[Mo, 28.8.2023 – arbeit an der Poesie]

Über den heutigen Tag gibt es nicht viel zu erzählen. Am Abend arbeitete ich alle Korrekturen aus 2020 in den Hausbesetzertext ein. Jetzt muss ich ans Gerüst des Textes und an die Poesie.

Arbeit an der Poesie. In Stein gemeisselt.

Die beiden Stechapfelsträuche sind immer noch da. Ich hatte tatsächlich erwartet, dass sich das Grünflächenamt schneller darum kümmert. Vielleicht sollte ich sie einfach einsammeln und verkaufen. Die gesamte Pflanze ist halluzinogen, von den Wurzeln bis zu den Blattspitzen, ich könnte sie einfach kleinhacken und in kleinen Säckchen verkaufen. Es scheint nicht illegal zu sein, wenn ich es richtig verstehe. Allerdings bezweifle ich, dass es einen Markt dafür gibt. Menschen, die Stechapfel einnehmen, sind wahrscheinlich sehr dedizierte Leute, die haben sicherlich ihre Bezugsquellen. Ausserdem möchte ich mit Leuten, die Stechapfel konsumieren, nichts zu tun haben. Zum einen kenne ich solche Leute, die ständig auf Selbstfindung sind, die fand ich ganz pauschal immer anstrengend und uninteressant und zweitens muss jemand die Stechapfel zu sich nimmt, an mehreren Stellen mentale Lecks geschlagen haben.

Ausserdem bin ich zu faul, mich drum zu kümmern. Das ist wohl der wahre Grund.

Todo: ich muss auch mal meine Mutter anrufen und fragen, wie das damals mit dem Internat war. Warum ich da hinwollte und wie viel das kostete.

[Sa, 26.8.2023 – Korrekturen, Heimspiel]

Jetzt habe ich doch online einen Schreibtischstuhl gefunden der mir gefällt und gleichzeitig bequem aussieht. Auch wenn ich ihn nicht probieren kann, vertraue ich einfach mal der bequemen Optik. Alles ist besser als mein jetziger Stuhl, auf dem ich nun schon fünf oder sechs Jahre sitze. Die Lieferzeit ist mit zwei Wochen angegeben. Die Arbeit an dem Hausbesetzertext werde ich also erstmal auf dem alten, harten Stuhl verrichten.

Eigentlich wollte ich heute ins Stadion zum Spiel gegen Fürth, aber keine meiner engeren Freundinnen würde heute im Stadion sein. Familiäre Gründe, Urlaubsgründe, andere Gründe, einer ist kurzfristig Krank geworden und eine Freundin hatte unter der Woche einen Unfall auf der Ubahntreppe, wobei sie sich mehrere Bänder riss. Nur Sabine würde im Stadion sein, aber Sabine steht nicht in der Kurve, sondern sitzt oben in Block 2.1 das macht mir dann auch keinen Spass. Und die anderen arbeiten mittlerweile bei Hertha und sind während des Spiels also nicht verfügbar oder sie arbeiten als Freiwillige bei der Antidiskriminierungsinitiative mit. Es wären noch andere Leute da gewesen, aber ohne meine engere Peergroup hatte ich heute schlichtweg keine Lust. Dafür arbeitete ich an dem langen Text.

Das Spiel schaute ich zuhause auf dem Fernseher. Hertha trat mit einem völlig anderen Gesicht auf, als in den letzten drei Ligaspielen. Nach den vergangenen drei Niederlagen schossen wir heute den Gegner mit 5:0 aus dem Stadion. So einen Auftritt habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Eigentlich sind das die besten Momente im Stadion. Konnte ich ja nicht wissen, dass meine Mannschaft heute so auftreten würde.
Eine Stunde später spazierte ich mit der Hündin auf der Frankfurter Allee. An Spieltagen trage ich oft Herthatrikot. Aus Aberglaube. Und weil sich das so gehört. Als Kind in meinem katholischen Bergdorf trug ich sonntags ja auch immer die besondere Sonntagskleidung. Aber ich trage das Trikot auch um Unionern im Kiez auf die Nerven zu gehen. Ich habe ja sonst keine Hobbys.

Auf der Frankfuter Allee kamen die ersten Rückkehrer aus dem Olympiastadion in Herthatrikots zurück und stiegen aus der Ubahn aus. Ich wurde mehrmals freudig von Fremden begrüsst.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit dem Text und arbeitete alte Korrekturen aus 2020 ein. Ausserdem versah ich den Text mit mehreren Dutzend Kommentaren und Vorschlägen zur Änderung bzw des Ausbaus. An den Ausbau setze ich mich aber erst morgen, ich fürchte das wird mehrere Wochen dauern.

[Fr, 25.8.2023 – Hausbesetzergeschichte, Bürostuhl]

Heute schrieb ich wieder an der Hausbesetzergeschichte weiter. Durch die Erinnerungen an meinen Job als Torwächter stiess ich auf einige Fotos jenes Hauses und ich stecke wieder in den Erinnerungen drin, es ist ein guter Moment den Text fertigzustellen. Diese Geschichte erschien irgendwann 2005 oder 2006 in diesem Blog als dahingerotzter Vierteiler. Es ist die Erzählung über ein altes Haus am Springweg in der Utrechter Altstadt, das wir in den Neunzigerjahren drei Mal besetzten. Im Zuge dieser Besetzungen geschahen einige bemerkenswerte Dinge und bereits während des damaligen Dahinrotzens merkte ich, dass diese Geschichte einen etwas grösseren Rahmen braucht und so gab ich dem Text ein paar Jahre später mehr Raum. Es gab so viel zu erzählen. Zwischen 2013 und 2018 abeitete ich in mehrere Abschnitten an dem Text. Im ersten Coronawinter beendete ich eine erste Rohfassung, die ich zwei Freundinnen zum Gegenlesen gab. Diese Fassung beträgt mittlerweile 97 Buchseiten, sie ist also längst kein Blogtext mehr, auch keine Kurzgeschichte, sie ist zu einer Novelle herangewachsen. Das Dumme an diesem Text ist nur, dass in ihm immer noch diese Dahingerotzheit durchscheint und ich weiss nicht so recht, wie ich das rausbekomme.

Ich beschloss heute, dem Text einen weiteren Schliff zu geben, dabei merke ich aber, dass die Geschichte immer noch nicht auserzählt ist, es sind immer neue Details, die mir zu damals einfallen. Eine Freundin staunte neulich über den Torwächtertext, dass ich mich noch an so viele Details erinnere, sie erinnere sich kaum noch an etwas aus ihren frühen Zwanzigern. Darüber staune ich wiederum. Ich kann mich an fast alles erinnern. Und je mehr Erinnerungen ich hervorrufe, beispielsweise beim Schreiben, desto mehr Erinnerungen werden mit hochgezogen, als wären die Verknüpfungen zu anderen abgespeicherten Dateien in meiner internen Storage Hölle immer noch aktiv. Es ist wie eine Erinnerungskiste zu öffnen, weil man ein ganz bestimmtes Foto sucht und dann findet man noch all diese anderen Fotos und Briefe.

Aber diesmal möchte ich den Text beenden. Ich werden ihn das letzte Mal schleifen, dann gebe ich ihn in ein professionelles Lektorat. Danach schlaue ich mich über Online Publishing auf und veröffentliche den Text als Ebook.

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Mein Schreibtischstuhl ist hart. Ich kann nicht so lange darauf sitzen, und trotzdem sitze ich fast den ganzen Tag darauf, zumindest wenn ich zuhause sitze, es ist ein alberner Masochismus, mich auf diesem Stuhl zu quälen. Aber ich finde keinen halbwegs stylischen Bürostuhl. Je bequemer ein Bürostühl ist, desto unästhetischer. Immer. Am geilsten sitzen sich Chefsessel, aber die sehen sehr albern aus.

[Do, 24.8.2023 – im Helmholtzkiez]

Am Abend traf ich mich mit Frau Casino. Das zweite Treffen mit Hündin in ihrer Wohnung, damit sich das Tier an die Wohnung gewöhnt. Frau Casino wird Anfang Oktober ja meine Hündin für eine Woche bei sich aufnehmen, wenn wir in die Arktis reisen. Es wird das erste mal für sie sein, dass sie mehrere Tage ohne meine Frau und mich verbringen wird. Aber wir sind zuversichtlich, dass das gut läuft. Frau Casino ist erfahren mit Hunden und die Hündin mag sie. Mehr braucht es eigentlich nicht. Am ersten Abend wird sie sich vielleicht etwas verlassen fühlen, aber das ist bei ihr sicherlich schnell vorbei.

Zur Übung verlasse ich für eine halbe Stunde die Wohnung, während die beiden in der Wohnung bleiben. Ich drehe eine Runde im Helmholtzkiez und höre einen Podcast von zwei Frauen, die über Pornos reden. In dieser Folge reden sie über Camboys. Am Helmholtzplatz gibt es ein „Rosa Canina“, das ist diese bekannte Eisladenmarke, wenn ich es recht verstehe, ich beschliesse ein Eis zu essen, ich bestelle die Geschmacksrichtungen Stracciatella und Mozartkugel in der Waffel. Mozartkugel schmeckt etwas irritierend. In den Kugeln passt das Marzipan ja sehr gut, aber im Eis ist es etwas komisch. Ich esse es trotzdem gerne. Ausserdem gibt es ein Eis mit dem Namen „Darjeeling mit Bergamotte“, ich frage mich, ob das nicht einfach Earl Grey ist, also Schwarzer Tee mit Bergamotte, aber vielleicht ist Darjeeling ja auch ein ganz besonderer schwarzer Tee, der ihn von den anderen abhebt, ich kenne „Darjeeling Ltd“ nur als Film, bin sonst ja eher der Kaffeetrinker, aber meine Schwiegerfamilie trinkt Earl Grey, da habe ich zum ersten Mal erfahren, dass da schwarzer Tee mit Bergamotte versetzt wird, das fand ich wirklich spannend und es schmeckt ausgezeichnet, wenn ich jetzt irgendwo mal Tee bestelle, dann bestelle ich Earl Grey und fühle mich wie ein Mann, der weiss was er trinken will. Aber in der Regel bestelle ich letztendlich doch immer Kaffee, Kaffee mit Hafermilch, da schauen mich die Kaffeeaffixxxionados immer etwas verachtend an, deswegen gehe ich auch nie in diese elitären Kaffeeschuppen, dafür suche ich immer die Läden für Bieraffixxxionados auf, weil da kenne ich mich aus, ich würde aber nie jemanden für ihren Biergeschmack verachten, auch nicht, wenn sie Hafermilch dazugeben würde. Hm, komisch gegendert.

Früher war ich immer im Helmholtzkiez. Früher war das sozusagen Mein Berlin. Es ist hier wesentlich mehr los, als im Kiez in dem ich wohne. Die Menschen sind auch eher in meinem Alter. In meinem jetzigen Kiez sind die Menschen meist jünger, Mitte bis Ende dreissig. Zumindest kommt mir das im Strassenbild so vor. Im Helmholtzkiez sind die Menschen eher in meinem Alter. Frau Casino und ich wollen demnächst was trinken gehen, ich werde vorschlagen, dass wir das in ihrem Kiez machen.

Als ich zurück in die Wohnung gehe, begrüsst mich die Hündin. Es ging wohl alles gut. Bis auf die Begegnung mit der Untermieterin. Die Untermieterin hat dunkle Haut. Die Hündin hatte sie angeknurrt. Das ist mir so peinlich. Sie knurrte neulich auch eine junge Frau mit Kopftuch im Hundepark an. Dass ein Tier rassistisch sein könnte, malt man sich ja nicht aus. Die Frau mit dem Kopftuch fand das aber lustig, möglicherweise passierte das nicht zum ersten Mal. Weil sie hundeerfahren ist bezirzte sie mein Tier mit Leckerlis, seitdem ist meine Hündin voll der Islam-Fan. Ich glaube es lag einfach an der auffälligen Kopfbedeckung und sie war sehr stark geschminkt, mit lang gezogenen Augenlinien und rotem Lidschatten. Die Untermieterin trug heute auch eine Kopfbedeckung und vermutlich hatte mein Tier nicht mit ihrer Anwesenheit gerechnet, sie muss wohl erschrocken sein. Das sind so die Theorien. Sie sieht ja ständig schwarze Menschen auf der Strasse und im Hundepark, an der Hautfarbe kanns ja nicht liegen.

[Mi, 23.8.2023 – nach Protokoll]

Heute trennten wir uns von einem hochrangigen Kollegen. Solche Trennungen laufen immer etwas militärisch ab, nach einem Protokoll, sehr rational, pragmatisch, etwas gefühlskalt.

Eine einzelne Entlassung ist ganz anders als beispielsweise eine gesamte Belegschaft entlassen zu müssen. In einer meiner vorigen Firmen musste ich 120 Leute entlassen. Jede Person einzeln. Das lag an einer falschen Strategie des neuen Investors, wodurch die Firma in eine dramatische Schieflage geriet und wir sie schliessen mussten. Dort war die Situation eindeutig. Niemand aus der Belegschaft hatte sich etwas zu schulden kommen lassen, die Fehler wurden ausschliesslich von einem ungeliebten neuen Eigentümer begangen. Es war immer jemand von aussen, auf den ich den Finger zeigte, mit den Mitarbeiterinnen fand ich daraufhin in der Regel eine einvernehmliche Lösung. Und alle fanden schnell wieder neue Jobs.

Eine Einzeltrennung hingegen ist persönlich. Die Person von der man sich trennt, hat in der Regel zu viele, oder unverzeihliche Fehler begangen. Es ist mir auch schon einmal passiert. Es dauert lange, bis man wieder ein Selbstwertgefühl zurück erlangt.

Als ich ihm heute protokollarisch alle Geräte, Telefon, Schlüssel, Kreditkarten etc einzog, wechselten wir nur wenige Worte. Ich sagte zu ihm, dass ich jetzt nur das Protokoll befolge, ich sei nicht absichtlich so gefühlskalt, ich versuchte aber auch ein paar beruhigende Dinge zu sagen, dass er sich jetzt ein paar Wochen lang sehr, sehr schlecht und auswegslos fühlen wird. Dass es danach aber auch wieder besser wird und sich alles wieder normalisiert. Ich hätte das auch schon einmal durch. Man muss nur gut durch dieses Tief kommen.

Ich weiss aber nicht, ob das in dem Moment wirklich hilft.

[Di, 22.8.2023 – Plüschherz, zweite Folge]

Die Hündin kam heute mit einem rosanen Herzen aus Plüsch ins Büro spaziert. Ich achtete zwei Minuten lang nicht, was sie damit tat. Aber nach zwei Minuten lag das Kissenfutter auf dem Boden verteilt. Niemand in der Firma konnte mir aber wirklich sagen, woher das Plüschherz kam, oder wem es gehörte. Es kam aus dem Nichts.

Sie macht das mit allen ihren Pluschtieren. Die Naht aufschlitzen und das Futter herausfischen. Dabei finde ich es erstaunlich, dass sie wirklich immer die Naht sucht und diese dann trennt. Weil Profis das eben so machen und sich nicht einfach barbarisch durch den Stoff beissen.

Und sonst habe ich gerade beruflich viel zu tun. Heute und morgen auch.

Spät am Abend fand die Aufnahme der zweiten Folge des „Westend Girls“ Herthafrauen-Podcasts statt. Ich schnitt bis etwa halb zwölf, dann ging die Folge online. Es macht Spass.

[Mo, 21.8.2023 – Achje, verschworen]

Gut und lange geschlafen, keine Notizen aufgezeichnet und früh ins Bett. Dazwischen habe ich gearbeitet.

Und sonst so schreibe ich seit Tagen mit einer Nachbarin, die sich damals auch über Impfen geäussert hatte, Emails. Wir sprachen neulich im Hinterhof über die zurückgekommene Hitze. Und nach drei Wortwechseln hatte sich das Gespräch auf die falschen Daten der NASA verkürzt. Sie meinte, dass diese Klimaerwärmung ja gar nicht menschengemacht sei, sondern, dass es der völlig normale Gang der Dinge sei, es habe ja immer schon Wärmeperioden gegeben, die Römer seien ja schliesslich auch schon mit ihren Sandalen über die Alpen marschiert, und es gäbe viele Wissenschaftlerinnen, die sich bereits von der Regierungsdoktrin abwendeten, weil man uns Angst machen wolle um uns dann am Ende besser kontrollieren zu können.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch gar nicht mein Fahrrad abgeseperrt bekommen.

Ich konnte alle diese Behauptungen widerlegen, aber es gab wenig Einsicht, ich würde doch nur die falschen Medien konsumieren. Ich bat sie, mir das mit der Kontrolle zu erklären. Wer und warum und wie man uns zu kontrollieren gedenke.
Sie sagte nur: google mal dies und das. Und ich sagte, nein, ich möchte das in deinen eigenen Worten hören, ich habe keine Zeit, mich damit auseinanderzusetzen, Stand jetzt ist es eine Verschwörungstheorie, sie müsse mich schon davon überzeugen. Sie sagte, sie würde mir nachher etwas schicken.
Dann gingen wir beide unsere Wege.

Dann schickte sie mir Links. Mit suggestiven Kommentaren: das mache sie schon nachdenklich.
Ich bat sie wieder, mir doch zu erklären warum uns jemand kopntrollieren möchte, und wer das sei und vor allem warum. Daraufhin schickte sie mir wieder Links, ich wiederholte, dass ich es in ihren eigenen Worten formuliert haben möchte. Weil daran scheitert es ja meist. Die Leute lesen etwas, finden es spannend, schauderhaft und lassen sich einfach mitreissen.

So ging es dann hin und her. Ich bekam nur Links zu seltsamen Twitteraccounts und Vorwürfe, dass sie sich einfach mehr Diskurs wünsche, „WIR“ aber immer eine indoktrinierte Meinung hätten. Lustig war auch eine Pamphlet von etwa tausend Wissenschaftlerinnen, die behaupteten, dass sich die Erde nicht erwärme, dass die Daten mit Absicht falsch interpretiert würden, weil dies von den Regierungen so gewollt sei. Es gibt dazu mehrere Faktenchecker, die aufdeckten, dass von den 1000 Wissenschaftlerinnen, sich etwas mehr als 1% mit dem Klima beschäftigen würden und die Unterzeichnerinnen teils bei Erdölfirmen auf der Payroll stehen.

Als ich ihr das schrieb, entgegenete sie nur: die Faktenchecker sind von der Regierung gekauft. Sie hole sich die Info lieber vom Original.

Vom Original. Ja genau. Deswegen gibt es ja Faktenchecks.

Heute sagte schrieb sie jedenfalls, dass sie die Konversation mit mir beenden möchte, weil ich für einen Diskurs nicht offen sei.
Meine Antwort ist noch ausstehend.

[So, 20.8.2023 – Herthanerinnen]

Heute spielte Herthas Frauenmannschaft ihr erstes Spiel seit dreiundvierzig Jahren. Da mein Fanclub den Antrag dafür eingereicht hatte und an der Gründung der Frauenabteilung aktiv mitwirkte und ich ausserdem das Projekt mit dem Podcast zur Frauenmannschaft technisch umsetze, ist mir das Thema natürlich eine Herzensangelegenheit und freute mich schon seit langem auf dieses erste Spiel. Es sollte auch gleich das Derby gegen Union aus Köpenick sein. Die Unionerinnen würden unseren Frauen weitaus überlegen sein, da sie dieses Jahr eine Profimannschaft zusammengestellt hat und also richtige Gehälter zahlt. Davon sind wir noch weit entfernt. Bei Hertha machen wir jetzt die kleinen Schritte. Auch bei der Männermannschaft.

Während der gestrigen Niederlage der Männer gegen Hamburg dachte ich eine Weile daran, das heutige Spiel der Frauen zu schwänzen. Wir würden sehr sicher verlieren, es waren in den letzten beiden Jahren einfach zu viele Niederlagen. Jetzt nach dem Abstieg in die zweite Liga, knüpfen die Niederlagen nahtlos an. Diese ständigen Niederlagen ziehen mich runter. Irgendwann ist es ja Selbstschutz, wenn man sich keinen Niederlagen mehr aussetzen will, vor allem, wenn sie zu erwarten sind, wie beim heutigen Spiel.
Das Niederlagentief hält meist ein paar Tage lang. Ab etwa Mittwoch schöpfe ich dann wieder Hoffnung, die Vorfreude steigt, am Samstag bin ich dann voller Zuversicht im Stadion und wir kriegen wieder auf den Deckel. Es ist ein Kreislauf.

Ich ging natürlich trotzdem. Ein Ticket kostete 2€. Das Spiel fand nicht im Olympiastadion statt, sondern daneben im Stadion am Wurfplatz, das sogenannte Amateurstadion. Ich traf mich mit Benny und seiner Frau am Westkreuz. Wir wollten früh da sein, es war unklar, wie voll es werden würde, das kleine Stadion fasst nur 5000 Zuschauer, auch die anderen vom Fanclub würden da sein, da es keine Zuordnung von Plätzen gab, wollten wir schon einigermassen zusammenstehen, zumindest im gleichen Block.

Es kamen ganze 1500 Menschen. Davon handgezählte 27 Unionfans. So eine Kulisse sind Spielerinnen in der dritten Frauenliga nicht gewohnt. Die meisten Spielerinnen sind selbst Herthafans, intern äusserten sich viele Spielerinnen sehr emotional darüber, endlich im richtigen Trikot spielen zu dürfen.
Nach 2 Minuten fällt dann das erste Tor. Führung für unsere Mannschaft, durch eine gewisse Svenja Poock. Die komplette Mannschaft fällt mit einer Freude übereinander her, die man aus dem Männerfussball gar nicht mehr kennt.

Danach drehte sich das Spiel und unsere Mannschaft verlor dann 6:1. Etwas zu hoch vielleicht, aber durchaus verdient. Aber wie gesagt, das war auch so zu erwarten gewesen.
Nach dem Spiel verlasse ich ziemlich bald das Gelände und fahre zurück nach Hause.

Der Bericht ist seltsam belanglos. Aber ich lasse ihn trotzdem da.

[Sa, 19.8.2023 – kühle Luft]

Jörg Kachelmann hatte mal gesagt, das beste Mittel gegen die Hitze dri eine zirkulierende Luft, also ein Ventilator. Das ist offenbar wesentlich effizienter als kalte Luft, wie sie beispielsweise eine Klimaanlage herstellt.

Weil ich das damals noch nicht wusste, kaufte ich vor einigen Jahren eine kleine, portable Klimaanlage. Sie kostete etwa 400€, aber weil ich ganz furchtbar unter Hitze leide, war mir der Preis völlig egal. Ich kann gut mit Kälte umgehen, aber wenn ich die Wohnung sich auf 27 oder 28 Grad aufwärmt, dann bekomme ich Beklemmungen und wenn es nachts nicht mindestens auf 20 Grad hinunterkühlt, dann kann ich nicht schlafen. Also musste die kleine, portable Klimaanlage her.

Zuerst bekam ich Stress mit einer Nachbarin, die in meiner Abwesenheit das Paket nicht annehmen wollte, da Klimaanlagen das Klima zestören würden. Deutschland und der Hass auf Klimaanlagen, es könnte der Titel einer Spiegel Reportage sein. Ein bisschen berechtigt ist es natürlich schon, aber genau so dogmatisch. Glücklicherweise nahm ihr Mann das Gerät an, sonst hätte ich die Maschine einen Kilometer entfernt aus der Postfiliale herschleppen können.

Was den Betrieb von Klimaanlagen so kompliziert macht, ist der Abtransport der Warmluft, die bei der Kälteproduktion entsteht. Diese portablen Klimaanlagen haben ein flexibles Abluftrohr, über das man die warme Luft dann irgendwie an die Aussenwelt übergeben muss. Ich hatte mir dafür eine Blende aus festem Karton gebastelt, das genau in eines der kleinen Erkerfenster passte, und mitten in diese Blende schnitt ich ein Loch heraus, in das dieses Abluftrohr passen würde.

Ich wollte das Gerät im Wohnzimmer betreiben. Das Wohnzimmer liegt nämlich strassenseitig und das Gerät macht einen ordentlichen Lärm. Das wesentlich kleinere Schlafzimmer liegt hofseitig, da wo die meisten Menschen schlafen und wo man im Sommer die Menschen hört, wenn sie für den Beischlaf die Zahnschiene auf den Nachttisch legen. Ich traute mich nicht, die Klimaanlage hofseitig betreiben. Ich hätte halb Deutschland gegen mich aufgebracht.
Für die sehr heissen Tage wäre ich fürs Schlafen einfach ins Wohnzimmer gezogen.

Das Ergebnis war aber sehr enttäuschend. Das Gerät ist zu schwach, um das grosse Zimmer zu kühlen.

Aber weil Kachelmann sagte, dass ein Ventilator wesentlich effizienter ist, kaufte ich einen Ventilator und bin zufrieden. Die Luftbewegung kühlt die Haut wirklich ab.

Heute, an diesem furchbtaren warmen Tag, lief ich ständig mit diesem etwas klobigen Standventilator herum. Ob ich im Arbeitszimmer sass, ich Wonzimmer oder in der Küche abends das Herthaspiel gegen den Hamburger SV schaute, es gab immer angenehm zirkulierende Luft neben mir. Meine Frau hingegen braucht das alles nicht. Sie hat immer Sommer eine Sommerdecke und im Winter eine Winterdecke. Und tagsüber ein leichtes Kleid.

Jetzt steht aber dieses Klimagerät seit ein paar Jahren in meinem Schrank, ich werde es mal auf Ebay anpreisen, ich habe es genau ein Mal verwendet, ich denke, ich kriege noch was dafür.

[Fr, 18.8.2023 – Spreewald]

Heute Firmenausflug im Spreewald. Es gibt sie noch, diese Orte ohne Internet und ohne Empfang. Weite Teile des Spreewalds sind so ein Ort. Unser Fährhaus samt Restaurant und Schankraum hat nirgendwo Empfang. Weder Telekom, noch Vodafone noch O2. Wir verbringen dort mehrere Stunden und ständig kommt dieser Trigger auf, das Telefon rauszunehmen und Benachrichtigungen zu checken. Nur um dann festzustellen, dass nichts passiert ist, nichts, gar nichts, das durchgestrichene Empfangssignal auf dem Display als verschlossenes Portal zum Rest der Zivilisation. Viele Leute erwähnen diesen Reflex, das Telefon zu zücken. Das Fährhaus hat allerdings WLAN, es steht jedoch nicht den Kunden zur Verfügung. Vielleicht ist es auch nur Sadismus. Das Personal scheint stolz auf die Empfangslosigkeit zu sein.

Auch paddeln wir fast 3 Stunden durch den Wald auf den hunderten Seitenarmen der Spree. Auf dem Wasser kamen ab und zu Signale aus der Zivilisation zu uns. An einer Kanalkreuzung gibt es 4G. Wir halten alle an und machen eine Pause. Wir sitzen in unseren Booten und schauen gespannt in unsere Telefone.

Diese Hitze. Sie lähmt mich. Während der Pause stecke ich die Arme bis zum Ellbogen ins Wasser. Ich spüre, wie mein Kreislauf langsam heruntergekühlt wird.

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Die Hauptspree im Spreewald ist ungefähr 6m breit.
Dann gibt es da noch die Kleine Spree, die neue Spree, die sind auch so breit.
Es gibt aber auch den Nordumfluter und den Südumfluter.
Dann gibt es den Kleinen Fließ,
den Stillen Fließ,
den Stauenfließ,
den Soldatenfließ,
den Buschgraben,
den Rohrkanal,
den Weidengraben,
das oder den oder die Große Rinzena,
den Buschgraben Süd,
aber keinen Budschgraben Nord,
es gibt Koals Graben
und die Alte Trotzke,
und einen Dlugybuschfließ
auch einen E-Kanal. Wirkt wie hineingeschummelt.
Und eine Spolla,
und einen Durchstichkanal.
Und viele, viele mehr.

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Die Betreiber des Bootshauses kennen unsere Firma. Sie wissen, dass wir „etwas schwules“ machen. Sie sind alle sehr nett und entspannt. Aber der alte Mann, der die Boote zuweist muss unbedingt erwähnen, dass er auch Boote in Regenbogenfarben hat. Er meint es nicht böse, aber er würde wahrscheinlich ersticken, wenn er den Witz nicht machen kann. Er sagt das ja nicht nur mir, sondern wiederholt es auch bei den anderen.