Kollegendinner im „Julius“ an der Gerichtsstrasse im Wedding. Ich hatte im Tagesspiegel über dieses Restaurant gelesen. Es war ein Interview mit dem Besitzer des Restaurants „Ernst“ direkt gegenüber. Ein junger Kanadier, der in Berlin deutsche Spitzenküche zubereitet. Das Gespräch war auf vielen verschiedenen Ebenen erkenntnisreich, weil es zum einen die „Fine Dining“-Szene beleuchtete, es thematisierte aber auch Deutschland und das Essen und Berlin überhaupt. Und was nicht funktioniere, und wie er auch auf einer bestimmten Weise nie akzeptiert wurde, aber auch, dass er so radikal innovativ eigentlich nur in Berlin sein konnte, weil man als kreativer Koch in Paris oder London immer in eine bestimmte Richtung gedrängt werde, in Berlin konnte man einfach radikal sein und sein eigenes Ding machen. Andererseits erreicht man in Berlin irgendwann ein Limit, über das man nicht mehr hinauswachsen könne. Ich glaube zu verstehen, was er damit meint.
Das „Ernst“ wird in diesem Jahr schliessen, dafür konzentriere er sich jetzt auf das „Julius“ direkt gegenüber, das sich eher als Casual Fine Dining definiert. Nachdem ich das Interview las, wollte ich unbedingt verstehen, was Casual Fine Dining bedeutet. Dafür bietet sich ein Dienstessen an. Ich hatte eine vage Vorstellung von Casual Fine Dining. Es war etwas weniger Casual als erwartet, aber verglichen mit anderen Lokalen wie beispielsweise das damalige „Reinstoff“ weniger theatralisch, wesentlich bodenständiger in der ganzen Aufmachung, was sich auch in den niedrigeren Preisen bemerkbar macht. Und natürlich die verringerte Vielfalt an Speisen. Während es im „Ernst“ zwischen 40 und 50 kleine Gänge gibt, sind es im Julius nur 9. Im Interview erklärte der Koch, dass es dieselben Produkte sind, nur mit weniger Handgriffen zubereitet.
Mit weniger Handgriffen zubereitet.
Solche Sätze erwecken eine unfassbare Neugier in mir.
Das Julius befindet sich in einem Plattenbau (West) an der Gerichtsstrasse im Wedding. Das Lokal hat nur etwa zehn Tische. In den Räumlichkeiten muss früher so etwas wie ein Waschsalon angesiedelt gewesen sein oder eine chemische Reinigung. Vielleicht ein Papierwarenladen. Auf zwei Seiten des Raumes befinden sich grosse Fenster. Draussen hängen auf nur wenigen Metern Entfernung Jugendliche aus dem Wedding herum. Sie sitzen auf den Pollern und quatschen. Sie scheinen sich nicht dafür zu interessieren, dass drinnen Schnösel wie wir sitzen, die für dreistellige Beträge Essen zu sich nehmen.
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Am Morgen hatte ich den Klempner bei mir in der Wohnung. Es gab ein paar Kleinigkeiten zu erledigen. Nachher quatschten wir noch eine ganze Weile. Er erzählte mir von seinem Herzinfarkt in 2017. Da war er ohne Vorwarnung und ohne Schmerzen in der Brust einfach am Steuer des Autos eingeknickt. Das geschah mitten auf der grossen Kreuzung vor der Jannowitzbrücke. Der Notarzt hatte ihn eigentlich schon aufgegeben, aber er hatte offensichtlich überlebt. Seitdem rauche er nicht mehr. Letztes Jahr passierte es ihm aber wieder. Glücklicherweise sass er dieses Mal nicht am Steuer. Aber mit dem Rauchen habe er deswegen nicht wieder begonnen. Das sei vorbei, das habe ihm sehr geschadet. Aber seltsam findet er das schon. Er trinkt kaum Alkohol, nur wenn er mal mit Kumpels angelt, da gibt es ab und zu Bier aus der Dose. Und er esse auch nicht viel Fleisch und fette Sachen. Es muss Veranlagung sein, glaubt er.
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Ich baute in den letzten Tagen die Technik meines Arbeitszimmers um. Über die Jahre hinweg wucherten Kabel zu einem staubfangenden Organismus heran, Kabelführungen brachen ab und blieben unerreichbar hinter einer Kommode stecken. Das Mauskabel, das sich schon seit Jahren irgendwo im Loch hinterm Schreibtisch verhängt hat und die Maus sich daher nur noch einen eingeschränkten Radius bewegen lässt. Aber ich gewöhne mich an alles.
Sicherlich, weil ich weiss, dass ich es irgendwann reparieren werde. In diesen Tagen war es so weit. Ich fasste jedes einzelne Kabel an, entstaubte es und verlegte es neu.
Ausserdem habe ich einen neuen Laptop. Es kostete mich zwei Tage, um ihn unter Linux ans Laufen zu bekommen. Ich bin wieder zurück zu den Basics. Ich betreibe wieder Debian und nicht das benutzerfreundliche Ubuntu. Als ich von Debian-Linux auf Ubuntu-Linux umstieg, wohnte ich noch in Hamburg. Das ist 16 Jahre her. Ich vergass, wie viel man bei Debian immer Hand anlegen muss. Ubuntu installiert sich fast von selbst und dauert eine halbe Stunde. Ich kann mich an die alten Debian Zeiten erinnern. Wenn ich mir einen neuen Computer anschaffte, nahm ich mir das ganze Wochenende dafür frei. Sechzehn Jahre später ist auch Debian einfacher geworden. Aber Audio funktioniert immer noch nicht. Deswegen hänge ich wieder in den Foren herum. Das ganze Internet ist voll von Leuten, die Lösungen für Computerprobleme beschreiben.
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