[Mi, 19.4.2023 – Treue im Friseurinnensalon]

Ich konnte meine Friseurin nicht mehr buchen. Auf der Buchungswebseite meines Friseurinnenladens standen nur die anderen drei Stylistinnen zu Verfügung, also fuhr ich auf dem Nachhauseweg daran vorbei und fragte nach ihr. Eine ihrer Kolleginnen sagte, sie sei nicht mehr da. Ich war etwas betrübt. Ich bin bei Friseurinnen seltsam treu, es dauert immer einige Zeit, bis ich eine Lieblingsfriseurin finde, aber danach bin ich seltsam treu. Keine Ahnung, was ich mit „seltsam“ ausdrücken will. Sie mochte ich ganz besonders gerne. Die Gespräche mit ihr wirkten immer verbindlich und sie hatten immer Tiefgang, obwohl wir selten die Smalltalk-Ebene verliessen, wir hangelten immer an den grossen Lebensthemen entlang ohne in Kitsch oder Gefühlsduselei zu verfallen. Vertraut, aber nicht intim. Sehr angenehm. Und selten haben ich eine Frau gesehen, die einen Dutt so grazil tragen kann. Ich ertrug es nicht gut, dass sie weg war. Das passiert mir nun zum zweiten Mal. Vor eingen Jahren verschwand eine Friseurin einfach in die USA. Von Friseurinnen hat man ja nicht oft die Kontaktdaten. Zumindest nicht als Mann. Ich fände es übergriffig, nach der Telefonnummer meiner Friseurin zu fragen.

Wie ich da so verloren im Salon stand. Eine Kundin sass auf dem Sessel und schaute mich etwas verstohlen über den Spiegel an. Die Stylistin sagte: „Sie kommt auch nicht mehr wieder. Du kannst aber mich buchen.“
Ich fühlte mich verlassen.

[Di, 18.4.2023 – Dienstag]

Heute ist nicht viel passiert. Ich ging mit der Hündin ins Büro und am Abend erklärte ich einem Unioner auf dem Hundeplatz Hertha.

Am Abend schauten wir die erste Folge der neuen Ted Lasso Staffel. Ich schaue die Serie vor allem wegen Hannah Weddingham, die die Rolle der Rebecca spielt. Eine phantastische Frau in einer phantastischen Rolle. Selten wurden Bürokostüme so spektakulär inszeniert.

Übrigens läuft auch die neue (vierte) Staffel von Evil. Ich glaube, ich habe noch nie über Evil geschrieben (bin jetzt zu faul die Blogsuche anzuschmeissen), das ist eine durchgehend nette Serie, die als Horror klassifiziert ist. Es ist allerdings keine Horrorserie, sondern eine unfassbar nette Geschichte über eine alleinerziehende Frau mit vier Töchtern, die zusammen mit einem angehenden Priester und einem Wissenschaftler im Auftrag des Vatikans übersinnliche, religiöse Phänomene entlarven soll. So ziemlich jede Figur in der Serie ist interessant, man merkt der Serie an, dass die Leute, die dran arbeiten, viel Freude an den Dialogen und den Figuren und all den Details zu haben scheinen. Die Serie kommt manchmal wie eine Soap daher, manchmal wie eine Kommödie und irgendwo lauert immer ein Dämon.

[Mo, 17.4.2023 – Pal ist ein neuer Mensch geworden]

Heute wird ein gutgelaunter Pal Dardai erneut als Trainer bei Hertha BSC vorgestellt. Er hat jetzt einen Hund, einen Maltipoo, er grinst und sagt, er sei jetzt ein anderer Mensch geworden.
Ich bekomme mehrere Nachrichten dazu. Schaumal die Pressekonferenz mit Pal, er hat jetzt einen Hund und sagt, er sei ein anderer Mensch geworden.

Weiss nicht warum jetzt alle an mich denken.

[So, 14.4.2023 – Longyearbyen, Dardai, Nürnberger Prozesse]

Wir haben jetzt die Daten für die Reise nach Longyearbyen fixieren können und so buchte ich Hotel und Flug. Wir werden im Radisson Polar übernachten. Weil wir für die Reise ohnehin schon viel bezahlen, legte ich noch einmal 150€ für ein Superior Room drauf, damit haben wir dann einen Blick über den Fjord. Das ist die Aussicht, an die ich denke, wenn ich nachts nicht schlafen kann.

Im Oktober werden sich die Temperaturen um den Gefrierpunkt herum bewegen. Es wird noch nicht genug Schnee für winterliche Tätigkeiten liegen, aber im Oktober dreht sich alles um die aufkommende Polarnacht. Es gibt Wanderungen bei Sonnenuntergang oder Dinner auf dem Boot beim Sonnenuntergang. Dabei muss man wissen, dass der Sonnenuntergang im Oktober etwa einen halben Tag dauert.

Auch gibt es Fahrten mit klimaneutralen Katamaranen, damit fährt man zu den Gletschern im Eisfjord. Man wird Wale und viele andere Säugetiere sehen. Es wird empfohlen, warme Kleidung mitzubringen, obwohl sie speziale Jacken und Stiefel an Bord haben werden.

Alle Wanderungen sind leider geführt. Wegen der Eisbären muss man entweder bewaffnet sein, oder mit bewaffneten Menschen unterwegs sein. Es ist besser, mit bewaffneten und erfahrenen Menschen unterwegs zu sein, weil die auch wissen, wie man sich im Notfall verhält ohne die Waffe einsetzen zu müssen.

Oktober ist auch schon die Zeit der Polarlichter, das hatte ich gar nicht auf meinem Schirm, Polarlichter interessieren mich zwar nur so mittelmässig, aber wenn wir schon einmal da sind, werden wir das natürlich dankbar annehmen.

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Dann kam die Nachricht, dass Pal Dardai wieder die Trainingsleitung bei Hertha übernimmt. Ich weiss noch, wie sehr es mich vor sieben Jahren freute, als er das erste Mal die Mannschaft übernahm und sie danach mehrere Jahre lang ruhig und einigermassen erfolgreich durch die Liga führte.
Heute weiss ich nicht mehr, was ich fühlen soll. Das vertiefe ich jetzt mal nicht.

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Am Abend schauten wir eine Doku über die Nürnberger Prozesse. Meine Frau begeistert sich ungemein für das Thema. Ich hatte eigentlich keine Lust dazu, die Zeit des Nationalsozialismus interessiert mich so ziemlich gar nicht, aber weil es meine Frau so freuen würde, sagte ich zu, wenigstens den ersten Teil der Doku zu schauen.

Nach dem ersten Teil war ich schliesslich dermassen gefesselt, dass wir alle drei Teile schauten, drei Stunden lang.

[Sa, 15.4.2023 – einzelne Folgen]

Den ganzen Tag Herthanews gemieden. Es geht mir gut.

Und sonst war es ein sehr langsamer Tag. Ich bin das Trinken nicht mehr so gewöhnt, ich erhole mich wesentlich schlechter davon.

Wir testeten ein paar Serien an, aber Serien werden neuerdings immer öfter in einzelnen Folgen ausgestrahlt, vor allem die neuen Streamingdienste, also Apple, Paramount und Disney, folgen dieser unsäglichen Unart. Neulich gab es diesen dummen Text auf SPON, bei dem sich der Autor über diesen neuen bzw. alten Trend freute, dass er sich jede Woche auf eine neue Folge freuen könne. Sich jede Woche auf eine neue Folge freuen. Wenn ich den Satz schon lese. Als könnte er sich nicht einfach die Folgen selber einteilen, wenn ihm das so gefällt.
Es werden sich in erster Linie die Streamingdienste freuen, weil sich die Abos in die Länge ziehen.

Eines der besten Dingen an Serien ist ja, dass man sie wie ein Buch behandelt. Man folgt einer Geschichte und den Figuren über viele Stunden und mehrere Tage hinweg. Die ganze Geschichte bekommt üblicherweise einen angemessenen Raum. Einen Film nimmt man wie eine Kurzgeschichte auf, eine Serie hingegen wie einen Roman.

Seit Folgen einzeln ausgestrahlt werden lese ich sozusagen mehrere Romane gleichzeitig. Und ich hasse es. Jetzt kann der SPON-Autor natürlich sagen, dass ich mir die Folgen aufsparen kann bis sie alle veröffentlicht sind, wenn mir das so gefällt. Der blöde Kerl.

[Fr, 14.4.2023 – vegane Käsespätzle, es wird langsam düster]

Der CEO und ich kochten heute vegane Käsespätzle für alle Mitarbeiterinnen. Wir haben in der Firma eine schöne Küche, es kocht immer wieder einmal jemand für die anwesende Belegschaft, einmal kochte ich Haferreis mit Gemüse. Das ist logistisch einfach, es skaliert gut. Heute dann Käsespätzle. Vegan. Weil es ohne vegan nicht mehr geht, wenn man alle mit einbeziehen will. Ich finde das nicht schlecht. Käsespätzle ohne Käse bereitet man mit fermentiertem Tofu zu und mit einem Gewürz, das ungekocht nach faulen Eiern riecht. Das Ergebnis schmeckte aber ausgezeichnet.

Danach musste ich los. Abends war ich mit Freunden zum Herthagucken im Willy Besch an der Danziger verabredet. Es sassen ein paar Schalke Fans und ein paar verstreute Herthanerinnen, aber der Grossteil war ein internationales, mehr oder weniger hippes, Publikum. Ich finde das für eine berliner Eckkneipe bemerkenswert.

Bevor das Spiel begann redeten wir über Copingmechanismen. Wie wir mit all diesen Niederlagen umgehen. Alle im Tisch sind vor den Spielen immer einigermassen hoffnungsvoll. Geht ja auch nicht anders. Bei Niederlagen versuche ich die Emotionen loszukoppeln. Das gelingt mir so mässig. Zumindest ist es nicht so schlimm, wie in anderen Saisons.

Heute ist ein wichtiges Spiel. Wir sind Vorletzte und wir spielen gegen die Letzten. Die Letzten schlagen uns mit 5:2. Jetzt wird es langsam düster.
Danach kommen mehrere fremde Menschen zu unserem Tisch und haben Gesprächsbedarf. Einige halten die Niederlagen nicht mehr aus, andere sind nur zynisch oder sarkastisch.
Ich sage nur: wir kommen wieder.
Was soll ich sonst auch sagen.

[Do, 13.4.2023 – Schokoladeeier und Blechbohnen]

Nach einem essenslosen Tag wie gestern, sollte man eigentlich gut schlafen. Denkt man. War aber nicht so. Furchtbare Nacht. Aber vielleicht lag das ja auch an etwas anderem. An den Strahlen.

Heute ging es wieder ohne Essen weiter. Allerdings frühstückte ich normal und ass zu Mittag Brechbohnen aus der Dose. Ich nenne die Blechbohnen. Das finde ich witzig.

Übrigens fand ich nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub ein dutzend Schokoladeeier auf meinem Schreibtisch. Normalerweise hätte ich sie alle geöffnet und gegessen. Diesmal passierte etwas anderes. Ich nahm sie und steckte sie in die Schublade. Irre.

[Mi, 12.4.2023 – unruh]

Nach der langen Reise schlief ich tief und unruhig. Leider hatte ich meine Smartwatch nicht an, dir Schlafgrafik hätte mich heute interessiert.

Ich habe über Ostern viel Gewicht zugelegt. Alle 20 Kilo, die ich während Corona losgeworden bin, trage ich jetzt wieder mit mir mit. Heute ist es sogar ein Kilo drüber. Daher beschloss ich kurzerhand mit dem Essen aufzuhören. Das Joghurt und die Haferflocken, die ich zum Frühstück essen würde, packte ich ein und nahm sie mit ins Büro. Dort ass ich sie als Mittagessen. Sonst ass ich heute nichts. Bis zum Schlafengehen. Ich finde das nicht schlimm, mir tut das gut. Nach ein paar Tagen des konsequenten Verzichts, nimmt diese ständige Gier nach Essen ab, denn ich habe sie ständig, diese Gier nach Essen.

[Di, 11.4.2023 -Jochgrimm, Rückfahrt]

Erwähnen will ich noch, dass ich am gestrigen Montag eigentlich auf das Jochgrimm fahren wollte um danach auf die Weisshornspitze zu wandern. Das ist ein leichter Aufstieg, ideal um meine Hündin zu testen, wie gut sie in den Bergen unterwegs ist.

Als ich aber am Vortag mit Pino auf dem Dorfplatz in Algund sass, konnte ich das ganze Etschtal überblicken und sah in etwa 40km Entfernung das schneebedeckte Weisshorn. Der Schnee lag auch unterhalb der Baumgrenze, bis auf den Almen herunter. Mit Schnee hatte ich nicht gerechnet, deswegen hatte ich lediglich Sneakers eingepackt, mit denen würde ich im Schnee aber nicht weit kommen.
Am Wandertag stellte sich allerdings heraus, dass der Schnee nur auf der Nordseite lag. Und wenn man von Algund aus aufs Weisshorn schaut, sieht man eben die Nordseite. Auf der Jochgrimmseite des Berges war hingegen alles geschmolzen und auch trocken. Aber meine kleinere Schwester wollte nicht aufs Jochgrimm. Sie sagte, wenn man Jochgrimm fährt, dann geht man immer auf diese deprimierende Gurndin-Alm hinunter, immer diesen geraden Weg durch den Wald hinunter und dann wieder zurück hinauf. Ich verstand, was sie meinte, die letzten Male, als ich Jochgrimm war, spazierten wir immer diesen eintönigen Weg hinunter zu Gurndin, warum auch immer, es gibt auf Jochgrimm wesentlich schönere Dinge zu tun, man kann zum Beispiel auf das Weisshorn hinauf, was diesmal und mit Sneakern allerdings nicht die beste Idee war, und es gab noch andere Almen, oder die eine Hütte auf der Gurndin-Seite hinunter, aber etwas abseits, die wird von einer ehemaligen Freundin betrieben, wir hätten damals fast geknutscht, sie trug damals eine Glatze, aber heute trägt sie ein Dirndl, ich will da nichts hinein interpretieren, andererseits erinnerte ich mich, dass sie auf ihrer Facebookseite ganz seltsame Dinge über Impfungen und Corona schrieb, weissnicht, beim Gedanken daran, verging mir die Lust sie zu besuchen, wer weiss, was aus ihr geworden ist.

Jedenfalls: heute fuhren wir wieder zurück nach Berlin. 10,5 Stunden Fahrt. Mit zwei kurzen Pausen. Diesmal fuhren wir die Strecke ohne Übernachtung. Auf dem Rückweg machen wir das meistens so.

Am Abend schwankt alles um mich herum.

[Sa/So/Mo, 8/9/10.3.2023 – Essen, Interspar, Brunch, Biografien, Panoramarunde]

s ist ziemlich schwierig mich um Einträge im Logbuch zu kümmern, wenn ich bei meiner Familie bin. Das liegt zum einen natürlich am vollen Programm, aber vor allem daran, dass sich die wenigen ruhigen Minuten auf die wenigen Minuten vor dem Schlafengehen beschränken. Ich kann bei meiner Mutter zuhause nicht einfach den Laptop aufklappen und Texte in Form giessen, weil sie dann ständig neben mir sitzt und mit mir redet. Ich habe letztes Jahr einmal versucht zu sagen, dass ich arbeiten muss, dann stellt sie sich in die Küche und redet von dort aus mit mir. Ich muss mich daher ins Gästezimmer zurückziehen, aber das Gästezimmer ist zu klein, dort gibt es nur eine Ablage, auf der ich im Stehen tippen kann. Abends schmerzen aber meine Fersen, da will ich nicht mehr stehen und lange Texte in den Laptop hacken.

Ausser jetzt halt. Oder vor drei Tagen. Wobei ich auch heute wieder tausend Kilometer gelaufen bin. Sogar die Hündin mag nicht mehr. Morgen geht es aber wieder zurück nach Berlin, ich muss daher die Sachen aufschreiben, sonst verwässern die Erinnerungen, sie werden durchsichtiger. Man würde denken, dass sich Erinnerungen konzentrieren, dass eine Essenz davon übrigbleibt, oder wie beim Kochen sich auf das Wesentliche reduzieren. Doch in Wirklichkeit strecken sie sich, verwässern sich, werden schwächer, oft auch unwichtiger. Die meisten Erinnerungen jedenfalls, die kleinen Erinnerungen, die Erinnerungen, die ins Logbuch kommen.

Am Samstag waren wir jedenfalls mit zwei Freunden unter den Lauben essen. Sie laden uns jedes Mal zu sich nach Hause zum Essen ein und bewirten uns mit viel Aufwand, diesmal wollten wir uns revanchieren und gingen ins Flora unter den Lauben. Wir assen viele verschiedene Antipasti vorweg und als Hauptgang bestellten alle Nudelspeisen, ausser ich, ich nahm geschmorte Ochsenwangen in Rotwein. Ich bin mir nicht sicher, warum ich das bestellte, wahrscheinlich weil es in Rotwein geschmort wurde, das las sich so super, aber erst beim Essen verstand ich, dass in Wangen von einem Rind biss, das ekelte mich unerwarteterweise. Ein Teil aus einem Gesicht zu essen störte mich. Ich ass es aber trotzdem auf.
Nachher spazierten wir mit den beiden noch durch die Lauben und suchten uns eine Weinbar, dort tranken wir alle Bier. Meran war vollgepackt mit Touristen.

Gegen drei fuhren meine Frau und ich zu Interspar in die Romstrasse. Dort kaufen wir jedes Mal ein, weil es so toll ist, in einem riesigen italienischen Supermarkt einzukaufen. Vor allem Getreide und Bohnen, auch wenn man die italienische Küche vor allem von Nudelwaren kennt, was die Italiener aber noch wesentlich besser können, ist Getreide, also Speisen mit Gersten, Linsen, Bohnenmischungen für Pasta e Fagioili usw. Und das kann man alles dort kaufen. Man könnte es auch in Deutschland kaufen, aber da ist die Auwahl eben nicht so gross. Und überhaupt: schwarzer Reis. Es gibt in Deutschland kaum schwarzen Reis.

AM Abend bin ich mit den Jungs meiner Schwester verabredet, sie wollen Hertha schauen, wir sehen dann ein gutes Spiel gegen Leipzig, das wir allerdings 1:0 verlieren. Sie wollen im August nach Berlin kommen, und dann gehen wir zu Hertha und wir gehen auch zu Alba, aber sich machen sich jetzt Sorgen, dass Hertha absteigt. Sie fragen mich, ob ich auch in die zweite Liga zu Hertha gehe, was ich natürlich bejahe. Das beruhigt sie.

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Am Sonntag frühstücken wir bei meiner Schwester. Bzw es ist eher ein Osterbrunch, das sich etwas in die Länge zieht. Wir sitzen dann noch lange im Garten und lassen die Goldfische aus ihrem Winterquartier in den Brunnen mit frischem Wasser aus. Danach fahren sie zu den Schwiegereltern und ich treffe einen alten Freund, der jetzt in Algund wohnt. Wir reden vor allem über alte, gemeinsame Freunde, was sich zu einem Gespräch über Biografien entwickelt. All diese Menschen, die sich in alle Richtungen entwickelt haben. Der eine ist Fotograf, der andere Industrielackierer, viele sind nach Wien gegangen, viele sind auch wieder zurückgekommen, einige arbeiten jetzt bei der Stadt, einige machen irgendwas vages mit IT oder mit Projekten, einer ist Tischler, die andere ist Postbotin, einer ist richtig abgestürzt, also finanziell und auch drogenmässig, eine ist Alkoholikerin, die meisten haben Kinder. Früher waren wir alle irgendwie Freunde, heute haben wir uns alle auseinanderentwickelt, bessere Freunde gefunden, Kontakte abgebrochen etc. es muss nichts schlechtes sein. Es ist nur so, dass sich die Leute entwickelt haben.

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Am Montag bin ich zu meinem Vater auf den Berg gefahren. Es war der einzige Tag, an dem er Zeit hatte. Seit der Rente fährt er in der Wintersaision mit einem Shuttle von den Hotels zu den Pisten. Ihm macht das riesigen Spass. Als er noch arbeitete war er Rettungswagenfahrer. Das Fahren mit grossen Autos im Schnee macht ihm offensichtlich Freude.

Aber jetzt bin ich müde, ich will das nicht alles mehr aufschreiben, nur zusammengefasst, dass beide meine Schwestern mit ihren Partnern und Kindern mitkamen und wir eine lange Runde östlich von Deutschnofen liefen. An Bauernhöfen und Kirchen vorbei. Meine Hündin begegnete einigen freilaufenden Hofhunden. Ich hatte jedes Mal ein bisschen Angst, aber die Begegnungen liefen sehr entspannt ab. Nur die Kettenhunde, die wurden alle wild. Einmal traf meine Hündin allerings eine Gänsefamilie. Weil ich sie nicht an der Leine hatte, entlief sie mir und jagte die Gänse. Die Muttergans bäumte sich auf und bedrohte meine Tier. Das schien sie zu beeindrucken, hielt sie alllerdings nicht davon ab, aufgeregt zu sein. Es kostete mich viele Rückrufe, bis ich sie wieder bei mir hatte und sie in die Leine einklickte.

So war das. Danach assen wir Pasta tranken Rotwein und sassen in der Sonne. Ich habe rote Flecken im Gesicht.