[Do, 6.7.2023 – Mierendorffplatz, Midlife]

Mit dem Kayakverkäufer auf Ebay schrieb ich ein paar Mails hin und her, eigentlich wollte ich es am Samstag mit dem Auto holen, aber dann beschloss ich kurzerhand mit dem Auto ins Büro zu fahren und am Abend weiter zum Verkäufer nach Charlottenburg.

Als ich zu ihm fuhr, fiel mir wieder einmal auf, wie viele Ecken der Stadt ich überhaupt nicht kenne, vor allem in Westberlin, diesmal der Kiez um den Mierendorrfplatz. Das ist eine richtig schöne Gegend. Etwas abgeschottet hinter Moabit, zwischen Schlosspark, Ring und Wasser, aber dennoch sehr urban. Ich komme da nie hin.

Schön auch: nur Hertha Sticker im Strassenbild.

Nun. Kayak also. Ich muss mir gerade von verschiedenen Seiten anhören, dass das alles sehr nach Midlifecrisis klingt. Pft. Vielleicht ist es Midlife. Aber sicherlich keine Crisis.

[Mi, 5.7.2023 – Holzmarkt, Cashonly, keine Boote auf der Spree]

Nach der Arbeit mit einem Exkollegen zum Holzmarkt gegangen. Auch wenn ich diesen seltsamen, hippen Erwachsenenspielplatz an den Sbahngleisen durchaus mag, ist der Ort doch sehr unauthentisch geblieben. Manchmal ist mir das aber egal. Heute regte ich mich aber darüber auf, dass man nur mit Bargeld zahlen kann. Ich sage zum Barmenschen auf englisch (weil ja alle englischsprachig):

„Man, we’re in Berlin und dann Cash Only.“

Er antwortete stolz: „Yes, BECAUSE it is Berlin““

Das irritierte mich. Jetzt kriegen wir auch noch die strukturkonservativen Hipster ab. Können die nicht ins Erzgebirge?

Ich wollte mich ans Wasser setzen, dort gibt es ein schönes Ufer mit verschachtelten Holzbänken zwischen kleinen Bäumen. Ich nahm das als Gelegenheit Kayaks zu zählen, die an uns vorbeiziehen würden. Am Ende des Abends kam ich auch die Zahl 0.

In Amsterdam sind die Kanäle immer voll mit Kanus, Ruderbooten und kleinen Motorbooten. Nach vier Stunden an der Spree sind vielleicht zehn Ausflugdampfer an uns vorbeigefahren.

Mein Exkollege sagte, dass es sicherlich verboten ist, auf der Spree zu rudern. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Am Ostkreuz gibt es einen Kanuverleih, da rudert man ja an der Spree.

Ein Blick ins Internet verrät: zwischen Oberbaumbrücke und Kanzleramt dürfen nur motorisierte Boote ab 15 PS fahren. Bleiben also immerhin die Kanäle und die Spree ab Mediaspree aufwärts.
Das hat man offenbar wegen der vielen Unfälle eingeführt.

Nun.

Mittlerweile habe ich einen anderen Verkäufer mit dem gleichen Kayak im Netz gefunden. Es sieht danach aus, dass ich das am Samstag kaufen werde.

[Di, 4.7.2023 – im Buchladen]

Im Alexa gewesen, im Thalia. Stephen King Bücher gesehen. Da ich neuerdings Thriller und Krimis lese, kann ich es ja auch wieder mit Horror versuchen. Ich habe von Stephen King den „Friedhof der Kuscheltiere“ gelesen, das ist zwar sehr lange her, aber ich kann mich an eine phantasievolle und schlüssige Geschichte erinnern, die mir ungemein gefallen hat. Viele Jahre später, vor etwa zwölf oder dreizehn Jahren, las ich meiner Frau aus „Es“ vor. Ich hatte das Buch auf dem Flohmarkt gefunden und ich schleuste es als Vorleseprojekt in unsere Beziehung ein. „Es“ ist wirklich sehr lang und die episch angelegte Geschichte baut sich nur langsam auf. Meine Frau schlief immer nach wenigen Minuten ein. Was wir damals lustig fanden. Ich kam aber nicht über Seite 400 hinaus, ich fand nie wirklich in die Geschichte hinein. Wenn ich in diesem Blog nach Stephen King suche, dann finde ich tatsächlich Unmengen an Einträgen aus jener Zeit. Ich wusste gar nicht, dass mich das so oft beschäftigte.

Ich fand auch die Liebesbriefe zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan. Auch das war ein Vorleseprojekt aus der Frühzeit der Beziehung zwischen meiner Frau und mir. Seltsamerweise finde ich dazu nichts im Blog. Vermutlich war es eine Periode in der ich weniger schrieb.
Wir lasen uns damals jeweils die Briefe vor, sie Ingeborg und ich Paul. Nebenher blätterten wir in deren Romanen, bzw Lyrikbänden auf die sie sich in den Briefen bezogen. First-Hand Sekundärliteratur sozusagen.
Das war schon sehr lustig. Bis wir herausfanden, dass sie Mitte zwanzig waren, als sie sich die Briefe schrieben. Das kam uns auf einmal mega kindisch vor und wir hörten sofort damit auf.

Aber zuzrück zu Stephen King. Sein letzter Roman, der mit den „Fairies“ im Titel, soll ja sehr gut sein. Aber dann googelte ich danach und las, dass es sich um Fantasy handelte, aber auf das Fantasy-Genre habe ich sehr wenig Lust. Zumindest jetzt, vielleicht entdecke ich ja auch Fantasy wieder, aber momentan kann ich damit überhaupt nichts anfangen.

Ich habe jetzt mit „Ein bisschen Leben“ von Hanya Yanagihara begonnen. Das Buch wurde mir von einer Freundin empfohlen. Und wenn man sich ein bisschen umschaut, dann hört man über dieses Buch viele euphorische „Ohs“ und „Uhs“ und „Wahnsinnig ergreifendes Buch“. Diese Ohs und Uhs, sind die Dinge, die ich begreifen will. Ähnlich wie die Verstörung bei Thrillern von neulich. Mal sehen. Das Buch hat fast tausend Seiten. Ich habe es als Papierbuch bekommen, ich hoffe es erschlägt mich nicht.

[Mo, 3.7.2023 – Muskelkater, Kayakkauf, Wasserhund]

Muskelkater in den Beinen. Das verstehe ich jetzt nicht. Die Beine sind das, was ich gestern am wenigsten beansprucht habe. Ich erwartete Muskelkater an Schultern und Oberarmen, da wo ich mehr Muskeln will, meine Beine sind vom jahrzehntelangen Radfahren bereits wie zwei junge Kälber, aber zwei Schweineschwarten als Schulter- und Oberarmpartie, das wäre schon cool. Offenbar rutscht bei mir immer alles in die Beine.

Ein bisschen schmerzt mir auch der untere Rücken. Das kann ich wiederum nachvollziehen, man sitzt in so einem Kayak eher unbequem. Also nicht dermassen unbequem, dass man es nicht ertragen würde, aber eben nie völlig entspannt.

Ich habe einen Faltkayak auf einem Kleinanzeigenportal gefunden. Es ist genau das Modell, das ich suche. Ich stehe mit dem Mann in Austausch, es befindet sich aber in einem anderen Bundesland. Er antwortet sehr langsam. Er weiss auch nicht, ob er es diese Woche auf die Post geben kann. Ich frage ihn, ob es realistisch ist, dass ich es bis Dienstag habe. Daraufhin antwortet er: wie willst du bezahlen?

Leute die Fragen mit falschen Fragen beantworten. Diesmal antwortete er immerhin schnell. Seitdem aber: wieder Funkstille.

Währenddessen betont meine Frau, dass unsere Hündin kein Wassertier mehr wird. Das sagte unsere Dogwalkerin auch. Während auf ihren Spaziergängen am See alle Hunde immer ins Wasser springen, bleibt unser Tier etwas uninteressiert am Ufer stehen.

Ich glaube ja, sie braucht nur einmal Zuversicht gewinnen. Ich meine zwei Fehler gemacht zu haben:

  • Letzten Sommer holte ich sie in Schweden von der Flusstreppe zu mir ins Wasser. Das war steil hinunter in kaltes, tiefes Wasser, auf meinen Armen. Das mochte sie überhaupt nicht.
  • Und zweitens waren wir letzten Winter ja auf Usedom, dort sind wir auf dem Strand immer vor dem herannahenden Wasser geflüchtet. Schliesslich hatte ich ja Schuhe an und wollte nicht nass werden.

Ich denke mal Wasser ist deswegen nicht so positiv besetzt. Ich möchte daher einmal mit ihr zusammen an einem flachen Ufer ins Wasser hineingehen. Nebeneinander, bis es immer tiefer wird und sie Zuversicht gewinnt.

Ja, ich weiss, man soll es nicht forcieren, aber ab 20 Plusgraden leidet sie, sie wird es schätzen. Ich habe sie vermutlich nur falsch sozialisiert.

[1./2.7.2023 – Hängender Samstag, Kayak, Spandau, Havel, Fahrraddemo]

Den Samstag über in der Wohnung rumgehangen. Ich hatte schlecht geschlafen und fühlte mich kraftlos. Nebenher lief der Livestream vom Bachmannpreis. Die Texte gefielen mir beide nicht so, obwohl einer davon (Laura Leupi), einen der Preise gewann. Ich fand den Text im ersten Anlauf zu proklamatorisch, wenig poetisch. Das Thema sexueller Missbrauch und das Patriarchat sind natürlich ein sehr wichtiges Thema, aber der Tonfall und die Sprache erinnerten mich zu stark an Streitschriften, die mein Umfeld und ich in den Neunzigern fabrizierten. Nun war Laura Leupis Text sicherlich besser und feiner, aber ich kam nie über diesen Vergleich hinaus. Ich habe mich aber auch nicht wirklich mit dem text beschäftigt.

Am Abend traf ich Freunde. Ich hatte das leichte Session IPA aus Schweden mitgebracht. Vom Alkohol wurde ich aber nur noch müder. Ich vertrage zur Zeit sehr wenig.

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Am Sonntag fuhr ich endlich Kayak. Wir waren in Eiswerder verabredet, das ist eine dieser vielen Inseln auf der Havel bei Spandau. Es wundert mich, dass das kulturelle Berlin, oder das Szene-Berlin oder das Berlin-Berlin oder wie auch immer man das nennen mag, sich nie auf diese Gegend ausgeweitet hat. Diese Landschaft aus teils verlassener Industrie und Wasser und Brücken und Brachen hat irgendwie alle Zutaten für das, was Berlin für mich früher immer ausmachte. Mittlerweile werden aber die ersten Wohnviertel hochgezogen und überall zeichnet sich Bautätigkeit ab, vermutlich landet die Gentrifizierung hier bevor sich die Szene überhaupt niederlassen konnte.

Kayaken fand ich übrigens super. Wir hatten stellenweise etwas viel Wind und jetzt habe ich leider einen Sonnenbrand. Sonnenbrand, das muss man sich einmal vorstellen. Die Sonne war nur zweimal kurz hinter den Wolken hervorgekommen, aber meine Schultern sind jetzt rot. Glücklicherweise trug ich ein Tanktop, da habe ich wenigstens nicht die ollen Tshirt-Demarkationslinien.
Zum Kayaken selbst fällt mir jetzt nichts gescheites ein. Es wären nur ein paar pathetische Gefühle darüber, wie ich über das Wasser gleite.

In Spandau kann man überall nur mit EC bezahlen. Nur zur Info. Nach dem dritten Restaurant, das unsere VISA-Karten nicht akzeptierte, beschlossen wir „in die Stadt“ zu fahren. Für mich gilt meist: bloss nicht nachgeben. Wenn sie merken, dass sie Einnahmen verlieren, überlegen sie es sich vielleicht. Das hat aber noch nie geholfen.

Auf dem Weg nach Hause geriet ich dann in die Fahrraddemo und blieb mit dem Auto anderthalb Stunden hängen. Gerade ich, der sich immer über den Autoverkehr aufregt. Ich kam allerdings noch bis zum Mühlendamm am Ostbahnhof. Dort liess ich es allerdings sein. Ich sah, dass die Demo noch mindestens 45 Minuten dauern würde. Also schaltete ich den Motor aus und hörte einen sehr interessanten Podcast aus der WRINT-Reihe. Ein Interview von einem Wessi mit einem Ossi mit der sehr pauschalen Frage zu, nunja: was ist da gerade in Ostdeutschland los?

[Fr, 30.6.2023 – Phantomschmerzen, Bachmannpreis]

Ich denke dauernd, meine Hündin sei da. Wenn ich am Schreibtisch sitze, liegt sie sonst immer bei meinen Füssen. Ich sitze deswegen schon immer verkrampft. Jetzt ist sie 1000km entfernt, aber ich sitze immer noch verkrampft.

Meine Frau schrieb mir, dass sie nach dem Aussteigen in Schweden in mein Schlafzimmer gerannt sei und mich suchte. Awww. Ich bekam rosane Luftblasen in meiner Brust.

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Bachmannpreis läuft wieder. Jacinta Nandi aus Neukölln ist dieses Jahr dabei. Mit der stand ich vor vielen Jahren einmal auf einer Lesebühne. Auch Andreas Stichmann ist dabei. Bereits zum zweiten Mal. Er wohnt mittlerweile in Berlin, das wusste ich nicht. Von ihm habe ich damals das Buch „Jackie in Silber“ gelesen. Das war so ein Text bei dem ich ständig meiner Frau irgendwelche Sätze vorlas und sagte: was für ein Satz.

Ein paar Tage später fand ich einen Text über ihn, in dem darauf hingewiesen wurde, dass Andreas Stichmann ständig Sätze schreibt die man sich einrahmen will. Ich fühlte mich ziemlich ausgetrickst.

[Do, 29.6.2023 – Kajak, Wasser undsoweiter]

Da Schwager und Frau um 7 Uhr losfahren wollten, ging ich mit der Hündin um sechs aus dem Haus und machte sie rennen. Üblicherweise werfe ich keine Stöckchen, da ich den Jagdtrieb nicht zu sehr unterstützen möchte, da sie aber vor einer elfstündigen Reise stand, machte ich eine Ausnahme. Entsprechend ausgepowert stieg sie nachher ins Auto. Dann fuhren sie alle los.

Habe sie sofort vermisst.

Am Sonntag werde ich Kajakfahren und Standuppaddeln. Ich möchte nämlich Wassersport betreiben, weiss aber noch nicht so recht, wie sich diese Wassergeräte anfühlen. Vor vielen Jahren fuhr ich ein paar Mal mit dem Kanu, einem sogenannten Kanadier, über die Mecklenburgische Seeenplatte und fand das unfassbar toll. Da sich meine Frau aber wenig aus Wassersport macht und ich kaum Menschen in meinem Umfeld habe, die sich dafür interessierten, habe ich das Thema nie sehr stark verfolgt.

Seit einigen Jahren würde ich aber gerne in Schweden mit einem Kajak fahren. Gleich unter dem Haus schlängelt sich ein tiefer Fluss durch die Landschaft und in der unmittelbaren Umgebung befinden sich viele Seeen. Wir haben in Schweden ein altes Ruderboot, aber nach ein paar Jahren störte mich die Unflexibilität mit so einem Boot auf dem Fluss. Der Fluss ist zwar tief, aber nicht besonders breit. Und dieser Frust, gerne auf dem Wasser zu sein, mich aber nur mit diesem klobigen Ruderboot fortbewegen zu können, entfachte den Wunsch nach einem kleinen Kahn jedes Jahr aufs Neue.
Ausserdem stelle ich es mir sehr unterhaltsam vor, auf der Spree und in den Kanälen zu schippern, vor allem jetzt, wo ich eine Hündin habe, die genetisch sogar ein Wasserhund ist.

Nun stellt sich heraus, dass ein Kollege ein sehr erfahrener Kajakmensch ist, der mir alles über Falt-Kajake sagen kann.
Ich stehe also kurz davor, mir ein Falt-Kajak zu kaufen. Aber bevor ich einen höheren dreistelligen Betrag ausgebe, will ich natürlich wissen, ob das auch wirklich meinen romantischen Vorstellungen entspricht. Am Sonntag werde ich also auf der Havel in die Welt des Wassersports eingeführt. Ich freue mich schon seit Wochen. Ich werde ein Kajak probieren und ein Standuppaddel.

Heute ging ich zu Decathlon, um mich umzusehen, Kajake anschauen, mich über Geräte zu informieren. Am Ende kaufte ich mir eine Schwimmweste. Das sollte ich bei meiner Freude über Wassersport nicht ganz unerwähnt lassen: ich kann nicht gut schwimmen.

[Mi, 28.6.2023 – dezente Freude, Exfreundin des Exkollegen, Schwager, Chili, Luxemburg]

Meine Exfreundin hatte gestern Geburtstag. Ich vergass zu gratulieren und holte dies heute nach. Sie zeigte dezente Freude. Es gibt Menschen, denen ist es eher egal, wenn man den Geburtstag vergisst und es gibt Menschen, denen ist das ziemlich ünerhaupt nicht egal. Sagen wir so: meine Exfreundin gehört nicht zur ersten Kategorie. Aber wie gesagt, sie zeigte dezente Freude.

Apropos Exfreundinnen. Gestern traf ich die Exfreundin eines Exkollegen aus Madrid. Sie arbeitet und lebt mittlerweile in Berlin. Wir gingen in diese neue Foodcourt mit dem umwerfenden Namen „The Playce“ in den ehemaligen Potsdamer Platz Arkaden. Obwohl wir uns vor zwanzig Jahren nur zweimal gesehen hatten, war es ein sehr kurzweiliges Treffen. Die zwei Treffen vor zwanzig Jahren waren aber auch schon kurzweilig.

Am Abend kam der Schwager. Er ist auf Durchfahrt nach Schweden und wird meine Frau und die Hündin mitnehmen. Wir essen ein Chili, das schon seit drei Tagen im Kühlschrank zieht. Es schmeckt so wie Chili schmecken muss. Ausser man spricht mit Texanerinnen. Für Menschen aus Texas gehören ja keine Tomaten ins Chili, sondern nur Fleisch und Chilischoten, auch keine Bohnen, wenn ich mich richtig erinnere, aber da sind wir wieder bei den Kulturkriegen der Küchen, wer hats erfunden, wer hats nur angepasst, ich könnte das jetzt in Wikipedia aufschlagen, aber momentan interessiert es mich nicht. Dafür habe ich gestern alles über Luxemburg gelesen. Ich wusste ja gar nicht, dass es Luxemburg erst seit 1890 als wirklich selbstständige Einheit gibt bzw. erst dann ein Staat geworden ist. Natürlich vermutete ich, dass es eine politische Einheit innerhalb des damaligen heiligen römischen Reiches gewesen ist, aber es hing faktisch bis 1890 unter der niederländischen Krone. Das fand ich erstaunlich, weil ich Luxemburg heute doch als ziemlich eigenständig empfinde. Aber so ist das mit den nationalen Erzählungen. Es kann ziemlich schnell gehen. In den Fünfzigern empfanden sich mehr als 90% der Österreicherinnen als Deutsch. Heute empfinden sie sich österreichisch.

[Di, 27.6.2023 – Tiefsee]

Als neulich dieses private Uboot zur Titanic verschwand, las ich alles über Uboote die sich auf dem Weg zum Meeresgrund machten. Nachdem ich nun Wikipedia leergelesen habe, weiss ich jetzt alles über Tiefseeboote. Das Erstaunliche daran: Es gab 6 Expeditionen bis zum tiefsten Punkt der Erde, Mariannengraben, Challengertief.

1960: der erste Tauchgang mit einem privaten Uboot, der Trieste
2012: der zweite Tauchgang. 52 fucking Jahre später
2019: ganze vier Tauchgänge innerhalb weniger Wochen mit einem Uboot namens „Limiting Factor“. Auch schöner Name

Der Rhythmus dieser Tiefseetauchgänge macht mich fertig.

Und das liegt alles wesentlich tiefer als das Wrack der Titanic. 1960 konnten die das schon, das muss man sich mal vorstellen. Damals hiess Twix noch nichtmal Raider.

Apropos Tiefsee. Es gibt diese wunderschöne Seite, auf der man sich in die Tiefsee hinabscrollen kann.

https://neal.fun/deep-sea/

[25./26.6.2023 – Wohnungsbesuch, Gewitterzelle]

Landratte. AFD. Thüringen. So hätte ich die Schlagzeile gerne gelesen. Aber lustig ist es nicht. Weder der Witz, noch die Schlagzeile, in echt sowie unecht.

Am Sonntagnachmittag besuchten wir die Nachbarn im Nachbarhaus. Das war so besprochen, damit unsere Hündin die Wohnung kennt und ab und zu mal dort ein paar Stündchen bleiben kann. Die Nachbarn gehen ab und zu mit ihr Gassi, es ist daher durchaus praktisch, dass sie die Wohnung kennt.

Sie fand sich sofort zurecht.

Montag:
Kurz nach vier wurde der Himmel dunkel. Ich schaute auf die Regenradar App und sah diese Gewitterzelle aus südwesten kommen. Wenn ich schnell losführe, würde ich der Gewitterfront vorausfahren und käme trocken zuhause an. Also zögerte ich nicht lange und schwang mich aufs Fahrrad. Ich kam mir sehr clever vor.

Aber ich muss etwas falsch interpretiert haben, denn schon nach wenigen Minuten fielen die ersten Tropfen, und nach 5 Minuten hämmerte der Regen auf das Pflaster auf. Neben dem Ubahnhof Spittelmarkt suchte ich eine trockene Stelle unter einem Balkon des Cocacola Hauses auf, dort schaute ich nochmal auf die Regenradar-App und sah, dass ich den Intervall wieder auf 5 Minuten gestellt hatte, statt auf 15 Minuten. Dort sah ich dann, dass das Gewitter etwa eine Stunde dauern wird. Als der Regen immer stärker wurde und sich die ersten Blitze entluden, stieg ich in den Ubahnhof hinunter, wo sich dutzende weitere Menschen aufhielten.

Nach 40 Minuten liess der Regen etwas nach und ich unternahm einen Versuch weiterzufahren, aber sobald ich das Schloss geöffnet hatte, plätschterte es wieder lauter, also setzten ich mich wieder unter einen der Balkons. Neben mir auf der Fensterbank sassen zwei russischsprechende Jugendliche, vermutlich aus den Platten von der Leipziger. Sie hatten diese coolen, kleinen Fahrräder mit den dicken Reifen. Sie spielten beide Games auf den Telefonen und würdigten mich keines Blickes.

Es dauerte ziemlich genau eine Stunde, bis ich auf das Fahrrad steigen konnte. Wie die App es vorausgesagt hatte.