[Mi, 17.12.2025 – Hundevideos, beautiful beard, Autorant, Gummibärchen aus Holz]

Dienstags und mittwochs geht meine Hündin immer mit der Hundesitterin und einer Hundegang auf einen langen Spaziergang im Wald. Die Sitterin postet am Abend dann immer Storys des Ausflugs auf ihrem Insta. Dienstagabend und Mittwochabend, wenn ich in meiner Hamburger Firmenwohnung zurückkehre, warte ich dann immer sehnsüchtigst auf die öffentlichen Videos meines Lieblingstieres und bekomme bei ihrem Anblick dann Gefühle. Es ist etwas anderes, als wenn meine Frau mir Fotos oder Videos von ihr schickt.

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Der Inder ist diese Woche wieder im Nebenzimmer. Gestern sah ich seinen Wohnungsschlüssel auf dem Küchentisch liegen, ich war mir aber sicher, dass er nicht in seinem Zimmer saß. Ich arbeitete den ganzen Abend lang am Text, irgendwann hörte ich ein lautes Poltern. Hier in diesem dunklen Gewerbegebiet ist lautes Poltern meist kein gutes Zeichen, ich verstand allerdings schnell, dass es der Inder sein könnte. Also lief ich die Treppe hinunter und fand ihn dort ziemlich verzweifelt vor. Er hatte offenbar schon eine ganze Weile geklopft. Er fand nämlich seinen Schlüssel nicht mehr. Daraufhin sagte ich ihm, wo er diesen liegengelassen habe. So gingen wir in die Küche und in der ganzen Aufregung, die er mitbrachte, gerieten wir in einen angenehmen Gesprächston, der ganz anders war als noch vor zwei Wochen, als ich ihm eine unangenehme Polizeihaftigkeit unterstellte. Vermutlich war er damals einfach noch aufgeregt und hatte das Gefühl, er müsse sich irgendwie profilieren, was weiß ich. Heute quatschten wir bis halb eins. Ganz ohne Alkohol und Essen. Ich wusste gar nicht, dass das geht.

Letzte Woche auf der Weihnachtsfeier hatte er übrigens einen Kollegen mitgebracht. Auch er war Inder. Der hatte einen unfassbar schönen Bart. Irgendwann, da war ich schon ein wenig angetrunken, ging ich zu ihm hin und sagte: You have an impressively beautiful beard. Er sagte: But you too!
Danach waren wir beste Freunde.

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Was sonst noch? In meinen Notizen steht „Reichweite kleine E-Autos“. Zu dem Thema wollte ich eigentlich ein wenig ranten, weil es mich so aufregt, dass kleine E-Autos immer bedeutend weniger Reichweite haben, als die großen und teuren. Ich möchte nämlich ein kleines Auto, weil ich keine großen Autos brauche und ich in der Stadt wendiger sein will. Aber kleine Autos werden immer zu City-Flitzern degradiert und automatisch ein bisschen überheblich als Frauenauto belächelt, das man gut für den Einkauf oder die Fahrt in die Kita verwenden kann. Ich war mit meinem kleinen Auto aber schon am Nordkap und fahre ständig damit nach Schweden und nach Südtirol. Ich wüsste nicht, wozu ich so ein großes Auto brauche. Aber mit der Reichweite der kleinen Autos komme ich nicht mal auf meinen wöchentlichen Fahrten von Hamburg nach Berlin, ohne einen Ladenzwischenstopp aus.

Genau darüber wollte ich ranten. Habe ich dann aber nicht gemacht.

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Etwas kontextlos, aber ich möchte diese Nebelkrähe hier im Blog haben. Ich fotografierte sie letzten Sonntagmorgen auf der Hunderunde. Ein paar Leute fragten mich auf Insta, was die Krähe da im Schnabel hält. Ich sagte, es sähe aus, wie ein Gummibärchen aus Holz. Genau das dachten auch die Menschen, die die Frage gestellt hatten.

[Di, 16.12.2025 – All in]

Am Montag war ich mit einem Ex-Kollegen aus. Als ich anfing, war er noch nicht so lange in der Firma, er wurde aber bereits Ende November wieder entlassen. Wir verstanden uns jedoch auf Anhieb. Er ist ein sehr wacher und analytischer Geist, mit dem ich gute und äußerst anregende Gespräche führen konnte. Da er in Uhlenhorst wohnt, bat ich ihn, mir seine Lieblingsbars in seiner Nachbarschaft zu zeigen. Obwohl ich vier Jahre in Hamburg wohnte, ist diese Ecke der Stadt wirklich ein blinder Fleck für mich. Ich bin ja eher mit dem Hamburger Berg sozialisiert, also St. Pauli, Altona, Eppendorf, Eimsbüttel, und ich war gestern völlig überrascht davon, wie sehr Hamburg hier Amsterdam ähnelt. Die hohen Herrenhäuser und die flachen Brücken mit den Kanälen. Das kannte ich gar nicht von hier. Ich fand Hamburg ja immer erstaunlich wasserlos, wenn man bedenkt, dass es die große Hafenstadt der Republik ist und für Schiffe sowie die Elbe und Barkassenrundfahrten bekannt ist. Ich war nach dem Umzug nach Berlin schließlich richtig erstaunt, wie viel Wasser es wiederum in Berlin gibt, da überquert man ständig Kanäle und Wasserläufe. In Hamburg hingegen, wird man von der Elbe und den Containerschiffen regelrecht überrumpelt. Hamburg ist zwar wesentlich maritimer, ich mag das auch, aber das liegende Wasser in Berlin, erinnerte mich doch eher an Amsterdam oder die Niederlande, wo ich damals ja mehr oder weniger herkam.

Uhlenhorst also. Und Winterhude. Da gibt es die Kanäle und Brücken.

Wir trafen uns an der Alsterperle und liefen mit einem Wegbier am Wasser entlang bis nach Winterhude zum Mühlenkamp. Dort auf dem Weg gibt es einen Aussichtspunkt, von dem aus man über die Außenalster hinweg die Hamburger Skyline überblicken kann. Vorn das Wasser, hinten die Türme. Der Michel, St. Katharinen, das Rathaus, der Fernsehturm und die leuchtenden Lichter, die sich im Alsterwasser spiegeln. So kannte ich diese Stadt gar nicht.

Mein Ex-Kollege ist ausgesprochener Kapitalist und politisch im konservativen Weltbild verankert, er ist jedoch ein überzeugter Demokrat und einem offenen politischen Diskurs zugeneigt. Ich empfinde es als einigermaßen wohltuend, mich mit ihm über die aktuelle Weltlage zu unterhalten. Er öffnet mir Perspektiven, die mir vorher nicht ganz klar waren. Er ist Volkswirt, entsprechend entsetzt ist er über die ausgebliebene Rentenreform und die vielen sinnlosen Staatsausgaben. Andererseits ließ er sich wiederum bei sozialen Themen von mir einfangen. Aber wie das eben immer ist: Die Wahrheit bei Politik liegt immer in der Mitte. Derzeit gibt es aber nur linke und rechte Blöcke. Mit dieser Erkenntnis bemängelt er auch die Blockbildung in der CDU, seiner Partei, die auch in diesen beiden Blöcken aufgeteilt ist, bei der es aber momentan keine vernünftige Mitte mehr gibt. Die CDU als in Teilen links zu bezeichnen, fand ich eine sehr gewagte These, aber ich verstehe schon, was er meint, dort gibt es auch diese Unversöhnlichkeit in den Blöcken.

Nach der Entlassung hat er beschlossen, sein Leben in Deutschland aufzugeben und nach Bali auszuwandern. Dort wird er eine Weile von seinen Rücklagen leben und versuchen, sich eine Remote-Beratungsdienstleistung für deutsche Firmen aufzubauen. Er ist Finanz- und Buchhaltungsspezialist und stellt sich vor, Dienste als Interims-CFO oder sogar als externer CFO anzubieten. Ich rechne dem Modell durchaus Chancen zu. Währenddessen wird er von etwa 1500 bis 2000 Euro monatlich in Bali leben, zum einen, weil die Lebenskosten dort günstig sind, aber auch, weil er, wie er sagt, Minimalist ist und nicht viel zum Leben braucht. Zudem hat er ein glückliches Händchen mit Aktien und er hat ein ziemlich stringentes Vorgehen, wie er in sein ETF-Portfolio investiert. Er macht es nämlich so: Er achtet darauf, wenn es Kurseinbrüche gibt. Sobald sich der Kurs um 20 % erholt hat, steckt er immer wieder Geld hinein. Nicht alles, nur ein bisschen. Du musst immer den perfekten Tiefpunkt erwischen, sagt er. Er ist gerade 36 Jahre alt, die Finanzierung seiner Rente hat er bereits durchgeplant.

Sein Weltbild ist allerdings sehr düster. Er will weg aus Westeuropa, weil er mit einem Kollaps der Sozialsysteme und damit einhergehenden Unruhen rechnet. Außerdem ist er fest davon überzeugt, dass Deutschland innerhalb der nächsten 3 bis 5 Jahre von Russland angegriffen wird. Er will auf Bali sitzen, wenn das passiert. Einen finanziellen Plan dazu hat er auch. Wenn Krieg in Europa ausbricht, werden die Aktienkurse dramatisch einbrechen. Sobald er das Gefühl hat, dass sie den Tiefpunkt erreicht haben, spätestens aber, wenn sie sich wieder um 20 % erholt haben, geht er all-in. Dann setzt er sein ganzes Geld auf den Weltmarkt. Du musst immer den perfekten Tiefpunkt erwischen.

[So, 14.12.2025 – Hundekuchen, Juicy Textstellen]

Morgen wird unsere Hündin vier Jahre alt. Weil ich morgen aber nicht in Berlin bin, hat sie eben heute schon Geburtstag, Sie weiß ohnehin nicht, was wir da für ein Theater veranstalten, aber sie bekommt zu einem Kuchen geformtes Nassfutter mit Lachscreme und Hundekekse. Das ist immer Party.

Wir arbeiteten auch an den schwedischen Lebkuchenkeksen weiter. Heute buken wir sie. Meine Frau kritisierte meine Arbeit. Offenbar machte ich sie zu dick. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das schlecht ist. Sie sind dann vielleicht nicht traditionell, aber sie sind immer noch solide. Schmecken tut mir Lebkuchen ohnehin nicht. Isst denn überhaupt jemand gerne Lebkuchen?

Auf dem Rückweg von Hamburg hörte ich wieder 1Q84 von Murakami. Er hat diese onkelige Art, über den Busen von jungen Frauen zu schreiben, mit der er die Nervenenden unter meiner Haut irritiert. Ich brauche dann immer eine ganze Weile, bis ich mich davon erhole.


Überhaupt sind die Sexszenen bei Murakami für mich nie besonders stimmig. Dafür sind mir seine Figuren alle zu asexuell. Es irritiert mich immer, wenn diese asexuellen Charaktere plötzlich Sex haben. Ich habe fast alles von ihm gelesen, ich fand nur eine Sexszene einigermaßen stimmig. Das war in Norwegian Wood oder Naokos Lächeln, ich weiß nicht mehr in welchem von beidem. Als diese mysteriöse, zurückhaltende Jugendliebe, als sie sich nach einigen Jahrzehnten wiedersehen, den Wunsch äußert, den Penis des Protagonisten in den Mund zu nehmen. Das war ein sehr poetischer Moment, aber auch wieder asexuell, sehr nüchtern. Trotzdem in sich stimmig.

Aber bitte nicht den Brüste von jungen Frauen, die sich unter dem weißen T-Shirt abzeichnen, beschreiben.

Dabei finde ich Sex in Texten durchaus gut. Neulich kaufte ich mir „Quicksilver“, einen Band aus dieser Romantasy-Reihe, der wegen der Sexszenen so gelobt wurde. Es gibt Foren auf Reddit, in denen sich Leute über die Juicy Stellen austauschen. Dort tummeln sich Spezialisten, die die juicy Kapitel auflisten, damit die Suchenden schneller fündig werden. Das ist offenbar ein Ding. Ich las nur das erste Kapitel von Quicksilver aus einer dieser Listen, fand das Ergebnis jedoch etwas ernüchternd. Später stellte sich allerdings heraus, dass die darauffolgenden Kapitel aus dieser Liste Jucyiger sind, ich hätte nur weiterlesen müssen. Aber das habe ich immer noch nicht nachgeholt.

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[Sa, 13.12.2025 – Das Cello, Pepperkakan]

Der Kater hält an.

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Ich möchte meiner Frau diese Geschichte aus Ferdinand von Schirachs Verbrechen zu Ende vorlesen, aber sie schläft immer nach wenigen Sätzen ein und ich beginne dann jedes Mal von vorn. Mittlerweile habe ich sie mehrmals gelesen und finde sie so eindrücklich, dass ich sie daran teilhaben lassen muss. Die Geschichte heißt „Das Cello“ und handelt von einer zwanzigjährigen Frau namens Therea, die Cello spielt. Es ist die Tochter eines vermögenden Bauunternehmers aus Frankfurt, der sich aber nicht für sie und ihren kleinen Bruder Leonhard interessiert, weil er sie zu weich findet. Die Mutter starb, als Theresa und Leonhard im Kinderalter waren, und danach gab es keine feste Mutter mehr in ihrem Leben. Die beiden Geschwister hatten immer nur sich. Als Theresa zwanzig Jahre alt ist, beschließen sie und Leonhard, den Vater zu verlassen, und ziehen um die Welt. Theresa gibt Cello-Konzerte und Leonhard blättert die Noten um. Sie haben nur sich. Nach mehreren Jahren sind sie für einige Tage auf Sizilien, dort fahren sie auf einer Vespa, mit dieser stürzen sie und Leonhards Kopf platzt auf. Im Krankenhaus können die Ärztinnen immerhin sein Leben retten, die Prognosen sind aber schlecht, Leonhard wird nicht lange leben können. Nun schaltet sich auch der Vater ein und lässt den Sohn in die Charité nach Berlin bringen, wo sie weitere Operationen an ihm durchführen. Leonhards Gehirn und Körper sind schwerbeschädigt, er kann sich nichts länger als 4 Minuten merken und sein Körper ist von Urin durchtränkt, es bilden sich ständig Nekrosen und es müssen ihm nach und nach Körperteile entfernt werden. Bald vergisst Leonhard auch, dass er vergesslich ist, vergisst seine Schwester, es gibt für ihn nur diese schöne Frau, die ihn pflegt und ihm mit dem Cello vorspielt. Währenddessen will er masturbieren. Die Schwester soll während des Spielens unbekleidet sein. Abend für Abend. Sein Zustand verschlechtert sich, Theresa bleibt ihm aber zur Seite. Sie haben nur sich. Mittlerweile kommt auch der Vater wieder, einmal im Monat. An einem Tag lässt Theresa ein Bad ein, sie gibt ihrem Bruder Barbiturate und sie gehen gemeinsam in die Wanne, wie früher, als sie Kinder waren, das waren sie gewohnt. Er schläft ein und wacht nicht mehr auf. Theresa wird des Mordes angeklagt, gibt alles zu, kommt ins Gefängnis. Dort nimmt sie sich das Leben. Als der Vater von ihrem Tod erfährt, holt er einen Revolver aus dem Tresor, steckt ihn in den Mund und drückt ab.

Ich schlug meiner Frau vor, dass ich ihr die Geschichte am Tag vorlese, sie sagte, sie werde aber schon müde, wenn sie den Umschlag dieses Buches nur sehe. Und mittlerweile kennt sie ja schon die Geschichte, weil ich ihr so oft gesagt hatte, was für eine eindrückliche Geschichte sie da verpasst. Eine Geschichte, wo sie am Ende alle tot sind. Na super.

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Am Nachmittag bereiteten wir Pepperkakan zu. Schwedischen Lebkuchen. Ich gab einen Block Butter in die Schüssel, eine Unmenge Zucker und viel Sirup. Danach zählte ich jede einzelne Kalorie, die ich in dem Topf verrührte. Es waren drei Millionen fünfhundersiebenunddreissigtausend vierhundertzweiunddreissig.

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[Do, 11.12.2025 – süßer Sekt, mehlige Äpfel]

Ich vertrage offenbar keinen Alkohol mehr. Zugegebenermaßen trank ich in der letzten Nacht ein ziemliches Durcheinander, von süßem Sekt, Aperol Spritz, Rotwein, Espresso Martini, Rotwein, Rotwein, Rotwein, Rotwein, Glühwein bis hin zu Bier. Aber eigentlich stecke ich so etwas gut weg. Natürlich hatte ich unter solchen Umständen immer einen Kater, mit einem Kater weiß ich aber umzugehen. Was neuerdings hinzukommt, ist eine Gelähmtheit, eine Kraftlosigkeit, als wäre der Kater nicht in mir drin, sondern als wäre ich selbst ein dicker, unbeweglicher Kater mit Muskelschwund und Arthritis. Ich kann mich zu nichts aufraffen, meine Gelenke sind verrostet, alles kostet Kraft und ich will nur schlafen, schlafen, schlafen. Früher hatte ich einfach nur einen Kater. Kopf, Gliedmaßen, Wahrnehmung: Alles ist verbrannt. Das fand ich leichter zu handhaben. Vielleicht kommt es daher, dass ich seit geraumer Zeit weniger trinke, der Gewöhnungseffekt hat nachgelassen. Wenn das so ist, dann empfinde ich das als eine gute Sache.

Glücklicherweise bekam die gesamte Belegschaft heute einen Erlass von Arbeitsstunden. Offizieller Arbeitsbeginn war erst 12 Uhr. Das finde ich sehr sympathisch. Und mir kam das heute wirklich sehr gelegen. Ich aß am Vormittag zwei Äpfel, einen Kanzi und einen Royal Gala. Ich bin bei Apfelsorten sehr mäkelig geworden, ich weiß nicht, wann das anfing, früher, als ich Apfelpflücker war, gab es ja nur Stark- und Golden-Delicious, zumindest in Südtirol war das so. Stark mochte ich schon damals nicht, obwohl die aussahen, wie klassische Äpfel, also rot, mittlerweile mag ich ja fast nur noch Kanzi und Cosmic Crisp, und in Hamburg gibt es einen überraschenden Mangel an mir genehmen Äpfeln. Zumindest in jenem Hamburg, in dem ich einkaufe, das ist hauptsächlich Lidl, aber auch ein kleiner Rewe. Es gibt Gala, Gala, Gala, Royal Gala und die immer etwas vergoren schmeckenden Pink Ladys. Neben den braunen Äpfeln, die als Bratäpfel angeboten werden, aber an die traue ich mich wirklich nicht ran. Deswegen brachte ich mir Kanzi aus Berlin mit, die verwechselte ich heute früh allerdings mit den noch übrig gebliebenen, mehligen Galas. Direkt beim Reinbeißen in diese Masse aus süßem, hartem Mehl verging mir sofort die Lust, auch noch darauf herumkauen zu müssen. Ich weiß, es gibt viele Menschen, die mit den neuen Sorten fremdeln, Gala ist strenggenommen auch eine neue Sorte, aber eine wenig gelungene, wie ich finde, und vielleicht kenne ich die richtigen alten Sorten gar nicht, auch wenn ich mich wegen meiner Apfelpflücker-Vergangenheit oft als Apfelkenner ausgebe, so habe ich in Wirklichkeit doch keine Ahnung davon, manchmal spiele ich mich nur ein bisschen auf, ohne es zu merken, es ist mir dann erst später peinlich, jetzt zum Beispiel. Was ich aber sagen will: Für mich war die Geschichte mit der Schlange im Garten Eden immer wenig überzeugend, wie sie da Eva diesen roten Apfel gab. Ich meine: Damals gab es ja nur alte Sorten, no way, dass Eva sich so einen mehligen Apfel aufschwatzen ließ. Immerhin hat der Vatikan das Buch Genesis mittlerweile als historisch inkorrekt eingeordnet, und eine symbolische Lesart der Apfelgeschichte empfohlen.

Mehlige Äpfel. Symbolik. Weiß jetzt auch nicht.

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Update: die ganze Wahrheit über Streuobst. (aus dem Archiv, März 2006)

[Mi, 10.12.2025 – bei Tageslicht, WeiFei]

Wegen der Weihnachtsfeier am Abend, bekamen wir heute ab 14 Uhr spontan frei. Ich nahm mir vor, das Tageslicht auszunutzen und in die Stadt zu fahren, damit ich Hamburg wenigstens einmal bei Tageslicht sehe und sich die Stadt nicht immer so dunkel anfühlt. Um 14 Uhr ging ich dann in die Firmenwohnung, legte mich kurz aufs Bett, um meiner Frau zu schreiben. Danach wachte ich um 16 Uhr wieder auf. Die WeiFei würde um 18Uhr beginnen, meine Tageslichtunternehmung blies ich also ab.

Auch war ich ganz lose mit einem italienischen Kollegen verabredet. Er wohnt seit Ende September in Hamburg, besser gesagt, in Henstedt-Ulzburg, einer Kleinstadt in Schleswig-Holstein, die ich nur von den Verkehrsplänen der HVV kenne. Er ist ein wenig einsam, weil er noch keine Freunde hat und auch findet, dass hier alles so dunkel ist. Meine Idee, bei Tageslicht in die Stadt zu fahren, fand er ausgesprochen gut und wollte mich vielleicht begleiten. Er kam allerdings nicht um 14 Uhr los, deswegen sagte ich ihm, er solle es ganz entspannt machen, ich würde ohnehin zuerst rüber in die Wohnung gehen, mir etwas anderes anziehen, und dann könne er sich ja melden, falls er noch Lust hat.

Als ich um 16Uhr aufwachte, fand ich eine WhatsApp von ihm auf meinem Telefon. Ich fühlte mich sofort schuldig. Allerdings hatte ich Glück, er schrieb nämlich, ich solle nicht auf ihn warten, er hätte noch zu tun.

[Di, 8.12.2025 – Rechtschreibung, Foto, Pensum]

Seit ich die Rechtschreibkorrektur im Blog verwende, mache ich generell auch weniger Rechtschreibfehler. Vermutlich strenge ich mich jetzt unbewusst mehr an, weil sich mein Anspruch erhöht hat. Andererseits bin ich dadurch auch zu faul geworden, um die korrekte Schreibweise von Wörtern wie „Algorhythmus“ nachzuschlagen. Ich weiß, dass das nichts mit Rhythmus zu tun hat, aber das sagt mir danach das LanguageTool.

Heute telefonierte ich den ganzen Abend mit einem Ex-Mitarbeiter. Wir haben da eine Geschäftsidee, die wir den ganzen Abend durchrechneten. Vielleicht etwas für die Zukunft. Währenddessen posteten die Leute der Immer.Bärbel-Lesebühne weitere Fotos und Fragmente der Lesung von neulich auf Insta. Das Foto von mir gefällt mir ausgesprochen gut. Die Fotografin hat eigentlich ausschließlich ausgesprochen gute Fotos von mir gemacht. Ich muss mich einmal direkt bei ihr bedanken (so. soeben getan.), kann man ja auch gut wiederverwenden als Autorinnenfoto oder als etwas seriöseres Profilfoto für die Profile, die man heute überall herumliegen hat.

Keine besondere Erkenntnis gewonnen heute.

Ich muss noch mein Tagespensum an dem langen Text durchziehen. Die Superheldengeschichte habe ich doch wieder beiseitegelegt. Der andere sogenannte lange Text ist mittlerweile dermaßen umfangreich geworden, dass ich ihn zuerst beenden möchte, bevor ich an etwas anderes Großes beginne. Zudem muss man an so einem Text auch dranbleiben, weil man sonst den Fokus verliert, die Figuren verwässern, der Plot driftet weg, der Sound auch. So ein langer Text ist ein wachsender, amorpher Organismus, dem man ständig neue Organe dranpflanzt.

[Mo, 8.12.2025 – Hundewiese, Go European]

Auf der Hundewiese stellte sich heraus, dass niemand den Geburtstag ihres Hundes feiert. Darauf reagierte ich einigermaßen entsetzt. Zuerst wollte ich es nicht glauben. Ich berichtete in der Runde, dass ich zum Geburtstag meiner Hündin keine anderen Termine wahrnehmen würde, dass sie einen Hundekuchen bekommt, also umgestülptes Nassfutter, das wir mit Lachscreme überziehen und mit kleinen, knackigen Leckerlis bespicken. Ich referierte sicher mehrere Minuten lang.

Ich muss wohl sehr emotional gewirkt haben, weil alle sagten: Jetzt fühle ich mich aber schlecht.

Am Abend fuhr ich zurück nach Hamburg. Diesmal konnte ich wieder Hörbuch hören. Aber ich werde es nicht schaffen, das ganze Buch bis Ende Dezember durchgehört zu haben.

Und sonst beschäftige ich mich gerade damit, mich von US-amerikanischen Softwareanbietern zu verabschieden. Ich will kein Gmail mehr, ich will kein Maps mehr, kein Chrome, kein Amazon. Office und Windows habe ich ohnehin nie benutzt. Aber meine Abhängigkeit von Google ist immens. Ich werde nicht alle ersetzen können, das meiste schon, aber nicht das Telefon. Auch Insta kann ich nicht ersetzen, Twitter nutze ich schon lange nicht mehr. Ich bin schockiert darüber, wie eiskalt die USA ihre Marktmacht in Technologie ausnutzen. Jüngstes Beispiel vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, dem die US-Regierung kurzerhand Email und Office abgeschaltet hat. Was ne Shitshow. Und wenn die Trump-Administration jetzt ganz offiziell die rechtsradikalen Kräfte in Europa stärken will, dann werden natürlich auch die Algorithmen bei Insta und Facebook (Twitter sowieso) entsprechend ausgesteuert. Wir stehen halt nicht mehr auf der gleichen Seite. Und die Firmen spielen das alles mit. Firmen waren noch nie moralisch. Firmen waren immer hervorragend darin, ihren moralischen Kompass immer neu zu kalibrieren.

Mir macht das unfassbar schlechte Laune. Der Ton wird hier sicher bald wieder besser. -> Go European.

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Mittwoch bin ich ein Clown.

[Sa, 6.12.2025 – Rotten Tomatoes, Reifenwechsel]

Wir machten uns eine mexikanische Bowl und danach wollten wir „The Abandons“ schauen, diese neue Serie mit Gillian Anderson und Lena Headey, ein Neo-Western über zwei Frauen im Oregon der 1850er Jahre. Vor noch nicht so langer Zeit schaute ich noch ungemein gerne Neo-Western. Anfang dieses Jahres schrieb ich noch darüber, seit Anfang dieses Jahres hat sich aber vieles in der Welt verändert und meine Faszination für die Vereinigten Staaten hat einen merklichen Knick erfahren, um nicht zu sagen, dass mich mittlerweile sogar eine gewisse Abneigung gegen filmisch dargestellte historische US-Themen erfasst hat. Auch wenn oft durchaus kritische Themen aufgegriffen werden, so ist es unterschwellig trotzdem immer ein Feiern dieser Geschichte, dieser Legitimation, worauf dieses Land gebaut ist: Eroberung, Waffengewalt, Gott und die damit verbundene Freiheit. Seit Vance, Trump und die Gang kotzt mich das alles nur noch an.

Nach 15 unfassbar langweiligen Minuten konsultierten wir die Rotten-Tomatoes-Bewertungen und stellten fest, dass die Serie mit 22 % Zustimmung schlechter bewertet wurde als „Sharknado II„, und so beschlossen wir, abzubrechen. Ich hatte mich sehr gefreut, stundenlang Gillian Anderson und Lena Headey zuzusehen. Dafür würde ich sogar mittelmäßige Bewertungen in Kauf nehmen, aber 22 ist schon sehr mies. Als Grenze hatte ich mir einmal 70 % gesetzt. Wenn die Bewertungen unter 70% oder unter 3 Sternen auf anderen Plattformen liegen, dann ist der Film üblicherweise nicht gut. Manchmal nur in Details. Deswegen schauten wir „The Roses“ mit Olivia Colman und Benedict Cumberbatch, ein Remake der Tragikomödie aus den Achtzigern oder Neunzigern. Das Remake hat zwar nur 64 % Zustimmungswerte, aber das wussten wir erst später, als wir nachschauten, weil wir beide fanden: „Irgendwie OK, aber mit seltsamen Schwächen“. Nunja. Immerhin sind Colman und Cumberbatch super.

Was ist sonst noch passiert. Der lange erwartete Reifenwechsel fand heute statt. Jetzt bin ich gewappnet für Südtirol und die wöchentlichen Fahrten nach Hamburg. Auf den Winterreifen fehlen die Radkappen, ich fühle mich damit ein wenig schäbig, als wäre es ein Nutzauto auf dem Bauernhof. Ein erstaunlich gutes Gefühl. Weil mich meine Frau beim Abholen des Autos begleitet hatte, fuhren wir damit noch eine längere Runde. Es war so schön, zusammen im Auto zu sitzen und die Stadt an uns vorbeiziehen zu lassen. Auf der Rückbank lag die Hündin und kaute auf ihrem Knochen herum.

In meinen Notizen steht auch „Nikolaus“. Aber ich weiß wirklich nicht, was ich mir dabei gedacht hatte. Ich sah gelegentlich Nikolause, aber nichts davon lieferte mir eine Erkenntnis.

[Fr, 5.12.2025 – Input und Output]

Auf der Rückfahrt hörte ich diesmal kein Hörbuch, ich hatte zu viele Gedanken im Kopf, die den ganzen Platz einnahmen. Input über den Hörkanal funktionierte nicht. Deswegen Musik. Streng genommen ist das auch Input, aber der schleicht sich irgendwie an den Gedanken vorbei und schüttelt sie von hinten auf, wie man das mit einem Bett macht, wenn man es lüftet.

Heute verließ ich die Firma eine halbe Stunde früher. Und war auch eine halbe Stunde früher da. Ja, wenig überraschend. Lustig wäre es gewesen, wenn ich trotzdem gleich spät ankomme. In diesem ewigen Geschiebe in der Zeit. Wie wenn man früher ins Büro geht, aber dann doch nicht früher herauskommt.

Die Hündin war mir heute im Treppenhaus entgegengerannt. Allerdings hatte meine Frau sie schon aus der Wohnung gelassen, bevor ich oben war. Also rannte sie aus dem dritten Stock die Treppe hinunter, ich kam aber mit dem Fahrstuhl nach oben. Als ich sie von oben rief, hörte ich das aufgeregte Tapsen auf der Treppe, wie sie den ganzen Weg wieder nach oben rannte. Sie freut sich immer so. Sie dreht dabei Pirouetten.

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Tag 5