Den Einbürgerungsantrag gestellt. Das Formular stellt viele Fragen und will vieles über mich wissen. Sogar über meine Frau. Auch ihren Krankenversicherungsnachweis, ihre Gehaltszettel. Heute hatte ich alle 27 Dokumente zusammen und schickte es ab. Ich rechne damit, dass es noch 3 Monate dauert, bis ich wieder etwas höre. Die Ampelkoalition hält bis dahin bestimmt.
Am Mittwoch fliege ich für ein paar Tage nach Südtirol zu meiner Familie. Es gibt jetzt diese neue Fluggesellschaft namens Skyalps, sie fliegt seit etwas mehr als einem Jahr von dem kleinen Bozner Flughafen nach Berlin. Ich werde das erste Mal die Strecke fliegen, mit einer kleinen Propellermaschine über die Alpen drüber. Ich freue mich sehr. Mit dem Geld, das ich für die Tickets ausgab, könnte ich mir ein neues Smartphone kaufen. Bei dem Preis schwindet das schlechte Gefühl der Umwelt gegenüber ganz von selbst.
Auf Insta wurden mir als Reaktion auf meine Einbürgerungstest-Story neben Glückwünschen erstaunlich oft Mitleidsbekundungen geschickt. Es ist lustig, aber es ist auch eine deutsche Sache, alles Deutsche schlechtzumachen. Will ich heute gar nicht kritisieren oder psychologisieren. Diesmal fand ich es dennoch lustig und so schickte ich eben lustige Antworten. Allerdings erstaunte mich, dass eine Handvoll deutscher Menschen „Gnocchi“ gegen „Kartoffeln“ ausspielten, dass Gnocchi doch besser seien als Kartoffeln, ich hätte doch ein Gnocco bleiben sollen. Gnocchi als italienisches Nationalsymbol auszuwählen, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ich hätte mich immer für Pizza oder Spaghetti entschieden. Heute ging es aber nur um Gnocchi. Keine Ahnung, wo die auf einmal herkommen.
Die Bezeichung „Gnocca“ oder „Gnocco“ ist in Italien übrigens auch eine Metapher für eine heisse Frau oder einen heissen Typen. So gesehen bleibe ich natürlich ein Gnocco. Gnocchi sind schliesslich nichts anderes als geriebene und heissgemachte Kartoffeln.
# Da meine Frau am späten Nachmittag einen Termin am Rosenthaler Platz hatte, beschlossen wir, uns dort zu treffen und dann würden wir durch unseren alten Kiez nach Hause spazieren. Es war ein Spaziergang durch die Memorylane, die Gefühle waren aber nicht sonderlich sentimental. Die Kastanienallee scheint die Touristifizierung besser durchstanden zu haben als erwartet. Wir liessen es uns nicht nehmen, uns in das Café in diesem Neubau gegenüber des Pratergartens zu setzen. Ich hatte den Bau dieses Gebäudes in diversen Architekturforen begleitet und ich war immer neugierig, wie er sich in die Gegend einfinden wird. Es befanden sich kaum Menschen in dem Lokal. Es sieht sehr offensichtlich unauthentisch aus und darum geht es in der Kastanienallee ja immer noch: es muss authentisch sein. Oder besser gesagt: es soll authentisch aussehen.
Die Hündin interessierte sich heute nicht für Architektur und Stadtsoziologie, sie hatte unterm Nebentisch Hühnerfleisch entdeckt und war deswegen nur schwer für andere Themen zu begeistern.
# Und sonst arbeite ich gerade an den Lesungstexten. Es erschreckt mich, wie schlampig einige der Stadiontexte hier im Blog verfasst sind, ich muss fast jeden Satz noch einmal anfassen. Vielleicht bin ich nach Stadionbesuchen immer zu müde, um einen Text besser auszuarbeiten, ein Tagebuchblog ist schliesslich immer von der Tagesform abhängig. Sage ich jetzt mal so, um mich aus Konsequenzen zu winden.
Gestern wurde ich in einem Kommentar darauf hingewiesen, dass im Feed keine Bilder angezeigt werden, weswegen Leute, die das Blog im Feedreader lesen, keine Bilder sehen können. Ich fand heraus, dass das am Podcast-Plugin liegt, der für dieses Blog den Feed generiert, deswegen begab ich mich auf die Suche nach einer Lösung. Während der Suche nach einer Lösung fand ich heraus, dass das Betriebssystem und das PHP sehr veraltet sind und in einem Schwung der Übermotivation beschloss ich, den Server und alle seine Komponenten beiläufig auf eine aktuelle Version upzugraden.
Nunja.
Eine halbe Stunde später war das Blog tot. Verschiedene Versuche, das System zu retten, scheiterten. Da ich mir Zugang zu Systemlogs verschaffen konnte, wusste ich, woran es lag, aber ich fand keine Lösung für das Problem. Also musste ich ein Backup einspielen, das würde aber mindestens sechs Stunden dauern. Glücklicherweise wurde das Backup eine Stunde vor meinen sogenannten Wartungsarbeiten gezogen, daher ging kaum etwas verloren.
Als ich die Wiederherstellung mit dem Backup startete, musste ich auch schon los. Ich war mit Frau Casino auf ein Bierchen verabredet. Wir gingen ins Birra an der Prenzlauer Allee, das ist eine kleine Bierbar von der Brauerei Lambrate aus Mailand. Es gibt kaum ein Pils, das so phantastisch schmeckt wie deren Westcoast Pils. Leider ist es nur dort in dem Lokal verfügbar. Soeben googelte ich, ob ich nicht schon einmal über dieses Westcoast Pils schrieb und so stiess ich auf folgenden Eintrag:
„Es ist die Bar einer Brauerei aus der Nähe von Mailand. Lambrate. Die brauen ein phantastisches Pils mit dem Namen Westcoast Pils. Oh, ich suchte soeben nach “westcoast pils” in diesem Blog. Das mit “phantastisch” schrieb ich schon einmal in Bezug zu diesem Bier. Ich kenne offenbar wirklich nur ein Programm.“
Ich kenne wirklich nur ein Programm.
Es war ein warmer, feuchter Herbstabend. Es wird ein Sturm aufziehen, über Berlin hing ein hellgrauer Himmel, der von einer fahlen Abendsonne angeleuchtet wurde. Wolken zogen von der Küste her in den Kontinent hinein. Wir hätten noch draussen sitzen können, dennoch entschieden wir uns dafür drinnen an diesem grossen Fenster zu sitzen und hinauszuschauen. Meine Hündin lag entspannt auf dem Boden. Die Tischnachbarn streichelten sie. Es wurde ein langer Abend.
Als Vorbereitung zur Lesung am 25.10. schleifte ich heute an den Texten. Sie müssen noch bühnentauglich gemacht werden. Die Schwäche bei meinen Blogtexten ist das fehlende Gegenlesen. Von Lektorat wollen wir an dieser Stelle noch gar nicht reden. Für einen guten Text braucht es immer jemanden mit der Aussenperspektive. Auch tut es jedem Text gut, ein paar Tage liegenzubleiben und zu reifen. Das ist in der Tagebuchform natürlich nicht möglich. Ich beende die Texte meistens am Vorabend und lasse sie eine Nacht liegen. Aber dann hau ich sie raus. Neuerdings verfasse ich die Einträge auch erst am Morgen, es ist die Rohfassung meiner gegenwärtigen Geisteslage.
Früher, als ich noch öfter auf Bühnen las, liess ich die entsprechenden Texte und Blogtexte von mehreren Menschen gegenlesen und auch korrigieren. Das tat der Qualität des Textes ungemein gut. Das funktioniert mit Tagebuchtexten sicherlich auch. Wobei ich nicht nur Tagebuchtexte vorlesen werde, ich zog auch einen alten Fussballtext aus den Tiefen des Blogs hervor, den ich fast vergessen hatte.
Am Nachmittag baute ich das Lichtsystem in der Küche aus und hörte währenddessen den Podcast „Das Universum“ mit Ruth Grützbauch und Florian Freistetter, in dem sie anfangs über Literatur reden und zwar über den neulich erschienenen Roman „Beteigeuze“ von der österreichischen Autorin Barbara Zeman. Darin geht es um eine Frau mit einer psychischen Erkrankung, die eine Obsession zu dem roten Riesenstern namens Beteigeuze entwickelt hat. Ich musste gleich an meine Nächte mit Stephenson 2-18 denken, dem derzeit grössten bekannten Stern im Universum. Das war noch keine Obsession, es war nur Faszination, die ich hier im Blog nicht weiter ausgebreitet habe. Ich glaube, mein geistiger Zustand ist durchaus stabil, ich verstehe aber, wie jemand eine Obsession für einen riesigen Stern entwickeln kann. Nun hat die Protagonistin in diesem Roman allerdings den besseren Stern ausgewählt. Beteigeuze ist zwar nur ein Viertel so gross wie Stephenson 2-18, er ist mit 500 Lichtjahren wesentlich näher als Stephenson, der 19000 Lichtjahre entfernt leuchtet. Beteigeuze ist ausserdem der zehnhellste Stern am Himmel und deswegen schon seit der Antike bekannt, was auch der Grund ist, dass er stets religiös und kulturell bedeutsam war, während Stephenson 2-18 erst in den Neunzigerjahren mit grossen Teleskopen entdeckt wurde. Beteigeuze ist überdies aus vielfältigen Gründen für Astronomen einer der interessantesten Himmelsköper am Firmament. Und wenn man sich einsam fühlt, kann man in den Himmel schauen und nach seinem Lieblingsstern Ausschau halten. Das kann ich mit Stephenson 2-18 nicht.
Was ich damit sagen will: Sollte ich einmal eine richtige Obsession für Stephenson 2-18 entwickeln, habe ich mich für den falschen Stern entschieden.
Neulich nahm ich mir vor, dieses Blögchen etwas aufzuhübschen, indem ich die Einträge häufiger bebildere. Das ist hier nämlich eine ziemlich textlastige Angelegenheit. Ich nahm mir vor, jeden Tag ein Bild einzufügen. Es muss ja kein geplantes oder kuratiertes Foto sein, es reicht ein Eindruck des Tages, irgendein Foto, das ich tagsüber schoss. Wenn ich abends aber in meine Galerie schaue, stelle ich fest, dass ich entweder keine Fotos genommen habe oder Motive fotografierte, die meinem Blog nicht guttun. Gestern zum Beispiel: der Kot meiner Hündin. Mehrere Bilder davon. Sie hat gerade Durchfall. Das waren Beweisfotos, die ich meiner Frau schickte. Das macht man eben so, wenn die Hündin Durchfall hat. Man schiesst Fotos davon und redet darüber.
Kann ich im Blog natürlich nicht bringen.
Oder gestern: das Foto eines Prospektes von einem Camping in Lapland. Ich fand das Prospekt beim Aufräumen, also nahm ich ein Foto und schickte es meinem Vater. Als Erinnerung. Er reagierte nicht darauf, er verstand wohl nicht, was ich damit bezweckte. Während das für mich eine Erinnerung ist, die ich gerne mit ihm teile. So funktioniert das doch mit Erinnerungen, oder? Dass man sie gemeinsam erlebt hat und man sie als gemeinsame Erinnerung behält. Ist das nicht unser Leben? Eine Ansammlung an Erinnerungen?
Das Foto muss ich im Blog aber nicht bringen.
In den Tagen davor: Fotos aus dem Stadion, Fotos von den Kaminwurzen, die meine Kusine mir mitbrachte, Fotos von einem schwedischen Fussballsticker, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin, Fotos von meiner Hündin.
# Heute fuhr ich mit der Hündin zum Hundeauslauf Pichelswerder, das ist eine Halbinsel südlich des Olympiastadions, ein grosses, bewaldetes Gebiet mit diversen Stränden, an denen Hunde baden dürfen. Ich war noch nie dort, weil mich der Weg mit dem Auto quer durch die Stadt immer so nervt, aber heute hatte ich aus unerfindlichen Gründen Lust darauf. Das Gebiet ist sehr weitläufig und damit auch sehr leer. Einmal begegnete ich einem Mann, der sagte, dass gerade Wildschweine aktiv seien. Er erzählte mir auch, dass hier jedes Jahr drei oder vier Hunde wegen Wildschweinbegegnungen stürben. Als er ging, hatte ich das Gefühl, überall Wildschweine zu hören. Ich googelte, wie man sich bei Wildschweinen verhält. Am besten umdrehen, ohne wegzurennen. Sollte das nicht möglich sein, dann empfiehlt es sich, sich gross zu machen und laut zu werden. Sollte das Tier angreifen, sucht man sich am besten einen hohen Ort wie einen Baum. Wildschweine greifen aber nur an, wenn sie sich bedroht fühlen. Um das zu verhindern, verlässt man am besten nicht die Wege.
Wieder was gelernt.
Es gab dort einen schönen Ausblick über die Havellandschaft. Eine hölzerne Liegebank, auf der man über das Wasser bis auf das entfernte andere Ufer in Gatow schauen kann. Dort lag ich eine Weile in der Herbstsonne, während meine Hündin Löcher in der Erde grub.
# Am Abend fuhr ich zu Hertha in die Geschäftsstelle. Über den WestendGirls Podcast hatten wir einen Interviewtermin mit einer neuen Spielerin und der neuen Co-Trainerin. Es ist beachtlich, wie wenig Geld im Frauenfussball kursiert und was für ein Pensum an Sport und Arbeit diese Frauen im Amateursport leisten. Als sich das Gespräch im Kasten befand, war es 19:30 Uhr. Berlin hatte sich längst verdunkelt. Für die beiden begann jetzt das Training. Nach dem Training wird die Fussballerin noch 50 Minuten mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Das ist ein ganz anderes Leben als meines.
# Es ist der Jahrestag des Hamas-Attentats in Israel. Von den Demos bekomme ich nichts mit. Das Internet ist voll davon. Neben den religiösen und kulturellen Israelhasserinnen und Antisemiten, wundert mich immer wieder die dogmatische Linke, wie wenig sie Antisemitismus versteht, wie sie Zionismus, Kolonialismus und Militär verwechselt und zusammenwirft. Aber so sind Dogmaten eben. Kann man nix tun. Ist ja auch alles Scheisse da. Auf dem Weg zu Hertha beschloss ich aber die Bahn zu nehmen, um nicht irgendwo festzusitzen.
Am Nachmittag war ich mit meinem Lektor für das erste Gespräch verabredet, in dem wir die groben Züge der Hausbesetzernovelle besprechen würden. Wir setzten uns in dieses schöne Café namens Saaldeck an der Ecke zum Rosengarten auf der Karl-Marx-Allee. Drinnen war die Musik zu laut aufgedreht, deswegen setzten wir uns raus. Es sollte heute nur um die Struktur des Textes gehen, also über Passagen, Aufbau, Sprache etc. und über die Figuren. Aus seiner Sicht gab es nur zwei grössere, aber einfach zu behebende Probleme mit dem Text. Zum einen habe man bei drei der Hauptfiguren kein richtiges Bild vor Augen. Also wie sie aussehen. Ich soll sie einmal besser optisch beschreiben und im Laufe des Textes immer wieder kleine Verweise streuen („Er kratzte sich in seinem struppigen Bart“).
Die andere Baustelle ist etwas aufwendiger. Es betrifft die Anfangspassage, die ich mit viel Begeisterung komplett neu schrieb. Sie passt dort am Anfang schlichtweg nicht rein. Auch wenn ich die Passage mit viel Liebe verfasste, hatte ich bereits selber dieses Gefühl, dass etwas damit nicht stimmt. Nach dem Gespräch sehe ich ein bisschen klarer, warum das der Fall ist. Das hat mehrere Gründe. Zum einen fängt die Geschichte eigentlich gut an: Der Protagonist landet in einem kalten, winterlichen Utrecht und empfindet ein starkes Gefühl von Freiheit. Der Lektor sagt, dass ich diese Szene weitertransportieren muss. Was ich hingegen tat, ist nach diesem einleitenden Absatz drei Seiten lang zu beschreiben, was an seinem vorigen Leben so schlecht war. Da wird man als Leserin sofort in eine ganz andere Welt in eine ganz andere Zeit zurückgeworfen und man verliert den Flow oder schlimmer noch: das Interesse. Weil die Vorgeschichte aber durchaus relevant ist, soll ich einzelne Passagen aus diesen drei Seiten weiter hinten in die Geschichte streuen. Es gäbe genug Möglichkeiten, diese mit dem Text zu verweben. Das klingt nach einer guten Lösung. Allerdings auch aufwendig, weil ich diese Passagen zuerst identifizieren muss und danach Lücken im Text, wo ich Rückblenden oder Verweise einbauen kann.
Ihm hatte der Text ausgesprochen gut gefallen, er sagte richtig schöne Sachen über die Geschichte. Er regte sogar an, die Novelle als papiernes Buch herauszubringen. Ich weiss noch nicht, was ich davon halten soll. Natürlich gefällt mir der Gedanke, einen langen Text von mir zwischen Buchdeckeln zu sehen und in den Bücherschrank zu stellen, aber andererseits ist der Text nicht sonderlich relevant. Es handelt von einer gealterten Protestbewegung, ausserdem spielt es in Utrecht, einer eher unbekannten und unglamourösen Stadt in den Niederlanden. Es fühlt sich etwas breitspurig an, diesen Text gross rauszubringen. Es ist in erster Linie nur eine gute Abenteuergeschichte mit dokumentarischen Wert, die nicht auf der Festplatte verschimmeln soll. Es mag seltsam klingen, aber ich verfolge mit diesem Text nicht die Absicht, erfolgreich zu sein, ich möchte die Geschichte einfach loslassen und sie hinausschicken. Wenn Leute darauf stossen und sie lesen, bin ich happy. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich dem Erfolg abgeneigt bin. Dafür habe ich aber andere halbfertige Texte in der Schublade liegen, die mir wesentlich mehr bedeuten.
Im Laufe des Gespräches triggert mich der Lektor dennoch. Ein Buch heisst ja nicht, dass es notwendigerweise auf Erfolg ausgerichtet sein muss. Ein schönes Buch ist manchmal auch einfach nur ein schönes Buch. Von aussen wie von innen. Und ein Buch aus Papier steht im Lebenslauf einfach besser da als ein Ebook. Das klingt schlüssig. Ich werde auf alle Fälle darüber nachdenken.
Seit den Sommerferien ist im Hundepark alles anders geworden. In den Sommerferien werden die Karten immer neu gemischt. Das betrifft hauptsächlich die Menschen mit Kindern. Weil Kinder die Schule wechseln und sich somit die gesamte Logistik der Eltern ändert. Manche kommen gar nicht mehr in den Park, weil der neue Schulweg auf dem Weg ins Büro liegt. Oder sie kommen früher oder manche später. Die Kinderlosen unter uns staunen immer. „Es ist niemand mehr da!“. Es werden sich aber wieder neue Gruppen bilden, mit neuen Menschen, die neue Hunde haben. So war das in den letzten Jahren immer. Dabei gibt es jene Menschen, die nie Kontakt suchen, die immer alleine sind, dann gibt es die, die sich immer in Gruppen bewegen und es gibt diejenigen, die immer zu zweit spazieren und Gruppen, die nur aus Frauen bestehen.
# Am Freitagvormittag fuhr ich zum Ostkreuz, um meine Frau abzuholen. Die Strecke vom Flughafen bis zum Ostkreuz überwindet man am schnellsten auf der Schiene, aber ab Ostkreuz wird es kompliziert. Vorher war ich mit der Hündin auf dem Recyclinghof in Lichtenberg, um eine Matratze zu entsorgen. Warum erwähne ich das? Weiss ich nicht. Vielleicht, weil ich Recyclinghöfe so gerne mag, oder jedenfalls diese Gewerbegebiete und ich fühle mich so nützlich, wenn ich etwas fachgerecht entsorge. Fachgerecht entsorgen. Was für ein Ausdruck.
Was ist sonst noch passiert?
Wir haben Wandavision zu Ende geschaut. Auch wenn ich die Liebesgeschichte dahinter mochte, hatte die Geschichte mehr Erwartungen in mir geweckt. Aber Elisabeth Olsen ist eine richtig schöne Frau. Es wundert mich, dass ich sie bisher nie wirklich wahrgenommen habe, vermutlich hängt es damit zusammen, dass sie hauptsächlich in Marvel-Verfilmungen auftrat und solche Filme weitgehend an mir vorbeiziehen. Ich glaube, Elisabeth Olsen wird einmal eine richtig schöne Frau, sie ist erst 35 Jahre alt, wenn die aber mal in meinem Alter ist, wird sie ein richtig heisser Ofen.
Nach Wandavision schauten wir „Agatha all along“ weiter, denn es gab zwei neue Folgen. Mir war es wichtig, zuerst Wandavision gesehen zu haben, weil Agatha ja darauf aufbaut. Ich glaube, es war aber nicht wichtig, die Reihenfolge einzuhalten.
# Am Samstag fuhren wir einkaufen. Dabei freute es mich, Kürbisse zu sehen. Kürbisse sind das untrügliche Zeichen, dass wir uns im Oktober befinden. Die orangene Jahreszeit. Oder: eine der vier grauen Jahreszeiten in Berlin. Wir kauften einen kleinen Kürbis. Morgen werde ich ihn in Stücke schneiden und zusammen mit zerstückeltem Fetakäse in den Ofen schieben.
# Am Nachmittag schauten wir Deadpool & Wolverine, das mich eher mittelmässig begeisterte. Zwar finde ich die Verbosität des Deadpool sehr unterhaltsam und ich mochte auch alles an Wolverine, aber die Geschichte dieses Joint Ventures empfand ich doch eher als fad. Dafür gab es am Abend das sehr unterhaltsame Spiel zwischen Hertha und Schalke, das wir leider nicht gewinnen konnten.
# Das waren die beiden Tage in einer Nussschale. Es gab wirklich nichts Bedeutungsvolles.
Selfies für die Lesung geschossen und eine neue Kurzbio verfasst. Die Fotos sehen ein wenig nach Selfies aus, aber ich sollte ein Porträt mit Hertha-Trikot einreichen und da meine Frau nicht da ist, behalf ich mir mit der Timer-Funktion. Bei Samsung Telefonen kann man „Smile“ oder „Cheese“ rufen, dann wird ein Selfie ausgelöst. Bei meinem Google-Pixel muss man dafür die Hand zum Gruss heben. Das funktionierte allerdings nicht. Entweder war die Hand zu gross oder das Licht zu schlecht, das waren die Hinweise in den Hilfeforen. Deswegen behalf ich mich mit dem Timer. Nach einigen Fehlschlägen funktionierte das ganz OK.
Ich hatte völlig vergessen, dass heute Feiertag ist. Zuerst wunderte ich mich, warum die Stadt leer ist. Eine Rentnerin, mit der ich mich im Park oft unterhalte, schlaute mich auf. Als Rentnerin hat sie das Problem mit den Feiertagen auch ständig.
Am Nachmittag baute ich die Smart Home Lampen von Ikea auf. Zum einen die LED Strips für die Oberseite der Küchenschränke, aber vor allem hatte ich mich auf die Hängeleuchte über der Kücheninsel gefreut. Was ich allerdings nicht wusste: Die Hängeleuchte hat gar keine eingebauten Smart Home Features. Die werde ich also nachträglich umrüsten müssen. Eine ganze Stunde lang verbrachte ich damit, die Fernbedienung mit den Lampen zu pairen. Eine ganze Stunde lang. Ich musste Youtube konsultieren, um das hinzubekommen. Die Erkenntnis: Auch Ikea schreibt falsche Anleitungen. Immerhin bin ich nicht zu blöd, ich zweifelte bereits an mir.
Und plötzlich war Abend. Ich schaute „After Life“ mit Ricky Gervais und spielte „Melon Maker“, wobei ich einen neuen Rekord einstellte. Ich vergass allerdings „Plants vs Zombies“ zu spielen, wodurch ich meinen Streak verpasste. Das sind immerhin 17 Edelsteine. Aber ich habe etwa 1800. Das kann ich mir leisten.
Mein Bestand an funktionstüchtigen U-Hosen hat sich drastisch reduziert, weswegen ich heute zum Alexa fuhr, um Nachschub anzuschaffen. Dort traf ich mich auch mit einer Fussballfreundin auf einen Kaffee. Ich habe eine Vorliebe dafür entwickelt, mich in Einkaufszentren aufzuhalten, in diesen Tempeln der Zivilisation, wo das gesamte Spektrum der Gesellschaft, den Verlockungen und Verheissungen ausgesetzt ist. Es sind nahezu religiöse Orte. Allen voran das Alexa mit seiner fantastisch vulgär-poppigen Aussenhülle und den konsequent gestapelten Stilmix aus Zwanzigerjahre-Elementen in Achtzigerjahre-Ästhetik.
Das Alexa hat ja viele Feinde, vor allem in meinen schöngeistigen und etwas elitären Kreisen. Es gehört zum guten Ton, das Alexa scheisse zu finden. Die haben aber alle keine Ahnung. Die wissen nicht, warum sie es schlecht finden. Sie plappern nur irgendwas nach und haben sich nie eingehend mit damit beschäftigt. Weder mit dem Gebäude, noch mit der Architektur, noch mit der Funktion.
Nachher ging ich mit der Freundin zu Thalia, wo wir sicherlich eine Stunde oder länger verbrachten. Thalia empfand ich früher als den grossen Feind der Buchliebhaber. Durch die Übermacht von Amazon scheint mir Thalia mittlerweile eher ein unterstützenswertes Relikt einer früheren Zeit. Das stimmt so natürlich nicht. Aber dennoch sind Besuche bei Thalia schlichtweg wegen der Menge an Büchern ein richtiges Erlebnis geworden. Nachdem ich den Kauf dutzender Bücher in Erwägung zog, entschied ich mich für das unwahrscheinlichste aller Bücher, ein dünnes, 120-seitiges Taschenbuch in Miniformat von Selma Lagerlöf, in dem ihre Gruselgeschichten versammelt sind. Eine Nobelpreisträgerin schreibt Horror. Ich wusste gar nicht, dass so etwas geht. Weil ich so neugierig bin, musste ich natürlich sofort zuschlagen.
Neben U-Hosen fand ich bei Zara auch eine schöne Jacke. Sie ahmt eine Strickjacke nach, ist aber dennoch eine vollwertige Jacke für den kühlen Herbst. Ein erstaunlicher Effekt. Ich finde bei Zara ja immer etwas. Anders als bei Wormland, die immer so tun, als würden sie Männermode verstehen. Bei Wormland finde ich auf allen drei Etagen nie etwas, das nicht zu poppig, zu vulgär, zu konservativ oder schlicht zu langweilig ist. Sie haben wenig Gespür für eine gute Balance. Die Spanierinnen bei Zara hingegen hauen für Männer ein stilsicheres Teil nach dem anderen raus.
# Es geht mir immer noch nicht besser. Dennoch tat es mir gut, aus dem Haus zu gehen und zu shoppen.
Am Abend sass ich zuhause und schaute die Verfilmung von Simon Becketts „Chemistry of Death“, das in einem verregneten Schottland in der Gegend um Stornoway auf den äusseren Hebriden spielt. Ich sass auf dem Sofa, neben mir lag die Hündin. Auf dem Handy spielte ich „Melon Maker“, währenddessen plätscherte im Fernseher unentwegt der Regen.
Ich kränkelte heute mehr als gestern. Es ist so ein Kränkeln, das nicht richtig durchzubrechen vermag. Meine Frau hatte das letzte Woche, jetzt werde ich davon als Behausung benutzt. Morgens war ich beim Arbeitsamt. Das ist ein sehr deprimierender Ort mit vielen Menschen, die den Ort auch deprimierend finden.
Am Nachmittag hatte ich ein Bewerbungsgespräch. Ich lernte die Teamleiter meiner potenziellen Teams kennen. Es ist bereits die zweite Runde des Prozesses. Das Gespräch verlief vielversprechend, die Leute sind gut drauf und kompetent, wir hätten noch ewig weiterreden können. Für die Firma müsste ich alle paar Wochen in die Schweiz fahren. Das ist für mich aber kein Hindernis. Ich weiss, anfangs findet man Dienstreisen immer toll, aber in Wirklichkeit ist die Freude darauf nach dem zweiten Mal weg. Mich stört es dennoch nicht.
Was ist sonst noch passiert? Wegen der Lesung am 25.10. arbeitete ich an den Texten, die ich für den Abend aussuchte. Die Lesung handelt von, nunja, Fussball. Ich sollte explizit Tagebucheinträge verwenden, deswegen werde ich vornehmlich die Stadionbesuche vorlesen, diese müssen für eine Lesung aber deutlich aufgehübscht werden.