Am Freitag gegen Mittag fuhren wir nach Minden. Es war Frauenkampftag. Wir hatten nicht bedacht, dass die Stadt aufgrund zahlreicher Demos ziemlich verstopft sein würde. Wir brauchten fast anderthalb Stunden, um Berlin zu verlassen. Und auf der Autobahn gab es auch den erwartbaren Stau. Ob das mit dem langen Wochenende zu tun hatte oder schlicht mit dem Freitagnachmittag, kann ich nicht sagen. Die dreieinhalbstündige Fahrt dauerte jedenfalls wesentlich länger.
Je länger die Fahrt dauerte, desto unseriöser wurde die Musik. Irgendwann landeten wir bei Europe und Opus. Wir hörten „The Final Countdown“ und „Life is Live“. Meine Frau googelte alles, als bräuchten wir Sekundärliteratur. Joey Tempest wohnt mittlerweile in England und hat immer noch lange Haare. Allerdings keine Dauerwelle mehr. Ausserdem trägt er kein offenes Hemd auf einer blankrasierten Brust, sondern Rollkragen. Allerdings kleidet er sich noch in Lederjacken.
Opus hat nach „Life is Live“ wirklich nicht mehr viel gerissen. In Österreich veröffentlichten sie immerhin noch ein mehr oder weniger erfolgreiches Album. Mir wurde erst klar, wie belanglos der Text dieses Songs eigentlich ist. Die Titel ihrer anderen Lieder versprechen auch nichts gutes. „Faster and Faster“ „Up and Down“ und ich meine mich an ein „Over and Over“ zu erinnern, es taucht aber nicht in deren Wikipedia auf.
Auch U2 hörten wir. Als Jugendlicher hörte ich gerne „Where the streets have no name“. Das kann man sich immer noch gut anhören. Vor allem ist der Song wirklich schön orchestriert. Wie sich im Hintergrund die Instrumente phasenweise in den Vordergrund spielen und dann wieder Platz machen für ein anderes. Das ist ein schöner Effekt. Unerträglich finde ich nur Bonos Stimme. Dieses seltsame Rockerkrächzen. Der Song wäre so gut, würde er von einer sonoren Baritonstimme getragen. Ich frage mich, ob das seine Orgasmusstimme ist. Damals sangen viele Sänger so. Vielleicht machte man das damals so, um Stimme und Rocknroll zu sexualisieren. Dieses extatische Krächzen. Aber Bono war ja immer der unerträgliche Teil der Band. Wahrscheinlich war er allerdings auch derjenige, der massgeblich für die Bekanntheit der Band sorgte.
Am Samstag frühstückten wir lange mit unseren Freunden. Sie haben zwei Kinder, die sich die ganze Zeit mit unserer Hündin beschäftigten. Ich glaube, sie war abends noch nie so müde wie an jenem Samstag. Danach wanderten wir durch das Hiller Moor und später fuhren wir zum Kaiser Wilhelm Denkmal an der Porta Westfalica. Unter dem Denkmal gibt es eine Ausstellung über die Geschichte und Geologie der Porta Westfalica. Die Porta Westfalica ist Teil der letzten Falte der geologischen Verwerfung, die man Alpen nennt. Natürlich ist sie nicht Teil der Alpen, aber es ist eben die letzte Falte, die entstand, weil Afrika an Europa heranrückte.
Wenn man auf den Terrassen des Kaiserdenkmals steht, sieht man im Süden das hügelige Land, das sich irgendwann hunderte Kilometer weiter in die Alpen aufstauen wird und im Norden sieht man die flache, Norddeutsche Tiefebene. Ab da bleibt es flach bis nach Norwegen. Das alles so zu sehen, beeindruckte mich sehr.
Abends gab es Königsberger Klopse. Um 22 Uhr ging ich ins Gästezimmer, wo eine übermüdete Hündin auf uns wartete. Sie geht höchst selten alleine in ihr Bettchen. Aber der Samstag war ein solcher Tag.
Am Sonntagmittag fuhren wir wieder zurück. Unterwegs begann das Spiel gegen den FC St.Pauli. Ich wollte nicht den Livestream hören. Das brachte bisher immer Unglück. Ich bat meine Frau, den Ticker vorzulesen. Aber sie las nur Quatsch vor, erfand Spieler oder sagte, dass Manuel Neuer ein Tor schoss und solche Sachen. Nach dem 1:0 für St.Pauli bat ich sie, das Vorlesen einzustellen.