[Sa, 4.1.2025 – Winterjacken, Titel der Novelle]

Der Januar hat ja noch nicht richtig begonnen. Er fängt erst am kommenden Montag wirklich an. Am Montag habe ich dann auch wieder ein Bewerbungsgespräch und ab Montag kümmere ich mich auch wieder um die Novelle, ausserdem will ich mir eine Winterjacke von Didrikson kaufen.
Meine Frau sagt, dass ich für jedes Grad Celsius eine eigene Jacke besitze. Das stimmt so natürlich nicht. Ich habe eine Jacke für unter Null, eine Jacke von 0 bis 10 Grad, eine von 3 bis 11 Grad, eine für 9 bis 15 Grad. Und für ab 13 Grad habe ich ein regelrechtes Arsenal. Ich mag meine Jacken, aber die Unternull Jacke mag ich weniger. Zudem gibt es keine gescheiten Synonyme für das Wort Jacke. Die Unternullschutzschicht hält mich zwar warm bis nachweislich Minus zwanzig, sie ist aber etwas unförmig. Darin sehe ich aus wie ein navyfarbener Weihnachtsmann. Bei wirklich niedrigen Temperaturen bleibt mir allerdings nichts anderes übrig.

North-Face hat viele Winterjacken im Angebot, aber ich mag dieses Markenlogo nicht. Ich besitze zwei Wellensteynjacken, die ich mag, aber auf deren Webseite äussern sie sich nicht zu den wärmenden Eigenschaften der Bekleidung. Didrikson führ hingegen Wärmekategorien, das mag ich. Ausserdem sind das Schweden. Denen traue ich zu, etwas schickes für richtig kalte Temperaturen im Angebot zu haben. Nächste Woche gehe ich also shoppen.

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Mir fehlt immer noch ein Titel für die Novelle. Ich weiss, wir hatten das Thema schon, aber ich muss zu einer Entscheidung kommen. Ursprünglich benannte ich die Geschichte schlichtweg nach der Adresse „Springweg 23“. Mein Lektor meinte aber, dass es besser sei, wenn man im Titel schon etwas über die Inhalt erführe. Der Arbeitstitel lautet daher „Wie wir dieses alte Spukhaus besetzten“. Damit bin ich jedoch nicht sehr zufrieden. Also bemühte ich die Künstliche Intelligenz.

prompt: gib mir 5 knackige Titel für einen Roman über die Besetzung eines Spukhauses in Utrecht

Hier sind 5 fesselnde Titel für deinen Roman über ein besetztes Spukhaus in Utrecht:

  1. „Hausfriedensbruch mit Geistern“
  2. „Die Besetzer der Grachtengeister“
  3. „Domgasse 13 – Lebende und Tote unter einem Dach“
  4. „Besetzt: Das Haus an der Oudegracht“
  5. „Krakers und Gespenster“

Der letzte Titel spielt dabei mit dem niederländischen Begriff „krakers“ für Hausbesetzer, was einen schönen lokalen Bezug herstellt. Möchtest du, dass ich dir zu einem der Titel noch weitere Ideen ausarbeite?

prompt: weniger knackig vielleicht?

Ah, verstanden – hier sind 5 etwas atmosphärischere, längere Titel:

  1. „Die Geister der Oudegracht – Eine Geschichte von Hausbesetzern und Heimatlosen“
  2. „Zwischen den Welten von Utrecht – Als wir das Geisterhaus besetzten“
  3. „Das kalte Haus am Kanal – Von lebenden und toten Bewohnern einer besetzten Villa“
  4. „Hausbesetzer in den Schatten – Eine Utrechter Geistergeschichte“
  5. „Die vergessene Villa an der Nieuwegracht – Chronik einer übernatürlichen Hausbesetzung“

Diese längeren Titel geben mehr Raum für Stimmung und können schon erste Hinweise auf die Handlung oder den Schauplatz geben. Sie haben auch mehr Potenzial, die Verschmelzung der beiden Welten – Hausbesetzerszene und Geistergeschichte – anzudeuten. Was hältst du von dieser Richtung?

prompt: weniger reisserisch

Ah, ich verstehe – hier sind 5 subtilere, zurückhaltendere Titel:

  1. „Alte Mauern, neue Stimmen“
  2. „Übergangszeit – Ein Haus in Utrecht“
  3. „Das Haus an der Kromme Nieuwegracht“
  4. „Gemeinsame Räume“
  5. „Ein Winter in Utrecht“

Diese Titel sind dezenter und lassen mehr Raum für Interpretation. Sie deuten die übernatürlichen Elemente nur an oder lassen sie ganz weg, sodass sie beim Lesen als Überraschung wirken können. Der Fokus liegt mehr auf dem Ort und der Atmosphäre. Wie findest du diese Richtung?

prompt: noch 5 weitere optionen

Hier sind 5 weitere zurückhaltende Titel, die etwas anders an die Geschichte herangehen:

  1. „Wenn Häuser träumen“
  2. „Die vorübergehenden Bewohner“
  3. „Zimmer mit Geschichte“
  4. „Am Rande der Stadt“
  5. „Das geteilte Haus“

Diese Varianten spielen noch mehr mit der Mehrdeutigkeit – sie könnten genauso gut zu einem realistischen Roman passen wie zu einer Geistergeschichte. Sie lassen offen, ob das „Geteilte“ im letzten Titel die verschiedenen Bewohnergruppen meint oder die Trennung zwischen den Welten, ob die „vorübergehenden Bewohner“ die Besetzer sind oder die Geister. Spricht dich einer davon besonders an?

prompt: weniger subtil

Hier sind 5 direktere Titel, die aber nicht zu reißerisch sein sollen:

  1. „Das besetzte Spukhaus“
  2. „Hausbesetzer und Hausgeister“
  3. „Zwei Arten von Bewohnern“
  4. „Nicht nur wir sind hier“
  5. „Unerwartete Mitbewohner“

Diese Titel sind gradliniger und machen klarer, worum es geht, ohne dabei in Horror-Klischees zu verfallen. Sie behalten einen gewissen augenzwinkernden Charakter bei, der die ungewöhnliche Situation der Geschichte widerspiegelt. Die Spannung zwischen den beiden Gruppen von „Bewohnern“ wird direkter thematisiert. Welche Richtung gefällt dir am besten – die subtileren von vorher oder diese direkteren Varianten?

prompt: direkter

Ah, noch direkter – hier sind 5 Titel, die ganz klar sagen, worum es geht:

  1. „Hausbesetzung mit Geistern“
  2. „Das Geisterhaus von Utrecht – Eine Besetzung“
  3. „Geister raus, wir ziehen ein!“
  4. „Besetzer vs. Gespenster“
  5. „Das doppelt besetzte Haus“

Diese Titel nehmen kein Blatt mehr vor den Mund und bringen die ungewöhnliche Situation direkt auf den Punkt. Sie haben teilweise auch einen leicht humorvollen Unterton, der die absurde Situation der Geschichte unterstreicht. Der mittlere Titel spielt dabei mit dem klassischen Besetzer-Slogan „Häuser raus, wir ziehen ein“. Ist das jetzt die Richtung, die du gesucht hast?

prompt: cooler

Ah, noch cooler – hier sind 5 Titel mit mehr Attitude:

  1. „Dead & Squatting“
  2. „Ghost Riot – Utrecht Edition“
  3. „Keine Räumung für die Toten“
  4. „Do It Yourself & Die Others“
  5. „Punk’s Not Dead (But Everyone Else Is)“

Diese Titel spielen mehr mit der Punk- und Besetzerkultur, mischen Englisch und Deutsch und haben einen frechereren, rebellischeren Ton. Sie verbinden Hausbesetzer-Slang mit makaberem Humor. Der letzte macht zum Beispiel einen Wortwitz mit dem bekannten Punk-Slogan. Soll ich noch mehr in diese Richtung denken?

Ich sehe schon, geschmacklich surfen die AI und ich auf unterschiedlichen Wellen. Wenngleich „Punk’s Not Dead (But Everyone Else Is)“ ein lustiger Titel ist. Für einen Punksong vielleicht. Aber wir waren damals keine Punks mehr.

[Fr, 3.1.2025 – Gorinsee, Halogen]

Mit einem Freund von der Hundewiese fuhr ich heute zum Gorinsee nördlich von Berlin. Er hatte zwischen Silvester und Wochenende noch frei und weil ich mich gestern darüber beschwerte, dass wir auf der Hundewiese immer so langsam laufen, schlug er vor, nach Brandenburg zu fahren. Das taten wir heute also und wir liefen zu meiner Zufriedenheit in der Tat wesentlich schneller. Unsere Hunde schienen das auch zu mögen. Wir liefen einen 12 km langen Weg, der uns von alltrails.com vorgeschlagen wurde. Ein langer und gerade Waldweg, der irgendwann in einer Heidelandschaft endete. Es war sehr einsam. Wie immer vor der Toren Berlins, wenn der dunkle Wald beginnt. Das ist das Schöne an Berlin. Der Übergang von der Metropole zur Einsamkeit geschieht schnell und plötzlich.

Die Heide war ein ehemaliger sowjetischer Truppenübungsplatz. Die hatten das Gelände damals platt gemacht und jetzt versucht man es wieder zu renaturieren. Dabei wurde die gesamte Heide mit einem Elektrozaun eingezäunt. Die Hündin meines Freundes elektrokutierte sich dabei ihre Schnauze. Danach war sie eine Stunde lang eingeschüchtert und bewegte sich mit eingezogenem Schwanz durch die Gegend.

Die lange Strecke machte mir mehr zu schaffen, als mir lieb war. Mein rechter Fuss schmerzte auf dem letzten Drittel des Weges. Ich habe im Dezember ordentlich an Gewicht zugelegt und das macht sich nun in den Füssen bemerkbar. Komischerweise betrug die Schneewanderung von letzter Woche auch etwa 12 Kilometer, aber davon behielt ich keine Schmerzen übrig. Vielleicht, weil Schnee im Untergrund weicher ist und man am Berg den Fuss anders belastet. Auf den heutigen Schotterwegen knallten meine Fersen drei Stunden lang auf den Boden auf wie bei einem Marsch.

Ich muss dennoch abnehmen. Ich habe wieder ein Rekordgewicht erreicht. Der Januar wird mehr oder weniger dry. Zumindest bis zum Geburtstag am Ende des Monats. Heute ass ich eine Soljanka und am Abend einen gebackenen Kohlkopf mit Tomatensauce. Das wird schon wieder. Aber dieser ewige Kampf ums Körpergewicht. Er lässt sich vermutlich nicht gewinnen, man kann nur Schlimmeres verhindern.

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Als wir vor acht Jahren in die Wohnung einzogen, liessen wir die vielen Halogen-Deckenstrahler im Flur und im Badezimmer unberührt. Wir renovierten nur die wichtigen Dinge. Sie Halogenstrahler sind dort in eine abgehängte Decke eingebaut und geben durchaus gutes Licht. Ich wollte sie erst nach und nach durch LED-Strahler ersetzen. Einerseits wegen des Stromverbrauchs, Halogenlampen konsumieren nämlich bedeutend mehr Strom, aber auch wegen der Hitzeentwicklung im Sommer. Ich kaufte vor 8 Jahren für jede Halogenlampe in der Wohnung einen LED Ersatz mit dem Plan, die Lampen einzeln zu ersetzen, wenn eine ihre Lebensende erreicht. In den ersten beiden Jahren tauschte ich auf diese Weise 5 oder 6 von den mehr als zwanzig Lampen aus. Seit 6 Jahren hat aber keine mehr ihren Dienst aufgegeben. In einem Anflug von Übermotivation ersetzte ich sie heute alle.

Jetzt ist die Wohnung greller geworden. Bin mir nicht sicher, ob das gut ist.

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Black dog / White dog:

[Mi, 1.1.2025 – Silvesterkultur]

Ahja, die Pfote der Hündin ist wieder in Ordnung. Danke der Nachfrage. Nach drei Tagen der Ruhe war die Wunde wieder verheilt. Vermutlich war es das Streusalz oben im Dorf meines Vaters. Man kennt das Sprichwort ja mit dem Salz in der Wunde. Keine gute Kombi.

Heute früh liefen wir an den verbrannten Autos vorbei. Es sieht aus, als wäre das Mittlere angezündet worden, von wo aus die Flammen auf die danebenstehenden Autos übergeschlagen sind. Die europäische Kultur.

Nachher liefen wir zum Park. Aus der Ferne sah ich zwei junge Burschen um die zehn, die durch das abgebrannte Feuerwerk liefen und mit den Füssen im Boden scharrten. Sie hatten wohl einzelne Blindgänger gefunden, die sie zum Brennen brachten. Sie hantierten an einer etwa 50 cm hohen Stange herum, die sie in den Boden gesteckt hatten. Diese befüllten sie und zündeten sie an. Als wir uns näherten, flogen Funken aus der Stange.

Ich lese es nur jedes Jahr in der Zeitung. Dass sich am Folgetag immer so viele Kinder verletzen, weil sie mit Blindgängern hantieren. Ich frage mich, ob Eltern diese Nachrichten nicht lesen. Oder ob es ihnen egal ist. Ich überlegte kurz, ob ich den beiden etwas sagen sollte. Beschloss aber, es sein zu lassen.

Was für ein bescheuertes Fest.

Den Rest des Tages schauten wir die letzten Folgen der zweiten Staffel von Silo. Es gibt nur sieben Folgen. Die achte Folge kommt am Freitag und danach jede Woche die letzten beiden. Ich hasse es, wenn Sender die Serien nur tröpfchenweise einschenken. Wir wussten es aber vorher nicht, dass wir zwei Staffeln schauen würden. Wir wollten ja nur hineinschauen.

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Die Gewerkschaft der Polizei mit einer Petition für das Böllerverbot.

Ich halte wenig von den Argumenten, dass ein Böllerverbot nichts bringt, wenn man es nicht kontrollieren kann. Natürlich wird es weiterhin Leute geben, die sich Feuerwerk der Kategorie F2 und höher beschaffen werden. Aber das ist egal. Im ersten Jahr wird deutlich weniger geböllert werden, im zweiten Jahr noch weniger und im dritten Jahr kräht kein Hahn mehr danach.

[Di, 31.12.2024 – the purge]

Auf der Hundewiese redeten wir eigentlich nur über Böller. Am Vortag von „The Purge“ interessieren sich Hundehalterinnen nur für die Freiheit der anderen Leute.
Die meisten Hunde zittern schon seit Tagen, sind schreckhaft.

Meine Hündin lässt die Knallerei allerdings erstaunlich unbeeindruckt. Sie schaut zwar in die Richtung, aus der ein Knall kommt, sie läuft dann aber weiter. Einmal ging ein Böller in unserer Strasse hoch. Vielleicht 20m entfernt. Da legte sie sich sofort auf den Boden. Danach ging sie aber wieder.

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Wir schauten zwei Tage lang „The Silo“, diese dystopische Serie über eine Gesellschaft aus 10.000 Menschen, die nach einer scheinbaren Katastrophe seit 140 Jahren in einem unterirdischen Silo lebt. Der Plot interessierte mich nicht besonders, weil die Serie aber sehr gute Kritiken bekam, beschlossen wir, die Pilotfolge zu schauen. Seitdem sind wir der Geschichte wehrlos ausgeliefert.
Wenn ich mit der Hündin hinaus ging, fühlte es sich an, wie den Silo zu verlassen. Draussen in einer feindlichen Welt, heute mit Böllerkulisse untermalt.

Am Silvesterabend waren wir bei den Nachbarn von gegenüber verabredet. Es gab Essen und Trinken. Wir schauten die Serie bis eine Stunde vor dem Treffen. Danach musste ich den Serienstoff von mir abklopfen und mich gedanklich auf ein Fest einstellen. Es ging.

Kurz nachdem wir bei den Nachbarn waren, klingelte Frau Casino, die auch eingeladen war, mich an. Sie komme nicht an unser Haus heran. Vor dem Haus würde es brennen. Ich verstand nicht, wovon wie sprach. Dann gingen wir alle zum Fenster und sahen die Flammen und die Feuerwehr. Drei Autos standen in Brand. Mein Auto befand sich glücklicherweise schräg gegenüber auf der anderen Strassenseite. Dicker Qualm wehte zum Balkon herauf und in die Wohnung hinein. Also verschlossen wir die Fenster.

Jörg Kachelmann nannte es gestern in einem Artikel „Die Freiheit der anderen“. Auch nett.

Unten auch die Bilder vom Tag danach. Von meinem Wohnzimmer aus fotografiert.

Aber das Essen war super. Es gab Raclette mit fantastischen Beigaben. Wir hatten Kaminwurzen und Speck sowie Rindergeselchtes mitgebracht. Es war natürlich zu viel von allem und danach konnte ich nicht mehr richtig sitzen. Als ich aufhörte zu essen, versank ich in eine Art Futterkoma und wurde sehr schläfrig.

Mal sehen, wie das neue Jahr wird. Üblicherweise schreibe ich meinen Freunden immer „Das neue Jahr wird super“. Heute schrieb ich an Frau Fragmente, dass ich mir nicht ganz sicher bin.

[So, 29.12.2024 – Rückfahrt, Popmusik, Sprachbedienung]

Rückfahrttag.

Es ging heute schneller, da Sonntag. Es ist für die meisten Menschen aber auch ein belangloser Tag zwischen den Jahren. Zu früh, um aus dem Urlaub zurückzukommen, zu spät, um zu Hause noch etwas zu erledigen. Wir brauchten etwa 8 Stunden. So schnell war ich noch nie. Würden wir in Südwestberlin wohnen, bräuchten wir für die gesamte Strecke eine Stunde weniger.

Ich bin einigermassen erstaunt, wie schlecht Google bisher die Sprachbedienung umgesetzt hat. Es scheint nur mit simplen Kommandos fehlerfrei zu funktionieren. „OK google, wie viele Einwohner hat Regensburg“ oder „OK Google, spiele the final countdown von Europe“. Bereits geringfügig komplexere Anfragen werden aber nicht verstanden. Wie „Nenne mir die 5 besten Songs von Samantha Fox“ und auch keine GPT-Stil Anfragen wie „Erzähl mir in 11 Sätzen etwas über Bayreuth.“
Dafür machte es aus „Haus der Lüge von Einstürzende Neubauten“ -> „Haus der Liebe von den Kastelruther Spatzen“.

In einer lustigen Laune hörten wir alte Sommerhits aus unserer Jugend. Samantha Fox, Sabrina Salerno, Sandra, Mandy Smith. Es erstaunte uns beide, wie schlecht diese Musik gealtert ist. Dabei hatten wir durchaus positive Erinnerungen an die Sängerinnen. Es klingt alles etwas starr und seltsam hastig.
Von Sandra ist mir hauptsächlich in Erinnerung geblieben, dass sie Kleidung grundsätzlich nur einmal trägt. Sie sagte damals in einem Interview mit der Bravo, dass Kleidung nicht mehr zu gebrauchen sei, wenn man einmal darin geschwitzt habe. Das fand ich damals schon, als Zehnjähriger ohne politischen Kompass total daneben.

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Zurück in Berlin. Back home:

[Sa, 28.12.2024 – Mittagessen, Schneewanderung]

Am nächsten Tag hatte ich nur einen leichten Kater. Zu Mittag waren meine Frau und ich bei Haimo und seiner Familie zum Essen eingeladen. Auch Haimo war am Vorabend mit mir im City Pub gewesen und er hatte ähnlich viel getrunken wie ich. Auch er hatte nur einen leichten Kater. Unsere Frauen hingegen waren fit, weil sie zuhause geblieben waren.

Es gab Cappelletti al Brodo. Cappelletti sehen aus wie Tortellini und man isst sie in Brühe wie eine Suppe. Haimo meinte, Cappelletti seien immer mit Fleisch von Capponi gefüllt. Capponi sind kastrierte Masthähne, die noch ein Weilchen am Leben gelassen werden und nicht im Schredder enden. Dass Cappelletti immer nur Capone Fleisch enthalten müssen, konnte das Internet allerdings nicht bestätigen. So etwas schlage ich ja immer nach. Es schmeckte natürlich dennoch sehr gut.

Als Hauptspeise gab es Gulasch und als Nachspeise ein Halbgefrorenes mit Zimt. Eigentlich hatte ich Haimo am Vorabend gebeten, keine aufwendige Gerichte zuzubereiten. Das macht er sonst nämlich immer. Das war jetzt so mittelmässig aufwendig. Dazu gab es Bier und Wein.
Später kam noch Pino dazu, der auch am Vorabend im City Pub gewesen ist. Pino war im Gegensatz zu uns sehr betrunken gewesen. Dafür trank er diesmal nur Kaffee.

Und schon war es Abend.

Heute war ich mit beiden Schwestern verabredet. Wir wollten zu meinem Vater auf den Berg fahren und von dort aus eine Schneewanderung unternehmen. Zuerst sagte allerdings meine kleine Schwester ab. Es ging ihr nicht so gut, also fuhren nur meine eine Schwester und ich hinauf. Wir entschieden uns für einen schönen Weg von der Laab Alm bis hinauf in Richtung Weisshorn. Ganz hinauf aufs Horn würde man bei diesen Geländebedingungen vermutlich nicht kommen, aber wir wollten schauen, wie weit unsere gute Laune uns trägt.
Mein Vater litt den ganzen Sommer lang an einer Muskelentzündung, weshalb er schnell merkte, dass er unser Tempo noch nicht mithalten kann. Aber das fand er nicht schlimm, er konzentrierte sich auf den Aufbau seiner Fitness und empfahl uns einfach in unserer Geschwindigkeit den Weg nach oben weiterzugehen.

Auf einer Hütte machten wir eine kleine Pause, wo wir Hirtenmakkeroni assen. Als Südtiroler fühle ich mich neuerdings verpflichtet, die Zubereitung von Hirtenmakkeroni zu beherrschen. Gemacht habe ich das aber noch nie. In Berlin denke ich nie an Hirtenmakkeroni, aber auf den Almen sind Hirtenmakkeroni die beste Sache der Welt.

Wir stiegen dann weiter hinauf. Wir gelangten bis zur Scharte des Bletterbaches, dort setzten wir uns auf eine Bank und verquatschten uns. Wir hatten vieles zu besprechen. Vor allem über unseren Werdegang, über unsere Familie, wie die Einflüsse waren, wie wir beide komplett anders damit umgegangen sind.

Irgendwann merkten wir, dass sich die Sonne dem Horizont näherte, wir aber noch einen anderthalbstündigen Abstieg vor uns hatten, also machten wir uns schnell auf den Weg. Wir erreichten noch während der Dämmerung das Auto, wo auch unser Vater auf uns wartete. Er hatte es sich in der Zwischenzeit in der Almhütte gemütlich gemacht.

Wir fuhren dann hinunter ins Dorf, ich kaufte beim Metzger noch Kaminwurzen und Speck ein und dann gingen wir zu meinem Vater, der Käse und Panettone auftischte. Irgendwann merkte ich auch, dass ich Käse mit Panettone ass und fand es abartig. Aber auch wieder gut. Bald wurde ich müde und wir fuhren zurück nach Meran. Ich wollte früh ins Bett, da wir morgen wieder nach Berlin fahren.

So und gute Nacht.

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Winterimpressionen:

[Do, 26.12.2024 – Skirennen, Citypub, Lebensgeschichten]

Den ganzen Vormittag schaute ich mit meiner Mutter Skirennen. Ich fühlte mich dabei sehr in meine Kindheit zurück verpflanzt. Damals schaute ich viele Vormittage lang Skirennen. Heute schauten wir Abfahrt der Männer am Sasslong im Grödental und Super-G der Frauen in St. Moritz. Ich bin unweit des Sasslong aufgewachsen, aber auf jene Seite des Grödnerjoches kam ich nie. Mein Skipass war nur in Alta Badia gültig und es gab keinen Grund, ins Grödental rüberzufahren.

Bevor ich in die Pubertät kam, war ich ein sehr guter Skifahrer. Aus jener Zeit stammen meine immer noch strammen Oberschenkel. Ich kam auch in die Auswahl von jungen Burschen, die von der FIS, also dem italienischen Skiverband, gescreent wurden, um eine mögliche professionelle Laufbahn als Skifahrer zu verfolgen. Aus jener Zeit erinnere ich mich vor allem an diese deprimierenden Sonntage, an denen ich mitten in der Nacht aufstehen musste und irgendwo hingekarrt wurde, um auf irgendwelchen kalten Pisten ohne Freunde herumzustehen, und dann an Rennen teilzunehmen. Das weckte wohl nicht meinen Ehrgeiz und bald ging ich da nicht mehr hin.

Heute weiss niemand mehr, wie ich überhaupt in diese Auswahl kam. Ich glaube, meine Eltern taten einfach das, was ihnen empfohlen wurde. Heute wills aber niemand gewesen sein. Dabei beschwere ich mich gar nicht. Ich möchte nur wissen, wie die Dinge so liefen.

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Am Abend war ich mit alten Freunden im City Pub am Meraner Bahnhof verabredet. Der City Pub ist eine erstaunlich liebenswerte Spelunke. Einer der wenigen Orte mit einem Raucherraum. Raucherräume gehören zwar nicht zu meinen favorisierten Features, aber das macht vermutlich auch den Mix des Publikums aus. Ganz Meran hat sich sonst in eine Art Puppenstube verwandelt. Da fühlt sich der City Pub wie aus der Zeit gefallen an.

Wir tranken Bier und hatten einen sehr lustigen Abend. Einen ehemaligen Freund hatte ich sicherlich seit 25 Jahren nicht mehr gesehen. Er hat auch eine Weile in Deutschland gelebt und wir hatten uns viel zu sagen. Ausserdem war auch die Schwester einer alten Freundin da. Ich war vor allem mit ihrer Schwester und deren Mann befreundet. Der Mann war ein sehr guter Freund. Vor sechs Jahren ist er mit dem Auto gegen eine Tunnelwand geknallt und verstarb dabei noch im Auto. Sie ist seitdem Witwe. Immerhin sind die Kinder volljährig. Ihre Schwester hingegen, also jene, die heute im City Pub war, hatte weniger Glück. Ihr Mann nahm sich vor zwanzig Jahren das Leben und hinterliess sie mit drei Kindern unter sieben Jahren. Das war keine gute Zeit, sagte sie. Vor elf Jahren bekam sie ein weiteres Kind von einem Mann, den sie nach wenigen Monaten wieder verliess. Auch keine gute Zeit, wie sie sagte, aber jetzt hatte sie ja reichlich Erfahrung mit dem Grossziehen von Kindern. Sie ist aber gut drauf und hat alles im Griff.

Lebensgeschichten.

[Mi, 25.12.2024 – die letzten Tage, Reschen, Meran, Faust, Schnee, Singen]

Wenig Zeit gehabt, die Dinge aufzuschreiben.

Wir fuhren von Ulm nach Südtirol. Ursprünglich wollten wir über die Landstrasse via Davoz und Reschenpass, die Wetteraussichten lasen sich aber nicht sehr positiv. Vor allem hinterm Reschen war mit starkem Schneefall zu rechnen, also nahmen wir die Route über den noch freien Fernpass via Innsbruck und Brenner. Die langweilige Route.

In Meran kehrten wir zuerst bei meiner Schwester ein, die uns mit Prosecco und einer selbst gemachten Pizza empfing. Wir sassen lange zusammen und redeten von den Dingen. Unter anderem über das Gendern und über Sprache und wir kamen auch auf Faust zu sprechen. Wir stellten fest, dass niemand von uns je Faust gelesen hatte. Dass wir alle wussten, was Faust ist, aber so genau wussten wir es eben auch wieder nicht. So entstand der Plan, dass meine Schwester und ihr Mann in 2025 nach Berlin reisen werden und wir einer Aufführung von Faust beiwohnen werden. Dann können wir zu Weihnachten 2025 das Gespräch wieder aufnehmen. Diesmal werden wir aber wissen wovon wir sprechen.

Am nächsten Tag traf ich meine kleinere Schwester. Sie arbeitet im Krankenhaus und ich sollte sie um 14 Uhr abholen. Allerdings verlief ich mich im kleinen und unverlaufbaren Meran. Weswegen wir uns am Bahnhof trafen. Danach spazierten wir die Tappeinerpromenade hoch und tranken einen Punsch, von dem wir anschliessend betrunken wurden.

Am Tag darauf war Heiligabend. Zuerst ging ich mittags zu meiner Frau und meinen Schwiegereltern. Schweden zelebrieren den 24. bereits ganztägig und nicht nur am Abend. Es gab Weihnachtspasta und sie hatten mein Lieblingsbier aus Berlin eingekauft. Gegen 17 Uhr ging ich zu meiner Schwester, wo meine ganze Familie Weihnachten zelebriert. Also mit Kindern und Weihnachtsbaum. In meiner Familie werden immer Weihnachtslieder gesungen. Normalerweise singe ich das immer etwas uninspiriert und beschämt mit. Diesmal hatte ich aber richtig Lust und wollte nicht mehr aufhören. Dafür waren alle anderen etwas unmotiviert. Auch die anwesenden Teenager aber vor allem meine Eltern. Ich kann mich gar nicht erinnern, dass „Oh Du Fröliche“ diese schöne Moll-Passage enthält und in dieses hoch gesungene Finale übergeht. Toll.
Meine Neffen fanden mich bisher immer cool. Vermutlich hat mein Image diesmal etwas gelitten.

Geschenke erhielten nur die Kinder. Allerdings hatten wir auch eine Wichtelrunde organisiert. Ich hatte meinen Neffen Rupert als Los gezogen und meinte Mutter mich. Sie schenkte mir Clemens Meyers „Die Projektoren“. Den Tipp hatte sie natürlich von meiner Frau bekommen. Meinem Neffen kaufte ich ein Vespa Tshirt und eine Vespa Tasse in Retro Stil. Er hat sich nämlich gerade eine richtige Vespa aus alten einzelnen Teilen zusammengebaut. Er hat damit gerade den Tüv bestanden und sein life ist jetzt alles about Vespa.

Heute fuhren meine Frau und ich ins Dorf zu meinem Vater. Er lebt auf 1400 Metern, dort liegt Schnee und ich wollte mit meiner Hündin im Schnee zur Alm hochlaufen. Allerdings hat sie sich eine Verletzung an der linken Pfote zugezogen. Jetzt humpelt sie. Sie humpelte schon ein wenig am Morgen. Oben auf dem Berg liess ich sie einem Schneeball hinterher rennen. Seitdem ist etwas geschehen. Sie kann kaum noch laufen. Also brachen wir den Spaziergang ab. Mitten im Dorf wollten sie keinen Schritt mehr tun und legte sich auf den Rücken, während sie mir ihre linke Pfote hinhielt. Mein Herz zerrann. Also trug ich sie auf dem Arm. 15 Kilo kann man eine Weile lang tragen. Aber auch nicht ewig.

Auf dem Rückweg besuchten wir Tante Zita, deren Mann letzten Sommer verstorben ist und Onkel Luis sowie Onkel Konrad. Onkel Konrads Frau geht es nicht gut. Sie ist schwer dement und liegt eigentlich nur mehr auf dem Sofa. Ich begrüsse sie, sie tut, als würde sie mich kennen, sie ist freundlich, sagt aber, dass sie müde ist. Ich verabschiede mich und wünsche ihr Frohe Weihnachten. Es scheint sie zu freuen.

Überhaupt dieses Freuen. Irgendwann will man sich vermutlich nur noch ein bisschen freuen.

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Radicchio Trevisano. Sonst habe ich in all den Tagen keine gescheiten Fotos gemacht.

[Sa, 21.12.2024 – Marburg, Sonnenwende, Kusturica, Ulm]

Wir fuhren also nach Marburg. Nach Ankunft im Hotel beschlossen wir, sofort die Stadt zu besichtigen und nahmen den Aufzug hinauf zur Altstadt. Die Altstadt liegt hoch über dem Tal und ist eine seltsam unwirkliche Welt aus Knusperhäuschens. Sie ist aber echt, es ist kein Disneyland und die Altstadt ist tatsächlich über einen öffentlichen Aufzug zu erreichen. Der Aufzug fährt jeden Tag bis 1:30 und ist kostenlos. Man kann die Altstadt aber auch über enge und steile Gassen erreichen. Alternativ gibt es auch verschiedene Treppensysteme. Oben angekommen taucht man in ein märchenhaftes Gewirr aus dunklen Gassen, Fachwerkhäusern, Treppen und grob bepflasterten Strassen ein. Es gibt viele Cafés und Restaurants und seltsamerweise viele Buchläden. An einem Buchladen bittet uns ein Ladenbesitzer auf etwas aufdringliche Weise herein. Er fragt uns, ob wir die zehn besten Bücher des Jahres sehen wollen. Wir folgen ihm in seinen Laden. In der Mitte seines Geschäftes hat er Bücher aufgestellt. Dazu sagte er, das sei die kuratierte Insel. Diese Bücher habe er alle gelesen und als absolut gut befunden. Es sind verschiedene Bücher von Daniel Kehlmann und Juli Zeh. Ausserdem fast ein Dutzend Bücher über Helmuth Schmidt.
Wir blieben freundlich, nicken und ich sagte „Oh super, Kehlmann, die habe ich alle gelesen.“ Von Kehlmanns „Vermessung der Welt“ kann ich mich eigentlich nur erinnern, dass die Dialoge konsequent in indirekter Rede verfasst waren. Diese Erinnerung griff ich auf und sagte zum Inhaber, dass ich vor allem mochte, wie konsequent Kehlmann die indirekte Rede anwandte. Damit hielt er mich sicherlich für einen Profi. Daraufhin zog er ein Buch aus einem Stapel und sagte: oh hier etwas für die Frau, das wird Ihnen bestimmt gefallen.
Es war ein Buch von Paulo Coelho. Ich kenne meine Frau und weiss, dass sich in ihrem Körper in dem Moment zweitausend Zehennägel krümmten.

Nach fünf Minuten wussten wir uns aus den Fängen des Buchhändlers zu befreien und gingen auf den Weihnachtsmarkt. Danach setzten wir uns in eine Bierbar aus Fachwerk. Tatsächlich bestanden die Wände auch an der Innenseite aus Mauerwerk mit Holzbalken. Auf den Bildschirmen wurden Nachrichten gezeigt. In Magdeburg war ein Auto auf dem Weihnachtsmarkt in die Menschenmenge gefahren. Tote und Verletzte. Wir lasen zuerst Marburg und nicht Magdeburg. An Magdeburg waren wir aber am Nachmittag vorbeigefahren. Danach hingen wir natürlich mit unseren Köpfen überm Telefon und lasen die Nachrichten.

Um zwanzig Uhr hatten wir in einen Tisch in einem schwedischen Restaurant am Marktplatz. Meine Frau ass fantastisches Köttbullar und ich einen Burger mit Elchfleisch. Elon Musk pöbelte auf Twitter wegen des Anschlages in Magdeburg herum. Der Angreifer stammt aus Saudi Arabien. Zurück im Hotel machte die Nachricht die Runde, dass der Angreifer AfD-Fan ist und Elon Musk anhimmelt.

Am nächsten Morgen liefen wir hinauf zum Schloss. Wir nahmen wieder den Aufzug und stiegen von der Altstadt noch weiter einen Berg hinauf bis zu einer alten, imposanten Burganlage. So stellte ich mir als Kind immer das Grimm-Deutschland vor. Das Land des gestiefelten Katers, des Rattenfängers und des tapferen Schneiderleins. Während Disney die Märchen in einer Schloss-Neuschwanstein-Optik inszeniert, merkte ich heute, dass meine Märchen-Ästhetik eher an ein Schloss wie das Schloss Marburg angelehnt ist. Dunkel, aus Stein, mehr wie eine Wehranlage, weniger wie ein Traumschloss. Warum das so ist, weiss ich nicht, womöglich waren meine Kinderbücher eher mit diesen Hexenburgen bebildert.

Um 10:51 war Wintersonnenwende. Am Himmel hing aber eine dichte Wolkendecke.

Am frühen Nachmittag fuhren wir weiter nach Ulm. Es ist ein Deutschland, das mir sehr fremd ist. Im Mittelalter ist hier viel Geschichte passiert. Wir liessen uns von Google viele Dinge vorlesen, die uns in dem Moment interessierten. Konnte Google es nicht vorlesen, suchte meine Frau manuell danach und las es mir vor. Irgendwann landen wir in Serbien und Emir Kusturica. Wir spielten „Ederlezi“ auf Spotify. Von dem Lied aus „Time of the Gipsies“ bekomme ich immer noch Gänsehaut. Obwohl meine Frau und ich einander nicht kannten, liebten wir in den Neunzigern beide Kusturicas Filme. Meine Frau mochte aber „Black Cat white cat“ lieber. Zu „Underground“ haben wir beide gemischte Gefühle. Kusturica wurde in meiner Jugend von allen Kulturmenschen verehrt, bis er irgendwann abbog und sich dem serbischen Nationalismus verschrieb. Er macht immer noch Filme, sie scheinen das internationale Publikum aber nicht mehr zu erreichen. Meine Frau las Teile eines kürzlich geführten Interviews mit ihm vor. Natürlich liebt er Putin.

In Ulm quartierten wir uns in einem Hotel unweit des Bahnhofes ein. Laut Beschreibung befindet es sich im beliebten Dichterviertel. Die Strassen sind nach Goethe, Kleist und Schiller benannt. Gegenüber unseres Zimmers ist ein ganzer Strassenzug zugenagelt. Daneben Brachen und verlassene Gewerbebauten.
Wir gingen direkt in die Stadt zum Münster. Das Münster bezeichnete ich vorgestern fälschlicherweise als Dom. Das Ulmer Münster ist der höchste Sakralbau der Welt. So. Und Hamburg hat gleich 4 Kirchen in der Top 20 der höchsten Sakralbauten der Welt. Ja genau, der Welt. Haben wir alles gegoogelt.


So sieht das aus:

[Do, 19.12.2024 – vor der Reise, Bescherung]

Eigentlich wollten wir heute schon in Richtung Südtirol fahren. Wir nahmen uns diesmal vor, eine kleine Deutschlandtour zu unternehmen, anstatt wieder direkt die A9 hinunter über den Brenner zu brettern. Der Plan sah vor, zuerst nach Marburg zu fahren und dort zu übernachten und dann weiter nach Ulm. Beide Städte sollen ja sehr schön sein. Marburg hat auf den Bildern etwas hexenartiges und Ulm hat einen schönen Dom. Von Ulm aus fahren wir über Allgäu und Liechtenstein, via Davoz über den Reschenpass nach Südtirol. Die Gegend kenne ich überhaupt nicht. Allgäu, Bodensee, Schwaben. Ich hatte mal eine Freundin in Augsburg, deswegen war ich als Achtzehnjähriger ein paar Mal da. Aber ihre Mutter mochte mich nicht, das ging nicht gut. Augsburg ist das Schwäbischste, das ich kenne, sonst ist mir die Gegend sehr fremd. Wobei Augsburg ja fast schon bei München liegt.

Da Marburg doch eine ziemliche Strecke von Berlin aus ist, verschoben wir die Fahrt auf Freitag. Wir wollen früher starten, es wäre schön, die Stadt noch bei Tageslicht zu sehen. Zwar bewegen wir uns auf die Wintersonnenwende zu, es wird tagsüber gar nicht mehr richtig hell, meine Schreibtischlampe leuchtet den ganzen Nachmittag über. Aber Marburg liegt ja weiter südlich und auch geographisch in einer anderen Zone. Vielleicht ist das ja ganz anders. Wir buchten jedenfalls Restaurants in beiden Städten und überall gibt es gute Bier-Bars. Das wird sicherlich nett.

Und sonst verbrachte ich den Tag mit Packen und ich erledigte Einkäufe. Auch holte ich das Fotoalbum der Nordkapreise ab. Es wurde heute bei Rossmann geliefert. Ich finde das Album sehr schön geworden. Allerdings habe ich mich in den beschreibenden Texten mehrmals vertippt, ausserdem schlichen sich zwei blöde Rechtschreibfehler ein. Es ärgert mich, dass ich nicht mehr auf solche Details geachtet habe.

Abends machten wir eine Art Bescherung. Wir zündeten LED Kerzen im Erker an und schlürften dabei am Bier. Meine Frau bekam von mir dieses berühmte vegane Kochbuch „BIG VEGAN FLAVOUR“ von Nisha Vora. Und ich erhielt mein überteuertes, aber heissgeliebtes Duschgel von Molton Brown. Die Hündin bekam einen Kaustick aus Hühnerfleisch, den sie zurückgezogen in ihrem Bettchen zernagte. Sie hat keinen Sinn für Weihnachten.