[Donnerstag, 20.5.2021]

Ich hatte ursprünglich über Doctolib einen Impftermin für Ende Juni ergattert. Dabei hatte ich vermutlich schlichtweg Glück. Ich checkte drei oder vier Mal pro Tag auf dem Portal nach freien Terminen. Ich war aber nie erfolgreich und war auch nie besonders hoffnungsvoll. Aber drei oder vier Mal pro Tag die Seite aufrufen, das kann ja nicht schaden.
Einmal, kurz vor Mitternacht, als ich gerade schlafen gehen wollte, klickte ich zum Abschluss des Tages nochmal auf jene Seite und auf einmal gab es mehrere freie Termine im Impfzentrum Tegel. Das war eine so ungewohnte Ansicht, dass ich zuerst dachte, die Seite hätte einen Bug.

Ende Juni würde der Termin sein, vor ein paar Wochen klang das noch nach „ewig hin“, aber es ist immerhin ein Termin am Horizont. Darüber war ich sehr erfreut.

Gestern saß ich dann in einem Call mit einem externen Dienstleister. Fünf Menschen vor mir auf dem Bildschirm, mit denen ich eine Dienstleistung aushandelte.
Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich seit einigen Wochen bei einem Arzt auf der Impfliste stehe. Man sagte mir, das könne noch Wochen oder Monate dauern, es kann sich aber auch ganz plötzlich ein Termin auftun, da müsste ich dann sehr flexibel und schnell sein.

Seitdem habe ich das Telefon im Blick. Und nehme jeden Anruf entgegen. Vor allem wenn eine mir unbekannte Nummer auf dem Display aufscheint. Normalerweise ist mein Telefon lautlos, Anrufe verpasse ich so gut wie immer.
Seit ich ein Impfkandidat bin, habe ich das Telefon entstummt, eine auffällige Klingelmelodie eiungestellt und es steht angelehnt und aufrecht neben meinem Monitor.
Als ich also mit den fünf Herren eine Dienstleistung aushandelte, leuchtete mein Telefon auf, es begann zu vibrieren und die ersten Takte einer elektronischen Version von Bachs Fuge in D Moll sprang in den Lautsprechern an. Auf dem Display prangte eine Berliner Festnetznummer. Ich sagte den Dienstleistern I-need-to-take-this-call, mutete mich und nahm den Anruf an. Es war eine Praxis, die mir kurzfristig einen Termin anbot. Ich sah, wie die fünf Dienstleister mich am Monitor etwas ungläubig anstarrten.
Ich schrieb mir alles schnell auf einen Zettel, dabei war ich offenbar so aufgeregt, dass ich mir einige Angaben falsch notierte. zB den Tag. Das verstand ich aber erst im Nachhinein, als ich merkte, dass der Wochentag nicht mit dem Datum übereinstimmte. Ich konnte es glücklicherweise klären. Am Freitag also. 11:30 Uhr.

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Am Abend traf ich Frau Modeste am Hackeschen Markt für einen Spaziergang. Wir machten eine weite Runde durch das Scheunenviertel. Vor dem Neptunbrunnen am roten Rathaus setzen wir uns auf eine Bank. Es ist erstaunlich, wie lange hier überall Baustelle war. Sicherlich zehn Jahre lang. Jetzt wo die Schotten weg sind, ist wieder diese Weite da. Wie sehr man sich an die Baustelle gewöhnt hatte. Ich bin schon einmal mit der neuen Ubahn gefahren. Eigentlich müsste man an den einzelnen Stationen aussteigen, die Tageszeitungen haben immer wieder Fotos der Innenarchitektur gezeigt, das sah schon gut aus. Auch wenn ich mich mehr über neue und effiziente Ubahnlinien freuen würde als über einzelne super designte. Da bin ich ganz deutsch geworden. Ich werde mir die Bahnhöfe sicherlich ansehen, wenn die Pandemie vorbei ist.

Wir reden über Deutschland. Ich bin in letzter Zeit so deutschlandmüde geworden. Als ich in dieses Land zog, brach gerade das letzte Schröder/Fischer Jahr an und ich hatte damals das Gefühl in ein progressives Land zu ziehen. Ja, man kann auch jene Regierung kritisieren, aber das ist mit allen Regierungen so und mir geht es auch weniger um Details, oder um falsche Entscheidungen, sondern um den allgemeinen Kurs des Schiffes. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass Deutschland bei allen progressiven Themen immer das letzte Land ist, sei es bei der Lust auf neue Technologien, beim Umdenken in Richtung klimafreundlicher Politik, beim Verkehr, beim Vorangehen mit einer europäischen Idee, bei sozialprogressiven Themen wie die Ehe für alle, usw. für mich fühlt es sich an, wie ein sechzehnjähriger Cocon, in der man zwar versucht hat, irgendwie im Zeitgeist nicht ganz den Faden zu verlieren, aber eigentlich ging es immer nur darum, einen Status Quo zu verwalten. Ich weiss nicht, wie es weitergehen wird. Sicherlich würde ich mich über eine Kanzlerin Baerbock freuen, ich weiss aber nicht, ob man in diesem Land kurzfristig wirklich progressiv sein kann. Vor allem, weil die Grünen im Kern ja auch eine Partei mit einem konservativen Geist geworden sind. Und eine Koalition mit Laschet, ohgott, will ich mir gar nicht vorstellen.

[Freitag, 21.5.2021]

Heute also Impftermin. Ich schlief schlecht vor Aufregung. Ich hatte Hetzträume, dass ich den Termin verpassen würde. Die Dame am Telefon hatte mehrmals betont, wie wichtig es beim ersten Termin sei, diesen wahrzunehmen und pünktlich zu sein.

Ich stand dann anderthalb Stunden zu früh in Friedenau vor der Praxis. Hätte ich nicht den Bahnhof verpasst und deswegen eine Station zurückfahren müssen, dann wäre ich sogar 15 Minuten früher da gewesen.

Friedenau ist sehr schön. Ich kann nachvollziehen, warum hier die großbürgerlichen Nachkriegsliteraten wohnen wollten und nachdem sie hier lebten, nur noch großkünstlerischen Schund fabrizierten. Künstlerischer Status, alles atmet hier künstlerischen Status aus.

Hier kriege ich meinen Shot. Das Ausziehen und das wieder Anziehen dauert länger als der Pieks.

Vor der Impfung muss ich mich entscheiden, ob ich nach der Impfung sofort gehen, oder noch 15 Minuten in der Praxis verweilen will, falls eine allergische Reaktion auftritt. Wenn ich direkt gehen will, dann muss ich einen Zettel unterschreiben, dass ich das freiwillig mache und mir der Risiken bewusst bin. Ich sage natürlich, dass ich keine Angst habe, frage dennoch, was denn geschehen kann. Die Ärztin erklärt mir, was bei einem allergischen Schock passiert.
Nach der Impfung setze ich mich dann für 15 Minuten in den Warteraum. Ich hasse mich, wenn hypochondrische Züge zeige. Im Wartezimmer sitzen viele Menschen, ich versuche es so aussehen zu lassen, als würde ich auf einen weiteren Termin warten und schaue betont gelangweilt auf mein Telefon.

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Nach dem Impftermin fahre ich in die Firma für einen Termin, aber danach fahre ich nach Hause und verbringen den Rest des Tages im Homeoffice.
Ich habe mir vor etwa einem Jahr in den Kopf gesetzt, eine Karte der Arktis für den Hintergrund in meinem Arbeitszimmer anzufertigen. Für Videomeetings, wenn ich zuhause sitze. Das stellte ich mir toll vor, eine überdimensionierte Karte der Arktis. Einige Monate später liess ich sie produzieren, aber das Ergebnis war eher enttäuschend aufgrund der blassen Farben, vor allem aber die Dimension. Die Karte lies sich nur auf 90cm vergrößern und sieht jetzt ein bisschen piepelig aus, wie man auf dem Foto unschwer erkennen kann.

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Aber ich habe ja noch den Eisbären.

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Am Abend ruft mich die größere der beiden Schwestern an. Wir haben eine sehr innige Verbindung, aber wir hören uns seit einigen Jahren so gut wie nie. Sie ist beruflich sehr eingespannt und hat auch sonst ein sehr durchgetaktetes Leben. Heute sehe ich ihre Nummer auf dem Dispay. Ich nehme sofort ab. Sie sagt mir: sie hat ungefähr drei Mal pro Jahr Zeit für sich selbst und jedes Mal wenn das der Fall ist, dann denkt sie, sie muss jetzt endlich ihren Bruder anrufen. Heute ist so ein Tag. Und in der Tat. Wir telefonieren zwei oder drei Mal pro Jahr.

[Samstag, 22.5.2021]

Wir waren wieder auf dem Friedhof spazieren. Das klingt jetzt sehr nach Reaktivierung eines Goth-Kults aus unserer Jugend. Aber das ist natürlich nicht so. Es ist einfach ein sehr angenehm ruhiger und verwilderter Ort. Es ist schön, sich da aufzuhalten. Ein bisschen wie ein Wald. Das Nächste an einem Wald.

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Es ist das letzte Spiel der Saison. Das letzte Spiel einer grauenhaften Saison. Eine Saison, in der bei Hertha allerdings einige Weichen gestellt wurden, die Lust auf die Zukunft machen. Wenn wir dann im Herbst wieder ins Stadion können, wird das ein Fest.

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Wir verbringen eine lange Zeit auf dem Balkon, reden über viele Dinge. Es ist noch ein bisschen zu kühl, um im Hemd draussen zu sitzen. Aber mit einer dünnen, übergeworfenen Decke, geht es.

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Kurz vor dem Schlafengehen unterhalten wir uns über den ESC. Heute ist das Finale. Ich habe den ESC ein paar Mal geschaut, fand das ganz nett, ein bisschen zu lange vielleicht und ein bisschen viel Belanglosigkeit, aber trotzdem ganz nett.
Seit ich den ESC aber einmal in Begleitung mit mehreren Menschen schaute, hat mich das Lästern der Leute total runtergezogen. Dieses Rudellästern über Outfits, über Geschmack. Dieser ganze Habitus, es erstaunt mich nicht, dass der ESC auch auf Twitter so gut funktioniert, ablästern, ausgrenzen, abfeiern der eigenen Blase.

Aber die Anziehungskraft der Auszählung zum Schluss. Dem kann man sich schwer entziehen. Es ist immer auch ein Kontest der Völkerpopularität. Deutschland und UK, aber lustigerweise auch Frankreich, rangieren hier meist auf den untersten Plätzen. Wir sind schon bettgehfertig, rufen dann aber doch Mal den Livestream der ARD auf, um zu schauen ob etwas passiert ist. Die Auszählung beginnt gleich. Wir hängen noch anderthalb Stunden am Display.

[Sonntag, 23.5.2021, Pfingstsonntag]

Gestern wollte ich mal die Reichweite von Instagram probieren und postete ein Foto von meinem Pieks mit Link auf den Blogpost mit dem Pieks. Aber dann stellte ich fest: man kann bei Instagram keine Links posten. Das liess mich einigermaßen fassunglos zurück.
Man-kann-auf-Insta-keine-Links-posten. 😐
Ich benutze Instagram ja nur so mäßig, ich finde es in der Handhabe ziemlich undynamisch, man kann keine Bilder in andere Apps teilen, man kann keine Stories liken, man bekommt keine Likes von Dritten zu sehen, es ist nur diese Starre Anzeige von Bildern. Es wundert mich, weil es ja ständig Updates für die App gibt, die Haptik von Insta aber immer noch so ist, als befände sie sich seit Jahren in einer Beta-Version. Die Updates enthalten also wohl nur Filter für Fotos und Trackingmechanismen die mehr über unserer Vorlieben in Erfahrung bringen sollen.

Meine Vorlieben. Wenn sie bei Insta meine Vorlieben kennen, bekommen sie Angst.

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Und sonst habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Yoga gemacht. Meine Frau meinte schon lange, ich solle das mal probieren, auch auf die Gefahr hin, dass ich eine Obsession dafür entwickle, aber Yoga passt für mich nicht in mein ästhtetisches Lebenkonzept. Zwar finde ich es gut, wenn Menschen sich auf positive Art mit ihren Körpern beschäftigen und Inneres Gleichgewicht suchen, das kann alles nur gut sein, aber das ist für mich alles zu sehr Grünwählerinnenästhetik, auch wenn ich selbst eher Grünwählerin bin, aber diese Ästhetik, die sich aus Woodstock und Birkenstock speist, finde ich ziemlich unansehnlich. Dazu zähle ich Yogamatten. Und wie man sich auf Yogamatten bewegt.

Ich habe dann doch Yoga gemacht. Einfach, weil ich neugierig war. Ich fand es so halb. Glücklicherweise. Ich will mir gar nicht vorstellen, was los wäre, wenn es mir gefallen hätte.

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Und sonst war es ein sehr ruhiger Tag. Wir waren im westlichen Teil des Volksparks im Friedrichshain, dort beim See und dem Cafe Schönbrunn. Wir saßen auf einer Bank und redeten über die Dinge. Es war viel los, aber nicht überfüllt in dem Sinne, dass es der Pandemie unangemessen wäre. Es spielten Bands. Eine zaghafte Sonne schien uns ins Gesicht.

[Montag, 24.5.2021 – Pfingstmontag]

Pfingstmontag. Ich weiss nicht, warum ich das hinschreibe. Vielleicht um mal etwas anderes im Datum stehen zu haben als immer nur das Datum. Dabei weiss ich gar nicht genau, was Pfingsten ist und warum Pfingsten aus zwei Tagen besteht. Da ich ein ehrfürchtiger katholischer Knabe war, weiss ich natürlich, dass Pfingsten mit dem heiligen Geist zu tun hat, und dass das ein Vogel war, eine Taube, um genauer zu sein, zumindest habe ich den Vogel so in Erinnerung und es regnete Feuer vom Himmel, oder Blut, oder beides. Oder es wird Feuerblut regnen, ich bin mir nicht sicher, ob es schon geschehen ist, oder ob es etwas ist, worauf man noch wartet.

Ich könnte das jetzt Googlen, aber jetzt wo ich weiss, dass ich es nicht weiss, gefällt es mir, es nicht zu wissen. Dass mich Pfingsten 46 Jahre lang nicht interessiert hat, beeindruckt mich jetzt doch ein wenig. Leider ist meine Neugierde geweckt. Ich warte, bis Pfingsten vorüber ist und dann werde ich mich mal aufschlauen. Nächstes Jahr wenn ich darüber blogge, kann ich dann ein bisschen mansplainen.

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Seit der Impfung schlafe ich mindestens acht Stunden durch. Nur falls jemand nach den Nebenwirkungen fragt.

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Heute haben wir eine Art Osterputz gemacht. OK. Jetzt wo ich das eben hingeschrieben habe, fällt mir auf wie lustig das ist. Osterputz zu Pfingsten.

Jedenfalls stiess ich dabei wiedermal auf die alten CD’s. Ich weiss nicht, was ich mit all den alten CD’s machen soll. Lustigerweise rufen sie immer positive Gefühle hervor wenn ich die Covers sehe. Nicht nur die Musik, tatsächlich auch die Covers.
Weil ich über keinen CD-Spieler mehr verfüge, begann ich einmal, die mir wichtigen CD’s zu rippen um sie als MP3 zu besitzen. Dafür kaufte ich einen externen DVD/CD-Player. Als ich mit dem Rippen begann, sah ich allerdings, dass alles, was ich rippen wollte, genau so gut online aufzurufen war. Über Spotify, über Youtube. Eigentlich alles, was ich besitze. Bis auf einige wenige Liveaufnahmen von Bach und italienischen Punkbands und mehrere Livekonzerte der Einstuerzende Neubauten.
Als ich sah, dass ich praktisch alles auch immer online abrufen kann, hat mich das schon etwas demotiviert. Deshalb hörte ich auf.

Heute stieß ich wieder auf die ganzen CD’s. Ich werde sie jetzt mal nach drei Kriterien sortieren. Nach:
1) bedeutet mir als physische CD etwas
2) gibt es online kann ich weggeben
3) gibt es online, will niemand mehr

Der Großteil wird Nummer 2 sein. Aber was macht man mit CD’s? Ich bezweifle, dass es noch wirkliches Interesse für CD’s gibt, anders als mit Vinylplatten, für die es einen großen Liebhaberinnenmarkt gibt. Es gibt tatsächlich Seiten, die CD’s aufkaufen. Momox oder Rebuy. Das klingt aber alles sehr nach Kilopreis. Andererseits, warum nicht.

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Am Abend in der Küche hören wir Amy MacDonald. Sie hat ja so viel abgenommen. Ich finde, das steht ihr nicht so gut, aber meine Meinung dazu wird sie eher wenig interessieren.

Ihre neuere Musik macht uns gute Laune. Mit zunehmendem Alter wird ihre Musik prolliger, fast schon in Richtung Stadionrock. Das muss nicht unbedingt etwas schlechtes sein. Während wir da so in der Küche stehen, übermannt uns das Gefühl, mit Cowboystiefeln in einem Cabrio auf der Route 66 zu sitzen und das T-Shirt in die Luft zu wirbeln.

[Dienstag, 25.5.2021]

Heute war auf Arbeit ein sehr anstrengender Tag. Es hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass der Montag ausgefallen ist und sich alles auf den heutigen Dienstag verlegt hat. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Letzte Woche nach dem Himmelfahrtstag ist das schließlich nicht passiert. Ach, wasweissich.

Habe deswegen auch nicht viel zu berichten.

Es sei nur noch nachgetragen: der schöne Umstand, dass ich seit der Impfung 8 Stunden durchschlafe, hat sich wieder gelegt. Wäre auch zu lustig gewesen, eine Nebenwirkung abzufeiern.

[Mittwoch, 26.5.2021]

Und schon wieder ein sehr anstrengender Tag. Was mich an solchen anstrengenden Tagen fasziniert, ist mein Hörverhalten wenn ich abends mit dem Fahrrad nach Hause fahre. Üblicherweise höre ich auf dem Rad immer Podcasts. Wenn ich aber einen sehr anstrengenden Tag hatte, dann kann ich keine Podcasts hören, weil mich die Informationsflut schlicht erschlägt. Vermutlich ist der Input/Output tagsüber in Ungleichgewicht geraten, sodass ich am Abend keinen Input mehr ertrage. Musik geht dann allerdings einwandfrei. Musik regt vielleicht den Gedankenfluss anders an. Das kann man sicherlich visuell darstellen, als wäre es eine Folge aus der Sendung mit der Maus. Wie man mit Musik die Gedanken aufbereitet und dadurch wieder Output generiert. Damit die Balance wieder hergestellt ist.

Ist sicherlich einfach.

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Am Abend fühle ich mich etwas schwindlig. Ich vermute, dass es mit meiner Gewichtsabnahme zu tun hat. Nachdem ich 17 Kilo abgenommen habe, stagniere ich seit Ende März und dümple immer bei den gleichen 2 bis 3 Kilos herum. Mittlerweile gerate ich ein wenig in Torschlusspanik, da die Pandemie bald vorbei ist und ich irgendwann auch wieder essen und trinken (fressen und saufen) will. Der Sommer steht an, ab Mitte Juli habe ich vollen Impfschutz. Aber ich bin bei der Gewichtsabnahme noch nicht da wo ich sein möchte und ich weiss, dass ich es vermutlich nicht schaffen werde, weiterhin in diesem Tempo abzunehmen, wenn die Pandemie vorbei ist. Mein Plan war es, nach der Pandemie zu lernen, das Gewicht zu halten. Ich weiss, wenn jetzt schon die Einstellung in mir brütet, dass ich im Sommer fressen und saufen will, ist das kein gutes Vorzeichen, um das zu lernen. Aber ich kann die Völlerei vielleicht ja auch als ein in sich geschlossenes Projekt angehen.

Letzte Woche habe ich deswegen beschlossen, nach Pfingsten noch einmal einen Anlauf zu nehmen und jetzt habe ich die Nahrungsaufnahme noch einmal reduziert. Deswegen fühle ich mich vermutlich etwas schwindlig. Den ganzen Abend schon.
Wenn man Schwindel googelt, dann stößt man schnell auf die Aussage, dass Betroffene Schwindel als sehr bedrohlich empfinden. Das beruhigt mich. Das war nämlich das Gefühl, das ich hatte: es fühlte sich bedrohlich an.

[Donnerstag, 27.5.2021]

Heute war vielleicht der letzte richtig anstrengende Tag der Woche. Als ich das Büro verliess, war mein erstes Bedürfnis, mich zu bewegen. Nicht nur Fahrradfahren, sondern den Körper ganzheitlich zu bewegen. Arme heben, Rumpf bewegen, bücken, strecken. Daher machte ich einen kleinen Spaziergang im Regen, bevor ich mich auf das Rad setzte und nach Hause fuhr. Den ganzen Tag ziemlich starr, mit wenigen Pausen am Bildschirm zu sitzen unterfordert meinen Körper sehr.

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Wir beginnen langsam die Planungen für den Sommer vorzunehmen. Zwei Wochen nach meiner Zweitimpfung Anfang Juli, werden wir nach Schweden fahren. Am 25.7. werde ich wieder zum Herthageburtstag am Arkonaplatz zurück sein. Im September fahren wir dann nach Südtirol. Dieses Jahr vermutlich auch zu Weihnachten. Die Reise nach Longyearbyen haben wir auf April nächsten Jahres verlegt. Unsere erste Reise nach Spitzbergen soll in der blauen Jahreszeit geschehen, das haben wir so beschlossen. Dafür fahren wir vielleicht in der Polarnacht nach Tromsö, oder nach Nordschweden, Kiruna, oder Luleå, vielleicht Narvik, mal sehen.

Das ganze Reiseprogramm hat sich um zwei Jahre nach hinten verschoben. Akut auf dem Plan stehen die Faröer und die Azoren. Fast so akut wie die Arktis. Die Arktis hat Vorrang. Aber eventuell fahren wir im Winter zu unseren Geburtstagen zu einem milderen Reiseziel. Ich fand Madeira im Januar vor 5 Jahren ja total toll. 21 Grad. Die beste Temperatur der Welt.

Ich merke gerade, wie ich mal wieder raus aus Berlin muss, während ich diese Zeilen schreibe.

[Freitag, 28.5.2021 – Übergewicht, Kate Winslet und das Altern der Frauen]]

Ich muss noch 1,4kg abnehmen, dann habe ich keine Adipositas mehr. Dann habe ich nur noch normales Übergewicht. Ich komme von Adipositas II und habe mich einmal durch das ganze Adipositas I runtergehangelt. Voraussichtlich nächste Woche bin ich dann nur noch übergewichtig. Übergewicht, das klingt nicht nach viel, für mich klingt das „Über“ aber bereits wie etwas Gutes, wie überreif, im Sinne einer leicht überreifen, cremigen Avocado.

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Am Abend schauen wir Mare of Easttown, diese neue Serie mit Kate Winslet. Ich mochte Kate als junge Frau nicht besonders, vermutlich wegen Titanic, denn als Titanic rauskam, schaute ich vorzugsweise südostasiatisches Autorinnenkino mit englischen (bzw niederländischen) Untertiteln, daher war groß orchestriertes Unterhaltungskino für mich gleichgestellt mit Schlagermusik. Kate Winslet war in dieser Welt die Verkörperung eine jungen Frau Anfang zwanzig und wenn es etwas gab, das ich damals schon furchtbar uninteressant fand, dann sind es Frauen Anfang zwanzig. Das galt übrigens auch für Männer in dem Alter. Aber da ich ja selber Anfang zwanzig war, musste ich halt irgendwie damit wurschteln.

Als 2011 „Carnage“ (Gott des Gemetzels) von Polanski in die Kinos kam, wollte ich den Film zuerst nicht schauen, weil halt diese für mich immer noch Anfangzwanzigjährige mitspielte, das interessierte mich nicht so. Aber dann. Kunstpause. Kate Winslet mit 36. Was für eine Frau.

Jetzt auch wieder bei „Mare of Easttown“. Zehn Jahre später. Sie spielt eine Frau, die genau ihrem Alter entspricht, keine fingierte Jugendlichkeit, keine fingierte Mädchenhaftigkeit, keine forcierte Schlankheit, sie spielt genau eine Frau mit 46, total bei sich.

Es gibt ja dieses Gerede von der Fuckability, dass Frauen ab einem gewissen Alter nicht mehr begehrenswert sind, Männer in der Regel aber dutzende Jahre länger fuckable bleiben. Auch wenn das Hollywood- und Glamour-Gerede ist, kann man das Thema ja nicht ganz von der Hand weisen, vor allem, wenn wir uns die allgemeinen Schönheitsideale ansehen.

Ich habe ja diese These, dass es etwas mit den Altersrollen zu tun hat, dass Frauen oft nur lernen, wie man ein Mädchen ist, wie man unter die Haube kommt, wie man sich gebärfreudig gibt, sich danach aber schwer tun, eine Rolle jenseits der Mutterrolle zu finden. Mädchenrolle -> Mutterrolle -> […], und dann im Zweifel sich lieber jenen Qualitäten zuwenden, die sie als junge Frau auszeichneten, weil man damals ja damit sozusagen erfolgreich war. Während die meisten Männer sehr schnell aufhören wollen „Jungs“ zu sein und sich lieber zügig als Mann definieren um danach im Wesentlichen nur noch ganz normal altern.

Ja, das ist schon ein bisschen verkürzt, aber dennoch. Ich bin mir sicher, dass es vor allem an guten (und vielen guten) Vorbildern fehlt. Wir brauchen mehr gute Vorbilder, dann ändern sich auch die Schönheitsideale. Schaut mehr Kate Winslet und Gillian Anderson.

[Samstag, 29.5.2021]

Wir waren Fahrradfahren. Ich erwähne das, weil wir das nie zusammen machen und es deswegen schon eine Besonderheit ist. Wir wollen das jetzt öfter tun.

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Zum Abendessen wollten wir „Friends Reunited“ schauen. Ich freute mich schon Stunden vorher. In den Neunzigern schaute ich oft und gerne Friends. Es ist erstaunlich, wie sehr man diesen fiktiven Charakteren emotional verbunden bleibt, nur weil man sie über Jahre hinweg im Fernsehen verfolgt hat. Die Vorfreude darauf war ähnlich, als würde man alte Freunde treffen.

Wir dachten „Friends Reunited“ würde erzählerisch an die Serie anknüpfen. Damit man weiss, wie es Chandler und Monica ging, nachdem sie mit den beiden Kinderwägen wegfuhren etc etc. Es war dann lediglich eine Show. Über die Schauspielerinnen und weiteren Stars in der Kulisse der Sitcom. Nach 10 Minuten haben wir vorgespult, zwei Minuten später nochmal. Dann beschlossen wir sehr einstimmig, dass wir das nicht schauen.

Obwohl ganz Twitter euphorisch darüber war.

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Mein gestriger Eintrag zum Thema Altern der Frauen liegt mir den ganzen Tag über etwas auf dem Magen, weil mir der Text teilweise im Tonfall nicht gefällt. Ich lasse ihn dennoch stehen.