[Freitag, 7.10.2022 – Hundezoo, geschlaucht]

Heute stellten wir in der Firma den neuen CEO vor. Es waren sehr viele Menschen im Büro, auch Hunde. Der neue CEO wird auch seinen Hund mitbringen. So werden wir uns zu einem Hundezoo entwickeln. Ich finde das gut. Meine Hündin war bisher immer die einzige. Heute war auch eine ausgewachsene Schäferhündin da. Diese war sehr dominant. Mein Tier hingegen ergibt sich immer sofort, zeigt keine Herrschaftsansprüche, legt sich immer gleich auf den Rücken. Ich mag das eigentlich sehr. Aber die Schäferhündin nutzte das aus und zeigte sich übergriffig. Der Hundehalter und ich trennten die beiden Tiere.

Danach gab es einen Umtrunk und Häppchen. Unter anderem sogenannte indische Fleischbällchen. Das waren Fleischbällchen mit einer cremigen Sojasauce. Die Sojasauce war dermassen intensiv, dass sie jegliche (möglicherweise vorhandenen) Nuancen im Geschmack der Fleischbällchen übertünchte. Ich fand es dennoch mega. In dieser Sauce hätte ich baden können.

Danach traf ich meine Frau im Brewdog auf ein Freitagabendbierchen. Ich war aber schon sehr geschlaucht. Vom Essen, von der schweren Sauce. Und vermutlich auch von der Woche. Sie aber auch. Danach gingen wir nach Hause. Ich fühlte mich wie ein Stein. Oder ein Sack Kartoffeln. Auf einmal. Einfach so.

[Donnerstag, 6.10.2022 – technische Probleme, Döner]

Den ganzen Tag mit technischen Problemen gekämpft. Ich sass zuhause, schaffte es weder Zähne zu putzen, noch mich zu duschen. Zwar ging ich mit dem Hund hinaus und holte mir einen Döner. So sind die Tage manchmal. Also nicht wegen des Döners. Ich esse tatsächlich gerne Döner, vor allem der Döner bei mir um die Ecke, der hat auch vortreffliche Bewertungen auf Google, wobei es ein stinknormaler Dönderladen an der Ecke ist, mit Neonlampen und bunt überfrachteten Leuchtreklamen, aber der Döner ist immer gut, der Salat frisch, das Brot hat genau die richtige Knusprigkeit, das Fleisch ist immer genau richtig durch und dunkler an den richtigen Stellen und niemals trocken. Und die Saucen sind nicht zu fett. Manchmal lasse ich zwei Halloumischeiben in den Döner legen. Das mag ich.

Am Abend hatten wir die Probleme immer noch nicht im Griff, aber immerhin abgeschwächt. Wir beschlossen, das Thema ruhen zu lassen und auf den nächsten Tag zu verschieben. Ich putzte ich dann die Zähne und sprang unter die Dusche. Das tat richtig gut.

Sonst war heute nicht viel.

[Mittwoch, 5.10.2022 – Neue Nachbarn, Kinderfrei, Larsi]

Nebenan sind jetzt tatsächlich und anders als erwartet, die Eigentümer der Wohnung eingezogen. Es ist ein Künstlerpaar, sie zeichnen sich beide durch ein extravagantes Äusseres aus. Mit der Frau hatte ich einmal längeres Gespräch, wir verstanden uns gut, am selben Tag fügte sie mich als Freund auf Facebook hinzu. Seitdem hatten wir aber nie mehr Kontakt. Den Mann kenne ich aus verschiedenen Sitzungen, er suchte aber nie den Kontakt zu anderen Bewohnern, daher kamen wir nie ins Gespräch. Heute begegneten wir uns im Treppenhaus vor unseren Türen. Er fand mein Tier niedlich und so kamen wir ins Gespräch. Er sagte, jetzt seien die Kinder aus dem Haus und nun würden sie, wie schön lange geplant, in diese kleinere Wohnung ziehen. Er trug Lippenstift und grosse Ohrringe.

Nachher googelte ich ihn. Er hat seinen Vornamen geändert und ich las, dass sie offen als Transgender lebt. Sollten wir uns einmal länger unterhalten, frage ich zur Sicherheit nach den Pronomen.

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Heute war wieder Hutatag. Wenn die Dogwalkerin das Tier abholt, wird es immer so seltsam ruhig. Eine innere Ruhe in mir. Ich ging zu meiner Frau und hob die Arme: KINDERFREIIII!
So muss sich kinderfrei anfühlen.

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Hertha ist wieder in den Nachrichten. Es ist wieder offener Streit mit dem Investor. Er will jetzt seine Anteile verkaufen. Mich freut es, dass er weg will. Auch wenn das natürlich nicht so einfach gehen wird. Ich hätte jetzt so viel darüber zu schreiben, aber die ganze Geschichte ist so weit vorangeschritten, dass ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll.

[Dienstag, 4.10.2022 – Strebergraffitys, Amsterdamreise, Foto in Kiew]

Seit heute gibt es überall diese „fuck biden“ Sprühereien im Kiez. Die sind so auffällig bieder und ordentlich gesprüht, dass ich unwillkürlich an junge Streber denken muss, die in Putins Auftrag Stimmung gegen Biden machen müssen. Morgen verlasse ich wieder meinen Kiez, es würde mich nicht wundern, wenn man die überall in der Stadt gesprüht hat.

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Am Abend bin ich mit einem Nachbarn aus meinem Haus und der Nachbarin von gegenüber in einem Cafe verabredet. Wir treffen uns, weil wir vermutlich eine Initiative gegen den Verkehr im Kiez starten werden. Die Details will ich hier vorerst nicht offenlegen. Später mal, wenn wir an die Öffentlichkeit gehen.

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Ausserdem strich ich heute meine Amsterdamreise. Nächste Woche fahren eines der Teams und ich nach Amsterdam. Für geplante Arbeiten an der Technik. Üblicherweise nehme ich immer noch eine oder zwei fachfremde Mitarbeiter mit, um den persönlichen Austausch zwischen Mitarbeitern der beiden Standorte zu fördern. Abends gehen wir meist aus, trinken, essen. Da ich Amsterdam gut kenne, baue ich auch ein wenig Stadtführung mit ein.
Aber die Hotels sind derzeit dermassen teuer, dass bereits nur die Übernachtungkosten für 6 Nächte fast 13000€ betragen würde. Das war mir dann zu viel. Also strich ich die Extras zusammen, es werden diesmal nur jene Leute fahren, die auch tatsächlich vor Ort etwas zu tun haben. Das schliesst auch mich aus.

Wir hatten uns vorher bereits für eine kollektive Zugfahrt entschieden, weil ein Flug nach Amsterdam 700€ kostete, aber auch die einfachen Hotels in einer halbwegs akzeptablen Gegend zwischen Rechenzentrum und Stadtmitte stehen derzeit bei 350€ pro Nacht. Das ist mir dann doch zu wild.

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Heute stiess ich zufällig bei den Firefox Newsempfehlungen auf ein Foto aus dem österreichischen Standard. Ich kannte die braunrote Statuengruppe und die dunkelgraue Statuengruppe auf dem Bild. Also scrollte ich durch mein Instagram, dort gibt ein Foto von mir, als ich vor vier Jahren in Kiew ziemlich müde vor diesem Monument sass. Meine Kollegin und ich hatten einen sehr langen Spaziergang hinter uns, wir stiegen vom Ufer des Dnjepr herauf auf den Hügel, um in die Kiewer Altstadt zu gelangen. Auf diesem Plateau mit den Statuen legten wir eine Pause ein und ich schoss ein Foto von meinem müde Gesicht und den Statuengruppen im Hintergrund.

Das Denkmal symbolisierte die Völkerfreundschaft zwischen den Russen und den Ukrainern. Nun wurde das Denkmal demontiert und umbenannt in „Freiheitsbogen des ukrainischen Volkes„. Das ist mehr als verständlich. Ich fand es heute merkwürdig schön, am Fusse von übergeschriebener Geschichte gesessen zu haben.

[So/Mo, 2./3.10.2022 – Hoffenheim, Cello, Ölmakrelen]

Am Sonntag war ich im Stadion gegen Hoffenheim. Diesmal mit einem ehemaligen Mitarbeiter und seinem Sohn. Ich besorgte zwei Karten für die beiden und so gingen wir gemeinsam hin. Sein Sohn ist gerade 19 geworden, er ist glühender Herthafan und stand noch nie in der Ostkurve. Er war sehr aufgeregt, hatte sich im Vorfeld über alles belesen. In die Kurve zu gehen, muss sich in diesem Alter wie eine Initiation anfühlen. Auch wenns mit zwei so ollen Papas ist.

Der Spieltag war offiziell als Nachhaltigkeitsspieltag ausgerufen. Viele Fans kamen mit dem Fahrrad, auf dem Stadiongelände stand ein sogenanntes Nachhaltigkeitsdorf auf dem auch unser Fanclub einen Stand betrieb u.a. zum Sammeln von Unterschriften für die Initiative „Berlin Klimaneutral2030“. Üblicherweise treffe ich meine Freunde und Fanclubfreunde ausserhalb des Stadiongeländes, heute trafen wir uns drinnen beim Stand.

Am Abend war ich dann so so müde, dass mir die Kraft fehlte, den Tag zu verbloggen. Aber es ist ja auch nicht viel passiert. Ausser dem Stadionbesuch.

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Montag

Ah. Feiertag. Die indischen Nachbarn sind ausgezogen und seit wenigen Tage wohnt jemand Neues da. Wir wissen, dass die Eigentümerin der Wohnung nur temporäre Verträge vergibt. Es ist eine mehr oder weniger möblierte Wohnung, in der jedes Jahr jemand Neues einzieht. Die indischen Nachbarn durften zwei Jahre darin wohnen. Weil sie explizit danach gefragt hatten und die Eigentümerin sich zu einer Ausnahme bewegen liess. Das indische Paar wäre natürlich gerne weiter in der Wohnung geblieben, aber die Eigentümerin sagte, sie würde jetzt selber einziehen. Das hielt ich für sehr unwahrscheinlich.

Seit ein paar Tagen wohnt jetzt wieder jemand da. Ich legte mich am Vormittag noch einmal zu meiner Frau ins Bett. Früher war das immer die Zeit, in der ich ihr etwas vorlas. Diese Vormittage im Bett sind immer die besten Momente im Leben. Heute schlief ich einfach nochmal, weil ich immer so schlecht schlafe.
Ich wurde von Celloklängen geweckt. Es war keine Aufnahme, es war jemand, der übte. Ich döste noch ewig vor mich hin, während ich den Klängen lauschte. Dieses Gefühl, wenn jemand im Haus ein Instrument spielt, erweckt schöne Bilder. Später spielte die Person ein Blasinstrument, es klang wie eine Flöte, es wird sich um eine Querflote gehandelt haben. Ich schlief wieder ein, oder ich döste im Halbschlaf, oder eine Mischung aus beiden.

Zuerst dachte ich, es sei die Nachbarin von oben. Die ist Musikwissenschaftlerin für chinesische Musik und lebt üblicherweise in Shanghai, aber nun ist sie für eine längere Zeit zurückgekehrt. Bisher hatte ich sie noch nie ein Instrument spielen gehört, ich weiss auch nicht ob sie überhaupt aktiv ein Instrument bespielt, ich habe keine Ahnung ob Musikwissentschaftlerinnen überhaupt das Instrumentenspiel praktizieren, deren Spezialgebiet ist es ja nur, über die Musik Bescheid zu wissen.
Die Musik klang jedenfalls zu nahe um von oben zu kommen, es klang eher von nebenan, dazu muss man wissen, dass unser Schlafzimmer und das Schlafzimmer der Nachbarn nur eine sehr dünne Wand trennt. Mit alleine Vor- und Nachteilen. Zum Glück wird die Wohnung nur an ausländische Mietparteien, die kein deutsch sprechen, vermietet.

Ich legte also mein Ohr an die Wand. Die Musik kam von nebenan.

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Am Nachmittag machten wir uns Brötchen mit Sgombro. Sgombri sind Makrelen. In Italien kauft man Sgombri in Dosen mit Öl, wie Sardinen. Und Ölfische auf Brot ist eine Sauerei. Das Öl verschmiert überall. Mir tropft das Öl auf mein Unterhemd. Als ich mit dem Essen fertig bin, kriecht das Tier zu mir herauf und leckt mich ab. Vom oberen Rand des Unterhemdes bis zum unteren Rand.

Makrelen gäben ja ein erstaunlich gut tätowierbares Motiv ab. Das weiss ich schon länger. Aber wahllose Tätowierungen, die man sich nur wegen deren Tätowierbarität stechen lässt, finde ich ja eher mittel. Tätowierungen sind bei mir das einzige bisschen Religiösität, die ich in meinem Leben ertrage, sie haben also einen sehr persönlichen oder biographischen Bezug. Mit Makrelen haben ich keinen biographischen Bezug. Ausser vielleicht, dass Makrelen-Öl die Liebe meines Hundes zu mir symbolisieren könnte. So funktioniert ja Religion, oder? Irgend einen Bezug herstellen um irgendwas zu erreichen oder erklären.

(Bild, Hans Hillewaert)

[Samstag, 1.10.2022 – Biss in das Kabel, Koreanische Küche]

Das Tier biss heute in ein Stromkabel. Davor fürchtete ich mich schon länger, weil ich nicht wusste, was ein Stromschlag mit ihr anstellen würde. Als ehemaliger Kuhhirte weiss ich, dass Kühe Strom viel stärker empfinden, als wir Menschen. Zumindest sagt man das, ob das stimmt, weiss ich nicht. Nach dieser Logik könnte eine Hündin daran sterben, wenn sie in ein Stromkabel beisst. Gegoogelt habe ich das aber nie.

Heute sass sie wieder unter meinem Schreibtisch und knabberte an Dingen. Mittlerweile knabbert sie nicht mehr oft verbotene Gegenstände an, sondern meistens etwas, das ich ihr gebe. Aber auf einmal quietschte sie laut auf und sprang entsetzt vom Fleck. Dann sah ich das zerschredderte Kabel meines Monitors.
Es war sonst nichts passiert. Das Tier wirkte nicht einmal geschockt, aber sie hielt sich von dem Kabel fern. Möglicherweise war dies das Lehrgeld.

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Am Nachmittag waren wir mit einer Ex-Kollegin und ihrem Mann essen. Sie kommt aus Nordchina und ist ein richtiger Foodie. Die Firma, in der wir damals arbeiteten, war folgerichtig ein e-Food Unternehmen, bzw schlichtweg ein Online Supermarkt.

Sie kommt zwar aus China, aber wir besuchten heute ein Koreanisches Restaurant, das Hodori an der Goebenstrasse. Auf dem ersten Blick wirkt das Lokal ziemlich heruntergekommen, aber das Essen ist dort offenbar sehr authentisch. Nordchinesische und Koreanische Küche ähneln sich sehr stark, meine Freundin sagt, dass sie eigentlich die gleichen Gerichte in der gleichen Ausprägung zubereiten.

Sie bestellt uns einen Mix aus Speisen, die wir uns teilen. Ich bin vor allem von einer Rindfleischspeise sehr angetan. Sie wird auf dem Tisch auf einer Flamme zubereitet. Nein, es ist kein Feuertopf, ich weiss nicht, wie man es nennt. Das Rindfleisch wird in einer Art Gemüsebrühe mit Glasnudeln und Zwiebeln aufgekocht. Das schmeckt sehr speziell, das Fleisch wird von einem sehr feinen Geruch im Gaumen begleitet. Ich könnte ewig darauf herumkauen.

[Freitag, 30.9.2022 – kommender Feiertag, Leinenführigkeit, Pizzafranchise]

Am kommenden Montag ist ja Feiertag. Da wir eng mit unserem Büro in Amsterdam zusammenarbeiten, die diesen dritten Oktober nie so auf dem Zettel haben, informierte ich die Leute in jenem Büro entsprechend. Sonst beschweren sie sich wieder darüber, dass niemand auf Fragen und Mails und Nachrichten antwortet.
Schlimmer ergeht es aber einigen Menschen in unserem berliner Büro. Es arbeiten viele Menschen aus fernen Ländern bei uns. Es geschieht jedes Jahr wieder, dass Leute am 3. Oktober im Büro auftauchen und sich erst nach einigen Stunden über die auffällige Ruhe wundern.
Aber auch mich freut es immer, wenn ich einen Tag mit wenigen Terminen im Kalender vorfinde und gutgelaunt einen Termin setzen kann. Bis ich dann freundliche Absagen, mit dem Hinweis auf den Feiertag, erhalte.

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Am Abend hatten wir Einzeltraining für das Tier. In diesen Einzeltrainings lernen wir das Leben mit Hund in der Stadt. Alle wichtigen Stadtthemen, wie zB das Stehenbleiben an der Strasse und andere Dinge. Heute ging es um Leinenführigkeit. Das ging so mittelmässig. Sie verstand zwar, was wir von ihr wollten, aber sie hatte überhaupt keine Lust darauf. Sie ist sehr auf uns beide bezogen, wenn also nur einer von uns beiden mit ihr an der Leine ging, dann wollte sie immer zu der anderen Person, die irgendwo in der Gegend herumstand.
Die Trainerin ist die dritte, die sagt, es sei ein Tier mit einem starken Willen. Das Tier ist super freundlich und lieb und sehr auf uns bezogen und sie hat einen ausgeprägten Will to please, aber in Kombination mit einem starken Willen. Ich kriege diese letzte Eigenschaft noch nicht mit den anderen Eigenschaften zusammen. Starker Willen ist eigentlich ja etwas positives, aber bei einem Hund bin ich mir da nicht so sicher.

Nach der Stunde ist die Hündin kaputt. So viel Input. Wir aber auch. Daher spazieren wir von der Max-Schmeling-Halle, wo wir trainierten, hinunter zur Oderberger Strasse und setzen uns ins Giradischi. Dort bestellten wir uns eine Pizza. Es ist sechs Uhr und man kann noch draussen sitzen. Das Giradischi gehört ja zu den anderen Pizzerie, dem Due Forni, dem Casolare und dem… wie heisst das am Boxhagener Platz nochmal… jedenfalls diese Punkrock Pizzerie mit dem unfreundlichen Personal aber unfassbar guten Pizze. Es fühlt sich mittlerweile fast wie ein Franchise an. Das Konzept ist immerhin erfolgreich. Schnoddrige Punks als Bedienung, Inneneinrichtung einer Trattoria popolare und besudelte Wände. Und phantastische Pizze.

Ins Due Forni an der Schönhauser luden wir damals in 2013 unsere Hochzeitsgesellschaft ein, für das letzte Abendmahl vor der Trauung. Alle (Italienerinnen, Südtirolerinnen, Schweden und Deutsche) liebten diesen grossen, lauten Ort. Eine litauische Freundin, mit der ich einmal dort war, gibt das Lokal immer noch ihren Freundinnen als Restauranttipp mit, wenn sie nach Berlin kommen. Sie sagte mir, dass sie alle immer begeistert davon sind.

Mit dem vollen Magen spazierten wir noch bis zur Prenzlauer Allee und kehrte dort ins Birra ein. Ich mag die Kneipe sehr gerne. Es ist die Bar einer Brauerei aus der Nähe von Mailand. Lambrate. Die brauen ein phantastisches Pils mit dem Namen Westcoast Pils. Oh, ich suchte soeben nach „westcoast pils“ in diesem Blog. Das mit „phanastisch“ schrieb ich schon einmal in Bezug zu diesem Bier. Boah ich kenne offenbar wirklich nur ein Programm.

[Donnerstag, 29.9.2022 – Handschuhe, Waldschrat, beim Italiener]

Gestern trug ich beim Radfahren zum ersten Mal wieder Handschuhe. Ich erwähne das hier zu Dokumentationszwecken. Dieses Jahr geschieht alles einen Monat früher. Lange Hose, Handschuhe- ja OK das war es eigentlich schon, aber immerhin zwei Dinge.

Letzter Sommer war ein kühler Sommer und ein warmer Herbst. Das war perfekt. Dieses Jahr ein heisser Sommer und ein kalter Herbst.

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Heute war ich wieder bei der Friseurin, die mich Waldschrat nannte. Mittlerweile gehe ich immer zu ihrer Kollegin, der Bodybuilderin, mit der verstehe ich mich immer blendend, aber da sie gerade im Urlaub ist, ging ich wieder zu Jule.
Weil sie mich Waldschrat genannt hatte, rasierte ich vorher meine Bartlinie nach und entfernte lose Barthaare im Gesicht. Ausserdem stellte ich sicher, dass ich gut roch und sauber war, dafür ging ich extra noch einmal in die Dusche.
Als ich kam, sagte sie „Oh das ist aber lange her“, ich sagte „Ja, ich komme nicht mehr zu dir, seit du mich Waldschrat genannt hast“ und sie „Was? Hab ich das?“ und ich „Ja, hast du“. Ich sagte das in einem betont scherzenden Ton, aber ich merkte, dass es sie verunsicherte, mein Begrüssungssatz war vielleicht schon etwas zu hart gewesen, ich beschwichtigte sofort und sagte, dass ich das sehr lustig gefunden hatte, dass ich es sogar meinen Kollegen und Freunden erzählt hatte und fügte hinzu: MEINE Kollegen und nicht DEINE, keine Sorge. Sie rückversicherte sich noch ein paarmal, ob mich das wirklich nicht gekränkt hätte, das sei nicht ihre Absicht gewesen, usw. Nach ein paar Minuten war alles vorbei und wir unterhielten uns wieder ganz normal. Sie ist ein bisschen prollig, aber ungemein lustig. Sie geht gerne in dieses ungenierte Hofbräuhaus am Alex und mag Profiboxer. Wir reden über Bier und Dirndln, aber auch über Boxer und asiatisches Essen.

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Am Abend treffe ich meine Frau unterwegs. Ich kam von der Parkrunde mit dem Tier und sie kam von der Arbeit. Wir trafen uns beim Backaro in der Proskauer und tranken einen (drei) Aperitiv.
Am Nachbartisch reden zwei Männer und eine Frau auf italienisch über die Lage nach der Wahl in Italien. Einer der Männer wird sehr emotional und referiert einmal die komplette Geschichte Italiens seit den Neunzigerjahren. Der andere Mann ist entsetzlich dumpf. Er sagt, er habe nichts gegen Putin. Sollen die sich doch die Ukraine aufteilen. Das bringt den anderen Mann total in Rage. Ich beschliesse, mich nicht einzumischen.

[Mittwoch, 28.9.2022 – Soap&Skin]

Wir waren bei Soap&Skin im Tempodrom. Als Anja Plaschg als Soap&Skin vor 13 Jahren ihr erstes Album veröffentlichte war ich sofort Fan. Sie war damals gerade 19 Jahre alt, was mein ganzes Fandom natürlich etwas merkwürdig anfühlen liess. Ihr erstes Konzert sah ich im Berghain. Damals wohnte meine kleine Schwester noch in Berlin. Das schrieb ich damals sogar auf. Lustig auch, dass es ein paar ähnliche Gedanken gab, die ich auch heute hatte.

Ein paar Stichpunkte zum Konzert:

  • Auch diesmal war das Publikum wieder eher alt. Eine Art Lesebühnenpublikum. Anja Plaschg ist jetzt auch älter geworden und auch anders, weniger Goth, als ihre Erscheinung von damals.
    Das Konzert beginnt mit den eher romantischen, gefühlvollen pianolastigen Stücken, es wird im Verlauf des Konzertes immer lauter und endet mit sehr aggressiven, industriellen Songs.
  • Sie ist ganz in weiss gekleidet. Trägt ein enges, weisses Tshirt, einen Kurzen, weissen Rock und weisse Leggings. Das Publikum ist schwarz gekleidet. Bevor wir ins Tempodrom fuhren, machte ich mir tatsächlich Gedanken darum, was ich anziehen sollte. Ich trage ohnehin meist schwarze Kleidung, ich musste mich heute eher zwischen casual oder elegant entscheiden, ich entschied mich für ein Mittelding aus elegant und casual und als wir den Konzertsaal betraten sah man fast ausschliesslich dunkle Bekleidung und alle so mitteldinging aus elegant und casual. Hölle.
    Als Anja Plaschg dann ganz in weiss Bühne betrat, fand ich das amüsant. Hätte sie nicht besser machen können.
  • Sie covert verschiedene Hits, das bekannteste Cover ist sicherlich „Voyage“ von Desireless. Später dachte ich, dass es eigentlich genau ihr Ding wäre, wenn sie Lana del Reys „Gods and Monsters“ covern würde. Und dann geschieht es plötzlich. Sie spielte Gods and Monsters. Ich schreib vor acht Jahren einmal, dass wir Gods and Monsters in zehn Jahren als den genialsten Popsong der Geschichte bezeichnen werden. Vielleicht habe ich übertrieben, aber wir haben noch zwei Jahre Zeit.
    Anmerken möchte ich auch, dass sie im Liedtext die Referenz an Jim Morrison weglässt. Jene Passage ist der einzige Schwachpunkt aus Lanas Originalversion, wie ich finde. Sie hat sicherlich meinen Blogeintrag vor acht Jahren gelesen.
  • Es ist bemerkenswert, wie vielseitig ihr Werk ist. Von den obenbeschriebenen gefühlvollen Pianostücken, bis zu den agrressiven, fast unhörbar unharmonischen Stücken, die sich wie Maschinen anfühlen. Fühlen ist vielleicht auch das richtige Wort. Es ist sehr körperlich, was sie vorträgt.
  • Die Lichtshow ist mittlerweile ein Teil ihres Auftrittes geworden. Wenn ich an ihr erstes Konzert im Berghain denke, wo es nur Lichtfarben gab. Und etwas Trockeneisnebel.
  • Sie fragte auf Facebook, welche Songs sie spielen solle. Ich schrieb „Boat Turns Towards the Port. In Berlin, pleeease.“ Ich finde das eines der schönsten ihrer Lieder. Sie hat das noch nie gespielt auf den Konzerten auf denen ich war. Und tatsächlich. Das allerletzte Lied. Die allerletzte Zugabe. Sie sang Boat Turns Towards the Port.
  • Nein, ich bilde mir nichts darauf ein.

[Dienstag, 27.9.2022 – Regenschirm]

Frauen tragen wieder Strumphosen und Mäntel und Stiefel und überhaupt. Die Welt wird wieder schön.

Heute nahm ich einen Regenschirm meiner Frau mit auf die Strasse. Das letzte Mal, dass ich einen Regenschirm verwendete, war vermutlich vor 30 Jahren. Es war mir bisher gar nicht bewusst, was für eine gute Sache so ein Regenschirm ist. Vor allem fürs Gassigehen. Man steht ein bisschen im Regen herum während das Tier ihren Dingen nachgeht und wird dabei nicht nass. Zumindest nicht an den unangenehmen Stellen.

Mit Regenschirm kann man einfach entspannt herumstehen. Das war mir gar nicht klar. Ich dachte immer Regenschirme seien für Leute, die durch den Regen rennen und nicht nass werden wollen.

Ich werde mir jetzt einen eigenen Schirm kaufen.