Tagespensum Freitag: Seite 60 von 105
Tagespensum Samstag: Seite 61 bis 68 von 109
Ich hätte an jedem der beiden Tage mindestens 15 Seiten schaffen müssen, um die Deadline einzuhalten, davon war ich aber weit entfernt. Die Geschichte befindet sich ab Seite 55 in einer kritischen Phase, in der viel passiert. Das ist jene Stelle, an der die Geschichte an Fahrt aufnimmt, wo ich aber offensichtlich nicht viel Lust hatte, Ereignisse und Abläufe zu beschreiben. Das muss ich jetzt nachholen, das dauert aber, denn es ist aufwendiger, was man auch daran merkt, dass der Textumfang von 105 auf 109 Seiten angewachsen ist. Jetzt verstehe ich auch, warum ich immer den Eindruck hatte, dass der Text im letzten Drittel noch Schwächen hat. Ich hatte schlichtweg weniger Lust.
Freitag widmete ich dem Text zugegebenermassen nicht viel Zeit. Am Morgen traf ich eine Fussballfreundin. Ursprünglich wollten wir nur mit unseren Hündinnen spazieren. Vor einigen Tagen fiel mir allerdings ein, dass der Freitag immer noch so heiss sein wird und deswegen schlug ich vor, an den Bernsteinsee zu fahren und ins Wasser zu springen.
Ich bin sehr glücklich darüber, diesen See entdeckt zu haben. Hunde sind erlaubt und er hat mehrere flache Sandstrände. Und er ist tagsüber unter der Woche auch nicht so stark besucht. Nächsten Sommer, wenn ich wieder arbeite, werde ich natürlich nicht immer tagsüber hinfahren können. Deswegen fand ich es clever, die guten Bedingungen noch ein letztes Mal auszunutzen. Am Montag beginnt schliesslich der Herbst. Glücklicherweise. Dann schwindet auch der Wunsch danach, in einen See zu springen.
Am Abend war ich in dem neuen Augustinergarten an der Prenzlauer Allee verabredet. Ich verfolge die Bauaktivität an dem Standort der ehemaligen Bötzowbrauerei schon seit vielen Jahren. Ursprünglich sollte die New Yorker Brooklin Brewery dort ihren Garten eröffnen. Nun ist es Augustiner geworden. Immerhin die beste der grossen deutschen Industriemarken. Auch wenn die Auswahl an Bierstilen etwas beschränkt ist. Es gibt ein Helles und ein Dunkles. Wie vielfältig die deutsches Bierkultur früher war, ist leider auch in Vergessenheit geraten. Aber stop, ich bin schon wieder der Onkel, der über Bier zu sprechen beginnt.
Ein Biergarten an dieser Stelle ist jedenfalls eine schöne Zuführung einer alten Tradition für den Vorplatz der ehemaligen Bötzowbrauerei. Schade, dass man nicht kleine Berliner Brauereien dafür gewinnen konnte, das wäre eine angemessene Nutzung des Geländes gewesen. Diese Stadt der vergessenen Traditionen war bis zum Zweiten Weltkrieg einer der bedeutendsten Brauereistandorte der Welt. Wesentlich grösser und wichtiger als der südostdeutsche Raum, der sich heutzutage als Land des Bieres vermarktet. Vor allem in der Gegend nordöstlich des Alex entwickelte sich Ende 1800 zu einem regelrechter Brauereienboom. An der Schönhauser der Pfefferberg, gegenüber hinterm Due Forni die Königsstadt Brauerei, weiter oben die heutige Kulturbrauerei (früher Schultheiss), dann an der Vinetastrasse die Willner Brauerei, an der Greifswalder, die Schneider Brauerei, an der Landsberger gegenüber des Volksparks, die alte Mälzerei und die daran angeschlossene Böhmische Brauerei und zweihundert Meter weiter die Brauerei Friedrichshöhe, in der sich lange ein Kunstcampus befand. Und dann eben auch die Bötzowbrauerei. Und das war nur Prenzlauer Berg. In dem südlichen Prenzlauer Berg gab es um die Jahrhundertwende 16 Brauereien. Die Allermeisten überlebten den Mauerbau nicht. Und nur Kindl-Schultheiss hat auch die Wiedervereinigung überlebt. Die meisten Brauereien wurden zu Wohnungen umgebaut. Oder es sind Ruinen geblieben. Insofern freut es mich, dass hier wieder ein Biergarten hinkommt. Leider wird am Standort nicht mehr gebraut. Aber gut. Man kann nicht alles haben.
Dazu gibt es eine gute Dokumentation vom RBB. Sie ist in der Mediathek leider nicht mehr aufzurufen, aber mir Programmen wie Mediathekview o.ä. kann man sie immer noch downloaden. Falls jemand nicht weiss wie das geht, kann ich die Doku gerne zur Verfügung stellen.
#
Den Samstag verbrachte ich in der verdunkelten Wohnung und arbeitete an dem Text. Ich habe jetzt allerdings verstanden, dass ich die Deadline nicht schaffen werde. Die Zeit war zu optimistisch geschätzt. Ich hatte mich von der Geschwindigkeit der ersten Tage mitreissen lassen, wobei ich nicht verstand, wie viel Arbeit der Text später noch brauchen würde. Am morgigen Sonntag ist es noch warm draussen, das werde ich nutzen, um weiterzuarbeiten.