[Mi, 31.7.2024 – Liepnitzsee, Liebesmodelle]

Ich war mit Erik von der Hundewiese verabredet. Er hat diese Woche noch Urlaub und nichts vor, also beschlossen wir, mit den Hunden an den Liepnitzsee zu fahren. Es wird heute 31 Grad warm werden. Mittwochmorgens würde es noch nicht so voll sein, eventuell könne man auch mit den Hunden ins Wasser.

Beide unsere Hündinnen sind aber eher wasserscheu. Sie gehen nur ins Wasser, wenn wir sie dazu auffordern, oder wir eben mit hinein gehen. Wenn sie dann im Wasser sind, haben sie natürlich einen riesigen Spass. Sobald ich aber aufhörte zu spielen, kamen sie wieder ans Ufer.

Der See misst einen Umfang von 8 Kilometer. Wir liefen aber nicht die ganze Runde, sondern beschlossen, bei Kilometer 6 die Fähre zu nehmen. Mitten im Liepnitzsee liegt nämlich eine Insel. Auf dieser Insel gibt es einen schönen Kiefernwald mit Bungalows und mehreren Sandstränden. Ausserdem eine Gaststätte. Wir fuhren also mit der Fähre auf die Insel und assen einen Kartoffelsalat. Danach fuhren wir mit der Fähre auf die andere Seite, wo wir auch bald zu unserem Auto kamen.

Erik und seine Frau sind nicht mehr zusammen, sie haben aber eine gemeinsame Tochter. Die Tochter wohnt mit dem kleinen Hund in Friedrichshain. Er und seine Frau teilen sich hingehen eine Wohnung in Neukölln, wo sie abwechselnd wohnen. Das funktioniert offenbar super. Eine Woche ist er auf der Hundewiese und eine Woche seine Ex-Frau. Ich kenne auch die Frau, aber mit ihm habe ich den intensiveren Kontakt.

Ich habe jedenfalls eine grosse Faszination für Lebensmodelle.

Am Abend traf ich mich mit meiner Freundin M. Ich erzählte ihr von dem Bekannten, der mit drei Frauen 5 Kinder hat und nun zum vierten Mal heiraten wird. Ich weiss nicht, wie alt seine neue Freundin ist, es würde mich aber nicht wundern, wenn er zum vierten Mal mit dem Nestbau beginnt. Zum vierten Mal ewige Liebe schwören.
Ich kenne ihn nicht besonders gut, ich weiss auch nicht, wie er dieses Lebensmodell erklären würde, mir würden solche Schmetterlinge im Bauch aber Angst machen. Vielleicht bin ich zu abgeklärt und untersage mir wilde, brennende Gefühle, ich bilde mir ein, Liebe verstanden zu haben und sie zwar einigermassen interessant zu finden, aber Hormone machen eben noch lange keine Liebe.

Wir redeten über die Liebe. Es macht immer Spass, mit M über die Liebe zu reden. Wenn sie und ich über Liebe reden, reden wir immer wie zwei 100-Jährige, die alles über die Liebe wissen und mit gütigem Blick auf hormongeschwängerte Glühwürmchen herunterblicken.

[Di, 30.7.2024 – CV, Rekord, Eschenbräu]

Der Ernst des Lebens fing damit an, dass ich meinen eigenen Rekord bei Plants vs Zombies schlug. Danach fing ich an, meinen CV zu übersetzen. Am Abend wäre ich mit einem Mitglied der Voltpartei verabredet gewesen, um das Onboarding weiterzuführen, aber der Termin fand aus gesundheitlichen Gründen nicht statt.

Am Dienstag schickte ich zwei deutschsprachige Bewerbungen raus. Mit der Übersetzung bin ich noch nicht zufrieden. Aber es gibt einige interessante Stellenausschreibungen.

Gegen halb drei Uhr fuhr ich in den Wedding. Dort war ich mit Benny verabredet, nachdem sich unser Drink am Tag vor meinem Urlaub verschoben hatte.
Wir setzten uns in den Garten des Eschenbräu und redeten über die Dinge. Über den Tod, über das Älterwerden, über Hertha und über Griechenland.

Klingt jetzt alles sehr belanglos. Ist es aber nicht.

[So, 28.7.2024 – der Ernst des Lebens]

Die letzten beiden Tage: Fahrt ging gut. Jetzt zurück in Berlin sind wir beide unfassbar müde. Als müssten wir uns vom Urlaub erholen.

Ab morgen fängt der Ernst des Lebens wieder an. Ab dem ersten April fing ich an, loszulassen. Let go, let go, let go. Es funktionierte nicht sofort. Dieses Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, erzeugt eine eigenartige Leere, andererseits auch ein wildes Gefühl des Kontrollverlusts, das mich an einen Rausch erinnert. Spätestens seit Mitte Mai lebte ich in einer ziemlichen Schwerelosigkeit. Ich verschob alles, worauf ich keine Lust hatte, auf die Zeit nach meinen drei Skandinavienreisen. Ich liess los, liess los, liess los. Das war ein gutes Gefühl.

Interessant fand ich auch, herauszufinden, welche vermeintlich angenehmen Sachen ich verschob und um welche offensichtlich anstrengende Angelegenheiten ich mich mit Freude kümmerte. Ein Muster habe ich noch nicht ganz erkannt, ich habe aber eine Ahnung.

Jetzt ist aber die dritte Reise vorbei, ich habe immer gesagt, ich sei ab Anfang August wieder da. Und nun muss ich mich um alle verschobenen Dinge kümmern. Da sind erstaunlich viele Mails und Whatsapp Nachrichten dabei. Die meisten Nachrichten stehen im beruflichen Kontext, aber es sind auch Themen aus dem privaten Bereich. Ich habe aber gerade keine Lust, das aufzuarbeiten oder zu psychologisieren, aber irgendwann sollte ich das wohl tun, die Erkenntnis hilft mir irgendwann sicherlich, wenn mein Selbstmanagement nicht mehr funktioniert.

So.

Morgen fängt also der Ernst des Lebens wieder an.

[Fr, 26.7.2024 – letzter Tag, Bienen, Krabbensalat]

Da ist er wieder, der letzte Tag. Der Tag, an dem man eigentlich nur die Rückreise vorbereitet. Morgens filmte ich immerhin ein zweites Mal den Morgenspaziergang, diesmal allerdings nicht in Zeitraffer, sonder als vollständiges Video. In Berlin werde ich schauen, ob sich daraus etwas Gutes machen lässt.

Am Vormittag kam auch der Elektriker, um die Brunnenpumpe zu reparieren. Es gab seit zwei Wochen ein nicht weiter schlimmes Problem mit der Wasserzufuhr. Er fixte es in 10 Minuten. Danach fuhren meine Frau und ihre Eltern in die Stadt und ich blieb alleine zurück. Gegen Mittag kam der Förster, um nach den Bienen zu schauen. Er und seine Frau haben bei uns am Waldrand nämlich vier Bienenstöcke aufgestellt. Wegen der beiden grossen Linden, die neben dem Haus stehen. Lindenblüten machen guten Honig.
Er war wieder sehr redselig und blieb eine ganze Stunde bei mir. Mich freute es. Er erzählte mir von seiner früheren Arbeit als Förster und wie er in seinem Job auch junge Straftäter wieder resozialisierte. Das war seine liebste Arbeit. Allerdings arbeitete er auch in Nordschweden in einer Stahlfabrik, die riesige Ketten für Ölplattformen herstellte. Also Elemente, die so gross waren wie ein Eisenwagenwagon. Die fertigen Ketten wurden dann 2 bis 3 Kilometer lang. Als er da arbeitete, wurde auch Max geboren. Max sei ein echter Norrlander, sagte er. Aber die Frau war Alkoholikerin und Narzisstisch, das war nicht gut für Max. Und auch nicht für ihn.
Wir redeten auch über Holz und über schwimmende Stege und natürlich über Bienen. Dieses Jahr sei die Blütephase sehr kurz gewesen, sie hätten schon begonnen, den Zucker zu verzehren. Sie sammeln nichts mehr. Ab jetzt warten sie nur noch auf den Winter. Die meisten werden im Herbst sterben und die wenigen, die übrig bleiben, bilden im Frühjahr die neue Kolonie. Es gab erstaunlich viel darüber zu erzählen. Ich ahne, warum es in Berlin so viele Hobbyimker gibt.

#
Am Abend assen wir Krabbensalat und dann packten wir alles ins Auto. Morgen früh raus.

[Do, 25.7.2024 – Uferweg, Förster, Mahjong]

Morgens nahm ich meinen Uferspaziergang mit der Hündin auf Video auf. Den ganzen Spaziergang mit gezückter Kamera. Wie ein Influencer. Wäre ich einem Reh begegnet, hätte ich mich vor dem Reh geschämt. Ich dachte aber, das könnte ein cooles Video werden. Dafür verwendete ich die Timelapse Funktion, damit alles schnell abgespult wird. Irgendwas stimmte aber mit den Einstellungen nicht. Aus dem halbstündigen Spaziergang wurde ein 14-sekündiges Video. Das geht so schnell, dass ich kaum etwas erkennen kann.

Wir fuhren heute einkaufen. Im Supermarkt traf ich den Förster. Zum Förster muss man wissen, dass er seit Jahrzehnten die vielleicht wichtigste Bezugsperson für unser Häuschen ist. Das Haus steht 10 Monate im Jahr alleine und verlassen im Wald. Der Förster schaut aber alle paar Wochen vorbei, im Winter kommt er sogar auf Skiern, er entfernt umgefallene Bäume, schaufelt auch mal Schnee vom Dach, wenn er glaubt, dass er das Dach erdrückt. Er hat unseren Schlüssel und kann dort ein und ausgehen.

Bereits der Vater des Försters war meiner Schwiegerfamilie verbunden, den Grosseltern natürlich, die das Haus in ’48 erwarben. Er war der Bauer des benachbarten Hofes, er pachtete unsere Wiesen und kümmerte sich auch um den Wald. Sein Sohn, der heutige Förster, ist auf dem Nachbarhof aufgewachsen. Der Förster arbeitet offiziell nicht mehr, er ist über siebzig und mittlerweile in Rente. Aber einmal Förster, immer Förster.
Der Nachbarhof wurde nach dem Tod des alten Bauers allerdings weiterverkauft, der Förster lebt jetzt etwa zehn Kilometer von uns entfernt.

Weil die Gegend hier aber eher dünn besiedelt ist, treffen sich alle Menschen, die in einem Radius von einer Dreiviertelstunde leben, im gleichen Supermarkt. So traf ich heute dort auch den Förster.

Er grüsste freundlich und sprach englisch mit mir. Ich wusste gar nicht, dass er ordentliches Englisch spricht. Wir begegnen uns immer nur, wenn meine Frau oder ihr Vater dabei sind, da wird schwedisch gesprochen. Heute sahen wir uns aber alleine und er redete einfach drauflos. Das freute mich sehr, weil er ein erfahrener Mann ist, der alles über die Gegend weiss und alles über Wälder und Flüsse und überhaupt, ich weiss, dass er die meisten Antworten auf alle meine Fragen hat, die mich bezüglich des Häuschens im Laufe der Zeit beschäftigten. Allerdings hatte ich bisher nie die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen.

Er sprach mich auf das Youtube Video an, das ich vor einigen Tagen gepostet hatte. Den Clip von Max mit meiner Drohne. Dazu muss man auch wissen, dass Max sein Sohn ist. Und seit Max wieder zurück in die Gegend gezogen ist, hat sich zwischen Max, meiner Frau und mir ein durchaus lebendiger Kontakt entwickelt, dabei übernahm er ganz natürlich gewisse Aufgaben von seinem Vater. So schaut er auch im Winter regelmässig beim Häuschen vorbei und schickt uns Fotos per Messenger. Am Anfang des Sommers mäht er das Gras und er hilft uns, wenn wir Rat brauchen.
Mir kommt vor, dass dem Förster das gefällt, als würden die beiden Familien in einer Art Erbpacht bereits in dritter Generation miteinander verwoben bleiben. Aber das gefällt vermutlich allen.

Er sprach mich auch bezüglich blauer Kunststofffässer an. Ich weiss nicht, ob ich im Blog je darüber schrieb, aber ich suchte nach blauen Plastikfässern, weil ich einen schwimmenden Steg bauen möchte. Er weiss das, weil ich mit Max darüber sprach. Und jetzt erzählte er mir, wo ich die kaufen könne. Sie seien heutzutage leider sehr teuer, sie kosten 800 Kronen, also etwa 80€ das Stück, früher bekam man die umsonst, weil sie Abfallprodukte aus dem Bau waren. Er erzählte mir, dass er solche Stege aus Metall baute, mit rostfreien Ölfässern, die er mit Metallbalken –Aluminium, wenn ich es richtig verstanden habe– verschraubte. An einem See seien die sehr langlebig, aber an einem Fluss wie Unserem müsse man das im Herbst alles an Land bringen, weil das Eis im Winter alles mitreisst.

Eis. Mir war es nicht bewusst, dass der Fluss im Winter vereist. Aber natürlich macht er das.

#
Heute ist Herthageburtstag auf dem Arkonaplatz. Auf den Bänken des Arkonaplatzes wurde von 132 Jahren der Fussballverein BFC Hertha 92 gegründet. Seit wir damit begonnen haben, am 25.7. am Arkonaplatz zu feiern, ist es das erste Mal, dass ich nicht dabei bin. Ich schreibe meine Fanclubfreunde an. Aber ich werde nur schlecht mit Infos versorgt. Sie sind alle am Feiern.

Am Abend spielten wir Mahjong. Meine Frau gewann zwei Mal. Ich finde das Spiel etwas unterkomplex. Beim Gedanken an Majhong dachte ich immer an ein kompliziertes und komplexes Spiel, aber genau genommen ist es nur eine Art Kartenspiel, das man mit Steinchen spielt anstatt mit Karten. Meine Frau belehrte mich aber, dass wir lediglich eine sehr vereinfachte Mahjong-Variante spielen. Das brachte mich gleich auf den Gedanken, mit unserer Freundin Wen zu spielen. Wen kommt aus Nordchina und kann sicherlich Mahjong in all seinen Ausprägungen. Ich liebe ja Brett- und Kartenspiele, aber ich spiele schon seit Jahren keine Spiele mehr weil meine Frau nicht gerne spielt und so schleichen sich die Dinge manchmal aus dem Leben.

[Mi, 24.7.2024 – Singen im Wald, Espen, Holz]

Morgens liefen die Hündin und ich wieder die lange Strecke bis hinauf zum Wald auf der Halbinsel. Da ich keinen Rehen begegnen möchte, griff ich auf einen Trick zurück, den man auch bei Bären anwendet. Man singt. Unfälle mit Bären passieren meist, weil sie überrascht werden. Wenn man sich schon von weitem bemerkbar macht, ziehen sie sich gewöhnlicherweise zurück, weil sie selber keine Lust auf Stress haben. Begegnungen mit Menschen sind immer Stress.
Bei Bären mag das vielleicht nicht immer funktionieren, bei Rehen aber sicher. Wenn es Tiere gibt, die keine Lust auf Begegnungen mit Menschen oder Hunden haben, dann sind das Rehe. Und ich möchte nicht wieder einem Reh begegnen und dabei riskieren, dass meine Hündin sie jagt oder verletzt.

Ich sang „Eisgekühlter Bommerlunder“. Ja, ich weiss. Andererseits hält mir das Lied sicherlich auch Eisbären vom Leib.

Ab Mittag wollten wir uns um verschiedene Dinge kümmern, die wir bisher aufgeschoben hatten. Da wir aber bereits am Samstag zurück nach Berlin fahren, ist nun Eile geboten. Wir wollten noch die Birke verarbeiten, die der Förster im Winter gefällt hatte. Er hatte den Baumstamm neben der Scheune in halbmeter grosse Stücke zerkleinert und zu einem Haufen zusammengeworfen. Daneben ein riesiger Berg zerkleinerter Äste. Die grossen Stücke wollten wir zerhacken und in die Scheune legen. Leider lag das Holz mittlerweile mehrere Monate im Gras. Die Unterseite ist teilweise verschimmelt. Ein halbes Dutzend der Klötze sind von Ameisen befallen.
Deswegen lockerten wir zuerst den Holzhaufen auf, legten die trockenen Stücke in die Scheune und die schlechten Stücke mit der nassen Seite nach oben in die Sonne. Wir werden am Freitag entscheiden, was wir mit den verschimmelten Stücken anfangen.

Nach dem Holz hatten wir noch die zahlreichen Espen auf dem Zettel. Ums Haus herum spriessen zahlreiche Espenbäume. Wenn man sich nicht früh genug darum kümmert, sind sie später schwieriger zu entfernen. Espen sind sehr invasiv. Sie spriessen überall. Mir wären Birken lieber. Um das Haus herum stehen etwa 20 Birken. Zwei davon sind nicht mehr in einem guten Zustand. Ich weiss nicht, warum.

Die körperliche Arbeit tut mir nicht gut. Ich habe mich etwas übernommen. Mein ganzer Brustkorb, aber vor allem die linke Seite, schmerzt wieder. Danach ruhe ich mich aus.

[Di, 23.7.2024 – Wasserwege, Drohnenvideo]

Heute malten wir vormittags ein paar Fenster, weil es am Nachmittag regnen sollte. Jetzt natürlich alles ohne Leiter.

Weil sich mein Brustkorb nun besser anfühlt, stieg ich kurz nach Mittag mit dem Kajak ins Wasser. Es dauerte ganze zwei Wochen bis zu diesem Schritt. Grund dafür war sicherlich, dass ich in den ersten Tagen schlichtweg andere Dinge im Kopf hatte und danach gab es einige kühle Tage mit Regen. Nach dem Regen wollte ich einen Tag Fenster renovieren und tja, da stürzte ich von der Leiter. So vergehen zwei Wochen ohne Kajak.

Ich fuhr heute die altbekannte Route fast zwei Kilometer flussaufwärts. Nicht ganz bis zum Wasserfall. Weil beim Wasserfall der Cousin und seine Frau ihre Badetreppe haben. Seine Frau und ich sind seit drei Tagen Freunde auf Instagram. Sie postet dort jeden Tag Videos, wie sie unbekleidet von deren Treppe ins Wasser springt. Solche private Momente möchte ich nicht stören. Wenn ich sie einmal treffe, werde ich das meine Kajaktouren erwähnen, dann werde ich sehen, wie sie darauf reagiert und dann können wir weitersehen.

Die Stelle beim Wasserfall ist aber wirklich schön. Der Fluss weitet sich dort, er wird fast zu einem kleinen See. Die Strömung verschwindet. Auf einer Seite gibt es Eichen, Kiefern und Buchen. Auf der anderen Seite eine Halbinsel, auf der Gänse leben.

Heute wollte ich nur die Uferstellen, sie ich sonst immer von Land aus begehe, vom Wasser aus inspizieren. Vor allem die undurchdringlichen Stellen. Damit ich sehen kann, ob sich die Mühe auszahlt, weiterzumähen. Der Erkenntnisgewinn war gering.

#

Um 1630 waren wir bei Max verabredet. Zum einen, um ihm das Geld für das Mähen der Wiese zu übergeben, aber auch um endlich mit der Drohne seine Downhill Radbahn zu filmen.

Unsere Idee war es, dass ich ihn beim Start aufnehme, danach die Drohne aber höher steigen lasse und aus einem grösseren Abstand filme, wobei ich eher einen Gesamteindruck der Bahn erfassen würde.

Das funktionierte nur mittelmässig. Die gesamte Bahn ist etwa ein Kilometer lang, aber schon nach wenigen hundert Metern, verlor ich ihn aus dem Blickfeld, Die Bäume sind teilweise zu hoch und ich bin in der Steuerung noch etwas ungeschickt. Es ruckelt also sehr. Es machte dennoch Spass. Ich bräuchte ein paar Anläufe, aber der Akkus reicht lediglich für einen 20-minütigen Flug, und sie zu laden dauert mehrere Stunden. Ich bräuchte ein paar Ersatzakkus, die ich vor Ort tauschen kann. Max ist dennoch begeistert, nächstes Jahr probieren wir es wieder.

Hier ein Teil des Videos:

[Mo, 22.7.2024 – Textarbeit, Tastaturen, Kameras]

Der Sturz von der Leiter ist sehr ärgerlich. Meine linke Brustseite ist geprellt oder die Muskeln sind gezerrt, ich kann mit meinem Oberkörper keine Kraft ausüben. Wenn ich körperlich eingeschränkt bin, kann ich hier eigentlich nur lesen, essen und trinken. Aber das kann ich in Berlin ja auch. Ich hatte mich darauf gefreut, einen Steg zu bauen, mit dem Boot zu paddeln, Uferstellen zu mähen und Holz zu hacken.
Der Schwiegervater sagte in einer ruhigen Minute zu meiner Frau, dass das sicherlich schlimm für mich sein müsse. Ich sei ja immer so aktiv.
Das wusste ich bisher gar nicht. Ich und aktiv.

Dabei wollte ich eigentlich die Zeit zum Schreiben nutzen. Den Hausbesetzertext fertig bearbeiten. Aber das gelingt mir hier noch nicht. Das ist ein fertiger Text, der stark überarbeitet werden muss. Das ist Arbeit und weniger kreativer Flow. Texte entstehen bei mir immer in drei Phasen. Zuerst kommt der kreative Flow. Das ist der magische Teil. Das sind die Stunden, in denen der Text heraussprudelt. Eher unkontrolliert, sehr roh, sehr musikalisch. Dann kommt die zweite Phase. Das ist die Schönschrift. Der künstlerische Teil. Wo der rohe Text zur Poesie wird. Und zuletzt die dritte Phase. Wo man merkt, dass der Text viele Schwächen hat. Das ist die Phase, die bei kurzen Texten durchaus anregend ist, aber bei langen Texten fühlt es sich nach einem breiigen Kampf gegen Textmengen an. Der Hausbesetzertext hat etwa 100 Seiten, er wird noch auf 120 anwachsen. Und er befindet sich in der dritten Phase.

Manchmal stehen die ersten beiden Phasen sehr nahe beieinander. Manchmal ist die erste Phase bereits poetisch. Das hängt vom Text ab und vom Sujet. Aber die dritte Phase ist immer eigenständig. Was ich jetzt aber weiss: Für die dritte Phase brauche ich eine andere Grundvoraussetzung. Nächstes Mal bringe ich mir einen Monitor und eine bessere Tastatur mit. Mit dieser „Black Widow Lite“-Tastatur war ich nie glücklich. Von allen meinen mechanischen Tastaturen ist es die schlechteste, deshalb brachte ich sie im Mai nach Schweden und liess sie hier als feste Tastatur für Schweden, ich dachte, ich könnte sie in Berlin entbehren. Aber es ist natürlich Quatsch, die schlechteste Tastatur an einem Ort zu verwenden, wo ich erstens auf keine andere Tastatur ausweichen kann und zweitens, sie viel verwenden will. Allerdings wusste ich aber auch nicht, wie wählerisch ich mittlerweile bei Tastaturen geworden bin. Ich verstehe nicht, wie Menschen auf Laptops oder Apple-Tastaturen tippen können. Wenn ich kein mechanisches Grand Piano bespiele, spüre ich den Text nicht.

OK, das war jetzt etwas dramatisch formuliert.

#

Heute Vormittag fuhr ein fremdes Auto an unser Haus heran. Auto sind hier ohnehin eine Seltenheit, fremde Autos sorgen zudem für Aufregung. Meine Frau, mein Schwiegervater und ich sassen gerade beim Frühstück. Wir gingen sofort hinaus. Es war ein alter Mann mit einem zerzausten Bart. Niemand kannte ihn. Da er schwedisch sprach und ich ihm nicht folgen konnte, ging ich nach einer Minute wieder in die Küche und überliess den anderen beiden das Gespräch. Nach einigen Minuten gab mir meine Frau ein Zeichen, dass ich kommen solle. Einfach um Präsenz zu zeigen.

Der Mann war zwar sehr alt, nach eigenen Angaben 86 Jahre alt, er war aber irgendwie unangenehm. Er stellte neugierige Fragen. Ob wir auch im Winter hier seien („Ja natürlich, sehr oft“) und wo wir eigentlich wohnten. Der Mann war ein schwedischstämmiger Finne, er wohnte im Nachbardorf. Er führe hier nur ein bisschen herum, um sich umzusehen. Nach zehn Minuten verabschiedete er sich und stieg in sein Auto. Dann fuhr er wieder fort.

In unserem Häuschen wurde vor einigen Jahren einmal eingebrochen. Das war bevor ich meine Frau kannte. Es befinden sich hier kaum Wertsachen. Ein kleiner Fernseher, ein Router, eine elektrische Motorsäge, mein geliebter Grasmäher, natürlich ein Bohrer und eine Schleifmaschine sowie diverses Werkzeug. Richtig auszahlen würde sich ein Einbruch nicht. Aber etwas mitnehmen kann man schon. Ärgerlich ist es vor allem für diejenige, die auf Kosten sitzen bleiben. Also meine Frau und ich. Zwar schauen Max und der Cousin ab und zu bei uns vorbei, aber das hält natürlich keine Einbrecher fern. Jetzt überlegen wir, eine Kamera zu installieren. Eine, die ohne Strom und WLAN funktioniert. Es gibt da einige Optionen, sie sind gar nicht teuer, aber die Bewertungen lesen sich eher halbgar. Ich muss mich zuerst einlesen, dafür habe ich jetzt als Invalide ja Zeit. Und zugegebenermassen liebe ich es, mich mit so etwas zu beschäftigen.

#
Was ich meine, wenn ich von Uferstellen rede:

[Sa, 20.7.2024 – warmer Tag, Cidre]

Die linke Seite meines Brustkorbs schmerzt noch. Ich kann das Kajak noch nicht tragen und auch das Werfen von Bällen fällt mir schwer. Ich legte also einen weiteren Ruhetag ein.

Gegen zwei Uhr kam der Cousin meiner Frau mit seiner Freundin. Der Cousin ist ein bisschen seltsam, aber er war uns immer sehr zugewandt. Er kommt auch jedes Jahr vorbei. Seine Freundin ist aber super, wir alle lieben sie. So sassen wir den ganzen Tag draussen im Schatten. Es war ein warmer Tag.

Abends öffnete ich die Flasche Cider. Ein französischer Cidre aus handwerklicher Herstellung. Ich fürchte, ich habe eine neue Obsession.

[Fr, 19.7.2024 – Rehkitz, Waschen, Sturz von der Leiter]

Wir haben unsere morgendlichen Kontrollgänge mittlerweile bis in die Halbinsel hinauf verlagert. Bis dorthin hat sich wohl seit Jahren oder Jahrzehnten kein Mensch hinverirrt. Die Hündin liebt diese neue Gegend. Das Unterholz, das Wurzelwerk am Ufer, das Moos.

Auf dem Rückweg war ich ein wenig gedankenversunken. Die Hündin lief wenige Meter vor mir. Als ich plötzlich ein ausgestopftes Reh im Gras sitzen sah. Ich fragte mich noch, warum hier ein ausgestopftes Reh im Gras sitzt. Genaugenommen war es ein Rehkitz, noch sehr klein, würde es auf den Beinen stehen, war es vielleicht kniehoch. Die Hündin schnüffelte im Gras herum, sie näherte sich dem Kitz bis auf einen Meter, sie bemerkte das Jungtier allerdings nicht. Rehe können bestimmt alle ihre Poren verschliessen, damit kein einziges Geruchspartikel aus ihrem Körper austritt. Das Reh und ich kreuzten aber unsere Blicke.

Da ich verstanden hatte, dass das Reh kein ausgestopftes Tier war, befahl ich der Hündin stehen zu bleiben. Sie befolgte den Befehl. Weil ich das Kommando ziemlich zackig und laut ausgerufen hatte, löste das Reh sofort seine Starre und sprang mit einem Piepen davon. Das Piepen war eher ein mittelfrequentiger Ton, das klang wie wenn eine Frau mit einer hohen Stimme laut „Ping“ rufen würde.

Ich hatte die Hündin sofort an ihrem Halsband und zog sie davon. Sie war aufgebracht, sie hatte das Ping auch gehört, und die hektische Bewegung unmittelbar neben ihr wahrgenommen, sie hatte aber nicht verstanden, was geschehen war. Nach einigen Metern merkte ich aber, dass sie selber das Weite suchte und nicht Anstalten machte, diesem Tier oder dem Ping zu folgen. Als ich sie losliess, rannte sie vor mir den Weg zurück zum Haus.

Ich finde es besser, wenn wir da nicht mehr hingehen. Das findet das Reh sicherlich auch.

#
Am Nachmittag fuhren wir nach Boras, um Wäsche zu waschen. Da wir seit einigen Tagen keine Waschmaschine mehr haben und vorerst auch keine nachkaufen wollen, war es uns wichtig, die Möglichkeiten ausloten. Die Möglichkeiten waren das „Camping Boras“ und eine Reinigung in der Innenstadt. Wir planten, beide Möglichkeiten ergebnisoffen auszuprobieren. Hinfahren, die Abläufe verstehen und über Hürden stolpern. Wir fuhren zuerst zum Camping. Dort kann man für 6 Euro Wäsche waschen. Allerdings haben sie nur 3 Waschmaschinen, die in diesem Moment alle besetzt waren. Also fuhren wir in die Innenstadt, wo man für 15 Euro Haushaltswäsche waschen lassen kann. Am Schalter stellte sich allerdings heraus, dass die 15 Euro pro Kilogramm gemessen werden. Das war als langfristige Lösung dann doch etwas viel. Deswegen probierte meine Frau später am Tag eine Handwäsche. Das ging eigentlich auch nicht schlecht. Das ist allerdings viel manueller Aufwand.

Wie wir das Wäschethema zukünftig handhaben wollen, ist also immer noch offen. Eine Überlegung ist es, die kleinen Campermaschinen anzuschaffen. Die schleudern zwar nicht gut, aber den Waschvorgang an sich meistern sie einwandfrei.

#
Heute stürzte ich von der Leiter und tat mir ziemlich weh.

Wir wollten zwei weitere Fenster renovieren. Es würde heute sehr sonnig werden, deshalb begann ich mit dem Rahmen des Westfensters im Obergeschoss. Dafür musste ich von aussen mit einer Leiter ran.

Zuerst schoss ich ein paar kurze Videos von mir auf der Leiter. Weil ich sie lustig fand, postete ich sie als Story auf Insta.
Fünf Minuten später verlor ich das Gleichgewicht. Dabei hielt ich mich am Fensterbrett fest. In dem Moment, an dem ich nach dem Fensterbrett griff, fiel mir auf, dass ich ja letzten Sommer schon auf dieser Leiter stand und mir dachte, dass ich dieses Fensterbrett fixieren sollte. Es war nämlich lediglich unters Fenster eingeschoben. Zwei lange Nägel oder Schrauben würden ausreichen. Aber es hatte keine Priorität. Das Brett war im Fenster eingeklemmt, es würde vorerst nicht herausfallen. Ich dachte natürlich nicht daran, dass ich mich ein Jahr später daran festhalten muss.

Als ich das Gleichgewicht verlor, hatte ich auch die Option, mich am Fensterrahmen festzuhalten, aber im Fensterrahmen hatte ich das Fliegengitter eingeklemmt, ich griff also zum Fensterbrett, von dem ich sofort wusste, dass es mit mir den Weg nach unten mitgehen wird.

Während ich so nach unten segelte, erinnerte ich mich an meinen Fenstersturz von vor 33 Jahren. Damals brach ich mir den Oberarm. Das war aus einer Höhe von vermutlich vier Metern. Während sich mir heute der Boden näherte, schätzte ich, dass es nicht vier Meter waren, wesentlich weniger, vielleicht zwei Meter. Da ich mich mit den Beinen voraus im Anflug befand, bestand die Möglichkeit, dass ich mir einen oder beide Unterschenkel brechen würde. Vielleicht die Fersen. Ich würde gleich ein Knacksen in den Knochen wahrnehmen. Dann prallte ich aber auf und ging zu Boden. Ich hatte kein Knacksen wahrgenommen, auch keinen Schmerz, ich rief etwas, ich sah meine Frau von hinten, die eines der Fenster ausgehangen hatte. Sie drehte sich um und kam sofort zu mir gerannt. Dann kam auch mein Schwager aus dem Gästehaus gerannt.

Ich glaubte, es ginge mir gut, ich stand auf und schüttelte mich. Da ich aber aufgefordert wurde, mich hinzusetzen, setzte ich mich hin und merkte, dass das die richtige Entscheidung war. Offenbar hatte ich vorher eine Minute am Boden gelegen. Das war mir gar nicht bewusst, ich hatte nicht mitgezählt. Ich war aber nicht bewusstlos gewesen, das hätte ich gemerkt.
Dann sollte ich mich hinlegen und die Beine hochlegen. Meine Frau verbot mir, den Rest des Tages aktiv zu sein. Schwellungen und Prellungen kämen erst wesentlich später zum Vorschein. Ich beschwerte mich, dass ich heute ja mit dem Kayak ins Wasser wollte, aber ich sah mehrere schüttelnde Köpfe vor mir. Nach zehn Minuten merkte ich erste Schmerzen. Nur leichte Schmerzen. Der linke Fuss, das linke Handgelenk. Aber Kopf war in Ordnung. Weil ich müde wurde, legte ich mich ins Bett. Dort schlief ich für drei Stunden.

Als ich aufwachte, schmerzte mein linker Brustkorb. Wie ein Muskelkater am Brustkorb. Nur leicht. Aber es ist ein gruseliger Schmerz. Danach gab es gegrillten Lachs. Ich hatte gestern einen französischen Cider gekauft, auf den hatte ich mich gefreut. Aber ich verstand ohne fremder Zusprache, dass Alkohol heute keine gute Option war.

Immerhin verbot man mir aufzuräumen und abzuwaschen. Das gefiel mir.