Ende, diese Serie mit Natasha Lyonne. Ich mag Natasha Lyonne eigentlich. Eigentlich. Sie ist in ihrer Lieblingsrolle aber immer ein bisschen drüber. Ich behaupte jetzt mal, dass es eine ihrer Lieblingsrollen ist, da sie die Serie mitproduziert hat und sie in „Russian Doll“ einen ziemlich gleichen Charakter gespielt hat. Die Figur ist lustig und sympathisch, aber sie ist drüber und drüber funktioniert eigentlich nur in einer Groteske und dafür ist der Film zu wenig grotesk, man merkt einfach, dass sie die Rolle liebt und sie die Rolle überspielt. Das nervt mich ständig.
Ansonsten habe ich das gerne geschaut.

Am Abend gehen wir mit den Nachbarn von gegenüber ins Salami Social Club an der Frankfurter und essen Pizza, dabei trinken wir Bier und es ist ein netter Abend.

So war das. Schwer zu erklären warum wenig geschah und es gleichzeitig sehr anstrengend war. Ich weiss es ja selber nicht.