[Sonntag, 30.5.2021]

Der Tag beginnt mit der Mitgliederversammlung von Hertha BSC. Die MV findet gänzlich online statt und sie funktioniert technisch einwandfrei. Wenn Eingabefelder nötig sind, erscheinen sie auf dem Bildschirm, die Infos sind klar und deutlich auf der Seite kenntlich und einsehbar. Der Videostream läuft. Die Wortmeldungen geschehen über eine Art Chat.
Es hat was. Aber die Häppchen und die Currywurst fehlen.

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Durch die MV kam der Tag etwas schwer in Gang. Eigentlich müsste man bei den 21 Grad unbedingt hinaus, so scheint es die Twitterwolke jedenfalls zu handhaben. Wir sitzen eine ganze Zeit lang auf dem Balkon.

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Später bereite ich wieder ein Gemüsebuffet vor. Also das ganze Gemüse, das von der Woche übriggeblieben ist, zusammneschneiden und zu unterschiedlichen Gerichten zubereiten. Paprika im Ofen, gedünsteter Blumenkohl, gebratener Porree und ein paar Kartoffel. Und ein Fetastück im Ofen. Ich liebe solches Essen.

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Später fällt mir ein, dass ich den Blogpost vom Vortag noch nicht fertig habe. Das hole ich dann nach. Weil ich ständig abgelenkt bin und dutzende andere Dinge mache, bin ich erst gegen 23:00 Uhr damit fertig.

[Montag, 31.5.2021]

Heute sind viele Dinge auf der Arbeit geschehen, von denen ich hier nicht gut berichten kann.

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Später legte ich mich im Gras in die Sonne. Ich bin mir noch unentschlossen, ob das jetzt eine Frühlingssonne ist, oder schon eine Sommersonne. Nicht, dass das wichtig ist, aber ich fürchte mich das ganze Jahr vor der Sommerhitze, vor diesen Tagen die mich total runterziehen, lähmen und an denen ich nicht schlafen kann. Da ist dieser Ofen in der Mitte des Kalenderblockes, dem ich nicht entweichen kann. Die Abneigung, die ich dagegen habe, ist richtig körperlich.

Bei 21 Grad kann die Sonne schon richtig braten. Sobald man im Schatten liegt, kühlt die Haut sich aus.

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Ich tauschte mich mit einer Freundin über Serien aus. Dabei sah ich, dass „I am not okay with this“, nach der ersten Staffel abgesetzt wurde. Ich hatte mich sehr auf die Fortsetzung gefreut und wie ich so über die Serie schwärmte, merke ich, dass ich in Wirklichkeit vor allem von Sophia Lillis schwärmte. Es ist mir fast schon unangenehm, von einer Teenagerin zu schwärmen, aber Sophia Lillis ist schon total toll.

Ich frage mich, in welche Richtung sich ihre Karriere entwickeln wird. Bisher spielte sie nur Hauptrollen in Horrorfilmen oder Thrillern oder eben in dieser düsteren Coming of Age Komödie. Vermutlich dient sie mit ihrem etwas ungewöhnlichen Aussehen als Projektionsfläche für Horrorfantasien von Erwachsenen und wird sich irgendwann radikal davon befreien müssen.

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Derzeit werde ich um 21Uhr müde. Ich werde das in den nächsten Tagen ausnutzen und früher ins Bett gehen.

[Dienstag, 1.6.2021]

Heute ging ich für ein längeres Telefongespräch raus und setzte mich ins Gras. Dabei saß ich sogar im Schatten. Dann blieb ich noch eine ganze Weile sitzen. Ich denke, jetzt ist der Winter vorbei.

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In der Pandemie habe ich aufgehört in den Supermarkt zu gehen. Nur wenn ich akut etwas brauche, laufe ich hinüber zu Edeka. Sonst bestelle ich über Bringmeister, den Lieferdienst von Edeka, weil ich mich an deren Produkte gewöhnt habe.
Ich spare Geld und ich muss mich in Pandemiezeiten keinen Menschenmengen zwischen engen Regalen aussetzen. Außerdem spare ich viel Zeit. Es ist nicht so, dass ich ungerne einkaufe, aber wenn ich mir die Einkaufszeit für etwas anderes aufhebe, dann kann ich noch mehr Zeit zum sinnlosen Nixtun aufbringen. Das finde ich offenbar erstrebenswert.

Ich werde den online Einkauf von Lebensmitteln auch nach der Pandemie beibehalten. Ich merke zudem, dass ich weniger Geld ausgebe, weil ich nicht so viel Unsinn kaufe, wenn ich nämlich durch die Regalreihen laufe, werden bei mir sämtliche Triggermechanismen ausgelöst, klicke ich mich hingegen durch Produktbildchen empfinde ich weniger Lust und achte wesentlich mehr auf den Preis.

So viel zu den planbaren Einkäufen. Wenn ich aber akut etwas brauche, werde ich demnächst Gorillas probieren. Es ist beeindruckend, dass die behaupten, innerhalb von zehn Minuten liefern zu können. Ich bin gespannt, ob sich das Geschäftsmodell hält. Meine letzte Firma war ja Allyouneedfresh, damals der drittgrößte online Supermarkt. Wir waren unendlich weit weg von Profitabilität, aber wir hatten damals schon immer das Gefühl, man müsste sich auf effiziente Routen und kurze Wege der letzten Meile spezialisieren. Gorillas scheint sich auf die letzte Meile spezialisiert zu haben. Ich muss mir das mal genauer ansehen, ich weiss gar nicht wie die arbeiten.

Vor zwei Wochen an einem Sonntag wollte ich schon einmal bei Gorillas bestellen. Aber dann: Sonntag ist nicht. Fuck Deutschland. Wo jetzt sogar die Spätis am Sonntag schließen müssen.

Berlin wird immer mehr zu Deutschland.

[Mittwoch, 2.5.2021 – Stickergang]

Heute früh Feierabend gemacht. Im Büro gibt es gerade größere Bauarbeiten. Ich möchte die Teams in anderen, größeren Räumen unterbringen, deswegen müssen einige Wände rausgenommen werden und einige wieder hochgezogen werden. Es ist den ganzen Tag ein Bummbumm auf unserer Etage. Gegen 17:00 Uhr bummbummte es dann auch in meinem Kopf und da ich keine Termine mehr hatte, beschloss ich, das Büro zu verlassen.

Gegen 19:00 Uhr war ich mit meiner Hertha-Stickerklebegang in Prenzlauer Berg verabredet. Eine aus der besagten Gang konnte schon früher und so beschlossen wir, die neuen Sticker beim Fanclubpräsidenten abzuholen. Wir trafen uns sehr konspirativ zur Übergabe auf einem Kinderspielplatz. Die Sticker sind sehr schön geworden.

Danach spazierten wir durch den Prenzlauer Berg. So geht das. Mein Schrittzähler erfasste nur 9233 Schritte. Es ist immer das Gleiche. Wenn man einen großen Rundgang macht, bewegt sich der Zähler kaum, und wenn man mehrere kleine Erledigungen tätigt, dann sprühen die Zählerzahlenfunken auf dem Display. Ich fühle mich wie nach 20000 Schritten.

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Die Kieze im Prenzlauer Berg quillen jetzt über. 23 Grad Aussentemperatur. Die Tische vor den Kneipen und Restaurants sind voll belegt. Es fühlt sich noch ein bisschen falsch an, aber wie man die Lebensgeister dieser Stadt wieder sieht, das ist etwas sehr beruhigendes.

Dennoch. Seit die Pubs in England vor zwei Wochen wieder geöffnet haben, verdoppelten sich die Zahlen. Hier wird es dann wohl genau so geschehen.

[Donnerstag, 3.6.2021 – Liam Neeson und Servicepersonal]

Nachts werde ich wieder von einer Nachtigall geweckt. Es ist die dritte Nacht in Folge. Aufgrund des kühlen Frühlings hat sich vermutlich auch die Paarungswilligkeit der Nachtigallen um anderthalb Monaten nach hinten verschoben.

(wenn man in der Aufnahme gut hinhört, hört man sie im Hintergrund trällern. Sie war am Morgen immer noch da. Muss nachher checken ob man das auf der Aufnahme gut hören kann)

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Auf der Heimfahrt fehlt es mir an Kraft. Diese Tage an denen man einfach kraftlos ist. Ich steige auf das Rad, mühe mich mit den Pedalen ab und dann habe ich auch noch Gegenwind.

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Abends schauen wir dann einen Actionfilm mit Liam Neeson. Es ist der perfekte Film um nebenher an andere Dinge zu denken. Ausserdem spielt Kate Walsh mit, die mag ich. Mir ist es entgangen, dass Liam Neeson im hohen Alter eine Actionheldin geworden ist. Er spielt immer die selbe Rolle, wirklich immer die selbe Rolle. Ich muss diesen Satz wiederholen um ihm etwas Nachdruck zu verleihen. Und während er immer die selbe Rolle spielt, haut er alle drei Monate einen neuen Film raus. Der Typ ist 70 und springt aus mehrstöckigen Wohnhäusern. Ich bin einmal als Teenie aus dem ersten Stock gestürzt und habe mir den Oberarm gebrochen, ich möchte nicht wissen, was ich mir zuziehe, wenn ich das mit 70 Jahren mache.
Ich mag Liam Neeson wesentlich lieber als die andere gealterte Actionschauspielerin, Harrison Ford. Über Harrison Ford habe ich mal gelesen, dass er eine Kellnerin zusammengestaucht hat und eine andere Geschichte, in der er sich am Filmset den Mitarbeiterinnen gegenüber total daneben verhalten hat.
Es gibt diesen klugen Spruch, der besagt: Urteile Menschen nur daran, wie sie Servicepersonal behandeln.

Wie du Menschen behandelst, die dafür bezahlt werden, dir zu Diensten zu sein. Servicepersonal ist faktisch eine Projektionsfläche. Eine sehr weise Beobachtung.

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Ich wundere mich immer noch über den Mittwochabend, dass meine Mitspaziergängerinnen den ganzen Abend nichts gegessen und nichts getrunken haben. Wir trafen uns schließlich schon um 18Uhr. Der Mann kam ein bisschen später. Der Mann hat sich nach zwei Stunden immerhin ein Bier gekauft. Aber niemand hat gegessen. Würde ich nicht fasten, wäre ich spätestens gegen acht Uhr quengelig geworden und hätte die Leute nach Essenswünschen gefragt und mir dann auch als einziger einen Döner oder eine Pizza genommen. Und mindestens zwei oder drei Biere getrunken.

Ich muss das mal verstehen. Das wäre zumindest eine Erklärung, warum so viele Leute um mich herum weniger wiegen als ich.

[Freitag, 4.6.2021]

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Die Nachtigall hat mich ab etwa 3 Uhr wieder etwa eine Stunde lang wach gehalten.
Ich hatte hier zuerst „Scheissnachtigall“ geschrieben. Habe ich dann geändert.

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Vor einigen Tagen bestellte ich im Büro eine neue Tastatur. Die mechanische Tastatur mit den blauen Schaltern hat sich nicht als praktikabel erwiesen, weil ich ständig in Calls bin und wenn ich Notizen nehme, dann klingt sie in den Ohren der Teilnehmerinnen sehr laut. Blaue Schalter sorgen für das klickige Geräusch bei mechanischen Tastaturen. Deshalb habe ich eine mechanische Tastatur mit roten Schaltern bestellt. Rote Schalter sind linear, sie haben keinen Klick, sie geben allerdings auch nicht das taktile Gefühl zurück. Für das taktile Gefühl verwendet man Tastaturen mit den braunen Schaltern.

Ich habe mich jetzt so eingerichtet, dass ich die Tastatur mit den roten Schaltern im Grossraumbüro verwende, damit der Geräuschpegel so niedrig wie möglich bleibt und für das Einzelbüro, in dem ich meistens sitze, das ich zukünftig aber auch anderen Mitarbeiterinnen zu Verfügung stelle, wenn sie einen Ruheraum für Einzelgespräche brauchen, verwende ich dann die Tastatur mit den brauen Schaltern. Für Vieltipperinnen wie mich, sind die braunen Schalter die Schalter der Wahl.

Heute kam dann die Tastatur mit den roten, linearen Schaltern. Der junge Herr vom Empfang schwenkt mir freudig aus der Entfernung den Karton entgegen. Er weiss, wie sehr mich die Lieferung freut und er freut sich offenbar mit. Zumindest gibt er mir das Gefühl, dass er sich mitfreut.
Es ist zugegebenermaßen das erste Mal, dass ich auf roten Schaltern tippe. Rote Schalter sind ja eher für Gamerinnen gedacht, und weniger für Vieltipperinnen. Das sagt man halt so, deshalb kamen sie für mich nie infrage. Aber das Tippgefühl ist durchaus interessant. Man kann die Tasten ganz durchdrücken, es gibt nie ein Klick oder eine andere Art von haptischer Rückmeldung, die Tasten gehen runter, bis sie auf dem Board aufschlagen, aber irgendwo in der Mitte, geben sie ein Zeichen an den Bildschirm ab. Man kann die Tasten also laut bedienen, indem man sie immer durchdrückt bis zum Aufschlag, oder man lässt sie geräuschlos federn.
Es ist beim Tippen durchaus anregend, kein Geräusch von sich zu geben, sondern sich nur durch den Text zu voranzufedern. Im Laufe des Nachmittags begann ich unheimlichen Spass daran zu finden, Texte zu tippen und dabei keinen Laut von mir zu geben, nur auf das Federgefühl zu achten und ja nicht die Tasten ganz durchdrücken, weil man sonst das Klacken der Tastenkappen auf dem Board hören würde. Es ist wie ein Tippen auf Federn. Sehr anregend. Allerdings weiss ich nicht, ob das so gedacht ist.

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Am Abend schauen wir die Serie mit Kate Winslet weiter. Es wurden die Folgen 5 und 6 un veröffentlicht. Bei einer Gesamtzahl von 7. Es wurden immer Doppelfolgen herausgebracht, aber die letzte Folge wird jetzt als Einzelfolge nach hinten verschoben. Ich hasse es, wenn Serien nicht am Stück veröffentlicht werden und ich mittendrin sitze und dem Schicksal ausgeliefert bin. Aber das Schlimmste ist: warten. Eine Woche nur für eine Folge warten und natürlich war das Ende der sechsten Folge ein Hänger.

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Den Rest des Abends sitze ich an einem Text für das Fanclubblog. Ich sammle gerade Texte und Anekdoten für unseren verstorbenen Weggefährten. Ich möchte so etwas wie einen Erinnerungsfluss schaffen. Wie vor zwei Wochen, als wir am Grab standen und die Leute ihre Anekdoten mit ihm erzählten. Ein Fluss der Erinnerungen. Das fand ich sehr schön.
Es ist unerwartet viel Arbeit, die Texte einzusammeln, sie mit allen einzeln zu besprechen und sie in eine Form zu bringen. Zudem sollen die Texte auch eingelesen werden. Ich vergass, dass nicht alle Menschen auf diesem Planeten, sich täglich mit Aufnahmegeräten und Textarbeit befassen. Aber es wird schön.

[Samstag, 5.6.2021 – Schermützelsee, Liebesinsel, Gorillas]

Wir waren eigentlich mit Freundinnen für einen Tagesausflug in die Uckermark verplant. Kurzfristig merkten wir aber, dass unsere Zeitpläne für nicht ganz synchron waren und deshalb mussten wir den gemeinsamen Ausflug um eine Woche verschieben.

Da meine Frau und ich jetzt aber in Brandenburgmodus umgeschaltet hatten, waren wir irgendwie in Brandenburgmodus und dieser liess sich nicht mehr einfach so in Berlinmodus umschalten. Das letzte Mal, dass wir Berlin verlassen hatten, war im August letzten Jahres, als wir nach Schweden fuhren. Das ist durchaus eine plausible Erklärung warum man nicht mehr so einfach von einem Modus in den anderen zurückschalten kann.
Da jemand in unserem Chat vom nahen Schermützelsee sprach, dachten wir: lass uns doch einfach da hinfahren, wenn es schon nahe ist. Und so stiegen wir beide ins Auto.

Wir waren nicht sehr gut vorbereitet, wir dachten einfach mal den See zu umrunden und folgten daher der den Schildern „Buckowsee Promenade“, wunderten uns aber darüber, dass diese Promenade eher, nunja, langweilig ist, bis wir merkten, dass der See, den wir umkreisen wollten, ja nicht Buckowsee hieß, sondern der Schermützelsee, daher nahmen wir einen steilen Abstecher in den Wald hinein und landen bei einem See der Weissensee hiess, aber danach ein Stück weiter, fanden wir dann den richtigen See. Der Schermützelsee ist aber sehr groß und wir rechneten nach, dass es schon etwas spät sei und eine ganze Seeumrundung nicht mehr ganz zu unserer Lebensplanung passte.

Es gab aber ein Schild mit einem Pfeil, auf dem das Wort Liebesinsel stand. Was macht man so, wenn man als Paar unterwegs ist und ein Schild mit der Aufschrift Liebesinsel sieht? Genau, man folgt dem Schild. Das ist einfach so.
Wäre ich ein Menschenverspeiser und lebte ich im Wald, würde ich einfach ein Schild aufstellen, das zu meinem Haus führt und auf das Schild würde ich pinseln: Liebeshaus.

Auf dem Pfad begegneten wir mehreren Paaren, die von den Liebesinsel zurückkamen. Man konnte nicht sagen, dass sie offen und sichtbar Liebesglück abstrahlten, die Paare sahen schlichtweg so aus wie Paare, die auf Waldpfaden wandern. Als wir auf der Liebesinsel standen, wussten wir auch warum. Das ganze Ding ist ziemlich unspektakulär. Es ist nur eine Wiese mit hohem Gras. Es gibt keinen Ausblick, weil Bäume die Sicht versperren. Auf der Landkarte sah ich dann auch, dass es keine Insel ist, sondern eine Landzunge. Aber das sagt man ja nicht, Liebeslandzunge.
Das zöge nur ironische Berlinerinnen an, die vor dem Schild posieren und obszöne Selfies mit ausgestreckter Zunge schiessen und diese dann mit Hashtags auf Instagram posten und patzbum, schon biste Oralsexpilgerstätte.

Die Gegend ist wirklich sehr schön und auch der Ort Buckow. Man sieht dem Ort an, dass die Bewohnerinnen ihren Ort lieben, das Dorf strahlt so etwas wie eine idyllische Lebensfreude aus. Ich mag das immer, wenn Leute den Ort, in dem sie wohnen, lieben. Das meine ich wirklich.

Zurück in Berlin berichten wir allen möglichen Menschen, dass wir in Brandenburg waren. Wir schicken Fotos von Wald und von Seeen.

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Und dann zum ersten Mal bei den Gorillas bestellt. Es hat 17 Minuten gedauert. Ich würde jetzt gerne etwas kluges über die Bestellung sagen, aber es war einfach eine Bestellung von Zutaten für das Abendessen, wie ich sie sonst selber im Supermarkt kaufe. Nur wurden sie eben von jemandem geliefert und es dauerte 17 Minuten. Bei einer Liefergebühr von 1,80€. Ich bin gespannt, wie lange das funktioniert.
Irgendwann wird das Geschäft profitabel werden müssen und irgendwann werden sich die Fahrerinnen auch nicht mehr ausbeuten lassen.

Ich gab gutes Trinkgeld, aber Trinkgeld ist ja auch nicht die Lösung. Dennoch ist das die Dienstleistung auf die ich schon lange gewartet habe.

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Am späten Abend dann noch Klaus Ungerers Text für das AKJ-Blog fertiggemacht. Und live gebracht.

[Sonntag, 6.6.2021]

Es ist wieder die Zeit angebrochen, an der man tagsüber die Fenster schließt, damit die Wohnung sich nicht aufheizt. Vor zwei Wochen trug ich noch eine gefütterte Jacke. Und überhaupt, was ist mit der Zeit passiert? Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich vor mehreren Wochen von der Wintersonnenwende schrieb. In zwei Wochen haben wir Sommersonnenwende.

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Eigentlich wollten wir heute Fahrradfahren. Haben wir dann nicht gemacht. K musste ein wenig arbeiten und ich habe wieder CD’s gerippt.

Danach holten wir mehrere Videos von Cecilia Blomdahl nach, aber ich muss zugeben, dass ich vielleicht aufhöre, ihre Videos zu gucken. So schön ich es fand, einen Einblick in ihr arktisches Leben zu bekommen, so merke ich doch, dass mir ihr Leben zwischen Fingernägeln und Joggingrouten mit ihrem Hund etwas zu sehr nach Instalife aussieht und wenig poetisches enthält. Oder um es mal mit der Stimme des Enttäuschten auszudrücken: ihre Videos haben mir in der Summe ein bisschen vom Zauber genommen, den die Arktis für mich hatte.

Sicherlich spielt es mit, dass ich verglichen mit früher, so viel über Longyearbyen weiss und das Neue, magische darin etwas verlorengegangen ist. Aber diese Darstellung eines Münchner-Vorort-Instagram Lifestyles in der Arktis, stumpft mich auf Dauer etwas ab. Wobei ich am Leben in Longyearbyen gerade mag, dass es eben nicht unbedingt ein Ort von einsilbigen, bärtigen Outdoormenschen ist, sondern ein sehr lebendiger und internationaler Ort mit Kneipen, Kitas und einem eher normal-westlichen Lebensgefühl. Aber diesen Vorort-Lifestyle mag ich in Deutschland ja auch nicht und er nimmt mir dann eben den Zauber weg.

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Und sonst habe ich wirklich nicht viel interessantes gemacht. Haferreis gekocht und Salat zubereitet.

[Montag, 7.6.2021 – Shopping, Permafrostböden]

Heute habe ich dem neuen amerikanischen Mitarbeiter von meinem mitgebrachten Haferreis probieren lassen. Und wir redeten ein bisschen über die Kulturpflanze Hafer bzw über die fehlende Präsenz des Hafers in der europäischen Küche. Er begann die gleichen Fragen zu stellen, wie ich sie stellte, er sagte auch die gleichen Dinge darüber und er fing gleich an zu googlen und sich aufzuschlauen.
Es war schön, diese Gedankengänge von aussen zu betrachten. Normalerweise befinden sich diese Gedankengänge ja in mir drin.

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Nach der Arbeit ging ich in die Mall am Leipziger Platz zum Shoppen. Man kann jetzt wieder richtig shoppen und ich brauche unbedingt neue Hosen und neue Hemden, auch neue T-Shirts, schließlich beginnt die T-Shirtsaison.
Ich fand Hosen. Ich bin neuerdings ja ganz verliebt in diese modischen Jogpants. Enganliegend und elastisch, aber dennoch stylish genug, dass man ein Jackett dazu tragen kann und wenn man es mal richtig gut aussehen lassen will, sogar mit einem weissen Hemd und einer schmalen Krawatte.

Ich war zuerst bei Wormland, wo ich eigentlich so gut wie immer etwas finde, aber irgendwas stimmt gerade nicht mit den Stoffen, die Stoffe sind gerade nicht so meins und ich kann es gar nicht so richtig erklären, vielleicht weil die Stoffe so dick waren und beim Gedanken an den aufkommenden Glutofen namens Sommer, kommen mir beim Gedanken an dicken Stoffen, ganz üble Gefühle auf.
Ich wurde aber bei Uniqlo fündig. Ich bin ja sowieso der totale Uniqlo Fan. Ich liebe diese Art, pragmatische und technologisch raffinierte Mode zu machen und die Bekleidung dabei nach Materialien zu sortieren.
Neben zwei Jogpants kaufe ich mir auch eine kurze Hose. Ich muss mich noch an den Gedanken gewöhnen, dass ich kurze Hosen tragen möchte. Letztes Jahr habe ich das erste Paar gekauft, ein paar Mal trug ich sie dann auch, jedoch habe ich mich damit noch nicht wirklich angefreundet. Allerdings sagt man, ich hätte schöne Waden. Vielleicht sollte ich mich einfach mal überwinden, aber ich fühle mich darin immer wie die Deutschen, die zu uns in den Urlaub kamen. Ich kann die Sandalen vor meinem inneren Auge einfach nicht ausblenden, wenn ich eine kurze Hose trage.
Dabei trägt man im Süden doch sicherlich auch kurz, wenn es so warm ist. Ich muss das mal checken. Es ist bei mir sicherlich psychologisch verankert.

Ausserdem kaufte ich auch ein Jäckchen. Ich weiss nicht, wie man diese Jäckchen nennt. Aus Stoff und mit einem Reissverschluss, ohne Kragen. Ich probierte alle Größen, fing wie gewohnt bei L an, das war mir aber zu groß, also nahm ich M. Seit ich so viel Gewicht verloren habe, ist M bei mir vermehrt die neue Maßangabe, aber auch M war mir diesmal zu groß. Ich nahm das S. Es passte wie angegossen.

Größe S

😐

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Am Abend lese ich einen Artikel über eingefrorene Rädertierchen im Permafrostboden der Arktis, die sie in Russland nach 24.000 Jahren wiederbelebt haben. Die Mehrzeller begannen sich nach dem Auftauen auch gleich schon zu Teilen und zu Vermehren.
Zum einen: cool, ich liebe immer einen guten Horrorfilm. Zum anderen: das wird natürlich spaßig, wenn in den nächsten Jahren überall die Permafrostböden auftauen. Aber was solls, ich finde auch apokalyptische Filme immer geil.

Ich schlage in Wikipedia zwei oder drei Seiten auf, um etwas über Klimaphasen zu erfahren. Eine Stunde später haben ich wieder die Kontrolle über meine Browsertabs verloren.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/raedertierchen-im-permafrost-leben-nach-24-000-jahren-im-eis-gefunden-a-929f5be9-3a3b-4d55-9342-3bedb95bfb82?d=1623078022&sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ

[Dienstag, 8.6.2021 – Insektenhass]

Das eindrücklichste, das von unserem Besuch am Schmarmetzelsee übriggeblieben ist, sind die vielen Insektenbeulen auf den Beinen und den Oberarmen. Das meiste sieht nach Mückenstichen aus, aber ein ganz fieser Stich oder Biss an Hosenbundhöhe, muss etwas anderes gewesen sein. Die Beule ist breiter, dicker und die Einstichstelle ist rauh. So werden auch Spinnenbisse beschrieben. Ich hasse Natur. Ich hasste Natur eigentlich immer schon. Ich hasse vor allem Insekten und noch mehr hasse ich Insekten, die beissen oder stechen und ich hasse auch Spinnen, und auch Bäume hasse ich und Tümpel sowieso und Moore und hohes Gras und vor allem stille Gewässer. Und Mücken, wenn sie groß sind, aber auch wenn sie klein sind. Groß aber mehr, zumindest, wenn sie größere Stiche stechen aber auch kleine, weil kleine ständig um einen herumschwirren, sodass irgendwann der Körper anfängt zu jucken, überall, ob man gestochen wurde oder nicht, einfach nur, weil sie da sind und einfach die Juckpest auslösen, die andauert, bis man ins Bett geht, und am nächsten Tag hat man die Stiche.
So sehr hasse ich das alles.

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Am Abend treffen sich einige Bewohnerinnen des Hauses im Hof, weil wir über verschiedene Dinge reden wollen. Die ständig ausfallende Heizung und die auswüchsige Situation mit den Fahrrädern im Hof. Unsere Hausverwaltung ist ein bisschen faul und träge, wir müssen dem ganze etwas Nachdruck geben. Für die Fahrräder werden wir mehr Platz schaffen. Kiesel
streuen und Ständer aus dem Baumarkt hinstellen. Zumindest vorübergehend.

Das Treffen dauert länger, es ist schön, sich mal in einer Runde von Nachbarinnen zu treffen, bisschen quatschen, über dies und das. Wir sollten uns ein paar Bierbänke und einen Tisch in den Hinterhof stellen.