[Mi/Do, 20./21.9.2023 – Bürostuhl, Notfallpraxis]

Mir ging es gestern wieder nicht gut. Als wäre ich wieder krank. Oder vielleicht immer noch krank. Im Laufe des Tages schlief ich dann viel, danach ging es mir wieder besser. So kam ich schliesslich nicht dazu, den Tagebucheintrag zu verfassen. Zugegebenermassen passiert aber auch nichts erzählenswertes, wenn man im Bett liegt. Zumindest nicht, wenn man dabei alleine ist.

Vor einem Monat hatte ich ja einen Bürostuhl bestellt. Heute fiel mir während eines Meetings dieser Stuhl wieder ein. Die Lieferzeit war mit 14 Tagen angegeben, deswegen rief ich bei der Hotline an und fragte nach dem Status. Die Frau am Telefon klärte mich auf, dass die Lieferzeit keine 14 Tage betragen würde, sondern 14 Wochen. Also dreieinhalb Monate.
In 14 Monaten ist Weihnachten. Das sagte ich so. Sie sagte: ja. Sie sagte auch, dass sich um Weihnachten herum die ganze Logistik in einem Engpass befände, es könne also gut sein, dass der Stuhl erst Anfang Januar käme.
Sie bot mir an, die Bestellung zu stornieren, ich bat aber um Bedenkzeit. Es hing schliesslich davon ab, ob ich einen anderen Stuhl sähe, der mir ausreichend gefällt. Es war ja schon schwierig diesen einen zu finden.
Nach einigem Herumgooglen fand ich einen ähnlichen, aber nicht ganz so schönen Stuhl, den ich nun stattdessen bestellte. Mit einer Lieferzeit von drei Tagen. Tagen, genau. Habe ich extra noch danach geschaut.

Am Abend gab es dann Action auf die ich überhaupt keine Lust hatte. Ich lief mit der Hündin zum späten Spaziergang durch meine Strasse, dann riss sie plötzlich an der Leine und wollte umkehren. Das unterband ich natürlich, aber sie zog dermassen fest an der Leine, dass ich neugierig wurde. Ich wollte wissen, was sie erschnüffelt hatte. Sie macht das öfter mal, wenn sie irgendeine interessante Rüdenmarkierung an einer Strassenlanterne riecht. Wenn sie an der Leine ist, dann ziehe ich sie aber immer mit, das ist die Regel. Heute war sie aber sehr von dem Geruch überzeugt, also liess ich es nach einiger Bedenkzeit geschehen. Ich war neugierig.

Ich kann mich nur noch ganz wage an Bildern erinnern. Sie schnüffelte sich an Bürgersteig und Hauswand entlang. Ich scante mit meinem Blick mit, ich sah nichts Auffälliges, nur die eine oder andere Verpackung hier und da und ein Stück türkisfarbenes Plastik. Einige Sekunden später hatte sie ihre Schnauze in einem grössere Öffnung neben einer Regenrinne gesteckt und frass ganz offensichtlich etwas. Ich riss sie sofort zu mir und öffnete ihr das Maul, griff ihr mit dem Finger unter die Zunge und in alle Ecken, in denen sie Futter verstecken kann, sie hatte es aber bereits geschluckt. Anfangs dachte ich, nunja, wieder ein Stück Döner, aber dann fiel mir auf, dass ich das türkisfarbene Stück Plastik nicht mehr sah.

Es war ein handtellergrosses Stück Plastik. Vielleicht gross wie ein halber Handteller. Vielleicht war es auch rosa, es sah aber nicht nach Lebensmittel aus, deswegen hatte ich es ignoriert. Es muss aber offensichtlich stark gerochen haben, sonst hätte sich meine Hündin nicht so sehr danach verzehrt. Aber Rattengift riecht ja nicht stark, mit Gift präparierte Köder allerdings schon.

Und damit fing die Panik an. Zuerst dachte ich: ruhig bleiben und beobachten. Aber das mit dem Ruhigbleiben klappte nicht wirklich. Ich rief meine Frau an, die sich gerade in Finland befindet, sie wurde auch panisch, sie schlug vor Frau Casino anruzufen, die kennt sich ja mit Hunden aus. In der Zwischenzeit lief ich in den Park. Frau Casino meinte, dass man sich nie sicher sein kann, türkisfarbene Sachen sind in der Regel nichts Gutes. Sie würde eher in Erwägung ziehen, in die Notfallpraxis zu fahren. Als ich im Park stand, sprach ich andere Umstehende an, was sie so tun würden. Die meisten würden ruhig bleiben und beobachten, aber ja, türkise Farbe klingt nicht gut.

Also stieg ich ins Auto und fuhr nach Biesdorf in die Notfallpraxis für Tiere.

Die Hündin war freudig erregt, so viel Action, so viele Leute und Gerüche von anderen Tieren, aber als sie den Fieberthermometer bekam, begann ihre Laune zu sinken. Als sie schliesslich eine Kotzspritze bekam, merkte sie schon, dass wir hier nicht auf einer Hundeparty waren. Nach der Spritze schloss man uns in einen kleinen Raum, der mit ein paar Papiertüchern und einer Plastikschüssel ausgelegt war. Sie sollte sich in die Schüssel übergeben und ich sollte gut darauf achten, dass nichts danebenginge.
Das grosse Kotzen begann dann auch ziemlich schnell. Zuerst rülpste sie, dann ging es in Schüben los. Es landete alles gut in die Schüssel.

Der Spuk dauerte etwa 30 Minuten, danach bekam sie wieder eine Spritze, aber diesmal gegen das Kotzen. Die Arzthelferin und ich studierten gemeinsam die übergebene Masse. Sie stocherte interessiert darin herum und klärte mich über den Inhalt auf. Neben Hundefutter und Gras befand sich eine ganze, unverdaute Salami darin. Das war wahrscheinlich das, was ich als handtellergrosse Fläche in Erinnerung hatte. Nicht türkis, aber immerhin salamirosa. Eine dieser billigen, hochverarbeiteten Salamis, kein Wunder, dass ich dachte, es sei Kunststoff.

Ob es ein Giftköder sei, könne sie nicht sagen. Üblicherweise erkenne man es schon, wenn etwas präpariert ist. Auf der Röntgenaufnahme sah es aus, als sei das Fleischstück aufgerollt gewesen, aber in der Schüssel war es schlichtweg eine ganze Salamischeibe. Der Fundort war aber seltsam. In dieser grossen Öffnung neben der Regenrinne, ein bisschen höhergelegt auf Sand oder so. Zumindest war es in meiner Erinnerung so. Da verirrt sich doch keine Salamischeibe hin.

Nun. 200 Euro später fuhren wir nach Hause.

Das Tier war nachher ziemlich apathisch. Es war spät geworden. Die Hündin stand lange verdattert mit hängendem Kopf im Hausflur und starrte vor sich hin. Ein sehr rührender Anblick. Ich streichelte sie lange. Ob sie verstanden hat, was da alles passiert ist, weiss ich nicht. Vermutlich wird sie auch nicht die Verbindung zu der leckeren Salami ziehen. Nächstesmal würde sie es wieder schlucken.

[Di, 19.9.2023 – Fernsicht, Gleitsicht, das Eis]

Neulich liess mich eine Freundin durch ihre neue Gleitsichtbrille schauen und an jenem Tag stellte ich fest, dass ich ohne Brille nicht mehr wirklich scharf sehe. Das war eine seltsame Erkenntnis.
Mir fiel bereits länger auf, dass ich manchmal nicht ganz klar sehe, vor allem im Strassenverkehr, aber auch mal in dunklen Räumen, wie Bars oder Restaurants, ich schob es meistens auf zu viel Sonne oder zu wenig Sonne, oder auch mal auf den Alkohol (natürlich nicht im Strassenverkehr), dass ich mit der Brille der Freundin aber auf Entfernung die Dinge wesentlich schärfer sehen konnte, überraschte mich schon sehr.
Auf kurzem Abstand kenne ich das schon, ich brauche beim Lesen und am Bildschirm seit drei oder vier Jahren eine Lesebrille, das passiert altersbedingt offenbar bei vielen Menschen, damit kann ich leben. Sonst war meine Sicht aber immer vortrefflich. Überhaupt konnte ich mich immer auf meine Sicht und mein Gehör verlassen.

Die Augenschwäche beim Lesen ist eine Sache, dass aber meine Fernsicht nachlässt, verstimmt mich dann doch etwas. Jetzt schränkt sich meine Sicht von zwei Seiten ein. Vom Buch her und von der Ferne her. Ausserdem bedeutet eingeschränkte Fernsicht, dass man die Brille auch in Alltagssituationen tragen muss, nicht nur beim Lesen oder wenn man am Bildschirm sitzt. Ich werde zu einer Person mit Brille werden.

Ich war heute also bei der Optikerin, bei Mister Spex am Leipziger Platz. Ich habe offenbar 1 Dioptrin und man wird mir eine Gleitsichtbrille anfertigen. Eigentlich wollte ich die Brille mit in die Arktis nehmen, damit ich das Eis, die Fjorde und die Berge richtig scharf erkennen kann, aber die Herstellung der Gläser dauert wohl zwei Wochen, die Zeit wird nicht reichen. Jetzt werde ich in ein unscharfes, verschwommenes Winterland reisen.

Aber vielleicht fällt es mir gar nicht auf. Es ist mir bisher ja auch nicht richtig aufgefallen.

[Mo, 18.9.2023 – bald zum Nordpol, halbe Oktave zu hoch]

Ich rede jetzt eigentlich nur noch von meiner bevorstehenden Reise. Ich sage allen: ich fahre nächste Woche zum Nordpol. Das stimmt so natürlich nicht, Zum Nordpol sind es von da aus noch einmal etwa 1000 Kilometer, aber das klingt schlichtweg gut: ich fahre nächste Woche zum Nordpol.

Ansonsten geht es mir wieder besser. Ich glaube, meine Erkältung ist vorbei, dennoch schmerzt mir der Hals und der obere Brustbereich, aber ich glaube, das liegt am gestrigen Stadionbesuch, dieses ständige Gesinge reisst mich immer mit und dann singe ich zu hoch und zu laut, das schlägt sich auf meine Stimmbänder nieder. Fangesänge sind immer eine halbe Oktave zu hoch, davon muss ich husten.

Dafür habe ich am nächsten Tag eine schöne, leicht angerauchte Stimme.

[So, 17.9.2023 – dreizunull]

Bei Heimspielen in der zweiten Liga fährt man ja schon am Vormittag zum Olympiastadion.

In der Sbahn setzt sich ein kleiner Junge im Herthatrikot gegenüber mir. Er ist in Begleitung seiner Mutter und seines Grossvaters. Der Junge ist vielleicht 5 Jahre alt und redet englisch. Seine Muttter sitzt daneben mit einer aufgerollten blauweissen Fahne und spricht mit ihm französisch. Wir kommen ins Gespräch. Mutter und Grossvater sprechen fliessend deutsch mit mir. Ich frage, ob es sein erstes Spiel im Stadion ist, er antwortet mir auf deutsch: mein zweites! Er und seine Mutter wohnten in London und gingen zu Arsenal. Aber Hertha mag er lieber.
Ich stelle keine Warum-Fragen. Ich finds nett. Er trägt dieses Retro-Trikot mit dem neuen hellblau, das neuerdings bei Fanmerch oft verwendet wird. Das finde ich wesentlich schöner als das kältere Königsblau.

In der zweiten Liga passiert alles um zwei bis zweieinhalb Stunden früher. Wenn man nicht aufpasst, trinkt man schon am Vormittag Bier. Lässt man sich allerdings ein bisschen Zeit, trinkt man das erste Bier erst kurz nach zwölf, dann ist es offiziell schon Nachmittag, das klingt besser. Ich treffe Benny und ein paar Leute meines Fanclubs. Wir beschliessen früh reinzugehen und steigen gleich hinunter in unseren Block.
Dort treffe ich Nats, wir reden über die Arktis. Sie hätte gerne einen Stein aus der Arktis. Ich denke, das kann ich regeln. Das bringt mich auf die Idee, selber einen mitzubringen. Einen Stein aus der Arktis, ja warum eigentlich nicht, das klingt auf einmal so magisch.

Das Spiel geht richtig gut los und endet mit einem 3:0 für Hertha. Nach dem Spiel kommt die Mannschaft in die Kurve und wird von uns allen sehr laut gefeiert. Beachtlich finde ich auch den neuen Ton, den die Ultras setzen. Weniger Anspruchsdenken, die Ansage an die Mannschaft ist, dass es egal ist, ob wir verlieren, solange wir unseren Weg gehen. Was dieser Weg ist, bleibt natürlich nicht näher definiert, aber es ist klar, dass die Leidenschaft der Mannschaft mit ihren ganzen Fehlern akzeptiert wird.
Wir stellen uns eben auf ein paar Jahre zweite Liga ein.

Nach dem Spiel gehen wir zu dritt hoch in Block 1 und nehmen unsere drei Banner ab. Unser Fanclubbanner, das Banner des schwullesbischen Fanclubs, und das kilometerlange Banner der Stadioninitiative. Es gab Anfang der Saison ein paar Mal Stress mit Leuten von einem Fanclub, die Frakturschrift in ihrem Banner tragen. Die hängen ihren Banner neuerdings neben unserem. Es sind keine offensichtlichen Rechte, aber sie verhalten sich eben so, wie sich Leute verhalten, die Banner in Frakturschift malen.
Seitdem sind beim Abhängen immer mehrere Leute von uns vor Ort.

Nach dem Spiel stehe ich noch am Rondell und trinke eine Cola, ich warte, bis der grösste Ansturm auf die Sbahn vorbeigezogen ist. Währenddessen unterhalte ich mich mit einem jungen Mann, der Ende Oktober für die Nachwahl im Präsidium kandidieren will. Es wurde ihm gesagt, er solle nach dem Spiel zum Rondell kommen und sich vorstellen. Offenbar haftet meinem Fanclub die Reputation an, dass man sich mit unseren Mitgliedern gut zu stellen hat, wenn man etwas erreichen will. Es gibt noch andere Organisationen und Clubs, die grösser und wichtiger sind, wahrscheinlich sind wir aber einfacher anzusprechen als beispielsweise die Ultras. Es hat aber niemand Lust sich mit ihm zu unterhalten, die meisten Leute sind ja mittlerweile beim fünften oder sechsten Bier oder sie sind siegestrunken vom 3:0.
Der junge Mann bewirbt sich regelrecht bei mir, wir unterhalten uns dennoch nett, ich sagte ihm aber auch, dass das schlecht skaliert, wenn er mit jeder potentiellen Wählerin eine halbe Stunde redet. Er gibt mir recht, er wird sich aber auch noch auf zwei offiziellen Veranstaltungen in einem grösseren Rahmen vorstellen.

Irgendwann ist der Ansturm auf die Sbahn kleiner geworden, dann fahre ich auch.

[Sa, 16.9.2023 – Vorfreude Reise]

Meine Freunde gingen heute aufs Wasser. Ich war schon sehr neidisch. Dafür bekam ich viele Fotos per Whatsapp.

In zwei Wochen fliegen wir in die Arktis. Heute schneite es zum ersten Mal in Longyearbyen. Ein bisschen nur, aber das ganze Dorf liegt unter einem weissen Flaum. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass wir noch etwas mehr von der Braun-orangenen Jahreszeit mitbekommen, mit dem Schnee gibt es diese Farbtöne natürlich nicht mehr. Es misst jetzt 0 Grad. Wenn das Thermometer noch für ein paar Stunden auf 1 Grad Plus steigt, dann schmilzt die Schicht wieder, wenn es aber kälter wird, dann bleibt es so. Aber eigentlich ist es egal. Ich habe unfassbar viel Vorfreude auf diese Reise, ich weiss gar nicht wo ich mit dieser ganzen Vorfreude hin soll.
Ab Montag sinkt das Thermometer auf -5 und bleibt die ganze Woche so, ich hatte eher mit Temperaturen um die 0 Grad gerechnet. Minus erfordert eine ganz andere Jacke. Wir wollten eigentlich mit Handgepäck reisen, aber wenn es so kalt ist, nimmt das Volumen der Kleidung natürlich etwas zu. Es ist egal: wenn das so ist, dann ist das eben so.

Heute ging in Longyearbyen die Sonne um 20:05 unter. Am Samstag in zwei Wochen, wenn wir landen, schon um 18:07. Jetzt geht es schnell. In 5 Wochen beginnt bereits die Polarnacht.

Ich freue mich aufs Packen. Ich freue mich nie aufs Packen, aber diesmal freue ich mich sogar darauf.

[Do/Fr, 14./15.9.2023 – etwas schlapp]

In den letzten beiden Tage ging es mir nicht so gut. Es ging mir auch nicht schlecht, aber eben nicht gut genug, irgendwas vernünftiges zu sagen zu haben. Heute musste ich ausserdem ins Büro, weil ich einen unverschiebbaren Termin hatte. Dabei merkte ich aber, dass die ganze Anstrengung zu früh kam. Den Rest des Tages war ich ziemlich geschafft. Morgen bin ich mit Freunden zum Kajakfahren verabredet. Wir wollen uns in Kreuzberg am Eingang des Landwehrkanals treffen und durch Neukölln und Kreuzberg paddeln. Das stellte ich mir ungemein schön vor. Am Abend beschloss ich aber, dass ich körperlich dafür noch nicht bereit bin und sagte deswegen vorsichtshalber ab.

Anfangs fühlte ich mich ein bisschen schuldig, weil die Tour meine Initiative war, aber die Paddelgruppe ist gross genug geworden, sodass meine Teilnahme aus sozialer Sicht nicht unbedingt notwendig ist. Eine alte Freundin, die mittlerweile aus Südamerika zurück nach Berlin gezogen ist, ist zur Gruppe gestossen und die Frau meines Freundes, sowie sein Sohn, machen jetzt auch mit. Zusammen mit der anderen Freundin sind es also fünf Menschen. Ich kann mich also noch etwas schonen und vielleicht bin ich dann auch fit fürs Stadion am Sonntag.

[Mi, 13.9.2023 – Kaltschweiss bei 20 Grad]

Hab mich dann noch einen Tag krank gemeldet. Immerhin kühlte das Wetter heute ab. Kaltschweiss bei 20 Grad ist irgendwie angenehmer als bei 31 Grad.

Komischer Satz.

Tatsächlich schlief ich heute ziemlich viel. Die letzten beiden Nächte waren nicht sehr erholsam, aber schlafen hält mich auch einfach vom Kranksein ab, das macht es ungemein einfacher. Am späten Nachmittag kam meine Frau aus Frankreich zurück. Immerhin hatte die Hündin dann etwas mehr Bespassung.

[Mo/Di, 11./12.9.2023 – Rachenhöhle]

Kaum rede ich über Corona, schon begann mein Rachen zu jucken. Den Montag über musste ich ein paar Mittelchens für Kopf und Nase nehmen, am Dienstagfrüh war nach einer miserablen Nacht aber deutlich, dass ich mir irgendwas eingefangen hatte.
Interessant fand ich die Schweissausbrüche bei 31 Grad. Ich musste ja trotzdem mit der Hündin hinaus. Meine Frau ist schliesslich verreist. Die Schweissausbrüche bei 31 Grad wurden vornehmlich vom Fieber ausgelöst, das spürte ich. Mir war gar nicht sonderlich warm, dieser kalte Schweiss hielt alle Hitze von mir fern.

Immerhin ist es nicht Covid. Sagte zumindest der Test.

[So, 10.9.2023 – kosmische Unwahrscheinlichkeit, Arktisreise, Dokus aus dem Schnee]

Jetzt fürchte ich ja, am Tag vor der Reise nach Longyearbyen zu erkranken. Normalerweise liegt mir diese seltsame Art des Pessimismuses überhaupt nicht, ich glaube immer daran, dass es Auswege gibt, aber diese Reise steht seit ziemlich genau vier Jahren auf Platz eins meiner Dringlichkeitsliste, jedoch kam dann Corona, und danach kamen noch andere Dinge, insgesamt mussten wir die angedachten Reisetermine in die Arktis schon 4 Mal verschieben. Bei so viel Aufschub ist es sehr wahrscheinlich, dass irgendeine kosmische Unwahrscheinlichkeitsstatistik zuschlägt und wir uns die Barbenheimer-Coronavariante reinziehen.
Ich schrieb heute meine Hausärztin an, ob sie uns kurzfristig impfen kann. Meine Frau brachte eine Reiserücktrittsversicherung ins Spiel aber Gedanken zu einer Reiserücktrittsversicherung sind Gedanken die ich als verschwendet erachte.

Sonst haben die Hündin und ich heute wenig getan. Zwar zwei lange Spaziergänge, aber nur hier im Kiez. Wenn man im Schatten läuft ist es einigermassen erträglich. Mein Tier ist schwarz und sie sieht aus wie ein Schaf, Hochsommer ist nicht ihre Saison. Während wir unter der Hitze leiden, fühle ich mich ihr sehr verbunden.

Ich schaute ein paar Filmchen auf Youtube. Von Cecilia in Longyearbyen und eine Doku von Leuten, die auf einer abgelegenen Insel in Alaska leben. So kühle ich immerhin innerlich ab.

Kurz versuchte ich einmal ein Filmchen von Cesar Milan zu schauen, das ist dieser Show-Hundetrainer aus den USA. Das Filmchen behandelte das Thema, Hunden das Bellen abzugewöhnen. In dem Filmchen wurde dermassen viel gebellt, dass meine Hündin ganz aufgekratzt wurde und mitbellte. Ging nicht.
Die Doku über Alaska funktionierte besser.

[Fr/Sa, 8./9.9.2023 – Karaoke und singen]

Am Freitagabend gingen wir mit der gesamten Belegschaft in eine Cocktailbar am Potsdamer Platz. In diese gehypte Bar namens “The Alchemist”. Es soll die beste Cocktailbar der Stadt sein. Ich kenne mich mit Cocktails nicht besonders aus, aber die Cocktails sehen auf jeden Fall schön aus. Sie werden spektakulär serviert, mit Rauch enthaltenden Luftblasen oder aus Gefässen, die mit rauchendem Trockeneis den gesamten Tisch überfluten. Es soll ein wenig Steampunky wirken. Ich trank drei Cocktails und war um 17Uhr schon ordentlich angedingst. Danach war ich für einen Karaokeabend verabredet. Eigentlich wollten wir uns in einem kleinen Freundeskreis in der Karakebar an der Warschauer treffen, aber eine Freundin, die ich neulich schon erwähnte, hat sich bei einem Ubahnaufgang sämtliche Bänder in Knie und Fuss gerissen, also beschlossen wir kurzerhand das Karaokesingen in ihre Wohnung umzuziehen. Anfangs dachte ich, das würde nicht lustig werden, weil wir da sicherlich nicht singen würden, sondern im Wohnzimmer rumhängen und chillen, und ich wollte ja vor allem singen. Aber es wurde dann eben doch noch lustig. Und wir sangen. Mein Freund verwendete die App Karafun, diese kann man mit einem Chrome- oder Firestick verbinden und danach eine Playlist erstellen. Alle fügten ihre Lieblingslieder an die Warteschlange hinzu, aber nicht jedes Lieblingslied lässt sich auch wirklich gut singen. Ich sang Papa don’t preach von Madonna und Gods and Monsters von Lana del Rey, und ein paar andere, die mir jetzt nicht mehr einfallen, aber wir sangen ja auch immer alle gemeinsam. Sehr gut funktionierte Fairytale of NewYork von den Pogues mit Kirsty MacColl. Später sangen Benny und ich Dirty Old Town. Ich singe manchmal Dirty Old Town wenn ich in einem Pub sitze und betrunken bin, immer dann wenn der oder die Musikerin nach Liedwünschen fragt. Dann wünsche ich mir immer Dirty Old Town und singe zemlich laut mit. Ich weiss nie ob das peinlich ist oder nicht, ich finde es jedenfalls immer spitzenmässig. Allerdings kenne ich den Text nur bruchstückhaft und singe eigentlich immer die gleiche Strophe und selbst die nur in Teilen. Beim Karaoke hat man den richtigen Text vor Augen, das ist eine ganz neue Erfahrung.

Am nächsten Morgen fuhr ich meine Frau zum Flughafen, sie muss für ein paar Tage beruflich nach Südfrankreich. Den Rest des Tages war ich ziemlich müde vom letzten Abend. Die 31 Grad Aussentemperatur waren für mein Wohlbefinden auch nicht sehr hilfreich. Die Hündin mag diese Temperaturen so ziemlich überhaupt nicht, sie war also ganz happy, dass wir es langsam angingen.

Ahja und dann vergass ich den Tagebucheintrag.