[Zusammenwohnen mit Tina in Madrid]

Vor einigen Tagen schrieb ich ziemlich abfällig über den Mann aus der Nachbarschaft. Das habe ich jetzt gelöscht. Zum einen, weil er meinen Namen kennt und mich theoretisch googlen kann, und ich glaube nicht, dass es schön ist, so etwas über sich im Netz zu lesen. Auch wenn er anonym geblieben ist und ich seine Persönlichkeitsrechte damit nicht verletze.

Aber vor etwa zwanzig Jahren schwor ich mir, nie wieder über Menschen zu lästern.

Schon vorher war ich kein grosser Lästerer, Lästerei ist nicht Teil meines Persönlichkeitsprofils. Aber damals wohnte ich mit Tina zusammen in einer kleinen Wohnung in Madrid. Wir waren Kolleginnen und arbeiteten in einer internationalen Firma, die UNIX-Spezialisten in Madrid zusammenzog, um eine Art Tech-Hub zu gründen. Ich wurde von dem niederländischen Zweig der Firma nach Madrid entsandt und Tina vom deutschen Zweig. Die meisten unserer Kolleginnen wohnten am Stadtrand in der Nähe des Büros. Sie lebten in einer internationalen Blase von Expats, redeten nur englisch und pflegten keinen Kontakt zu Spaniern. Ich fand dieses Lebensmodell uninteressant. Für mich war immer klar, dass ich in der Innenstadt wohnen wollte. Schliesslich war ich nicht nach Madrid gezogen, um zu arbeiten. Da es in meiner Wohnung ein freies Zimmer gab und ich mir die Kosten teilen wollte, bot sich Tina als meine Mitbewohnerin an. Ich war bei der Auswahl nicht wählerisch, es war mir nur wichtig, dass die Person kein Arschloch sei, alles weitere würde sich ergeben. Ich kannte Tina nicht gut, sie arbeitete in der deutschen Abteilung, ich hing vor allem mit den Engländern und den Niederländern rum. Einige der Kerle im Büro beglückwünschten mich für meine neue Mitbewohnerin. Tina hatte nämlich auffällig schöne Brüste und sie feierte auch gern. Ausserdem lebe ihr Freund weit weg in Castrop-Rauxel und kam sie nie besuchen. In den Augen der Kollegen sah das sicherlich aus wie ein privates Harem.

Ich hatte aber eine Freundin und ich bin nicht so der Typ für Brüste.

Mein Ansinnen war es nicht, mich mit ihr anzufreunden. Ich brauchte nur eine Person, die kein Arschloch war, ob man zusammen etwas unternähme, war zweitrangig und ergäbe sich, wenn die Chemie stimmte, aber es war mir auch nicht so wichtig. Anfangs luden wir Kolleginnen ein und spielten Karten, oder wir unterhielten uns und gingen dann gemeinsam in die Bars, ein paar Mal luden wir grössere Runden ein und kochten etwas. Die Beziehung zwischen mir und ihr blieb aber funktional. Vermutlich hatte sie sich ein engeres Band vorgestellt. Anfangs wusch sie meine Wäsche mit und kaufte Brot für mich ein, aber ich unterstützte das nicht und erwiderte es auch nicht, so hörte das von selber auf. Ich hatte damals wohl schon das Gefühl, mir vielleicht doch ein Arschloch eingefangen zu haben. Nur war mir das aufgrund der schönen Brüste nicht aufgefallen.

Tina war ein gehässiger Mensch. Tina fand Spanier rückständig. Franzosen waren Franzacken, Italiener waren Spaghettifresser und Engländer nannte sie konsequent „Tommies“. Dabei sass jeden zweiten Tag Simon bei uns. Simon kam aus Reading, westlich von London und war verliebt in Tina. Er kam gerade von der Uni und trug immer Hemden wie alle jungen Engländer in unserer Firma. Er sass Abende lang bei uns im Wohnzimmer mit Tina am Tisch, er bekochte sie, er himmelte sie an, sie liess es geschehen, machte ihm ein schönes Gesicht und wenn er wieder ging, kotzte sie sich bei mir über das Tommieschweinchen aus. Simon hatte das Pech, nicht besonders vorteilhaft auszusehen, ich verstand schon, was Tina mit „Schweinchen“ meinte, schmaler Mund, aufgeschwollene Backen, immer leicht rosa gefärbt. Ich fand das unfair, Simon war eigentlich ein lieber Kerl, er war ein hilfloses Glühwürmchen, dessen Gefühle ihn dazu trieben, jeden Tag um sie herumzuschwirren, wie in der Schwerkraft eines Zentralgestirns verfangen. Und sie liess sich bezirzen.

Von Simons Liebe wussten natürlich alle im Büro. Viele fanden es belustigend, dass er sich so sehr um sie bemühte, sie ihn aber nicht heranliess. Eine Bekannte aus dem deutschen Team sagte mir einmal, sie wundere sich, dass Simon nicht Tinas Bösartigkeit bemerke. In Tinas Sätzen schwang immer Bösartigkeit mit, Missgunst, Grobheit. Wenn man im Taxi durch die Stadt fuhr, stinkte der Taxifahrer, die Strassen waren zu hell beleuchtet, es war immer zu kalt oder zu warm, Männer, die Analsex wollen, sind in Wirklichkeit schwul, undsoweiter. Die Theorie der Bekannten war es, dass Tina sich auf englisch nicht so gut ausdrücken könne und ihre Tiraden und Plattitüden deswegen schlichtweg nicht funktionieren würden, vielleicht wirkte sie in einer fremden Sprache einfach hilfloser. Das war eine schlüssige Theorie.

Nach zwei Monaten kam meine deutsche Freundin zu Besuch, das war die junge Frau, für die ich ein Jahr später nach Hamburg ziehen würde. Ich holte sie vom Flughafen Barajas ab und wir kamen zu Hause an. Die Wohnung war sehr eng und die Türen dünn. Tina war im Büro, aber ich hatte mir freigenommen. Meine Freundin und ich machten uns im Wohnzimmer breit, ich kochte Kaffee und ich beschwerte mich laut und genüsslich über Tina. Zwar hatte ich meine Freundin auf sie vorbereitet, aber das Zusammenwohnen mit Tina und ihrem bezirzenden Simon hatte gerade einen Höhepunkt erreicht, an dem es mich eingehend beschäftigte. Ich sagte richtig böse Dinge über sie.

Die beiden Schlafzimmer gingen direkt vom Wohnzimmer ab und man konnte darin jedes Wort vom Wohnzimmer mithören, sofern es nicht geflüstert wurde. Nach zehn Minuten des bösartigen Lästerns entdeckte ich Tinas Arbeitslaptop, der auf dem Tisch stand und eingeschaltet war. Sie musste wohl einen Homeofficetag eingereicht haben und lag vermutlich für ein Mittagsschläfchen in ihrem Zimmer.

Das war es dann wohl.

Zwar hatte ich Tina nie eine Freundschaft vorgetäuscht, aber ich äusserte mich auch nicht über meine wachsende Ablehnung. Wir waren Kolleginnen und aufgrund der Expat Situation unternahmen wir manchmal Dinge gemeinsam, aber immer zusammen mit anderen Menschen.
Dass sie jetzt meine bösartig geäusserte Meinung über sie hinter ihrem Rücken mitbekommen hatte, traf mich sehr. Es entsprach nicht meinen moralischen Vorstellungen. Ich zog mich erst mal mit meiner Freundin in mein Zimmer zurück und danach gingen wir auf einen Spaziergang in die Stadt, assen etwas, ich zeigte ihr die Puerta del Sol undsoweiter. Aber ich bekam dieses schlechte Gefühl nicht von mir weg.

So beschlossen wir nach Hause zu gehen. Ich besprach das Vorhaben mit meiner Freundin. Ich würde Martina einfach direkt ansprechen. Ihr sagen, dass ich mit ihrer negativen Energie nicht gut umgehen könne und ihr Verhalten mit Simon nicht gut fände und wir nach einer Lösung mit der Wohnung suchen müssten.

So gingen wir nach Hause, Tina war nach den vielen Stunden offenbar immer noch in ihrem Schlafzimmer, es hätte mich nicht gewundert, wenn sie nun zutiefst gekränkt und heulend in ihrem Zimmer läge, also klopfte ich an ihrer Tür. Weil sie nicht antwortete, klopfte ich noch einmal und noch einmal und noch einmal. Sie antwortete aber nicht. Also öffnete ich die Tür. Das Bett war sauber gemacht und Tina war nicht da. Aber ihr Laptop stand immer noch auf dem Tisch.
Also schrieb ich ihr eine Mail. Darin schrieb ich, dass wir jetzt wohl miteinander reden müssen. Ob sie gleich nach Feierabend Zeit hätte.
Sie antwortete verwundert: ja gerne! Aber warum müssen wir reden?

Kurz darauf verstand ich, dass sie gar nicht zuhause gewesen war und mein Geläster gar nicht mitbekommen hatte. Ihren Laptop hatte sie nur zuhause stehen lassen, weil sie eine Teamviewer Session darauf laufen habe, um das VPN der Firma zu umgehen.

In dem Moment fiel die ganze Anspannung von mir ab. Und das war auch der Moment, an dem ich mir schwor, nie wieder über jemanden zu lästern, ohne dass diese Person es nicht ohnehin schon von mir wüsste.

Unsere Beziehung verschlechterte sich danach trotzdem. Aber das ist eine andere Geschichte.

Deswegen löschte ich jedenfalls die Passage über den Mann aus der Nachbarschaft.

(Da wir gerade beim Madrid Thema sind, noch eine andere Erinnerung an Madrid)

[Di, 30.4.2024 – Wasserhund, Walpurgis]

Morgens brachte ich meine Frau mit dem Auto nach Potsdam. Auf dem Rückweg fuhr ich zum Schloss am Grundewaldsee. Dort gibt es dieses grosse Hundeauslaufgebiet um den See herum. Wir waren dort einmal, als meine Hündin noch ein Welpe war. Das fand sie damals sehr aufregend und die Menge an grossen Hunden auch etwas einschüchternd.
Heute war es ruhiger und wir gingen hinunter zum Hundestrand. Nun muss man wissen, dass meine Hündin genetisch ein Wasserhund ist. Aber sie scheut wenig so sehr wie Gewässer. Sie ist ein Mischling aus Pudel und Golden Retriever. Beide diese Rassen wurden dafür gezüchtet, Fischernetze oder Beute aus dem Wasser zu holen. Nur glaubt meine Hündin nicht an solche Theorien. Mit etwas Glück tappt sie eine ihrer Pfoten in Pfützen.

Ich finde diese ablehnende Haltung sehr ungünstig. Wegen ihres schwarzen, dichten Fells empfindet sie ab einer Temperatur von 25 Grad keine Freude mehr. Dahingehend ähnelt sie ihrem Herrchen. Nur mit dem Unterschied, dass sie ihren schwarzen Pullover nicht ablegen kann und ihr Herrchen notfalls ins Wasser springt.
In Schweden schlängelt sich ein Fluss unterm Häuschen entlang. Wir springen da alle rein, wenn es zu heiss ist. Nur die Hündin nicht. Sie leidet lieber.
Heute war wieder so ein Tag. Gegen Mittag mass es 27 Grad. Wir gingen hinunter zum See und einige andere Hunde tauchten ins Wasser, um Bälle herauszufischen. Ich warf einige Stöcke ins Wasser. Meine Hündin rannte an der Wasserlinie des Ufers auf und ab, achtete aber sorgfältig darauf, dass ihre Pfoten nicht befeuchtet würden. Nach mehreren Stöcken wurden die Pfoten immer nasser, irgendwann erreichte das Wasser auch ihren Bauch, irgendwann ragte auch nur noch der Kopf heraus. Mit jedem Stöckchen wurde sie aufgeregter und mutiger. Sie ging so weit hinein, dass sie gerade noch Boden unter den Füssen spürte. Einmal tauchte sie mit dem Kopf unter, dann stiess sie sich mit den Hinterpfoten nach vorne.

Das war alles sehr lustig für mich. Für sie vielleicht auch. Meine weissen Nike Air sind jetzt allerdings völlig ruiniert. Das merkte ich zu spät.
Nach einer Stunde verliessen wir den See und gingen in den Wald hinein. Dort trocknete sie sich in Sand und Dreck. Wie man auf dem Foto sehen kann.

Den Rest des Tages lag sie platt wie eine Flunder auf dem Boden herum. Im Schlaf rannte sie und sie fiepte aufgeregt. Vermutlich verarbeitete sie alles in ihren Träumen.

Die Walpurgisnacht stand an. Abends kochten wir Hexenpasta. Vollkornspaghetti mit gemahlenem Bärlauch, Kartoffelstücken und gehackten Tomaten. Über Friedrichshain kreisten die Hubschrauber. Polizeisirenen heulten. Wir schauten einen Horrorserie. Die zweite Staffel von „Them“. Eine Serie, in der vor allem Schwarze Menschen eine Rolle spielen. Die Geschichte handelt von übernatürlich wirkenden Morden in Los Angeles. Man folgt einer schwarzen Polizeiagentin im Los Angeles der Rodney King Krawalle und einem schwarzen Schauspieler, dem man dabei zusieht, wie etwas Bösartiges von ihm Besitz ergreift.

[So, 28.4.2024 – Audio, Herthafrauen, es gärt]

Die Blueray konnte gerippt werden. Der Fachmann aus der Nachbarschaft schrieb mir, dass er gerne 10 Euro dafür haben möchte. Ich hatte bereits ein vages Gefühl, dass mich das etwas kosten würde. Ursprünglich stellte ich die Frage auf nebenan.de, weil ich auf Nachbarschaftshilfe setzte. Aber offenbar ist es auch für die Vernetzung von Kleinstunternehmen gedacht. Natürlich werde ich zahlen. Ich hätte es nur gerne vorher gewusst. Vielleicht hätte ich mir dann gleich einen billigen Bluerayplayer angeschafft.

Die Qualität des gerippten Videos ist OK, das Audio ist aber sehr leise. Ich will ihn gar nicht fragen, ob er es mir noch einmal rippen kann. Ich beschliesse deswegen einen eigenen Bluerayplayer zu kaufen. Dann kann ich es selber machen und vielleicht auch andere Filme von Kaurismäki anschaffen, die werden nämlich nur seltenst auf Streamingplatformen angeboten.

Am Nachmittag fand das Derby der Herthafrauen gegen den Frauen von Union in Köpenick statt. Union gewann natürlich. Die haben sich eine Mannschaft für den Aufstieg zusammengekauft und zahlen Gehälter. Unsere Mannschaft ist jung und es sind Freizeitkickerinnen. Dafür ist unser Gästeblock ausverkauft und wir machen eine Stimmung, als wäre es Bundesliga der Herren.
Die Unioner schalteten bei Edeka und Rewe Werbung für das Spiel. Die Werbebildschirme an den Supermarktkassen sind mir bisher nie aufgefallen. Aber wenn irgendwo eine Herthafahne weht, springt mein Umgebungsscanner an. Typisch für Union war die Herthafahne auffallend kleiner als das Unionlogo. So sind die halt. So viel wurde noch nie für ein Regionalligaspiel der Frauen geworben. Die hatten in letzter Minute vermutlich Angst, dass wir Herthanerinnen in deren Stadion die bessere Stimmung machen. Haben wir natürlich trotzdem gemacht, auch wenn unser Block weit in der Unterzahl war. Sogar der RBB fand das beachtlich.

Auch wenn ich bei Herthas Frauenfussball involviert bin, blieb ich zu Hause. Es geht mir immer noch nicht besser. Die Gelenkschmerzen setzten sich jetzt im Kiefer fest. Vermutlich sind es die Lymphknoten.

Mein Freund, der Hobbybrauer, berichtete, dass unsere Gärfässer angefangen haben zu gären. Das ist erfreulich. Ein kleines Baby wächst heran. Nächste oder übernächste Woche füllen wir den Hauptgärgang dann in Flaschen ab, wo das Bier einige Wochen nachgären und reifen wird.

[Sa, 27.4.2024 – Aki Kaurismäki, Rippen]

Ich habe noch nie von meiner neu erworbenen Blueray Disc berichtet. Meine Frau bestellte sie kurz bevor wir im Januar nach Finland fuhren. Es war eine Blueray mit „Die Wolken ziehen vorüber“ von Aki Kaurismäki. Damals wussten wir noch nicht, dass wir den Film nicht einfach so abspielen können würden. Zwar besitzen wir einen sehr alten und billigen Blueray-Player, aber die Fernbedienung funktioniert nicht mehr, deswegen bestellten wir online eine Universal-Fernbedienung und als ich die eingerichtet hatte, stellte sich heraus, dass das HDMI Signal des Players gestört war. Es kamen nur Falschfarben und kein Ton auf dem Fernseher an.

Weil ich aber noch einen externen DVD-Player für meinen Rechner habe, dachte ich, den Film einfach als MP4 zu rippen, allerdings kam ich auch hier zu einer enttäuschenden Erkenntnis. Offenbar hatte ich damals Geld sparen wollen und nur einen DVD-Player gekauft, der keine Bluerays abspielt.
Es würde zu meiner Persönlichkeit passen, dass ich mir damals vornahm, keine Bluerays zu kaufen. Ich dachte vermutlich: Lieber sparst du jetzt ein paar Euro und verpflichtest dich, das gescheiterte und wenig zukunftsträchtige Blueray zu vermeiden.

Das ist ein guter Vorsatz, wenn man ihn nicht vergisst.

Vor einigen Wochen postete ich im firmeninternen Chat die Frage, ob jemand einen externen BD-Player besitzt, auf dem ich eine Blueray rippen könne. Ein Mitarbeiter besass ein solches Gerät. Er fand das aber nicht mehr. Also versandete der Aufruf. Vor einigen Tagen stellte ich diese Frage auf der Nachbarschaftsplatform nebenan.de und es antwortete mir ein Mann, der einige Strassen weiter wohnte. Wir waren für heute verabredet. Ich klingelte an der Tür und ich erkannte sofort die Stimme in der Gegensprechanlage. Ein bayrischer Akzent mit einem Tonfall, der mir von einem Mann aus dem Hundepark bekannt war. Seit ich die Hündin habe, kommt mir vor, dass ich ein Dorfleben führe.

Er war sehr hilfsbereit. Die Platte liess sich wegen des Kopierschutzes nicht einfach rippen, er hatte jedoch verschiedene Ideen, wie dieser zu umgehen ginge. Da es nicht gleich funktionierte, schlug er vor, dass er sich heute abends etwas intensiver damit beschäftige und er sich morgen bei mir melde.

Ich fand das gut und so ging ich nach Hause.

Es geht mir immer noch nicht gut. Ich bin sehr müde und die Gelenke schmerzen. Jedoch habe ich Hunger. Ich könnte den ganzen Tag Essen in mich hineinstopfen.

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Auf der Suche nach Aki Kaurismäki in diesem Blog fand ich auch einen Tagebucheintrag aus 2009. Ich erzählte von einer Ausstellung im Wedding, von der ich überhaupt nichts mehr weiss. Alles, was da steht, kommt mir vor, als wäre es jemand anderem geschehen. Ich hoffe nicht, dass mir das irgendwann mit allen Einträgen hier passiert. Und dort berichtete ich auch von einer Bar namens Aki Kaurismäki. Schöner Name. Die Bar scheint es aber nicht mehr zu geben.

[Fr, 26.4.2024 – Steinbrot, Spediteure, Fieberblase]

Das Buchweizenbrot ist misslungen. Es blieb zuerst pampig, als ich es später noch einmal 45 Minuten in den Ofen gab, wurde es zu Stein. Brotspezialistinnen würden nun sagen: Ist doch klar, Buchweizen hat ja keine Backeigenschaften. Ich suche den Fehler aber zuerst bei mir und glaube, dass ich es bin, der etwas falsch gemacht hat. Ich weiss noch nicht genau was, aber ich werde es noch einmal versuchen. Möglicherweise lag es am Rohstoff. Der Buchweizen war schon seit anderthalb Jahren ausgelaufen. Und vielleicht hätte ich den Teig einfach weiterbacken sollen, anstatt ihn abzukühlen und ihn wesentlich später noch einmal in den Ofen zu schieben.

Mittlerweile ist das Brot sogar lilagrau geworden. Siehe Foto weitzer unten.

Nun.

Heute sollte auch Ikea im zweiten Anlauf kommen. Ich hatte auch bereits mit dem Spediteur telefoniert. Er würde in 30 Minuten bei mir sein. Nach einer Stunde erhielt ich einen Anruf, dass die Lieferung erneut nicht durchgeführt wurde. Angeblich gab es keinen Parkplatz in der Strasse. Keinen Parkplatz in der Strassse. Ich muss den Satz noch einmal wiederholen, um mir dessen Lächerlichkeit zu vergegenwärtigen.
Ich frage mich, wie sie innerhalb des Sbahnringes je etwas geliefert bekommen wollen, wenn sie auf einen freien Parkplatz für Lkws bestehen.
Leider konnte mir die Frau vom Helpdesk nicht weiterhelfen. Sie konnte nur einen neuen Termin vereinbaren.
Ich vereinbarte einen Termin und klingelte danach mehrmals auf der Handynummer des Spediteurs an. Der nahm aber nicht ab. Wohl aus guten Gründen.

Ich war heute sehr müde. Eine Mischung aus Kater und Krankheit. Später am Tag bekam ich eine Fieberblase. Das ist üblicherweise ein Zeichen, dass mein Immunsystem in den Keller hinabgestiegen bin. Was ich im gestrigen Eintrag nicht erwähnte, ist der Umstand, dass ich während des Brautages eigentlich durchgehend fror. Ich bekam meine Hände nie richtig auf Temperatur. Zusammen mit dem Alkohol war das vermutlich kein guter Mix.

Eigentlich wollte ich ins Stadion zum Spiel gegen Hannover 96. Aber ich hatte keine Energie. Auf der Hunderunde setzte ich mich ständig hin. Am liebsten wäre ich auf einer Parkbank eingeschlafen. Kurz vor 16 Uhr sagte ich meinen Freunden ab. Das Spiel schaute ich dann zu Hause. Wir führten neunzig Minuten lang mit 1:0. In der Nachspielzeit kassierten wir dann den Ausgleichstreffer. Jetzt ist der Aufstieg auch theoretisch nicht mehr möglich. Wir können maximal noch neun Punkte erreichen. Zehn Punkte wären nötig. Jetzt ist es immerhin in Stein gemeisselt. Nächste Saison ist wieder zweite Liga.

[Do, 25.4.2024 – Brautag, Alleinesein]

Es war Brautag. Es war auch Markustag. Aber es war auch Brautag.

Ich fuhr zu meinem Freund nach Mahlsdorf. In seinem Garten wollten wir ein Helles Landbier brauen. Ich habe erst zwei Mal gebraut in sehr kleinen Mengen. Sechs Liter, wenn ich mich nicht irre. Mein Freund hat grössere Töpfe mit einem Fassungsvermögen von mehr als dreissig Litern. Ausserdem besitzt er professionelles Werkzeug wie eine Schrotmühle und ein Refraktometer, um die Grad Plato und damit auch den zukünftigen Alkoholgehalt des Sudes zu bestimmen.

Zuerst stieg ich aus dem Bus aus und vergass meine Tasche. In der Tasche befanden sich keine wirklich wertvollen Gegenstände, aber eine warme Daunenweste, Hundefutter und ein kleines Mitbringsel. Und das Wichtigste: Es war die Tasche mit dem Aufdruck der Spitzbergen Brauerei in Longyearbyen.
Es fiel mir erst auf, als ich bei meinem Freund angekommen war. Ich bat ihn um sein Fahrrad und so versuchte ich, zur Endhaltestelle des Busses zu gelangen. Die Endhaltestelle befand sich knappe zwei Kilometer in nördlicher Richtung. Der Bus fuhr durch Nebenstrassen, das würde ich locker schaffen, also fuhr ich los. Nach fast zwei Kilometern fand ich mich aber im Wald wieder und ich fuhr an einem Schild vorbei, welches das Ende von Berlin markierte. Da wurde ich etwas skeptisch. Als ich auf Googlemaps schaute, sah ich, dass ich nach Osten gefahren war, anstatt in den Norden und ich mich im brandenburgischen Wald befand. Zehn verschwendete Minuten. Ich verfahre mich nie. Nie. Ich ärgerte mich masslos.
Glücklicherweise gab es einen Pfad durch den Wald, wodurch ich die Strecke schneiden konnte. Ich fuhr immer gerade aus. Als ich nach fünf Minuten wieder Maps zu Rate zog, merkte ich, dass ich mich erneut verfahren hatte und mich nicht auf dem diagonalen Pfad befand, sondern nach Norden fuhr.

Irgendwann und mit einer halben Stunde Verspätung kam ich an der Endhaltestelle an. Dort stand ein Bus, der Pause machte. Ich schilderte dem Fahrer, ein älterer Herr, der wenige Jahre vor der Rente stand, mein Problem. Er schüttelte nur den Kopf und sagte, das müsse ein anderer Bus gewesen sein. Ich fragte ihn, ob es sinnvoll sei, auf die nächsten Busse zu warten. Er sagte, das könne schon sein. Er sagte auch, ich solle mir nicht allzu viel Hoffnung machen. Je nach Inhalt würden Taschen schnell verschwinden.
„Sie wissen ja“, sagte er, „wir sind nicht mehr alleine in diesem Land“.
Wir-sind-nicht-mehr-alleine-in-diesem-Land.
Ich dachte zuerst: Wie schön: Wir sind nicht mehr alleine. Wir haben Gesellschaft bekommen. Aber dann, ja dann, dann wusste ich es natürlich besser. Weil der Satz dermassen schön war, wusste ich einige Augenblicke nicht, was sagen und so schloss er wieder die Tür. Den Satz musste ich mir aber unbedingt aufschreiben.

Die Busfahrer nachher sagten keine schönen Sätze mehr. Sie waren noch schmallippiger und abweisender. Ich weiss nicht, ob es an mir lag. Mit Bart, schwarzen Haaren und Fahrrad fühlte ich mich ziemlich auffällig. Ausserdem quatschte ich fremde Busfahrer an. Uff, ich weiss nicht. Ich wollte immer positive Gefühle für den Osten hegen. Mein Eindruck ist aber, dass es immer schlimmer wird.

Am Ende gab einer der Fahrer eine Funkansage an seine Kollegen durch. Einer bestätigte, die Tasche bei sich zu haben. In zwanzig Minuten würde er die Endhaltestelle erreichen. Ich war erleichtert.

Dafür war das Brauen umso schöner. Es wurde ein richtig langer Tag. Ich stand viel herum, kippte Wasser in Töpfe um und schöpfte Malz. Gegen 22 Uhr gossen wir den Sud in die Gärfässer und beendeten den Tag mit einer Reisspeise und Salat. Ich war selten so müde. Auch die Hündin war müde. Üblicherweise verbringt sie einen grossen Teil des Tages ruhend. Heute war sie ständig aufmerksam und tobte im Garten herum.

Nach dem Essen bestellten wir uns ein Taxi.

Und ich vergass wieder meine Spitzbergen Tasche. Taschen gehören irgendwie nicht zu meiner Persönlichkeit.

[Mi, 24.4.2024 – Immer noch Schrank, Reise mit Vater, Billig-Hafermilch, Buchweizenbrot]

Weil der Schrank laut meiner Frau (und laut Wasserwaage) etwas schief hing, versuchte ich diesen geradezuhängen. Mit mässigem Erfolg. Ich brauche ein zweites Paar Hände. Am Wochenende, wenn meine Frau dieses Paar Hände zur Verfügung stellen kann, werde ich einen nächsten Anlauf versuchen.

Mein Vater rief mich an. Er ist dieses Wochenende in München und überlegt, einen Abstecher nach Berlin einzuplanen. Damit wäre er Dienstag, Mittwoch und Donnerstag hier. Da ich am Donnerstag und vielleicht auch am Mittwoch schon etwas vor habe, schoben wir mit den möglichen Besuchstagen ein wenig hin und her. Später kamen wir auf meine anvisierte Polarkreisreise am 21. Juni zu sprechen. Jetzt bot er sich an, mich auf dieser Reise zu begleiten. Der Gedanke gefällt mir gar nicht so schlecht. Ein bisschen Angst macht es mir trotzdem. Es wird eine lange Autofahrt werden, vermutlich werde ich ihn am Ende der Reise nicht mehr ertragen. Andererseits kann es eine schöne Erinnerung sein. Wir haben kaum Erinnerungen miteinander. Wer weiss, wie lange wir eine solche Reise noch unternehmen können.

Da ich die Sommerplanung und verschiedene Schwedenreisen ohnehin noch mit meiner Frau besprechen muss, beliessen wir es vorerst dabei, dass wir die Reise im Hinterkopf behalten. Wie sie dann aber genau aussieht, können wir zu einem späteren Zeitpunkt besprechen. Es ist ja erste Ende April. Er ist Rentner und ich bin Privatier, wir können eventuell auch sehr spontan agieren.

Dann verkaufte ich heute sämtliche Gegenstände auf Kleinanzeigen.de. Die Kommunikation mit Interessenten ist sehr zeitaufwändig. Alle haben Sonderwünsche und lesen Nachrichten nicht richtig.

Auch kaufte ich heute bei Rewe ein, statt bei Edeka. Wie ich neulich berichtete, liefert Bringmeister keine Edeka-Waren mehr und damit auch nicht die Billo-Hafermilch-Eigenmarke, die ich Unmengen konsumiere. Also testete ich die billige Hafermilch von Rewe. Damit könnte ich auf den Lieferdienst von Rewe ausweichen. Allerdings schmeckt jene Hafermilch, wie es der Preis vermuten lässt. Wässrig.
Ich weiss nicht, wie Edeka für so einen niedrigen Preis eine derart hochqualitative Hafermilch produzieren kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das querfinanziert ist. Vermutlich nehmen sie eine geringe Marge in Kauf. Was weiss ich.

Ah, und Brot:

Ich setzte heute einen Buchweizenteig an. Es wurde mir ein Reel auf Instagram in meine Timeline gespült. Dort sass ein unsympathischer Typ mit Baseballmütze an einem Mikrofon und erzählte, dass er Brot aus Buchweizen und ohne Hefe buk. Er beschrieb es und ich notierte mir folgende Schritte:

  1. 360g Buchweizen über Nacht (8 Stunden) einweichen
  2. Am nächsten Tag gut abseihen
  3. 120 ml Wasser und einen TL Salz hinzufügen
  4. Das Ganze pürieren
  5. Abdecken und 24h ziehen lassen
  6. Danach auf 180Grad eine Stunde backen.

Ich bin jetzt bei Schritt 2. Am morgigen Donnerstag mache ich weiter und am Freitag gibt es Buchweizenbrot.

Ich weiss nicht, warum dieses Rezept sofort meinen Tatendrang einheizte. Ein ähnliches Gefühl hatte ich bei dem 10-Minuten-Karottenkuchen. Mir ist schon bewusst, dass ich eine Schwäche für Minimalismus habe, dennoch habe ich den Mechanismus dahinter noch nicht ganz verstanden.

[Di, 23.4.2024 – Lieferschwierigkeiten, Schrankbau, Kabel]

Heute sollte Ikea das Bett und den Kleiderschrank liefern. Zwischen 7 und 14 Uhr. Ich stand den halben Tag Gewehr-bei-Fuss. Kurz vor 14 Uhr kam dann die Absage. Das Fahrzeug habe einen Schaden und müsse repariert werden. Die Lieferung werde jetzt auf den Freitag verschoben.
In der Zwischenzeit arbeitete ich 4 Stunden an den Aufbau des Küchenschrankes. Eigentlich ist das keine Tätigkeit für eine einzelne Person, weil man auf 2 Metern Höhe mit einem schweren Gewicht hantieren muss. Nach besagten vier Stunden war aber alles montiert. Gegen 5 Uhr kam meine Frau nach Hause und sagte: Das Ding hängt schief.

Eine Messung ergab, dass es tatsächlich schief hing. Nun bin ich damit etwas überfordert. Wie ich vor einigen Tagen schrieb, kann ich gut grobe Arbeit verrichten, mit Schönheit, worunter auch Genauigkeit fällt, tu ich mich allerdings schwer. Ich habe ein paar Ansätze, die ich verfolgen will. Vielleicht schaffe ich es morgen.

In der Zwischenzeit kam auch ein Herr von Kleinanzeigen.de, der für 10 Euro den Monitor abholte. Leider fand ich das dazugehörige Stromkabel nicht mehr. Ich suchte mehrmals mein Kabelzimmer leer. Ich konnte mir nicht vorstellen, wo das Teil sonst noch sein könnte, aber nach einer Weile gab ich auf. Da ein solches Kabel mindestens 20 Euro kosten würde, sagte ich ihm, er könne die 10 Euro behalten und soll sich das Kabel selber besorgen. Das schien ihm ein guter Deal und er zog davon.
Als er gerade einmal zehn Minuten weg war, fand ich das Stromkabel auf dem Küchentisch. Es lag schlichtweg auf dem Küchentisch. Ein sehr unwahrscheinlicher Ort für ein Kabel. Deswegen berichtete ich ihm von meinem Fund. Er wird morgen kommen, sich das Kabel holen und ich erhalte wieder meine zehn Euro. Das ist auch für mich ein guter Deal. Beide happy.

Und so vergehen gerade die Tage. Ich hatte mich auf ein Sabbatical eingestellt, aber stattdessen warte ich auf Ikea.

[Mo, 22.4.2024 – Verkauf, Oderberger]

Anfang der Woche kauften wir bei Ikea auch ein neues Schrankmodul. Wir hatten zuvor ja das falsche Modul gekauft. Heute baute ich das Möbelteil also auf und setzte es an die Stelle, an die es hingehört. Das alte Modul stellte ich auf Kleinanzeigen. Als Preis gab ich 20€ an. Ich dachte bei der Festlegung des Preises offenbar nicht viel nach. Weil das auch mir bewusst wurde, googelte ich nach dem Originalpreis des Möbelstücks. Bei Ikea kostet es 19,99.
Das fand ich lustig. Also änderte ich den Preis auf „zu verschenken“.

Und weil ich mich gerade im Verkaufmodus befand, bereitete ich gleich andere Dinge für den Verkauf vor. Einen Monitor ohne Standfuss, eine Dockingstation, zwei alte Rubberdome Tastaturen (die wollte aber niemand). Morgen oder in den nächsten Tagen werde ich auch das alte Bett, den alten Schrank, meine mobile Klimaanlage und vermutlich andere Dinge verkaufen. Falls jemand von den hier mitlesenden daran interessiert ist, gerne eine DM, ihr habt natürlich Vorverkaufsrecht zu Spezialkonditionen.

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Am Abend traf ich mich mit Frau Casino. Ich nahm auch die Hündin mit und wir setzten uns in die Manifest-Bar an der Oderberger. Zuerst hatten wir uns in einer anderen Bar verabredet, aber die hatte am Montag zu. Eine andere auch. Eine andere hatte am Montag ein besonderes Event. Montag ist in Berlin wie der Sonntag aufm Dorf.

Es wurde ein sehr langer und kurzweiliger Abend. Wir redeten über das Älterwerden und über die Bedeutung von Freunden. Das ist ein abendfüllendes Thema.

[The Zone of interest]

Wir gingen heute auch ins Kino. Zu „The Zone of interest“. Ich hatte ein wenig Angst vor dem Film, ich wollte ihn aber unbedingt im Kino sehen, weil er offenbar mit einer beeindruckenden Audiospur unterlegt ist. Wenn wir ins Kino gehen, dann will ich eigentlich nur noch ins UCI Luxe am Uber Platz an der Oberbaumbrücke. Oder in kleine Programmkinos. Aber lieber ins UCI Luxe, wegen der ultrabequemen und elektrisch verstellbaren Sitze. Wenn die Sitze voll ausgefahren sind, kann man darin faktisch liegen.

Nun. Der Film. Ich fand ihn ganz okay. Aber in seiner Gesamtheit war er doch eher enttäuschend. Ich finde die Tätersicht ja ungemein interessant. Vor allem im Hinblick auf die gegenwärtige Weltlage. Wie viele Menschen unbewusst wieder Täterrollen einnehmen und etwas Gutes darin sehen. In Russland, die Trumpisten, AfD-Wählerinnen, auf Social Media. Aber auch in den kleinen, alltäglichen Rassismen. Der Film lieferte für mich keine neue Erkenntnis. Dass das Böse unbewusst passiert und niemand sich als Böse betrachtet, sondern die meisten Menschen einfach nur ihre Rolle unter den vorgegebenen Bedingungen spielen, wusste ich vorher auch schon.

Auch taugt der Film nicht im aufklärerischen Sinne. Dafür ist er nicht mainstreamig genug. Er ist zu künstlerisch. Zu wenig unterhaltsam. Damit wirst du bestimmte Wählermilieus nicht erreichen. Damit ist es halt wieder ein Film für die ohnehin aufgeklärten Schichten.

Auch wenn ich den künstlerischen Aspekt des Filmes durchaus mochte. Diese zwingenden langen Szenen, in denen das Ehepaar Höss als Herrenrasse so etwas wie Glück aufrechtzuerhalten versucht. Und drumherum immer dieses leise entfernte Hundebellen, das Schreien. Ab und zu Schüsse. Auf den künstlerischen Aspekt will ich gar nicht eingehen. Aus dieser Perspektive ist es durchaus ein gelungener Film. Mehr aber auch nicht.

Man müsste einmal eine Geschichte verfilmen, die von einer charismatischen, sympathischen und auch gütigen Hauptfigur getragen wird, mit der sich das Publikum identifizieren kann. Eine Figur, die dann Stück für Stück immer bösere Dinge tut, dabei aber grundsympathisch bleibt und die Taten auch dermassen rechtfertigen kann, dass man sie selber auch tolertiert oder sogar unterstützen würde. Ohne moralischen Unterton. Eine Figur, die dich einlädt, alle ihre Taten bis zum Schluss gut zu finden. Wo man erst nach dem Film versteht, was da gerade passiert ist.