[Mo, 3.4.2023 – Scheissantrieb]

Zuerst war es ein Arbeitstag im Homeoffice und danach traf ich Freundinnen aus meinem Fanclub.

Wir waren im Eschenbräu verabredet. Diese Brauerei mit einem grossen Schankkeller in einem hässlichen Flachbau am Fusse eines riesigen Studentenwohnheims im südlichen Wedding. Ich gab soeben den Begriff Eschenbräu ins Suchfeld des Blogs ein, es überrascht mich, dass ich noch nie etwas darüber schrieb. Noch mehr überrascht es mich, wie wenig sich das Eschenbräu in all den Jahren verändert hat. Sie könnten ruhig die Preise verdoppeln und der Keller wäre immer noch an sieben Tagen die Woche voll, aber sie machen das schlichtweg nicht. Offenbar hat der Betreiber einen anderen Antrieb als Gewinnmaximierung zu erzielen, sondern etwas anderes, gutes Bier vielleicht, einen vollen Schankraum mit gutgelaunten Menschen, vielleicht etwas anderes, aber eben nicht Gewinnmaximierung.

Ich muss leider eingestehen, dass ich mir ziemlich schnell höhere Gewinnmargen ausrechnen würde. Ich glaube mein einziger Antrieb ist es, nicht arm zu sein. Das ist ein Scheissantrieb.

[So, 2.4.2023 – Werwolf, Korrekturen, Zocken mit den Neffen]

Heute ist nicht viel passiert. Zuerst haben wir ewig lange geschlafen. Danach gefrühstückt und dabei einen norwegischen Horrorfilm namens Vikingulven geschaut. In dem Film taucht ein Werwolf auf, der vor tausend Jahren von den Vikingern aus der Normandie importiert wurde. Seit dieser Zeit tötet er bei Vollmond Menschen in den skandinavischen Wäldern, unweit der Gegend, in der wir unsere Sommer verbringen.
Niemand bemerkte die Morde, bis der Wolf in der jetzigen Zeit die etwas schlecht gelaunte Tochter der lokalen Polizeichefin verletzt und eine weitere Teenagerin auffrisst. Die Tochter verwandelt sich in einen Werwolf und tötet bei Vollmond Menschen. Am Ende steht die Polizistin vor der Wahl, ihre Tochter zu töten oder nicht. Ich vergass, wofür sie sich entschied. Der Film war eher so mittelmässig.

Am Nachmittag arbeitete ich seit langer Zeit wieder einmal an der langen Hausbesetzergeschichte. Ich hatte den Text von zwei geübten Menschen probelesen lassen, ich arbeitete daher die Vorschläge und Korrekturen in den Text ein. Der Text ist so umfangreich und die Geschichte eigentlich ziemlich gut, dass ich sie als eigenständigen Text veröffentlichen möchte. Als Ebook bei Amazon und Tolino oder vielleicht sogar als Digitaldruck o.ä. Für die Einsendung an einen richtigen Verlag ist die Geschichte wiederum zu kurz und der Text nicht, wie soll ich sagen, vielleicht nicht künstlerisch wertvoll genug.
Die Aufarbeitung des Textes geht aber sehr langsam, ich bräuchte einmal mehrere Tage, an denen ich den Text konzentriert final abschliessen kann. Stattdessen arbeite ich immer häppchenweise daran und muss mich jedes Mal neu darin einfinden, das geht schon seit zwei Jahren so, das scheint nicht zu funktionieren.

Am Abend bin ich mit meinen beiden Neffen verabredet. Wir chatten über Discord und spielen Don’t Starve. Aber eigentlich chatten wir vor allem. Der ältere der beiden Brüder spielt lieber Fifa, dafür plaudert er gerne mit uns. Das geht auch, man muss ja nicht das gleiche Spiel spielen.

[Sa, 1.4.2023 – Park im Schlamm, Aprilfische]

Ausserdem habe ich nicht mehr von dem neuen Hundeauslauf hinterm Kosmos berichtet. Ich protokolliere derzeit nicht so gut die Eckdaten in meinem Leben. Wie auch immer, ist der damals erwähnte, kleine und schmutzige Park jetzt ein Hundesauslaufgebiet geworden. Das geht alles auf die Initiative einiger einzelnen Hundehalterinnen aus der Nachbarschaft herum. Jetzt ist es offiziell. Weil er sich wie „unser“ Park anfühlt, schlug letzte Woche jemand vor, am heutigen Samstag eine Putzaktion durchzuführen. Scherben, Kronkorken, Plastik, Dreck. Davon liegt einiges herum. Und auch könnte man die Löcher, die unsere Tiere ständig graben, zuschütten. Dieses Graben von Löchern. Eine seltsame Marotte. Manchmal stehen 5 oder mehr Hunde um ein Loch herum. Ein Hund gräbt, die anderen stehen herum und begutachten das Loch. Ab und zu wechseln sie sich ab. Meine Hündin liebt es, der ausgegrabenen Erde hinterherzujagen.

Heute wollten wir also saubermachen. Viele Leute hatten allerdings bereits im Vorfeld abgesagt, es war zu kurzfristig. Ausserdem hat der Dauerregen den Platz zu einem Schlammfeld ertränkt. In dieser Whatsappgruppe, in der ich mich neuerdings befinde, einigten wir uns darauf, den Termin zu verschieben. In einem Doodle stimmten wir über einen Termin nach Ostern ab.

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Ah, erster April. Ich finde Aprilscherze sehr amüsant, das meine ich wirklich, allerdings ist mir heute kein einziger Aprilscherz begegnet. Früher spielten die Zeitungen dieses Spielchen oft mit, aber in Zeiten von Fakenews, sehen viele Medien ja leider, aber verständlicherweise davon ab.

Auf italienisch nennt man Aprilscherze AprilFISCHE, also „Pesce d‘ aprile“. Meine französische Nachbarin enthüllte mir, dass man Aprilscherze auch in Frankreich nach Fischen benennt, und zwar „Poisson d‘ avril“. Warum das so ist, weiss allerdings niemand, nicht einmal das Internet. Noch erstaunlicher ist, dass man offenbar gar nicht weiss, woher dieser seltsame Brauch des Scherzens eigentlich kommt. Im dazugehörigen Wikipediaartikel gibt es sämtliche, internationale Theorien dazu, aber keine hat sich wirklich durchgesetzt. Ich finde das beachtlich.

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Am Abend waren wir zusammen mit den Nachbarn bei Frau Modeste eingeladen. Aprilfische spielten da keine Rolle. Es gab allerdings Lachs. Lustig ist das nur in diesem Kontext, halblustig. Dafür war der Abend trotzdem kurzweilig.

[Fr, 31.3.2023 – Besuchsdienst, Uber, Hummus, Märchenwald]

Ah, was ich gar nie erwähnte: ich suche schon seit längerer Zeit eine Organisation, die Besuchsdienste für alte Menschen vermittelt. Ich habe bald wieder mehr Zeit. Ich mag alte Menschen. Alte Menschen sind voller Geschichten. Ausserdem sind alte Menschen immer ein bisschen aussen vor.

Im Internet fand ich eine Initiative, die ich anschrieb. Unter der Woche erhielt ich eine Antwort. Die Antwort bestand aus einer langen Reihe an Fragen. Zu welchen Zeiten ich könne, ob ich auch Demenzkranke besuchen würde, ob ich Frauen oder Männer präferiere, welche Bezirke für mich infrage kämen usw. Ich antwortete, dass ich fast nur abends kann, also ab etwa 18 Uhr, dass ich keine Erfahrung mit Demenz hätte, aber wenn es aus deren Sicht unbedenklich sei, dann sei das für mich auch OK, und was das Geschlecht betrifft, so bevorzuge ich Frauen, aber wenn der Bedarf bei Männern grösser sein, dann gerne auch Männer.

Heute kam die Antwort. Wenn ich nur nach 18Uhr könne, gäbe es leider keinen Bedarf. Aber zwei demenzkranke Männer ab 16Uhr. Jetzt muss ich überlegen. Werde wahrscheinlich aber absagen. Diese Uhrzeit kann ab und zu funktionieren, ich kann es aber nicht garantieren.

Am Abend waren wir mit Freunden im Neni am Zoo verabredet. Ich war schon ewig nicht mehr da, ich glaube, das letzte Mal vor zehn Jahren, aber vielleicht habe ich auch das Zeitgefühl verloren, vielleicht ist es nur fünf Jahre her. Wir reden mit dem Taxifahrer über UBER. Er beginnt zu schimpfen. Er untermauert sein Schimpfen aber mit vielen Fakten. Er erzählt Anekdoten von Überfahrern, die am Steuer einschlafen, die nicht richtig fahren können und vor allem erwähnt er die vielen sexuellen Übergriffe, die mit Uberfahrern offenbar passieren. Das wusste ich nicht. Ich finde es vor allem bedenklich, dass eine einzige Firma den internationalen Fahrdienst zu kontrollieren beginnt. Für mich ist das keine gute Entwicklung. Auch wenn ich sonst immer jede Innovation sofort aufgreife, bei Fahrdiensten bin ich immer beim Taxi geblieben. Ich finde an Uber wenig innovativ, ausser, dass sie die Appbenutzung bei Fahrdiensten eingeführt haben.

Im Neni bestellen wir eine riesige Auswahl an Mezzes. Ich könnte mich ja in levantinischer Küche baden. Allerdings bin ich nicht unbedingt Fan von Hummus aus Roter Bete. Das Hummus aus Kichererbsen und Mangopuree finde ich allerdings gelungen.
Übrigens mag ich nachts die Sicht aus dem Neni, oder auch aus der Monkeybar nebenan. Weil man sich hier um 13. Stock am Rande des Tiergartens befindet schaut man gerade so über die Gipfel die Bäume hinaus auf das leuchtende Berlin auf der anderen Seite des Tiergartens, als wäre es eine weit entfernte Stadt. Alex, Brandenburger Tor, Reichstagskuppel, Charite, wie ein entferntes Versprechen hinter dem finsteren Wald, den es zuerst zu überwinden gilt, wie in den Märchen, wo die meisten Prinzen dann aber elend verenden.

Auf der hinteren Fensterseite hingegen, bäm, Kudamm. Ohne Wald dazwischen. Aber das ist natürlich auch super.

[Do, 30.3.2023 – Kühlschrank]

Gegen 1430Uhr kam der Kühlschrank. Ich hatte das Zeitfenster 17-20 Uhr angegeben und war deswegen nicht zuhause. Meinte Frau wollte das riesige Gerät nicht alleine in Empfang nehmen, da sie von zuhause aus arbeitete und bis 17Uhr in Meetings sass. Dann klingelte es aber um 1430 und eine Lawine an schwitzenden Männern überrollte sie. Das ist ziemlich überhaupt nicht ihr Ding.

Sogar die Hündin war aufgebracht, als die stöhnende Männer im Treppenhaus hörte. Obwohl sie gegenüber Pizzaboten, Postboten und Menschen überhaupt, immer sehr entspannt ist, brachte sie dieses bedrohlich klingende Gestöhne von Männern mit einem riesigen Teil auf dem Rücken total in Rage. Sie musste weggesperrt werden.

Ich kam dann erst um fünf Uhr.

Da der Kühlschrank zuerst 8 Stunden stehen muss, bevor man ihn einschalten darf und es dann nochmal mehrere Stunden dauert, bis er richtig funktioniert, verarbeiteten wir die Lebensmittel aus dem Tiefkühlfach zu einem Gericht. Was sich anfangs abenteuerlich anfühlte, war am Ende einfach Lachs mit Spinat und Haferreis. Wir hätten noch Brechbohnen dazugeben können, aber das schien uns nicht zu passen. Die Himbeeren würde ich morgen zum Frühstück essen und das viele Gin-Tonic-Eis ist ja eh nur Wasser.

[Mi, 29.3.2023 – Tattootermin, Linkspräferenz]

Heutefrüh hatte ich einen Tattootermin, weswegen der Eintrag vom Dienstag ausfiel. Ein Termin um halb zehn ist mit meiner gemütlichen Morgenroutine samt Hundemanagement wirklich herausfordernd. Dabei bin ich eher Frühsaufsteher. Aber ich liebe meine langsamen und langen Morgenstunden mit Kaffee und Internet, und nach einer Stunde mit dem Tier bin ich dann bereit für alle Aufgaben.

Wie ich bereits vor einigen Wochen erwähnte, ist diese Tätowiererin für mich neu. Wir geraten aber schnell ins Quatschen, wir reden hauptsächlich über die Arbeitswelt, sowohl meine wie ihre, nachdem ich ihr erzähle, dass ich bei einer Datingfirma arbeite, reden wir übers Dating. Sie datet vor allem mit Tinder, ist aber genervt davon, dass Leute auf Tinder immer so querfeldein daten. Wenn sie mit Menschen über Tinder Sex hatte, dann erfuhr sie später, dass dieselben Typen noch mit anderen Menschen schliefen, sich aber auch wieder mit ihr für Sex trafen. Das mag sie nicht so, sie nennt es Fleischmarkt. Zwar hat sie nichts dagegen, wenn Menschen mit vielen Menschen schlafen, aber wenn die Anziehung für ein zweites Mal reicht, dann hätte sie gerne mehr Exklusivität. Sie sagt aber auch, dass die Typen, die sie optisch gut findet, meist Arschlöcher sind.

Ich finde es ja schade, dass ich die Zeit der Datingapps nicht wirklich miterlebt habe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das mit der Exklusivität nach ihren Vorstellungen gehandhabt hätte.
Wir redeten noch viel mehr übers Dating, aber es fehlt mir gerade der Drive, das in lesbarer Form aufzuschreiben.

Komplimente von Tätowiererinnen: du hast eine angenehme Haut zum Tätowieren, sie ist fest aber geschmeidig, nimmt alles auf und blutet nicht.
Darauf bilde ich mir jetzt etwas ein.

Nach zwei Stunden auf der Bare hatte ich Nackenschmerzen. Nach der dritten Stunde war es vorbei und mein Nacken steif.

Am Nachmittag wollte ich wissen, ob meine Hündin lieber das Trockenfutter aus Fisch mag, oder das Futter aus Geflügel. Dafür liess ich sie vor mir auf dem Boden sitzen. Ich liess sie an beiden Futterkörnern riechen, hier Fisch, hier Hühnchen, legte sie dann weit neben mir, eins links eins recht, wiederholte das mit dem Riechen mehrmals, hier Fisch, hier Hühnchen und legte sie wieder hin. Sie verfolgte meine Bewegungen sehr genau. Als ich sie wählen liess, wählte sie das Hühnchen an meiner Rechten.
Also wiederholte ich das Spiel, tauschte diesmal allerdings die Plätze des Futters. Hühnchen links, Fisch rechts. Dann nahm sie den Fisch, der diesmal an meiner Rechten lag. Ich tauschte erneut und sie nahm das Futter wieder von rechts. Sie hat vermutlich keine Futterpräferenz, sondern eine Linkspräferenz (aus ihrer Sicht).

Ich muss mal googlen wie man eine Futterpräferenz testen kann.

[Mo, 27.3.2023 – Schnee, Flusspegel, schwedisch lernen, Kühlschrankmöbel]

Es schneit.

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Ich werde jetzt schwedisch lernen. Da meine Frau und ich das Holzhaus im schwedischen Wald übernehmen, ist es ganz praktisch, wenn ich die Sprache einigermassen sprechen kann. Ich verstehe vieles, bin aber weit davon entfernt zu sagen, dass ich schwedisch verstehen würde. Momentan gibt es einen halben Aufstand in der Gemeinde, in der sich unser Häuschen befindet, weil irgendein böser Kapitalist ein Wasserkraftwerk bauen will, das den Fluss um zehn Zentimeter anheben würde und damit unser Flussufer im Frühjahr zweimal öfter überschwemmt werden würde, als dies bisher der Fall ist.
Genau. Ich habe jetzt Probleme ganz neuer Art: ein Flusspegel im schwedischen Nirgendwo.

Zuerst standen wir der ganzen Sache etwas gleichgültig gegenüber. Ein zehn Zentimeter höherer Flusspegel ist nicht die Hölle und ein Kraftwerk, das kein CO2 ausstösst, ist eigentlich ja auch keine schlechte Sache. Aber es summierten sich die negativen Kleinigkeiten, zum Einen ist es bereits sein zweiter Anlauf um das Kraftwerk zu bauen, inzwischen hat er viele Ländereien aufgekauft, damit es weniger Klägerinnen gibt, dann befindet sich die ganze Gegend in einem Naturschutzgebiet, über das er sich einfach hinwegsetzen will, und zum Schluss hat er allen Anrainern mit Flusszugang einen Schadenseratz von 500 schwedischen Kronen Schadensersatz zugessagt. Fünfhundert schwedische Kronen sind fünfzig Euro. Diesen fingierten Schadenersatz fanden wir so frech, dass wir uns auf die Seite der anderen geschlagen haben. Ausserdem sind das unsere potentiellen, zukünftigen Nachbarn, es ist ohnehin besser, sich mit denen gut zu stellen. Ich muss jetzt also Gesetztestexte verstehen, Nachrichtentexte lesen können, und sowieso, wenn da ein Holzhaus viele Monate im Jahr leer im Wald herumsteht, sollten wir dort einigermassen vernetzt sein.

Es leben dort aber kaum Menschen. Der Bauer, der den Aufstand anführt lebt drei Kilometer flussabwärts. Eine Frau, die uns schon einmal zu kontaktieren versucht hat, wohnt näher dran, etwa einen Kilometer flussaufwärts. Die anderen wohnen alle weiter weg. Ich freue mich aber schon sehr darüber, diese Menschen zu besuchen. Mich in deren Wohnzimmer zu setzen, einen Kaffee oder einen Tee zu bekommen und vielleicht gibt es sogar Smörgastbröd, oder diese mit Brot und Salatblättern gestapelten und in Majo sowie Zitronensaft getränkten Krabben. Nur quatschen kann ich noch nicht. Und die meisten älteren Menschen in der Gegend können kaum englisch, manchmal gehen Satzfetzen auf deutsch, aber wir sind hier schliesslich nicht in Stockholm oder Göteborg.

Daher habe ich jetzt Duolingo installiert. Zwar las ich viel schlechtes darüber, wie sehr die Gamification nervt aber irgendwo muss ich ja anfangen. Mit meiner Frau werde ich nicht schwedisch üben, das funktioniert in einer Beziehung nicht.

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Am Abend baute ich den Kühlschrankmöbel in der Küche ab. Wir haben einen neuen Kühlschrank gekauft, der alte ist jetzt ziemlich genau 14 Jahre alt und wir bemängeln schon seit Jahren, dass er zu klein ist. Der neue Kühlschrank ist aber dermassen gross, dass er nicht in das Ikea-Möbelteil hineinpasst, unter dem der Kühlschrank bisher stand. Weil der Möbel ziemlich ineinander verbaut ist, musste ich den gesamten oberen Teil abbauen. Keine Ahnung, was ich mit diesem Teil nachher anstellen werde. Meine Frau schlug mir vor, das Möbelteil einfach obendrauf zu bauen und eine entsprechende Verblendung zurechtzuschneiden und diese bündig anbringen. Ich mag es sehr, dass sie mir immer so viel Handwerklichkeit zutraut. Das macht sie immer, sie meint es ernst, sie traut es mir wirklich zu. Auch wenn die Dinge, die ich mache, nie wirklich schön werden und ehrlicherweise auch nur teilweise gelingen. Sie traut mir immer alles zu. Das rührt mich. Und ich sage immer: ich schaus mir mal an.

[So, 26.3.2023 – Sonntag, Urlaubspläne]

Ich liebe Zeitumstellung. Wirklich. Und ich hasse die immer wiederkehrenden Diskussionen in den Medien, in denen sie mir die Zeitumstellung wegnehmen wollen.

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An den Wahllokalen vorbeigegangen. Ich darf ja nicht wählen. Meine Hündin rannte in ein Wahllokal hinein. Sie weiss genau, in welchen Situationen ich nicht so harsch zu ihr bin. In fremden Innenräumen zumbeispiel. Da pflaume ich sie nicht zusammen, sondern versuche sie in einem freundlichen Ton zu holen. Das nutzt sie aus und schnüffelt herum. Zum Glück macht sie nie Blödsinn.

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Wir machten einen schönen, langen Spaziergang in der Frühlingssonne. Ab morgen wird es ja wieder kühler. Wir schmiedeten Pläne für Südtirol. Wir werden die Whiskybrennerei in Glurns besuchen und Freunde zum Essen einladen, ausserdem möchte ich mit der Hündin auf den Berg, zumindest auf das Weisshorn, das ist ja klein und schnell erreichbar und Anfang April sind die Berge und die Almen noch nicht so überlaufen, da kann ich sie auch frei laufen lassen, das macht sicherlich Spass. Wobei, mittlerweile ist sie dermassen entspannt und folgsam, dass ich sie trotzdem frei laufen lassen würde. Aber es ist weniger entspannt. Es gibt immer wieder Menschen, die panische Angst vor Hunden haben, auch vor einem mittelkleinen Tier wie meinem, das sind oft Menschen, die richtigen Stress machen und laut schimpfen.
Jedenfalls war es mir vorher nicht so bewusst, dass es Spass macht, das Tier in die Urlaubsplanung mit einzubeziehen. Aber mit ins Gardaland in die Achterbahn, da darf sie dann nicht mit, vermutlich auch nicht in die italienischen Restaurants, diesbezüglich ist Deutschland schon sehr hundefreundlich, das war mir vorher auch nicht bewusst.

[Sa, 25.3.2023 – an der Friedrichstrasse]

Seit langer Zeit wieder einmal Samstags in der Friedrichstrasse gewesen. Also in der Gegend um den Bahnhof herum, den Teil zwischen Oranienburger, Spree und den Linden. Früher war ich dort öfter, weil es immer Gründe gab, sich in der Gegend aufzuhalten. Ich mochte die Gegend. Die engen Strassen, die vielen Menschen, auch den überfüllten Bahnhof und die stinkende Unterführung, das Kulturkaufhaus.

Wir waren mit der Hündin dort. Meine Frau hatte zwei Erledigungen zu machen. Ich stand mit dem Tier meist auf der Strasse herum, wir schauten uns die Dinge an. Das machen wir oft. Wir setzten uns auch ins Dunkin Donut. Ich sah einmal eine Grafik auf Instagram, die die USA in zwei Teile aufteilte: das Starbucks-Amerika und das Dunkindonut-Amerika. Ich wusste gar nicht, dass Dunkin Donuts eine Kaffeekette ist, ich dachte, es sei eine Donut-Kette. In der Friedrichstrasse liegen Dunkin Donut und Starbucks genau gegegenüber. Da ich Starbucks kenne, ging ich mit der Hündin zu dem anderen Teil Amerikas. Es gab dort viele verschiedene Kaffees, in dem Stil wie man sie auch von Starbucks kennt. Und ausserdem gab es, genau, Donuts. Ich ass einen veganes Donut und trank eine iced irgendwas*ccino. War OK. Als meine Frau kam, wollte sie aber nicht bleiben.

Die Gegend war ausgestorben. Es war Mittagszeit, zwischen 11 und 1 Uhr. Grob geschätzt hielten sich dort vielleicht ein Drittel der Menge an Menschen auf, die es früher gab. War das vor Corona, oder war das noch früher? Ich habe das nicht verfolgt, zwar liest man regelmässig vom Sterben der Einkaufsstrassen, dass Amazon und Lieferando alles zerstören, aber da ich selber kaum noch offline einkaufe, kann ich nicht beurteilen, ob das ein steter Niedergang war. Anderereseits ist die Friedrichsstrasse ja nicht das, was man mit einer piefigen Einkaufsstrasse verbindet. Vielleicht ist es auch nur eine Momentaufnahme, es war seltsames Aprilwetter (im März), vielleicht halten mehrere Demos wieder alles auf. Dennoch fand ich es etwas gruselig, falls es die Zeitgeschichte ist, der man hier beim Abbrechen der Dinge zuschauen kann.

Wir hatten für heute keinen Plan. Also schauten wir zuhause einen Horrorfilm und bestellten uns etwas zu essen. Ich weiss, dass ich sehr müde werde, wenn ich zu Mittag viel esse und dann auf dem Sofa sitze und einen Film schaue. So kam es dann. Auch meine Frau wurde müde. Nach 60 Minuten pausten wir den Film und legten uns für eine Stunde ins Bett. Ganz ehrlich. Ich liebe das.

[Fr, 24.3.2023 – Stadt]

Immerhin eine Sache traue ich der künftigen Schwarz-Rot Koalition in Berlin zu: sie werden bauen. Grüne, Linke und Teile der SPD waren hier immer zu zaghaft, bloss nicht zu viel Beton. Eigentlich ist es seltsam, dass die Grünen gerade in den urbaneren Bereichen Berlins die meisten Stimmen erhalten, aber wenn es darum geht, Urbanität zu schaffen, dann denkt „man“ in seltsam spiessigen Vorstadt-Kategorien, nur um am Ende dann doch nichts Wirkliches zu wollen.

Wir haben im letzten Jahr 22 neue Mitarbeiter eingestellt. Heute fand der vorletzte eine Wohnung. Eigentlich hatte er bereits resigniert. Dreistellige Bewerberzahlen für eine Wohnung, sein ausländisch klingender Name ist dabei nicht von Vorteil. Aber dann wurde er 500 Bewerberinnen einfach ausgelost, weil der Vermieter offenbar überfordert war. Das Drama der Wohnungssuche, das alle Neuankömmlinge in Berlin durchlaufen. Entlegene Gegenden mit Busanschluss, Zwischenmiete in irgendwelchen überfüllten WGs, überteuerte Smartments. Um irgendwann in eine Wohnung für 1800€ auf 60 qm zu einziehen zu dürfen. Ein Mitarbeiter aus Algerien ist mit seiner Familie nach Oranienburg gezogen. Immerhin mit einem guten S-Bahn Anschluss. Der Brasilianer mit seiner Familie nach Fürstenwalde. Letzterer kommt gar nicht mehr ins Büro. Immerhin wird er schnell deutsch lernen, weil dort kaum jemand englisch spricht.
Aber auch diejenigen, die etwas gefunden haben, suchen trotzdem noch. Sie haben einfach das Erstbeste, das sich ihnen bot, genommen, um aus einer mehr oder weniger sicheren Basis heraus, etwas besseres zu finden.

Ey, baut dieses Scheissberlin endlich mal weiter, ich will Stadt, ich will hohe Häuser, neue Plätze, neue Strassen, neue Fahrradwege, neue U-Bahnen. Es kommen jedes Jahr 20000 neue Menschen nach Berlin. Und die meisten Leute wollen nicht in irgenwelchen Gartensiedlungen leben. Irgendwann passen die Leute nicht mehr in die überfüllten WGs oder in die überteuerten Smartments. Und irgendwann ist auch Brandenburg gentrifiziert.