s ist ziemlich schwierig mich um Einträge im Logbuch zu kümmern, wenn ich bei meiner Familie bin. Das liegt zum einen natürlich am vollen Programm, aber vor allem daran, dass sich die wenigen ruhigen Minuten auf die wenigen Minuten vor dem Schlafengehen beschränken. Ich kann bei meiner Mutter zuhause nicht einfach den Laptop aufklappen und Texte in Form giessen, weil sie dann ständig neben mir sitzt und mit mir redet. Ich habe letztes Jahr einmal versucht zu sagen, dass ich arbeiten muss, dann stellt sie sich in die Küche und redet von dort aus mit mir. Ich muss mich daher ins Gästezimmer zurückziehen, aber das Gästezimmer ist zu klein, dort gibt es nur eine Ablage, auf der ich im Stehen tippen kann. Abends schmerzen aber meine Fersen, da will ich nicht mehr stehen und lange Texte in den Laptop hacken.
Ausser jetzt halt. Oder vor drei Tagen. Wobei ich auch heute wieder tausend Kilometer gelaufen bin. Sogar die Hündin mag nicht mehr. Morgen geht es aber wieder zurück nach Berlin, ich muss daher die Sachen aufschreiben, sonst verwässern die Erinnerungen, sie werden durchsichtiger. Man würde denken, dass sich Erinnerungen konzentrieren, dass eine Essenz davon übrigbleibt, oder wie beim Kochen sich auf das Wesentliche reduzieren. Doch in Wirklichkeit strecken sie sich, verwässern sich, werden schwächer, oft auch unwichtiger. Die meisten Erinnerungen jedenfalls, die kleinen Erinnerungen, die Erinnerungen, die ins Logbuch kommen.
Am Samstag waren wir jedenfalls mit zwei Freunden unter den Lauben essen. Sie laden uns jedes Mal zu sich nach Hause zum Essen ein und bewirten uns mit viel Aufwand, diesmal wollten wir uns revanchieren und gingen ins Flora unter den Lauben. Wir assen viele verschiedene Antipasti vorweg und als Hauptgang bestellten alle Nudelspeisen, ausser ich, ich nahm geschmorte Ochsenwangen in Rotwein. Ich bin mir nicht sicher, warum ich das bestellte, wahrscheinlich weil es in Rotwein geschmort wurde, das las sich so super, aber erst beim Essen verstand ich, dass in Wangen von einem Rind biss, das ekelte mich unerwarteterweise. Ein Teil aus einem Gesicht zu essen störte mich. Ich ass es aber trotzdem auf.
Nachher spazierten wir mit den beiden noch durch die Lauben und suchten uns eine Weinbar, dort tranken wir alle Bier. Meran war vollgepackt mit Touristen.
Gegen drei fuhren meine Frau und ich zu Interspar in die Romstrasse. Dort kaufen wir jedes Mal ein, weil es so toll ist, in einem riesigen italienischen Supermarkt einzukaufen. Vor allem Getreide und Bohnen, auch wenn man die italienische Küche vor allem von Nudelwaren kennt, was die Italiener aber noch wesentlich besser können, ist Getreide, also Speisen mit Gersten, Linsen, Bohnenmischungen für Pasta e Fagioili usw. Und das kann man alles dort kaufen. Man könnte es auch in Deutschland kaufen, aber da ist die Auwahl eben nicht so gross. Und überhaupt: schwarzer Reis. Es gibt in Deutschland kaum schwarzen Reis.
AM Abend bin ich mit den Jungs meiner Schwester verabredet, sie wollen Hertha schauen, wir sehen dann ein gutes Spiel gegen Leipzig, das wir allerdings 1:0 verlieren. Sie wollen im August nach Berlin kommen, und dann gehen wir zu Hertha und wir gehen auch zu Alba, aber sich machen sich jetzt Sorgen, dass Hertha absteigt. Sie fragen mich, ob ich auch in die zweite Liga zu Hertha gehe, was ich natürlich bejahe. Das beruhigt sie.
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Am Sonntag frühstücken wir bei meiner Schwester. Bzw es ist eher ein Osterbrunch, das sich etwas in die Länge zieht. Wir sitzen dann noch lange im Garten und lassen die Goldfische aus ihrem Winterquartier in den Brunnen mit frischem Wasser aus. Danach fahren sie zu den Schwiegereltern und ich treffe einen alten Freund, der jetzt in Algund wohnt. Wir reden vor allem über alte, gemeinsame Freunde, was sich zu einem Gespräch über Biografien entwickelt. All diese Menschen, die sich in alle Richtungen entwickelt haben. Der eine ist Fotograf, der andere Industrielackierer, viele sind nach Wien gegangen, viele sind auch wieder zurückgekommen, einige arbeiten jetzt bei der Stadt, einige machen irgendwas vages mit IT oder mit Projekten, einer ist Tischler, die andere ist Postbotin, einer ist richtig abgestürzt, also finanziell und auch drogenmässig, eine ist Alkoholikerin, die meisten haben Kinder. Früher waren wir alle irgendwie Freunde, heute haben wir uns alle auseinanderentwickelt, bessere Freunde gefunden, Kontakte abgebrochen etc. es muss nichts schlechtes sein. Es ist nur so, dass sich die Leute entwickelt haben.
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Am Montag bin ich zu meinem Vater auf den Berg gefahren. Es war der einzige Tag, an dem er Zeit hatte. Seit der Rente fährt er in der Wintersaision mit einem Shuttle von den Hotels zu den Pisten. Ihm macht das riesigen Spass. Als er noch arbeitete war er Rettungswagenfahrer. Das Fahren mit grossen Autos im Schnee macht ihm offensichtlich Freude.
Aber jetzt bin ich müde, ich will das nicht alles mehr aufschreiben, nur zusammengefasst, dass beide meine Schwestern mit ihren Partnern und Kindern mitkamen und wir eine lange Runde östlich von Deutschnofen liefen. An Bauernhöfen und Kirchen vorbei. Meine Hündin begegnete einigen freilaufenden Hofhunden. Ich hatte jedes Mal ein bisschen Angst, aber die Begegnungen liefen sehr entspannt ab. Nur die Kettenhunde, die wurden alle wild. Einmal traf meine Hündin allerings eine Gänsefamilie. Weil ich sie nicht an der Leine hatte, entlief sie mir und jagte die Gänse. Die Muttergans bäumte sich auf und bedrohte meine Tier. Das schien sie zu beeindrucken, hielt sie alllerdings nicht davon ab, aufgeregt zu sein. Es kostete mich viele Rückrufe, bis ich sie wieder bei mir hatte und sie in die Leine einklickte.
So war das. Danach assen wir Pasta tranken Rotwein und sassen in der Sonne. Ich habe rote Flecken im Gesicht.
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