[Mo, 26.8.2024 – So!, Einbürgerungstest, Sisu]

Ich bin ja so ein Typ, der „So!“ sagt, und sich auf die Knie klatscht. Offenbar sage ich ständig „So!“. Auch ohne mir auf die Knie zu klatschen. Meine Hündin ist sehr auf mein „So!“ konditioniert. Sie beobachtet mich den ganzen Tag lang, sie weiss alles über mich und mein Verhalten, und dieses Wort bedeutet womoglich, dass ich aufstehe oder gleich etwas passiert. Immer wenn ich das Wort unbeabsichtigt ausspreche, schaut sie zu mir auf. Das bekomme ich mit, weil die Hundemarke an ihrem Halsband klimpert. Ich bin wiederum auf das Klimpern ihres Halsbandes konditioniert.
Seit ich die Hündin habe und sie auf mein „So!“ anschlägt, weiss ich erst, dass ich das ständig sage. Das war mir vorher nicht bewusst. Meine Frau bestätigte das.
Dabei ist das „So!“ deutsches Kulturgut und habe ich noch nicht einmal die Staatsbürgerschaft.

Apropos deutsche Staatsbürgerschaft. Mitte September folgt der Einbürgerungstest. Da in Berlin alle Termine ständig vergeben sind, ergatterte ich vor einigen Monaten einen Termin in Angermünde. Mitte September. Mit einer Vorlaufzeit von 4 Monaten. Deutschland ist ein beliebtes Land.

Heute war ich mit meiner Nachbarin von der anderen Strassenseite auf einem langen Spaziergang am Werbellinsee. Wir parkten das Auto an einer Badewiese mit dem Namen Spring und spazierten um die Westseite der Insel herum und dann eine ganze Weile am Südufer entlang. Auch sie absolvierte vor einigen Jahren alle Tests und ist mittlerweile deutsche Staatsbürgerin. Sie kommt ursprünglich aus Frankreich, sie bestand die Tests im ersten Durchgang, allerdings gibt es ein paar Fragen, die es durchaus in sich haben, weil sie etwas zweideutig gestellt sind und man dadurch zu schnell auf eine der Antworten klickt. Ich habe mir eine der Test-Apps installiert und übe regelmässig, dabei scheitere ich selten an den Fragen, aber bei der stets wiederkehrenden Frage nach der Anzahl Bundesländern muss ich jedes Mal nachzählen und es passiert manchmal, dass ich ein Bundesland vergesse.

So.

Aber daran wird es nicht scheitern.

Am Abend gingen meine Frau und ich zu Backaro in die Proskauer und nahmen einen Aperitiv. Später kam auch mein Schwager dazu, der sich gerade in Berlin befindet. Er wird arbeitsbedingt jetzt öfter in der Stadt sein als vorher schon. Wir finden es gut.
Danach gingen wir nach Hause und ich kochte eine simple Pasta e Ceci. Dazu schauten wir Sisu, eine finnische Brutalokömodie über einen alten, finnischen Mann, der alleine in Lappland gegen Nazis kämpft. Ich empfand den Film als unterhaltsam und schräg, wenn ich danach google, dann kommt das Wort „Komödie“ allerdings nicht vor. Offenbar ist es ein Kriegs- und Actionfilm. Allerdings beschrieb ihn ein Kritiker auch als „Kind der Liebe von Rambo und Inglorious Basterds“. Da lese ich zwischen den Zeilen schon etwas Komödiantisches heraus. Ganz so abwegig ist mein Empfinden nicht.

[Sa, 24.8.2024 – bei Hitze unten im Block]

Gegen 11:30 wollte ich am Samstag im Stadion sein. Wegen der immer noch anhaltenden Bauarbeiten auf der Stadtbahn musste ich mit der U2 durch die Stadt gurken und kam erst um 12 Uhr an. Dummerweise war ich mit zwei mir fremden Menschen verabredet, die ich nun warten liess. Die zwei Menschen waren eine 23 jährige Frau, die als Neumitglied in unserem Fanclub Anschluss suchte und zum ersten Mal in die Kurve kommen würde. Sie kennt noch niemanden, also hatten wir vereinbart, dass ich sie mitnehme und den Leuten vorstelle. Wir haben eine Chatgruppe, in der sie sehr aktiv ist, sie kennt daher bereits einige Mitglieder. Da unser Fanclub mittlerweile so gross und unübersichtlich geworden ist, haben wir ein sogenanntes Buddysystem eingeführt. Das bedeutet, dass sich neue Mitglieder einen Buddy wünschen können, der sie den Leuten, Orten und Tools einführt. Das Fanleben ist nicht mehr ganz so einfach. Eigentlich wurde Jan als ihr Buddy ausgelost, aber weil er heute Dienst im Stadion hatte, bat er mich, die Neue mitzunehmen.

Zusätzlich zu dem Neumitglied sollte ich mich mit einer weiteren Frau treffen, der ich eine Dauerkarte überreichen musste. Diese war etwas älter, Anfang dreissig, sie wohnt in Hamburg und ist Karlsruhe-Fan, aber weil Karlsruhe und Hertha eine intensive Fanfreundschaft pflegen, sucht sie über Facebookgruppen regelmässig nach Tickets für die Ostkurve und mittlerweile kommt sie einmal im Monat zu Heimspielen nach Berlin, um ihren neuen Lieblingsclub zu sehen.
Da sie noch nicht viele Bekannte in der Stadt hat, fragte sie, ob sie zu uns in den Block kommen könne.

Die Frau aus Hamburg zu treffen, war einfach. Sie hatte auf dem Parkplatz vor dem Stadion gewartet und auf Whatsapp ihren Standort eingeschaltet. Das Neumitglied zu treffen war hingegen schwieriger. Jedes Mal, wenn ich ihr schrieb, war sie irgendwo anders. Zuerst auf dem Parkplatz, dann beim Mitgliedereingang, dann dahinter, dann auf dem Vorfeld, dann in der Kurve. Sie hatte sich an zwei älteren Herren angehängt, mit denen sie einfach mitfloss. Möglicherweise fürchtete sie schlichtweg, alleingelassen zu werden und blieb deswegen nicht stehen. Das ist im Grunde kein Problem, aber sie wollte sich ständig mit mir treffen, weil sie unbedingt runter in den Block zu den anderen wollte, zu den Menschen, die sie in den Chatgruppen kennengelernt hatte.

Am Ende fanden wir aber zueinander.

Es war ein furchtbar heisser Tag bei 33 Grad. Ich stand zehn Minuten für ein Glas Wasser an. Als ich an der Reihe war, sagte mir die Bedienung, dass sie nur Bier hätten. Weil ich schon so lange angestanden hatte, nahm ich stattdessen das Bier, was für meinen Wasserhaushalt natürlich nicht die beste Wahl war. Unten im Block hatten wir zum Anpfiff noch Schatten, aber ich sah die Klinge des brennenden Sonnenschwertes stets näher über die Nordseite her zu uns kommen. Bei Minute dreissig brannte das Zentralgestirn auf mich nieder.

Unser Block befindet sich weit unten und dort weht nur selten ein Lüftchen. Ich kann mich an ein Spiel im April erinnern. Es war ein sonniger, aber kalter Tag. Unten staute sich die Wärme. Einige hatten sich der Oberkörperbekleidung entledigt. Die meistens trugen ein T-Shirt. Sobald man sich aber in den Schatten begab, um Getränke zu holen, brauchte man noch eine Winterjacke.

Der Effekt war heute ähnlich. Allerdings bei einer Schattentemperatur von 33 Grad. Unten im Block konnte man Schweinehälften sieden. Singen war sehr schlecht für meinen Kreislauf. Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde „Ich bin wieder hier“ angestimmt und da verlor ich das Gleichgewicht. Ich mag dieses Lied wirklich gerne und ich gebe mein Bestes, mich nicht dafür zu schämen. Es ist eine Umdichtung des Müller-Westernhagen Liedes mit dem gleichen Titel. Wenn wir mit zwanzigtausend Menschen dieses Lied im Stadion singen, werde ich ganz weich und ich johle inbrünstig mit, bis mir die Luft ausgeht.

Heute wurde mir allerdings schummrig vor Augen. Ich merkte, dass irgendwas nicht mit mir stimmte. Mitten im Refrain sagte ich, ich ginge Bier holen. Ich stieg etwas schwankend die Treppe hinauf bis zum Umlauf, und lief hinaus auf die Wiese, wo ich mich in den Schatten setzte. Das half ein bisschen. Dann suchte ich einen der Getränkestände, an dem sie Wasser verkauften. Glücklicherweise sind die Schlangen während des Spiels kürzer, ich kam also schnell an Wasser. Nach fünf Minuten ging es mir wieder besser.

Später erging es der 23-Jährigen nicht viel anders. Das war allerdings bereits nach Abpfiff. Sie signalisierte mir, dass es ihr nicht gut ginge. Also holte ich Leitungswasser bei einem der Stände. Sie hatte vor allem einen heissen Kopf, deswegen kippte sie sich die Hälfte des Wassers über den Kopf und die andere Hälfte schüttete sie sich einfach unters Trikot.

Zur Feier des Tages gewannen wir immerhin mit zwei Last Minute Toren in der Nachspielzeit 2:0. Das Spiel begann sehr offensiv, meine Mannschaft drehte fünfzehn Minuten lang richtig auf, eroberte sofort die Bälle und befand sich immer im Angriff. Aber nach fünfzehn Minuten dampften auch auf dem Spielfeld die Waden. Eigentlich sollte man bei diesen Temperaturen keinen Sport betreiben.

Die Laune war dennoch spitze.

[Fr, 23.8.2024 – Disgusting food]

Achso, meine Schwiegereltern kamen am Mittwochabend. Hatte ich vergessen zu erwähnen. Heute luden wir sie ins Rembrandt Schnitzel ein, weil ich dort die Königsberger Klopse probieren wollte.

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Ich ging ins „Museum of disgusting food“. Das ist ein sehr instagrammables Museum mit vielen eklig klingenden Speisen. Erstaunlich an ekliger Nahrung ist tatsächlich die kulturelle Prägung oder eben die psychologische Haltung zu einzelnen Nahrungsmitteln. Konsequenterweise stammen ein Grossteil der Exponate aus dem südostasiatischen Raum. Weil es für uns Europäer fremd ist, Hund zu essen oder fermentierte Fledermausteile oder vergrabene Eier. In Südostasien hingegen finden sie vermutlich die faule Milch, die wir Käse nennen, abartig. Und in einem arabischen „Museum of disgusting food“ würden sicherlich Mettbrötchen ausgestellt werden.

In manchen Bereichen gab es Geruchsproben. Diese waren unter kleinen Glasglocken bereitgestellt. Die Proben in der Käseabteilung waren wunderbar. Der Geruch eines englischen Käses wurde als „Umkleidekabine eines Rugbyteams“ umschrieben. Das stimmte tatsächlich. Als Käseliebhaber konnte ich dennoch immer die Essenz des Käses herausriechen. Ich hätte jede der Proben verspeisen können.

Etwas enttäuscht war ich vom Surströmming. Das ist dieser fermentierte Dosenfisch aus Nordschweden. Davon gibt es auf Youtube zahlreiche Videos in denen junge und betrunkene Männer versuchen, es zu essen, aber bereits beim Öffnen der Dose Brechreiz bekommen. Ich besitze ein Tshirt mit dem Aufdruck einer recht bekannten Surströmming-Marke. Weil ich es lustig finde.
Mittlerweile weiss ich, dass man die Dose vorzugsweise unter Wasser öffnet, damit der Geruch neutralisiert wird. Den Fisch isst man als dünne Scheibe mit viel Frischkäse in Brot. Der stinkende Fisch ist also eher als Würzung gedacht, ähnlich wie Anjovis. Aber der Gestank muss immens sein. Die Probe in dem Museum war leider längst verflüchtigt, von dem schlimmen Geruch war nichts mehr übrig, man roch nur noch den fermentierten Fisch, dessen Geruch erinnerte mich lediglich an meine Kindheit, von sommerlichen Fischmärkten oder den Häfen an der Adria.

Und dann gab es das Berliner Schnitzel. Davon hatte ich noch nie gehört. Ein paniertes Stück Kuh-Euter. Die Speise war früher offenbar sehr verbreitet. Natürlich schickte ich ein Foto davon an meine Schnitzel-Whatsapp-Gruppe und als Story auf Instagram, woraufhin mir zahlreiche Kotz-Emojis zugeworfen wurden. Das ist Teil des Spasses. Allerdings ass man früher schlichtweg das ganze Tier von vorne bis hinten. Heute wird das alles in der Wurst versteckt, wo man es nicht mehr erkennt. Ich besitze ein Südtiroler Kochbuch, in dem es Rezepte für Hirn-Nudel und Lungen-Strudel gibt. Meine Mutter ass das oft als Kind. Es ist nachvollziehbar und auch vernünftig, das so zu tun. Damals war das eine Notwendigkeit. Dass man sich allerdings nicht davor ekelte, zeigt aber eine gewisse Wertschätzung für das Tier, das man geschlachtet hat.

Ich würde es trotzdem nicht essen.

Und immer wenn ich mich mit Fleisch beschäftige, bin ich kurz davor, Vegetarier zu werden. Tiere essen ist eigentlich Scheisse. Vor allem waren diverse Perversitäten ausgestellt, beispielsweise der französische Schraubentrichter, mit dem die Leber von Gänsen gestopft wird. Auch lief ein Film über Fische, die so filetiert waren, dass sie noch lebten und sich auf dem Teller bewegen, oder Tintenfische, deren Tentakel sich noch lange bewegen. Immerhin sterben jährlich durchschnittlich sechs Menschen, weil sich die Tentakel im Rachen festsaugen. Ich finde das durchaus gerecht.

[Mi, 21.8.2024 – Alle sind beleidigt, Sommerlook]

Meine Dogwalkerin fragte mich, ob ich ihr eine Bewertung auf Google geben würde. Natürlich mache ich das. Also schrieb ich davon, wie gerne unsere Hündin mit der Gassigang mitgeht und wie wohlerzogen sie mir seit diesen regelmässigen Spaziergängen auch scheint. Die Bewertung ging nicht sofort durch, sondern wurde von Google geprüft. Nur um nach einigen Stunden schliesslich abgelehnt zu werden. Die Begründung lautete, dass meine Bewertung verletzend bzw. anstössig sei. Das Wort „offensive“ kommt mir mittlerweile wie ein Modewort vor. Die ganze Welt fühlt sich plötzlich irgendwie verletzt von irgendjemandem und irgendwas, überall werden Triggerwarnungen hochgehalten. Sicherlich ist das einerseits eine Reaktion auf Internettrolle und unempathische Trottel, aber die Hysterie, mit der sich plötzlich alle beleidigt fühlen, macht mir schlechte Laune.


Unsere Hündin liebt die Ausflüge mit Franzi und der Gassigang. Franzi gibt auch immer brauchbaren Feedback zur Entwicklung und überhaupt habe ich das Gefühl, dass Franzi sie heimlich miterzieht, ich wüsste sonst nicht, warum der Rückruf so gut funktioniert 😀

Ich schickte die Bewertung der Dogwalkerin und fragte, ob sie sich durch den Text beleidigt fühle. Sie fand die Zeilen lustig und nett. Jetzt weiss ich natürlich nicht, wie Google das prüft. Sicherlich filtern sie auf Wörter, würden sie eine AI einsetzen, dann muss das eine unfassbar schlechte AI sein. Oder humorlose Menschen. Meistens sind es auch humorlose Menschen, die von allem Möglichen getriggert werden. Sage ich jetzt mal so.

Ich erhob Einspruch. Mittlerweile wurde die Bewertung freigegeben.

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Woah, am Samstag soll das Thermometer auf 33 Grad steigen. Unser Block im Olympiastadion befindet sich in einem Kessel auf der Sonnenseite des Stadions. Ich habe negative Gefühle, wenn ich an den Samstag denke.

Wie ich neulich berichtete, habe ich neulich die Farbe weiss für mich entdeckt. Mein 30-Grad-Plus-Look sieht so aus (oha, ich sollte den Spiegel putzen):

[Di, 20.8.2024 – Bewerbungen, Onlinedating, Paysex]

Es geht mir heute nicht besonders gut. Ich wachte mit Gliederschmerzen auf und mein Körper war durch eine unangenehme Schicht leichten Schmerzes überzogen. Ich ging trotzdem eine lange Runde mit der Hündin und lief dabei auch etwas schneller um meinen Organismus anzukurbeln. Das half im Moment, aber sobald ich zu Hause war, sackte ich wieder ein. Auch schlafen half nicht. So nahm ich Aspirin und schaute einfach, wie ich durch den Tag komme.

Es ging einigermassen. Am Nachmittag bekam ich allerdings Durchfall. Keine Ahnung woher das jetzt kommt. Vielleicht habe ich einen Apfel nicht richtig gewaschen.

Dafür schrieb ich gestern und heute richtig viele Bewerbungen. Durch eine Funktion in LinkedIn blieben mir viele Stellen verborgen, jetzt entdeckte ich noch Dutzende weitere Ausschreibungen, wovon sich einige durchaus interessant lasen.

Bei der Stellenausschreibung eines grossen deutschen Konzerns muss man für die Bewerbung ein Konto anlegen. Ein Konto. Echt jetzt? Weil ich mir die Chance nicht entgehen lassen wollte, legte ich das Konto natürlich an. Vielleicht siebt man dadurch viele schlechte Kandidaten aus. Kandidaten die zu faul sind oder die Bewerbung ohnehin nicht ernst nehmen.
Da ich selber meist offene Stellen habe, weiss ich um die Qualität der Bewerbungen, vor allem, wenn man Entwickler oder Techniker einstellen will. Die Kandidaten sind zu 90% wirklich unterirdisch. Ich hätte mit einer Vorfilterung wie dieser allerdings Angst einen guten Bewerber wegzusieben, deswegen lasse ich lieber alles auf mich einprasseln.
In meinem letzten Job gab es zwischen den Bewerbungen häufig Dickpics oder auch einfach Nacktbilder von Männern. Dickpics sind auch auf schwulen Datingportalen üblich und viele Männer sind davon genervt. Es ist nicht nur ein Thema für Frauen.

Was ich in meinem Leben wirklichwirklich schade finde, ist, dass ich bereits verheiratet war, als Datingapps auftauchten. Ich glaube, ich hätte richtig Spass an Datingapps. Swipen, schreiben, treffen und Spass haben, bis man jemanden findet, in den man sich verliebt. So geht das im echten Leben ja auch. Man knutscht herum, bis man jemanden findet, bei dem man bleiben will. Aber auf Partys waren Leute oft bereits vergeben und man weiss nie so recht, Menschen haben ja vorlieben zu Körperbau, Haarwuchs und Hobbys, man wird auf einer Party nie weggeswiped (links oder rechts, was war das nochmal?), sondern Leute unterhalten sich dennoch aus Anstand oder Höflichkeit und am Ende geht man enttäuscht und einsam nach Hause.
Jetzt gab es aber eine App, wo auch andere Menschen sind, die knutschen wollen. Das fand ich gut. Und während man so herumknutscht, hat man viel getrunken und viel Sex gehabt und jede Menge über Menschen und sich selbst gelernt. So stelle ich mir das vor.

Aber ich habe viele Bekannte, die online daten. Sie hassen es alle. Sicherlich auch, weil es zum guten Ton gehört, Onlinedating scheisse zu finden. Ich kann dazu allerdings nie etwas Konstruktives sagen, weil mir dazu der Erfahrungsschatz fehlt. Aber ich liebe gute Geschichten und meistens sind es eben gute Geschichten, deprimierende Geschichten zwar, aber gute Geschichten. Jedoch gewinne ich daraus auch die Erkenntnis, dass ich als Frau nie heterosexuelle Männer daten müssen möchte, als Datingspezies klingen heterosexuelle Männer ausnahmslos wie Dumpfbacken. Natürlich habe ich leicht reden, ich date ja nicht, vermutlich wäre ich auch so eine Dumpfbacke.

Vor einigen Tagen las ich ein beachtliches Interview aus SPON mit einer 59-jährigen Sexworkerin. Eine Frau, die sonst einem normalen Job nachgeht. Seit sie sich vor zehn Jahren von ihrem Mann trennte, und sie Tinder eher enttäuschte, beschloss sie, sich für Sex bezahlen zu lassen. Dann schloss sie sich einer Agentur an und mittlerweile ist es ein stabiles Nebeneinkommen geworden. Aber ein Satz beeindruckte mich besonders: sie sagte, sie werde beim Paysex wesentlich besser behandelt als von Männern über Tinder. Nun ist sie sicherlich nicht die Frau, die sich Männer in Autos am Strassenrand aufgabelt, aber ich fand das dennoch eine bemerkenswerte Aussage.

[So, 18.8.2024 – Ventilator, Småland, Gurkensnack, Schnitzel, Sodbrennen]

Die erwartete Horrornacht Nummer 5 wurde dann trotz Pizza und den Drinks gar keine Horrornacht.
Ich griff nämlich auf einen Ventilator zurück, den ich letztes Jahr kaufte. Diesen stellte ich direkt neben das Bett, auf das ich mich unbekleidet legte und liess mich mit Wind bestrahlen. Das war dermassen angenehm, dass ich Glücksgefühle bekam. Mit dieser kühlenden Luft schlief ich sofort ein und wachte erst um 7 Uhr wieder auf.
Meine Smartwatch zeigte zwar einen unruhigen Schlaf an, aber das war mir egal. Ich hatte nicht bis vier Uhr wach gelegen. Um sieben Uhr stand ich mit richtigen Gefühlen der Freude auf.

Gegen Mittag fuhren wir zu Ikea. Wir brauchten Matratzenauflagen und kleinere Dinge. Wenn man übrigens mit Schweden zu Ikea geht, wird man feststellen, dass die die Möbelnamen konsequent falsch aussprechen.

Funfact: Der Kinderbereich mit der Hüpfburg heisst bekanntlich Småland. Das ist den meisten Deutschen als die Provinz in Südschweden bekannt. Småland heisst aber schlichtweg „Kleinland“, was man mit etwas guter Laune durchaus in „Land der Kleinen“ übertragen kann. Für Kinder ist das sehr passend. Offenbar wissen das die meisten Menschen ausserhalb Schwedens nicht. Deshalb möchte ich dieses Wissen den Leserinnen dieses Blogs vermitteln. Kann man ein bisschen angeben.

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Zu Mittag bereitete ich einen Snack aus dem Internet vor. Der Algorithmus bei Insta spült mir oft seltsame Gerichte in meine Timeline. Es scheint, als hätte ich ein grosses Interesse an seltsamen Gerichten wie Tunasteak aus Wassermelone oder eben 10-Minuten-Karottenkuchen. Ich speichere tatsächlich oft solche kleine seltsamen Gerichte ab. Heute machte ich diesen Gurkensnack, der gerade durch das Internet geht.

Man schneidet eine Gurke in feine Scheiben, gibt einen grossen Löffel Erdnussbutter dazu, einen kräftigen Schuss Sesamöl, Sojasauce, Chili Öl, Essig und Sesamkerne. Und dann schüttelt man das Ganze eine Minute lang.
Da ich kein Chili-Öl hatte, liess ich das einfach weg. Und statt der Sesamkerne nahm ich Chia Samen und gepuffte Quinoa.

Das Ergebnis schmeckte solala. Muss ich nicht unbedingt wiederholen.

Am Samstagabend gingen wir mit den Nachbarn von gegenüber zu „Rembrandt Schnitzel“. Das ist ein neues Restaurant im Friedrichshainer Richard Sorge Kiez. Mit den Nachbarn von gegenüber gehen wir mehrmals pro Jahr ins Alt-Wien Schnitzel essen, wenn aber in Friedrichshain ein neues Schnitzellokal öffnet, dann muss das unbedingt getestet werden. Ausserdem waren wir bereits zusammen bei „Rembrandt Burger“ nur ein paar Häuser weiter. Die beiden Lokale gehören offensichtlich und jetzt auch nachweislich zusammen, irgendwie war das nur logisch, dass wir zusammen zu Rembrandt Schnitzel gehen.

Das Schnitzel war dann eher mittelmässig. Aber der Kaiserschmarrn war hingegen bemerkenswert gut. Wenn nicht sogar der beste Kaiserschmarrn, der mir in den letzten zwanzig Jahren untergekommen ist. Auch die Bedienung war super. Sie wirken noch ein wenig unkoordiniert, so war nicht ganz klar, ob der Gurkensalat standardmässig dabei ist, oder ob man ihn dazubestellen muss. Aber ich finde es eher sympathisch, wenn sich die Leute noch finden. Auch hängt noch das Hundeverbotsschild von früher, das ihnen offenbar noch nie aufgefallen war. Sie werden es entfernen.

Am nächsten Tag hatte ich Sodbrennen. Auch meine Frau hatte Sodbrennen. Das habe ich sonst nur wenn ich zu viel esse. Damit meine ich richtig grosse Mengen. So viel, dass man sich vollgestopft hat. Das weiss ich mittlerweile zu vermeiden und gestern assen wir nur je ein Schnitzel und nachher teilten uns zu viert einen Kaiserschmarrn, sowie einen Schoko Lava-Cake.
Trotzdem hatten wir beide heute Sodbrennen. Es liegt vermutlich an der Hitze. Es liegt immer an dieser Scheiss Hitze. Während der Nachspeise begann es zu regnen. Wir sassen draussen unter der grossen Markise und es begann zu regnen. Es gibt weniger schönere Dinge, als an einem Sommerabend mit Freunden unter einer Markise zu sitzen während der Regen niederplätschert.

Und dann kühlte es ab. Am Sonntag war die Temperatur erträglich. Wir putzten die Wohnung. Am Mittwoch bekommen wir Besuch. Am Nachmittag spielte Hertha in Rostock im Pokal. Wir gewannen mit einer ordentlichen Leistung 5:1 und später gingen wir zu Backaro und nahmen einen Aperitiv zu uns. Ich trank allerdings nur einen Fruchtsaft, neuerdings häufen sich die Überlegungen, den Alkoholkonsum runterzufahren. Ich werde im Januar 50. Ich kann nicht immer so weitermachen.

[Fr, 16.8.2024 – Klimaanlage, Hundebesuch, berliner Weisse]

Horrornacht Nummer 4.

Gestern chattete ich aufgrund meines letzten Blogeintrages mit Frau Fragmente über Klimaanlagen. Sie schickte mir ein Video von ihrer festen Anlage, einem sogenannten Split-Gerät. Zuerst eine Aufnahme von innen und dann eine Aufnahme von aussen. Das Gerät ist tatsächlich leise. Wie ein Kühlschrank. Laut ihren Aussagen sogar leiser.

Es gibt viele Aspekte, die ich berücksichtigen und viele Arbeitsschritte, die ich anstossen muss um mir in diesem Altbau ein solches Gerät einbauen zu können. Möglicherweise würde ich irgendwann im nächsten Sommer die Erlaubnis dafür enthalten. In der Zwischenzeit müsste ich allerdings viele Gespräche mit den Nachbarn führen und Dutzende Emails schreiben. Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit, einmal ChatGPT heranzuholen, ich verwende AI kaum, mich langweilt AI total, aber ich sehe schon den Vorteil darin, repetitive Textaufgaben übernehmen zu lassen.

Heute war Peppa bei uns. Peppa ist die Hündin von E aus der Hundewiese. Bei unserem gestrigen Ausflug an den Bernsteinsee telefonierte er mit seiner Exfrau, es ging um Abstimmungsschwierigkeiten zwischen beruflichen Terminen und die Logistik mit Hund und Kind. Da ich natürlich jedes Detail mitbekam, bot ich den beiden an, dass sie die Hündin auch bei mir abgeben können. Es handelte sich nur um sechs Stunden, von neun bis drei Uhr. Ich wollte es immer schon einmal testen, einen zweiten Hund in der Wohnung zu haben.

Das wurden sehr interessante sechs Stunden. Meine Hündin ist nicht sehr dominant, allerdings ist sie auch nicht devot. Von Peppa wird sie immer wie die grosse Schwester behandelt, meine Hündin wird von der aufgeregten Kleinen aber irgendwann genervt. Sie ist von aufgeregten Hunden immer genervt. Am schlimmsten findet sie die aufgeregten Vizlas. Die knurrt sie schon weg, wenn sich einer nähert. Ich glaube, sie findet die dumm. Unter ihrer Würde.
Mit Peppa war das sehr interessant, weil sie sich gut kennen, aber heute war sie zum ersten Mal in der Wohnung zu Besuch. Wir hatten bisher nur ein einziges Mal Hundebesuch. Damals war sie noch ein Welpe und es kamen zwei schöne und ruhige Setter-Hunde. Das war harmonisch. Jetzt ist sie aber erwachsen und ich ahnte, dass sie territoriale Ansprüche entwickelt hat. Als die mit Peppa zusammen die Wohnung betrat, liess sie den kleinen Hund nicht aus den Augen. Peppa war natürlich neugierig und schnüffelte sich durch die Wohnung, während mein Tier die ganze Zeit dazwischenging. Sie folgte Peppa auf jedem Schritt und ging auch dazwischen, indem sie Peppa mit ihrer Schnauze vom Schnüffeln abhielt, was Peppa aber nicht daran hinderte, einfach weiterzumachen. Ein lustiges, aber überraschendes Verhalten.

Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, einander im Blick zu behalten. Peppa musste im Hausflur bleiben, meine Hündin sass bei mir im Arbeitszimmer und behielt ein wachendes Auge auf Peppa. Wenn Peppa sich aus dem Sichtfeld schlich, legte sich meine Hündin an eine andere Stelle um, wo sie Peppa beobachten konnte. Manchmal verschwand Peppa in einen anderen Raum und dann verschwand auch die Hündin. Das ging 4 Stunden lang so. Mit kurzen Unterbrechungen, an denen ich mich mit den beiden Tieren beschäftigte, indem ich versuchte, Entspannung zu vermitteln.

Normalerweise setze ich mich vormittags im Arbeitszimmer an die Tastatur und die Hündin legt sich daneben und schläft. Es dauerte heute vier Stunden, bis die beiden ausgestreckt pennten. Der Erholungsfaktor war eher gering.

Um halb fünf war ich mit meiner Frau im Hops&Barley an der Wülischstrasse verabredet. Dort stellen sie selber Cider aus Apfelsaft her. Ich war sehr früh da. Neben mir am Tisch sassen der Gründer und Brauer des Hops&Barley wie auch der Gründer der Hopfenreich-Bar im Wrangelkiez. Mit dem Hopfenreich verbinden meine Frau und ich Geschichte. Als wir uns kennenlernten, wohnte sie nämlich in dem Haus, in dem sich das Hopfenreich befindet. Unten gab es aber noch nicht diese Bar sondern ein Spätzle-Restaurant mit dem Namen „Da Gino“. Dort hatten wir unser erstes Date. Bzw unser zweites und drittes. Wir sassen auch danach noch sehr oft da. Bis wir schliesslich zusammenzogen nach Mitte und der Weg in den Wrangelkiez zu umständlich wurde.
Einige Jahre später entwickelten wir eine grosse Leidenschaft für das Bierhandwerk und weil ich mich ständig nach guten Bierlokalen umsah und jede Hopfenstube sowie jeden Hopfentrunk ausprobierte, die in Berlin aus dem Boden wuchsen, entdeckte ich natürlich bald das Hopfenreich in der Wrangelstrasse. Die waren eine der ersten, grösseren Bierbars, allerdings auch etwas teuer und hip.

Ich mischte mich ins Gespräch ein, weil sie über Andreas Bogk sprachen, der damals vor vielen Jahren die Originalhefe einer der letzten echten Berliner Weisse aus einer alten DDR Flasche unter Laborbedingungen extrahierte. Die Berliner Weisse war ja praktisch tot. Die Kindl Weisse ist schliesslich keine echte Berliner Weisse, das ist ein seltsames Weizengebräu, das man ohne Sirup nicht trinken kann. Im Osten produzierte man bis in die Siebziger noch echte Weisse, aber weil es einigermassen schwierig ist, richtige Berliner Weisse auf industrieller Ebene zu brauen, gaben auch die irgendwann auf. Kindl ist die einzige Brauerei, die in dieser Stadt der gestorbenen Traditionen, zumindest den Namen „Berliner Weisse“ weiterführte.
Andreas Bogk und die Berliner Handwerkbrauerinnen belebten vor einigen Jahren die alte, echte Berliner Weisse wieder. Insbesondere die Brauerin namens „Schneeeule“ widmete sich vollständig der Berliner Weisse, aber auch BRLO, Berliner Berg sowie Lemke stellen sie mittlerweile erfolgreich her. Und alle diese neuen bzw alten originalen Weissen basieren auf den Hefestamm, den Andreas Bogk damals exrahieren konnte.

Danach tranken wir Cider und ich wusste, dass die folgende Nacht die Horrornacht Nummer 5 werden würde, denn wenn ich Alkohol trinke, dann heize ich mich auf wie ein Ofen, ich werde mich bis 4 Uhr morgens wälzen um dann zwei unruhige Stunden zu schlafen. Deswegen bestellte noch ein kleines Pale Ale und dann ein kleines Pils. Weil ich seit Wochen nichts getrunken hatte, stieg das Bier sofort in mein Sprachzentrum ein. Als wir nach Hause gingen, bestellten wir ausnahmsweise Pizza. Wenn ich mich eh schon aufheize, dann kann ich auch mit Pizza nachheizen. Die Nacht ist dahin.

[Do, 15.8.2024 – Sandalen, Hitze, Bernsteinsee]

Horrornacht 2 und Horronacht 3. Ich möchte aber nicht darüber reden.

Gestern war ich aber shoppen. Ich brauche mehr sommerliche Kleidung. Deswegen kaufte ich weisse Unterhemden und weisse, kurzen Hosen. Weiss ist besser gegen Sonne, die Farbe heizt weniger auf. Aber ich muss auch an meiner Farbwahl arbeiten. Schwarze Tanktops und schwarze Hosen sehen zusammen mit meinen tätowierten Armen schnell nach Rammstein-Fan aus. In einem weissen Unterhemd sehe ich nur aus wie ein Mann, der seine Frau und Kinder schlägt. Immerhin laufe ich immer mit einer kleinen, flauschigen Hündin herum, das sorgt für Milde.

Ich hasse diese Hitze so sehr, dass ich sogar Sandalen kaufen wollte. Weil Sandalen für Männer selten ästhetisch sind, entschied ich mich für Birkenstocks, die immerhin einen gewissen Retroschick abstrahlen. Als ich in Madrid wohnte, trug ich wochenlang Birkenstocks. Anzug, Weste und Birkenstock. Oft lief ich auch barfuss, ja auch auf der Strasse, weil ich fand, dass es zu heiss ist und man das machen kann. Heute bin ich mir nicht sicher, ob ich das damals richtig einschätzte.
Das Problem mit mir und Sandalen sind meine hässlichen Füsse. Ich habe richtig hässliche Füsse. Meine Füsse sind so hässlich, dass ich sie gar nicht beschreiben mag. Davon wusste ich in Madrid auch, aber dort war es so heiss, dass ich es für richtig hielt. Auch so eine Einschätzung von der ich nicht weiss, ob sie richtig war.

Es gab allerdings keine geeigneten Birkenstocksandalen für mich. Farbe oder Grösse stimmten nicht. Somit sah ich vom Kauf ab.

Heute war ich mit E von der Hundewiese am Bernsteinsee nördlich von Berlin. Das ist ein See in einer ehemaligen Kiesgrube und an dessen Stränden sind Hunde erlaubt. Es gibt dort richtige, grosse Sandstrände. Da gehe ich sicherlich wieder hin.

Ich empfinde immer Liebe, wenn ich meine Hündin so glücklich über den Strand laufen sehe. Das unten eingestellte Video habe ich mehrmals angeschaut und es kommen jedes Mal Glücksgefühle in mir auf. Dieses glückliche Hopsen.
Auch Peppa war dabei. Peppa ist etwas jünger und kleiner. Peppa achtet sehr auf das, was meine Hündin macht und folgt ihr ständig. Sie ist etwas ängstlicher und schüchterner, sie hängt an meiner Hündin, wie man an einer grossen Schwester hängt. Das ist so rührend.

[Di, 13.8.2024 – Hitze, Schwimmen]

Ich wurde für Temperaturen jenseits der dreissig Grad nicht gebaut. Tagsüber kann ich mich immerhin noch in schattigen Orten aufhalten. Heute fuhr ich beispielsweise mit E von der Hundewiese zum Maxsee. Dort am Ufer, im Schatten der Bäume, ist es auszuhalten. Vom Wasser her weht leicht gekühlte Luft. Ich sprang ins Wasser. Es ist das erste Mal, dass ich in einen Brandenburger See sprang. Nach siebzehn Jahren Berlin eigentlich erstaunlich. Menschen von ausserhalb denken vermutlich, dass Berliner den ganzen Sommer lang in Brandenburger Seen springen. Ich tat es vor allem wegen der Hündin. Zuerst warf ich Stöcke und den Tennisball ins Wasser, sie schwimmt aber nicht wirklich, sie weiss nicht, dass sie es kann. Zwar ist sie mittlerweile mehrmals einen oder zwei Meter geschwommen, aber das waren immer eher Momente des Stresses, weil sie den festen Boden unter den Pfoten verlor. Heute stellte sie sich wieder an. Sie wollte den Stock holen, erreichte ihn aber nicht, und sie traute sich natürlich nicht, den letzten Meter ohne Boden unter den Pfoten zu überbrücken. Also zog ich mich aus und sprang einfach hinein und ging weit an ihr vorbei, bis ich schwimmen konnte. Es ist das erste Mal, dass sie mich schwimmen sah und sie war entsetzt darüber. Sie quiekte vom Ufer aus wie ein sterbendes Schwein, eine Art Weinen, Hunde sind unfassbare Kontrolletti. Ich im Wasser und dermassen unerreichbar für sie, damit konnte sie nicht umgehen. Deshalb spritze ich mit dem Wasser und warf den Ball vor mir her. Ich kenne schliesslich irre Trigger. Sie kam mir immer näher. Nach viel Aufregung erreichte sie mich plötzlich. Aber nur um mir den Ball zu nehmen und wieder zurückzuschwimmen. Als sie wieder festen Boden unter sich spürte, quiekte sie weiter. Ich fand das sehr lustig. Aber ich bezweifle, ob sie verstand, dass sie eben geschwommen war oder, dass sie eben schwimmen kann. Und sie wird kaum verstehen, wie gut ihr das kühle Wasser täte. Ab 20 Plusgraden wird sie träge. Ihr schwarzes, dichtes Fell ist dabei auch nicht förderlich. Genetisch ist sie ein Wasserhund. Goldies wurden in Schottland gezüchtet und Pudel in Deutschland. Beide Rassen wurden genutzt um Fischernetze oder Beute aus dem kalten Wasser zu holen. Meine Hündin weiss das nicht, aber ich warte darauf, dass die Gene ihre Magic machen. Es scheint nur nicht zu zünden.

Als ich aus dem Wasser kam, trocknete ich mich in der Sonne. Plötzlich stand ein sechzehnjähriges Mädchen bei uns. Sie gehörte zu einer kleinen Gruppe Mädchen, die sich auf der Luftmatratze auf den See hinausgleiten liessen, aber sie war offenbar an Land geblieben. Mir war sie vorher nicht aufgefallen, es gibt wenige Dinge, die mich weniger interessieren als sechzehnjährige Mädchen, ich hatte sie nur vorher angesprochen, ob es sie stören würde, wenn wir die Hunde ins Wasser liessen. Ich frage das immer, es gibt Menschen, die haben Angst vor Hunden. Das störte sie aber nicht.
Das Mädchen war sehr dick. Sie stand in ihrem Bikini in der Sonne und unterhielt sich angeregt mit uns. Sie hatte einen riesigen Bauch, riesige Brüste und riesige Oberschenkel. Ich erwähne das mit dem Dicksein, weil sie sich überhaupt nicht dafür zu schämen schien. Im Gegenteil, sie tänzelte, liess ihren Bauch aushängen und war bestens gelaunt. Wäre sie nicht so jung gewesen, hätte ich gesagt, sie flirte mit uns. Wenn das der Effekt der Bodypositivity-Bewegung auf Social-Media ist, dann ist das eine wirklich gute Sache. Ich hingegen zog meinen Bauch ein. Wenn ich schon ein alter, dicker Mann bin, dann versuche ich wenigstens, nur halbdick zu wirken. Gleichzeitig schämte ich mich ein bisschen, vor einem sechzehnjährigen Mädchen den Bauch einzuziehen.

Sie erzählte uns davon, dass sie immer hier herkommen, weil es hier so abgelegen sei und man selten Menschen träfe. Und mit dem Fahrrad sei es ja nicht weit. Sie erzählte, dass man im Winter manchmal darauf eislaufen kann, aber dafür müsse es schon sehr kalt sein. Ich versuchte mehrmals, das Gespräch höflich abzukürzen. Einerseits fand ich es irgendwie unpassend, wenn sich zwei alte Männer mit einem halbnackten Mädchen im Wald unterhalten und andererseits fiel es mir schlichtweg nicht so leicht, den Bauch über einen längeren Zeitraum zu halten. Aber das Mädchen plapperte drauflos, erzählte von der Schule, vom Dorf, vom Sportverein.
In der Zwischenzeit bratete ich bereits in der Sonne. Ursprünglich wollte ich mich nur in der Sonne trocknen, aber die Trocknung war längst geschehen. E von der Hundewiese sass nur neben mir auf dem Stamm und schaute meist auf sein Telefon.

Dann sagte ich, wir müssen gehen. Und so gingen wir. Leider war die Abkühlung nun vorbei.

Diese heissen Tage werden aber vor allem abends oder nachts sehr schlimm. Je näher die Bettzeit rückt, desto unentspannter werde ich. Bei 24 Grad kann ich schlichtweg nicht einschlafen. Abends heizt sich ausserdem mein Körper auf. Ich meide sogar den Alkohol. Alkohol verwandelt mich in einen Ofen. Aber auch Nahrung heizt mich auf. Heute beliess ich es bei einem gebratenen Lachs und einem Gurkensalat. Aber auch das erhitzte mich. Zumindest bilde ich es mir ein. So lag ich bis halb zwei Uhr auf meinem Bett, ohne Decke, unter dem geöffneten Fenster, alles auf Durchzug gesetzt. Es war eine grausame Nacht. Laut meiner Smartwatch verbrachte ich Schlaf- und Wachphasen in einem 20-minütigen Wechsel. Die ganze Nacht lang. So kam ich immerhin auf 4 und 7 Minuten Schlaf. Morgen wird es sogar schlimmer. Es wird 33 Grad warm und nachts kühlt es nicht ab.

Ich weiss auch nicht. Lasst mich jammern.

[So, 11.8.2024 – Fermentierung, Überwachungskamera]

Also ja. Das Experiment mit Filmjölk lief hervorragend, wie hier im Kommentar erwähnt. Ich nehme zu meinen Haferflocken jetzt täglich meine eigene deutsche Filmjölk.

Zusammengefasst:
1 Esslöffel Filmjölk in ein 1L Einweckglas
1L H-Milch dazugeben
24h in einem dunklen Ort stehen lassen.
Temperatur ist eher egal. Zimmertemperatur ist aber gut.

Die Gefässe bzw. der Löffel soll natürlich so wenig wie möglich Keime enthalten, da man die Bakterienkulturen ja jeden Tag weiterzüchtet. Man will keine Keime mitzüchten. Aus diesem Grund nehme ich auch lieber H-Milch.
Gefässe und Löffel übergiesse ich daher kurz mit kochendem Wasser aus dem Wasserkocher, bevor ich die neue Kultur ansetze.

Vielleicht mache ich ein Reel auf Insta daraus. Ich wollte immer schon mal ein Reel machen.

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Und sonst beschäftigte ich mich den ganzen Abend lang mit Videotechnik bzw. Überwachungstechnik. Ich schrieb vor einigen Wochen, dass ich in unserem schwedischen Häuschen eine Kamera verbauen möchte, die bei Bewegung anfängt zu filmen. Der vordergründige Vorwand ist natürlich, dass man Einbrüche aufzeichnen kann, aber am wichtigsten wäre mir ein Foto pro Tag, damit ich jeden Tag sehen kann, wie es dort aussieht, sogar im Winter, wenn dort alles verlassen ist. Die Fotos würde ich dann zu einem Zeitraffervideo zusammenschneiden, das den Wechsel der Jahreszeiten dokumentiert.
Und mit ein bisschen Glück schieben sich Elche, Luchse und andere Tiere vor die Kamera.

Was es so schwierig macht, diese Idee umzusetzen, ist der fehlende Strom. Weil unbewachter Strom einfach eine potentielle Brandgefahr ist, schalten wir den Hauptschalter, der sich 50m vom Haus entfernt befindet, im Herbst aus. Und das ganze Gelände ist damit 9 Monate lang stromlos. Bis wir im Mai wiederkommen.
Nun gibt es tatsächlich Lösungen für solche Umstände. Kameras mit SIMkarte und einem Akku sowie einem Sonnenpaneel. Sie kosten gar nicht so viel, aber je mehr man sich damit beschäftigt, desto tiefer begibt man sich in ein sogenanntes Rabbit Hole. Ich bin sehr anfällig für Rabbit Holes.

Laut Bewertungen sind Akkus meist zu klein, die Solarpaneele zu schwach, es müssten mindestens 30W sein anstatt der häufig angebotenen 6W, andererseits wird von der Akkuleistung geschwärmt, aber ich weiss auch nie, auf welche Anwendungsgebiete sich die Kritiken beziehen. Ich will ja nur ein Foto pro Tag und mal eine Aufzeichnung, wenn Diebe kommen, das dürfte doch kaum Strom verbrauchen. Natürlich kommt der Upload in die Cloud dazu und vielleicht muss die Kamera ständig filmen, weil sich im Winter ständig Elche oder Wildschweine über das Grundstück bewegen, wer weiss das schon.

Je tiefer man sich in den Kaninchenbau vorwagt, desto düsterer wird es. Bevor ich mich schlafen legte, postete ich in einem Forum mein Anliegen. Das Forum sieht aus, wie Foren schon vor zwanzig Jahren aussahen, grau in grau, wenig Gestaltung. Männer geben in kurzen Sätzen Antworten. Die Antworten sind immer kompetent. Meist aber auch unverständlich. Und man darf nichts Falsches sagen. Ich benötigte mehr als eine Stunde, um mein Problem zu schildern. Bloss keine Rückfragen zulassen, bloss den Anschein erwecken, man habe alles bedacht.

Die erste Antwort kommt sofort:
“ Du hast zwei Faktoren, die das Konstrukt mit Consumer Ware zum Scheitern bringen, da brauchst nicht lange rumrechnen. „

Dann werden die Faktoren aufgezählt und mein Vorhaben für Unsinn erklärt. Nach einigem Hin und Her merke ich, dass das Profis sind und Liebhaberprojekte, wie es meines ist, nicht verstehen. Ich kann das nachvollziehen. Wieder so ein Amateur, der kein Geld ausgeben will und alles kaputtmacht.