Am Freitag kamen meine Schwiegereltern. Dann assen wir und tranken wir. Danach fiel ich ins Bett.
Am Samstag ging ich zum Spiel gegen Paderborn ins Olympiastadion. Ich hatte drei Karten für den Sohn eines Freundes und seine zwei Kumpels besorgt. Also nahm ich sie mit in die Ostkurve. Wir vier waren die ersten, die bei uns unten im Block standen. Es sind Herbstferien, viele Menschen sind verreist, dann ist auch nur der SC Paderborn zu Gast, ausserdem ist am kommenden Mittwoch das weitaus aufregendere Pokalspiel gegen Mainz. Es dauerte eine Weile, bis wir nicht mehr alleine waren.
Wir gewannen 3:1. Der Sieg war zwar verdient, aber auch eher glücklich. Danach wurde die Mannschaft in der Kurve gefeiert. An einen Aufstieg am Ende der Saison mag ich aber eher nicht glauben.
Nach dem Spiel traf ich jemanden der Mitglied in unserem Fanclub werden wollte. Da wir mittlerweile so gross sind, trifft sich jemand aus dem Vorstand immer persönlich mit aufzunehmenden Mitgliedern. Dies um zu verhindern, dass man es mit Arschlöchern zu tun hat. Er war dann kein Arschloch, aber später schickte er mir Altherrenwitze per WhatsApp. Es ist kein gutes Zeichen, wenn man von einem eher fremden Meschen Altherrenwitze geschickt bekommt. Das macht nichtmal mehr mein Vater bei mir. Jetzt diskutieren wir das Thema intern.
Am Abend brannte mir der Hals. Ich weiss nicht, ob das vom Singen im Stadion kam, oder ob es Rachenschmerzen sind. Ich hatte bereits die Nacht davor ein Jucken im Halsbereich.
Die Gesänge im Stadion liegen immer in einer für mich unglücklichen Tonlage, sodass ich eher krächze, oder mindestens angestrengd singe. Fast immer sind die Lieder ein paar Terzen zu hoch. Damals im Chor erging es mir oft ähnlich wenn ich bei den Tenören mitsingen musste. Ich sang ja lieber Bass, aber Bässe gab es immer genug, in Chören gibt es immer einen Tenormangel, ich weiss nicht warum das so ist, aber googelt mal Tenormangel, das ist offenbar ein Ding. Dummerweise eignet sich meine Stimme auch als Tenor, zumindest wenn die Tonlage nicht zu hoch ausfällt. Deshalb schickte mich der Chorleiter immer zu den Tenören. Ich mochte das nicht, mich strengen die hohen Töne sehr an, vor allem wenn wir Schumann sangen, ich hasste Schumann, immer zu hoch, immer schmerzte mir danach der Hals.
Die Vorsänger bei den Ultras sind vermutlich Tenöre.
Am Sonntag ging es meinem Hals wieder besser. Irgendwann gingen wir alle spazieren und dann war abend, dann kochten wir etwas und dann war der Tag vorbei.
Ich schaffte es die ganzen letzten drei Tage nicht, einen Tagebucheintrag zu verfassen. Es gäbe vieles zu berichten, aber wenn die Tage länger zurückliegen, dann verwässern die Ereignisse immer. Das gute am täglichen Schreiben ist ja, das Geschehene auf ein kleines Podest zu stellen und es zu betrachten. Nach ein paar Tagen verschwinden die kleinen Details des Tages und es bleiben nur die wichtigen Geschichten oder der grobere Überblick übrig.
Beim Betrachten der kleinen täglichen Details schaffe ich oft erst sie richtig zu verarbeiten. Das ist ein sehr seltsamer Prozess. Man beschreibt etwas und merkt erst die Stimmigkeit oder die Unstimmigkeit dahinter, merkt, wie oberflächlich man die Szene erlebt hat, oder man versteht erst beim Beschreiben warum einen etwas so sehr bewegt. Dieser Zwang es anzusehen. Überhaupt: durch den Schreibprozess lerne ich immer viel über mich als Person.
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich die Zeitumstellung liebe? Ich liebe nämlich die Zeitumstellung.