[Fr, 26.4.2024 – Steinbrot, Spediteure, Fieberblase]

Das Buchweizenbrot ist misslungen. Es blieb zuerst pampig, als ich es später noch einmal 45 Minuten in den Ofen gab, wurde es zu Stein. Brotspezialistinnen würden nun sagen: Ist doch klar, Buchweizen hat ja keine Backeigenschaften. Ich suche den Fehler aber zuerst bei mir und glaube, dass ich es bin, der etwas falsch gemacht hat. Ich weiss noch nicht genau was, aber ich werde es noch einmal versuchen. Möglicherweise lag es am Rohstoff. Der Buchweizen war schon seit anderthalb Jahren ausgelaufen. Und vielleicht hätte ich den Teig einfach weiterbacken sollen, anstatt ihn abzukühlen und ihn wesentlich später noch einmal in den Ofen zu schieben.

Mittlerweile ist das Brot sogar lilagrau geworden. Siehe Foto weitzer unten.

Nun.

Heute sollte auch Ikea im zweiten Anlauf kommen. Ich hatte auch bereits mit dem Spediteur telefoniert. Er würde in 30 Minuten bei mir sein. Nach einer Stunde erhielt ich einen Anruf, dass die Lieferung erneut nicht durchgeführt wurde. Angeblich gab es keinen Parkplatz in der Strasse. Keinen Parkplatz in der Strassse. Ich muss den Satz noch einmal wiederholen, um mir dessen Lächerlichkeit zu vergegenwärtigen.
Ich frage mich, wie sie innerhalb des Sbahnringes je etwas geliefert bekommen wollen, wenn sie auf einen freien Parkplatz für Lkws bestehen.
Leider konnte mir die Frau vom Helpdesk nicht weiterhelfen. Sie konnte nur einen neuen Termin vereinbaren.
Ich vereinbarte einen Termin und klingelte danach mehrmals auf der Handynummer des Spediteurs an. Der nahm aber nicht ab. Wohl aus guten Gründen.

Ich war heute sehr müde. Eine Mischung aus Kater und Krankheit. Später am Tag bekam ich eine Fieberblase. Das ist üblicherweise ein Zeichen, dass mein Immunsystem in den Keller hinabgestiegen bin. Was ich im gestrigen Eintrag nicht erwähnte, ist der Umstand, dass ich während des Brautages eigentlich durchgehend fror. Ich bekam meine Hände nie richtig auf Temperatur. Zusammen mit dem Alkohol war das vermutlich kein guter Mix.

Eigentlich wollte ich ins Stadion zum Spiel gegen Hannover 96. Aber ich hatte keine Energie. Auf der Hunderunde setzte ich mich ständig hin. Am liebsten wäre ich auf einer Parkbank eingeschlafen. Kurz vor 16 Uhr sagte ich meinen Freunden ab. Das Spiel schaute ich dann zu Hause. Wir führten neunzig Minuten lang mit 1:0. In der Nachspielzeit kassierten wir dann den Ausgleichstreffer. Jetzt ist der Aufstieg auch theoretisch nicht mehr möglich. Wir können maximal noch neun Punkte erreichen. Zehn Punkte wären nötig. Jetzt ist es immerhin in Stein gemeisselt. Nächste Saison ist wieder zweite Liga.

[Do, 25.4.2024 – Brautag, Alleinesein]

Es war Brautag. Es war auch Markustag. Aber es war auch Brautag.

Ich fuhr zu meinem Freund nach Mahlsdorf. In seinem Garten wollten wir ein Helles Landbier brauen. Ich habe erst zwei Mal gebraut in sehr kleinen Mengen. Sechs Liter, wenn ich mich nicht irre. Mein Freund hat grössere Töpfe mit einem Fassungsvermögen von mehr als dreissig Litern. Ausserdem besitzt er professionelles Werkzeug wie eine Schrotmühle und ein Refraktometer, um die Grad Plato und damit auch den zukünftigen Alkoholgehalt des Sudes zu bestimmen.

Zuerst stieg ich aus dem Bus aus und vergass meine Tasche. In der Tasche befanden sich keine wirklich wertvollen Gegenstände, aber eine warme Daunenweste, Hundefutter und ein kleines Mitbringsel. Und das Wichtigste: Es war die Tasche mit dem Aufdruck der Spitzbergen Brauerei in Longyearbyen.
Es fiel mir erst auf, als ich bei meinem Freund angekommen war. Ich bat ihn um sein Fahrrad und so versuchte ich, zur Endhaltestelle des Busses zu gelangen. Die Endhaltestelle befand sich knappe zwei Kilometer in nördlicher Richtung. Der Bus fuhr durch Nebenstrassen, das würde ich locker schaffen, also fuhr ich los. Nach fast zwei Kilometern fand ich mich aber im Wald wieder und ich fuhr an einem Schild vorbei, welches das Ende von Berlin markierte. Da wurde ich etwas skeptisch. Als ich auf Googlemaps schaute, sah ich, dass ich nach Osten gefahren war, anstatt in den Norden und ich mich im brandenburgischen Wald befand. Zehn verschwendete Minuten. Ich verfahre mich nie. Nie. Ich ärgerte mich masslos.
Glücklicherweise gab es einen Pfad durch den Wald, wodurch ich die Strecke schneiden konnte. Ich fuhr immer gerade aus. Als ich nach fünf Minuten wieder Maps zu Rate zog, merkte ich, dass ich mich erneut verfahren hatte und mich nicht auf dem diagonalen Pfad befand, sondern nach Norden fuhr.

Irgendwann und mit einer halben Stunde Verspätung kam ich an der Endhaltestelle an. Dort stand ein Bus, der Pause machte. Ich schilderte dem Fahrer, ein älterer Herr, der wenige Jahre vor der Rente stand, mein Problem. Er schüttelte nur den Kopf und sagte, das müsse ein anderer Bus gewesen sein. Ich fragte ihn, ob es sinnvoll sei, auf die nächsten Busse zu warten. Er sagte, das könne schon sein. Er sagte auch, ich solle mir nicht allzu viel Hoffnung machen. Je nach Inhalt würden Taschen schnell verschwinden.
„Sie wissen ja“, sagte er, „wir sind nicht mehr alleine in diesem Land“.
Wir-sind-nicht-mehr-alleine-in-diesem-Land.
Ich dachte zuerst: Wie schön: Wir sind nicht mehr alleine. Wir haben Gesellschaft bekommen. Aber dann, ja dann, dann wusste ich es natürlich besser. Weil der Satz dermassen schön war, wusste ich einige Augenblicke nicht, was sagen und so schloss er wieder die Tür. Den Satz musste ich mir aber unbedingt aufschreiben.

Die Busfahrer nachher sagten keine schönen Sätze mehr. Sie waren noch schmallippiger und abweisender. Ich weiss nicht, ob es an mir lag. Mit Bart, schwarzen Haaren und Fahrrad fühlte ich mich ziemlich auffällig. Ausserdem quatschte ich fremde Busfahrer an. Uff, ich weiss nicht. Ich wollte immer positive Gefühle für den Osten hegen. Mein Eindruck ist aber, dass es immer schlimmer wird.

Am Ende gab einer der Fahrer eine Funkansage an seine Kollegen durch. Einer bestätigte, die Tasche bei sich zu haben. In zwanzig Minuten würde er die Endhaltestelle erreichen. Ich war erleichtert.

Dafür war das Brauen umso schöner. Es wurde ein richtig langer Tag. Ich stand viel herum, kippte Wasser in Töpfe um und schöpfte Malz. Gegen 22 Uhr gossen wir den Sud in die Gärfässer und beendeten den Tag mit einer Reisspeise und Salat. Ich war selten so müde. Auch die Hündin war müde. Üblicherweise verbringt sie einen grossen Teil des Tages ruhend. Heute war sie ständig aufmerksam und tobte im Garten herum.

Nach dem Essen bestellten wir uns ein Taxi.

Und ich vergass wieder meine Spitzbergen Tasche. Taschen gehören irgendwie nicht zu meiner Persönlichkeit.

[Mi, 24.4.2024 – Immer noch Schrank, Reise mit Vater, Billig-Hafermilch, Buchweizenbrot]

Weil der Schrank laut meiner Frau (und laut Wasserwaage) etwas schief hing, versuchte ich diesen geradezuhängen. Mit mässigem Erfolg. Ich brauche ein zweites Paar Hände. Am Wochenende, wenn meine Frau dieses Paar Hände zur Verfügung stellen kann, werde ich einen nächsten Anlauf versuchen.

Mein Vater rief mich an. Er ist dieses Wochenende in München und überlegt, einen Abstecher nach Berlin einzuplanen. Damit wäre er Dienstag, Mittwoch und Donnerstag hier. Da ich am Donnerstag und vielleicht auch am Mittwoch schon etwas vor habe, schoben wir mit den möglichen Besuchstagen ein wenig hin und her. Später kamen wir auf meine anvisierte Polarkreisreise am 21. Juni zu sprechen. Jetzt bot er sich an, mich auf dieser Reise zu begleiten. Der Gedanke gefällt mir gar nicht so schlecht. Ein bisschen Angst macht es mir trotzdem. Es wird eine lange Autofahrt werden, vermutlich werde ich ihn am Ende der Reise nicht mehr ertragen. Andererseits kann es eine schöne Erinnerung sein. Wir haben kaum Erinnerungen miteinander. Wer weiss, wie lange wir eine solche Reise noch unternehmen können.

Da ich die Sommerplanung und verschiedene Schwedenreisen ohnehin noch mit meiner Frau besprechen muss, beliessen wir es vorerst dabei, dass wir die Reise im Hinterkopf behalten. Wie sie dann aber genau aussieht, können wir zu einem späteren Zeitpunkt besprechen. Es ist ja erste Ende April. Er ist Rentner und ich bin Privatier, wir können eventuell auch sehr spontan agieren.

Dann verkaufte ich heute sämtliche Gegenstände auf Kleinanzeigen.de. Die Kommunikation mit Interessenten ist sehr zeitaufwändig. Alle haben Sonderwünsche und lesen Nachrichten nicht richtig.

Auch kaufte ich heute bei Rewe ein, statt bei Edeka. Wie ich neulich berichtete, liefert Bringmeister keine Edeka-Waren mehr und damit auch nicht die Billo-Hafermilch-Eigenmarke, die ich Unmengen konsumiere. Also testete ich die billige Hafermilch von Rewe. Damit könnte ich auf den Lieferdienst von Rewe ausweichen. Allerdings schmeckt jene Hafermilch, wie es der Preis vermuten lässt. Wässrig.
Ich weiss nicht, wie Edeka für so einen niedrigen Preis eine derart hochqualitative Hafermilch produzieren kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das querfinanziert ist. Vermutlich nehmen sie eine geringe Marge in Kauf. Was weiss ich.

Ah, und Brot:

Ich setzte heute einen Buchweizenteig an. Es wurde mir ein Reel auf Instagram in meine Timeline gespült. Dort sass ein unsympathischer Typ mit Baseballmütze an einem Mikrofon und erzählte, dass er Brot aus Buchweizen und ohne Hefe buk. Er beschrieb es und ich notierte mir folgende Schritte:

  1. 360g Buchweizen über Nacht (8 Stunden) einweichen
  2. Am nächsten Tag gut abseihen
  3. 120 ml Wasser und einen TL Salz hinzufügen
  4. Das Ganze pürieren
  5. Abdecken und 24h ziehen lassen
  6. Danach auf 180Grad eine Stunde backen.

Ich bin jetzt bei Schritt 2. Am morgigen Donnerstag mache ich weiter und am Freitag gibt es Buchweizenbrot.

Ich weiss nicht, warum dieses Rezept sofort meinen Tatendrang einheizte. Ein ähnliches Gefühl hatte ich bei dem 10-Minuten-Karottenkuchen. Mir ist schon bewusst, dass ich eine Schwäche für Minimalismus habe, dennoch habe ich den Mechanismus dahinter noch nicht ganz verstanden.

[Di, 23.4.2024 – Lieferschwierigkeiten, Schrankbau, Kabel]

Heute sollte Ikea das Bett und den Kleiderschrank liefern. Zwischen 7 und 14 Uhr. Ich stand den halben Tag Gewehr-bei-Fuss. Kurz vor 14 Uhr kam dann die Absage. Das Fahrzeug habe einen Schaden und müsse repariert werden. Die Lieferung werde jetzt auf den Freitag verschoben.
In der Zwischenzeit arbeitete ich 4 Stunden an den Aufbau des Küchenschrankes. Eigentlich ist das keine Tätigkeit für eine einzelne Person, weil man auf 2 Metern Höhe mit einem schweren Gewicht hantieren muss. Nach besagten vier Stunden war aber alles montiert. Gegen 5 Uhr kam meine Frau nach Hause und sagte: Das Ding hängt schief.

Eine Messung ergab, dass es tatsächlich schief hing. Nun bin ich damit etwas überfordert. Wie ich vor einigen Tagen schrieb, kann ich gut grobe Arbeit verrichten, mit Schönheit, worunter auch Genauigkeit fällt, tu ich mich allerdings schwer. Ich habe ein paar Ansätze, die ich verfolgen will. Vielleicht schaffe ich es morgen.

In der Zwischenzeit kam auch ein Herr von Kleinanzeigen.de, der für 10 Euro den Monitor abholte. Leider fand ich das dazugehörige Stromkabel nicht mehr. Ich suchte mehrmals mein Kabelzimmer leer. Ich konnte mir nicht vorstellen, wo das Teil sonst noch sein könnte, aber nach einer Weile gab ich auf. Da ein solches Kabel mindestens 20 Euro kosten würde, sagte ich ihm, er könne die 10 Euro behalten und soll sich das Kabel selber besorgen. Das schien ihm ein guter Deal und er zog davon.
Als er gerade einmal zehn Minuten weg war, fand ich das Stromkabel auf dem Küchentisch. Es lag schlichtweg auf dem Küchentisch. Ein sehr unwahrscheinlicher Ort für ein Kabel. Deswegen berichtete ich ihm von meinem Fund. Er wird morgen kommen, sich das Kabel holen und ich erhalte wieder meine zehn Euro. Das ist auch für mich ein guter Deal. Beide happy.

Und so vergehen gerade die Tage. Ich hatte mich auf ein Sabbatical eingestellt, aber stattdessen warte ich auf Ikea.

[Mo, 22.4.2024 – Verkauf, Oderberger]

Anfang der Woche kauften wir bei Ikea auch ein neues Schrankmodul. Wir hatten zuvor ja das falsche Modul gekauft. Heute baute ich das Möbelteil also auf und setzte es an die Stelle, an die es hingehört. Das alte Modul stellte ich auf Kleinanzeigen. Als Preis gab ich 20€ an. Ich dachte bei der Festlegung des Preises offenbar nicht viel nach. Weil das auch mir bewusst wurde, googelte ich nach dem Originalpreis des Möbelstücks. Bei Ikea kostet es 19,99.
Das fand ich lustig. Also änderte ich den Preis auf „zu verschenken“.

Und weil ich mich gerade im Verkaufmodus befand, bereitete ich gleich andere Dinge für den Verkauf vor. Einen Monitor ohne Standfuss, eine Dockingstation, zwei alte Rubberdome Tastaturen (die wollte aber niemand). Morgen oder in den nächsten Tagen werde ich auch das alte Bett, den alten Schrank, meine mobile Klimaanlage und vermutlich andere Dinge verkaufen. Falls jemand von den hier mitlesenden daran interessiert ist, gerne eine DM, ihr habt natürlich Vorverkaufsrecht zu Spezialkonditionen.

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Am Abend traf ich mich mit Frau Casino. Ich nahm auch die Hündin mit und wir setzten uns in die Manifest-Bar an der Oderberger. Zuerst hatten wir uns in einer anderen Bar verabredet, aber die hatte am Montag zu. Eine andere auch. Eine andere hatte am Montag ein besonderes Event. Montag ist in Berlin wie der Sonntag aufm Dorf.

Es wurde ein sehr langer und kurzweiliger Abend. Wir redeten über das Älterwerden und über die Bedeutung von Freunden. Das ist ein abendfüllendes Thema.

[The Zone of interest]

Wir gingen heute auch ins Kino. Zu „The Zone of interest“. Ich hatte ein wenig Angst vor dem Film, ich wollte ihn aber unbedingt im Kino sehen, weil er offenbar mit einer beeindruckenden Audiospur unterlegt ist. Wenn wir ins Kino gehen, dann will ich eigentlich nur noch ins UCI Luxe am Uber Platz an der Oberbaumbrücke. Oder in kleine Programmkinos. Aber lieber ins UCI Luxe, wegen der ultrabequemen und elektrisch verstellbaren Sitze. Wenn die Sitze voll ausgefahren sind, kann man darin faktisch liegen.

Nun. Der Film. Ich fand ihn ganz okay. Aber in seiner Gesamtheit war er doch eher enttäuschend. Ich finde die Tätersicht ja ungemein interessant. Vor allem im Hinblick auf die gegenwärtige Weltlage. Wie viele Menschen unbewusst wieder Täterrollen einnehmen und etwas Gutes darin sehen. In Russland, die Trumpisten, AfD-Wählerinnen, auf Social Media. Aber auch in den kleinen, alltäglichen Rassismen. Der Film lieferte für mich keine neue Erkenntnis. Dass das Böse unbewusst passiert und niemand sich als Böse betrachtet, sondern die meisten Menschen einfach nur ihre Rolle unter den vorgegebenen Bedingungen spielen, wusste ich vorher auch schon.

Auch taugt der Film nicht im aufklärerischen Sinne. Dafür ist er nicht mainstreamig genug. Er ist zu künstlerisch. Zu wenig unterhaltsam. Damit wirst du bestimmte Wählermilieus nicht erreichen. Damit ist es halt wieder ein Film für die ohnehin aufgeklärten Schichten.

Auch wenn ich den künstlerischen Aspekt des Filmes durchaus mochte. Diese zwingenden langen Szenen, in denen das Ehepaar Höss als Herrenrasse so etwas wie Glück aufrechtzuerhalten versucht. Und drumherum immer dieses leise entfernte Hundebellen, das Schreien. Ab und zu Schüsse. Auf den künstlerischen Aspekt will ich gar nicht eingehen. Aus dieser Perspektive ist es durchaus ein gelungener Film. Mehr aber auch nicht.

Man müsste einmal eine Geschichte verfilmen, die von einer charismatischen, sympathischen und auch gütigen Hauptfigur getragen wird, mit der sich das Publikum identifizieren kann. Eine Figur, die dann Stück für Stück immer bösere Dinge tut, dabei aber grundsympathisch bleibt und die Taten auch dermassen rechtfertigen kann, dass man sie selber auch tolertiert oder sogar unterstützen würde. Ohne moralischen Unterton. Eine Figur, die dich einlädt, alle ihre Taten bis zum Schluss gut zu finden. Wo man erst nach dem Film versteht, was da gerade passiert ist.

[Fr, 19.4.2023 – Einbürgerung, Rückgabe, Films]

Einbürgerungstests in Brandenburg. Diese Eingebung kam mir in einem luziden Moment. Ich googelte nach Terminen in Brandenburg und in der Tat: Es gibt sie. Verschiedene Volkshochschulen bieten auch vergleichsweise kurzfristig solche Tests an. In Berlin liegen die Termine (wenn sie angeboten werden) im September. In Brandenburg gibt es noch Termine für Anfang Mai. Dafür muss ich natürlich eine weitere Strecke fahren, aber wenn ich momentan eine Sache habe, dann ist es: Zeit.

Heute schrieb ich meine Abschiedsmail an alle Mitarbeiterinnen. Damit bin ich jetzt mental richtig raus. Obwohl ich noch Zugriff auf meine Mails und auf Slack habe, werde ich die Konten ab jetzt nicht mehr öffnen.

Am Nachmittag fuhren wir zu Ikea, um die Matratze meiner Frau zurückzugeben. Ich hatte fälschlicherweise die Feste bestellt, meine Frau hatte sich aber die Mittelfeste ausgesucht. Die Feste war hart wie ein Schreibtisch. Es ist erstaunlich, wie unkompliziert sich die Rückgabe gestaltete. Als ich die Rückgabe der Ware begründen wollte, kam in einen Rechtfertigungsmodus. Aber die freundliche Schwedin, ähm, Deutsche, sagte nur, ich müsse mich nicht erklären. Sie pflegen eine sehr kulante Rückgaberegelung. Sie wolle eigentlich nur wissen, ob sie Matratze beschädigt sei.

Später schauten wir einen überraschend einnehmenden Film mit dem Titel „The Holdovers„. Es ist ein neuer Film, der in den Siebzigerjahren spielt und auch die ganze Filmkunst der Siebzigerjahre übernimmt. Die Geschichte handelt von einem alten, grummeligen Professor für antike Zivilisationen. Es spielt in einem Internat, wo er über die Weihnachtsferien hinweg auf Schüler aufpassen soll, die nicht zu ihren Eltern fahren können. Das klingt nach nichts. Er erhielt aber 5 Nominierungen bei den diesjährigen Oscars, u. a. als bester Film. Ich verstehe warum.

Während des Filmes dachte ich ständig daran, dass ich heute noch Donna Tartts „Geheime Geschichte“ wiederlesen oder die Verfilmung von „The Green Mile“ wiedersehen möchte. Warum ich Donna Tartts Roman lesen wollte, ist offensichtlich: Das Setting mit dem Internat und einem Professor. Aber warum ich auch Gefühle für The Green Mile entwickelte, verstand ich nicht ganz. The Green Mile ist die Verfilmung eines Stephen King Romans. Die Geschichte ist nicht dem Horrorgenre zuzuordnen, sondern es handelt von einen Gefängniswärter in einem Todestrakt der dreissigger Jahre in Louisiana.

Meine Frau war gegen Donna Tartts Roman, sie hatte keine Lust auf ein neues Buchprojekt. Wir lesen schliesslich noch die Memoiren von Ruth Klüger. Sie konnte sich aber für The Green Mile begeistern. Auch wenn es bereits spät war und der Film drei Stunden dauern würde. Ich sah den Film vor mehr als zwanzig Jahren. Ich konnte mich nicht mehr an viele Details erinnern, aber ich weiss noch gut, wie traurig ich danach war. So erging es mir diesmal wieder.

[Mi/Do, 18.4.2024 – schwarz, letztes Projekt, Einbürgerungstest]

Gestern war ich im Alexa shoppen. Ich brauchte neue Hosen, zudem suchte ich einen Blouson. Eigentlich wollte ich einen ausgefallenen Blouson kaufen. Einen mit tropischen Vögeln. Oder mit Blumen. Es wurde ein schwarzer Blouson. Es wurden auch zwei lange schwarze Hosen, zwei kurze schwarze Hosen und schwarze T-Shirts. Es wird immer schwarz. Es sind immer nur die schwarzen Textilien, die mich ansprechen.

Manchmal bin ich froh, Herthafan zu sein. So trage ich immerhin gelegentlich blauweisse Akzente.

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Am Vormittag beendete ich meinen letzten richtigen Arbeitsauftrag. Ich hatte angeboten, ein Dokument für den Datenschutz fertigzustellen. Das war ein Schriftstück, woran mein Vorgänger und auch der damalige Geschäftsführer in Amsterdam bereits gescheitert waren und ich war auch nach vier Jahren immer noch nicht zufrieden damit. Das Problem mit diesem Dokument ist, dass es zusätzlich eine komplexe Matrix abbilden muss. Und ich empfand es immer als falsch strukturiert, was es so schwierig machte, daran zu arbeiten.
In einem Kraftakt schrieb ich in den letzten Tagen das ganze Dokument um. Es ist noch nicht fertig, aber jetzt stimmt die Struktur, jetzt kann das Management in Amsterdam darauf aufbauen.

Heute fand also die Übergabe dieses Dokumentes statt. Ich brauchte fast eine Stunde, es zu erklären. Aber alle schienen happy und verstanden sofort, wie hilfreich die neue Struktur war.

Als ich das Browserfenster schloss, war meine Arbeit vorbei. Es ist ein gutes Gefühl, abgeschlossen zu haben. Morgen werde ich noch eine Abschiedsmail an alle Mitarbeiterinnen schreiben. Der Geschäftsführer in Berlin wollte eine Abschiedsfeier organisieren, das fühlt sich aber nicht ganz richtig an, ich werde ihm mitteilen, dass ich das nicht wünsche. Dafür werde ich zu einzelnen Personen direkten Kontakt unterhalten.

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Weil ich meine Einbürgerung voranbringen will, fuhr ich am Nachmittag zur Volkshochschule im Wedding. Es ist momentan die einzige VHS, die Einbürgerungstests anbietet. Online kann man sich nicht anmelden, man muss sich vor Ort einen Termin einschreiben. Also fuhr ich direkt hin. Das ganze Gebäude an der Antonstrasse ist eingerüstet, man wird mittels Schilder zu einem Baucontainer im Innenhof geleitet. Vor diesem Container standen etwa 70 Menschen und warteten in einer Schlange auf einen Termin.
Ich finde das skandalös. Ich drehte mich um und ging zurück zum Auto. Ich habe den Luxus, dass ich nicht darauf angewiesen bin, ich kann weiterhin italienischer Staatsbürger bleiben, aber die meisten Menschen, die dort standen, können das eben nicht. Das ist die hässliche Seite der Verwaltung. Sie sagt dir mit jeder Pore, dass sie dich nicht mag. Wir sind dieser deutsche Volkskörper, bleib uns vom Leib.

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Danach ging ich mit der Hündin in die Rehberge. Frühlingssonne.

[Mo/Di, 16.4.2024 – Ikea, Bringmeister, Hafermilch, Herthajacken]

Wir waren spontan bei Ikea. Ich will ein grösseres Bett. Meine Frau hat das Doppelbett, aber ich schlafe schon seit Jahren auf einem 80cm breiten Tagesbett. Ich war mit meinem Bettchen immer sehr zufrieden, ich brauche nicht viel Platz. Vor einigen Jahren ersetzte ich die 80cm Matratze durch eine 90cm Matratze. Diese zehn Zentimeter machen viel aus. Problematisch wird es bei uns nur, wenn wir Gäste haben. Mein Zimmer ist mein Arbeitszimmer und wir beschlossen beim Einzug, dass das auch das Gästezimmer sein wird. Aber mit einem Tagesbett können wir nur einen einzigen Gast beherbergen. Zwar haben wir noch eine extra Matratze verstaut, aber das ist doch eher eine Notlösung. Ein grösseres Bett wäre für Gäste die bessere Lösung, allerdings verschwände bei mehr Bettfläche auch mehr Grundfläche vom Arbeitszimmer. Es wird etwas enger, aber die Idee, ein grösseres Bett zu haben, in dem ohnehin ich die meiste Zeit schlafen würde, gefiel mir plötzlich ungemein und so fassten wir den Entschluss.

Gestern waren wir also spontan bei Ikea.

Ein kurzer Hinweis für Menschen, die am späten Nachmittag noch nicht ihr Schrittkontingent erreicht haben:

  • IKEA total: 3500 Schritte
  • IKEA oben: 2000 Schritte
  • IKEA unten 1500 Schritte

(alle Angaben beziehen sich auf die Filiale Lichtenberg und sind approximativ)

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Ausserdem erreichte mich die Nachricht, dass Bringmeister den Dienst für Edeka quittiert und in Knuspr aufgehen wird. Knuspr wird aber nicht das Sortiment von Edeka führen, sondern andere Marken. Sie werden auch nicht die von mir heissgeliebte Hafermilch-Eigenmarke von Edeka verkaufen. Weil ich sehr viel Hafermilch konsumiere, lasse ich sie mir Kartonweise liefern. Die Hafermilchkartons von Edeka sind eigentlich der Hauptgrund, warum ich mir Einkäufe liefern lasse.

Bei Edeka wird jetzt die niederländische Firma „Picnic“ das Liefergeschäft durchführen. Ich kenne Picnic noch aus 2018/2019, als ich COO in einem Online-Supermarkt war. Picnic’s grosse Innovation war die Logistik. Ein feines, hyperlokales Verteilernetz. Wir schauten damals sehr interessiert auf deren Entwicklung. Da meine Firma zu DHL gehörte, war das Thema Verteilung aber von vorneherein auf die Logistik der DHL beschränkt und wir sollten die Innovationen daher im Einkauf, Marketing und Technik vorantreiben. Weil Logistik aber das teuerste Segment des Lebensmittelversandes ist, rechnete es sich nie und wir mussten die Firma in 2019 schliessen.

Picnic ist in Friedrichshain aber noch nicht verfügbar. Jetzt weiss ich nicht, was tun. Bringmeister wird auch als berliner Firma aufgelöst. Sie wird zu Knuspr nach München ziehen. Firmen, die ihren Berliner Hauptsitz aufgeben und in eine andere Stadt fusionieren, sehen mich in der Regel nie wieder. Mit dem Ebike-Vermieter Tier ist das auch so. Sie werden mit dem französischen und wesentlich kleineren Konkurrenten namens Dott fusionieren und den Firmensitz nach Amsterdam verlegen. Die Ankündigung gab es im Januar. Seitdem habe ich nie wieder ein Rad von denen ausgeliehen. Ich bin bei so etwas nachtragend. Wenn Firmen von vorneherein den Sitz in einer anderen Stadt haben, ist es mir egal, aber Berliner Firmen, die sich schlucken lassen.

Näh.

Obwohl. Es stimmt nicht ganz. Den Umzug von Durstexpress (Berlin) nach Flaschenpost (Münster) habe ich selber geschluckt. Das stösst mir allerdings immer noch auf.

Aber Hafermilch. Tja, jetzt weiss ich nicht. Ich werde mich mal durch die Hafermilch-Varianten von Rewe durchtrinken müssen.

Am Abend fuhr ich in die Geschäftsstelle von Hertha, um eine Podcastfolge der Frauenmannschaft aufzunehmen. Es standen uns wieder zwei Spielerinnen zu Verfügung. Weil ich zu früh vor Ort war, sass ich eine Weile mit den Mitarbeiterinnen im Büro. Sie liessen die Suno AI Songs komponieren. Wir redeten über Schlager und über Merch.

Einer der Mitarbeiter ist der Freund einer guten Freundin von mir. Neulich stand sie mit einer unfassbar tollen Hertha-Jacke neben mir in der Kurve. Die Jacke hatte sie von besagtem Freund, der sie ihr lieh. Die Jacke stammte aus den Tiefen des Hertha Archivs, es gab sie nie im offiziellen Fanshop. Meine Freundin erhielt die Jacke, weil sie sich eine Verletzung am Handgelenk zugezogen hatte. Die Jacke war eine „L“, genau meine Grösse, und ihr war sie zu gross, aber gross genug, damit sich der Ärmel über den Verband ziehen liess. Das war der Grund, warum ihr Freund ihr die Jacke überliess. Ich bat sie, mir die Jacke zu verkaufen, wenn ihr Handgelenk wieder gesund sei. Sie sagte aber, dass ich dafür ihren Freund anschreiben solle. Der antwortete mir aber nie. Bis zum heutigen Tag, als ich ihn damit konfrontierte. Mich erschlich allerdings der Eindruck, dass er nicht darüber reden wollte. Also liess ich ihn in Ruhe.

Ich habe ja noch meinen Suchauftrag bei Ebay und Kleinanzeigen laufen. Es gibt auch andere schöne Jacken von früher. Nur die letzten 5 Jahre waren mies.

[So, 14.4.2024 – geheime Wädern und Seen]

Mit Freunden am Maxsee im östlichen Brandenburg gewesen. Wir suchen ja immer noch nach einer gut erreichbaren, aber verlassenen Gegend in Brandenburg. Ein verlassener Wald, in dem man gut spazieren kann, fernab der menschlichen Ameisenstrassen und Tripadvisoren. Brandenburg ist ja riesig. Berlin zwar auch. Aber die Brandenburger Wälder riesiger. Vor allem jetzt, wo wir die Hündin haben, erlangen Waldspaziergänge nochmal ein neues Niveau an Freude.

Zugegebenermassen waren wir nicht besonders aktiv auf der Suche nach diesem geheimen, verlassenen Wald. Aber der Wunsch war immer da. Berlin liegt ja mitten in einem Wald. Und man sagt fremden Menschen dauernd: Berlin ist umgeben von Seen und Wäldern! Die wilde Natur ist nur eine Stunde entfernt!

Das erzähle ich vor allem Kandidaten beim Bewerbungsgespräch. Dass man im Sommer an den Wochenenden in einer halben Stunde im Wald an einem verlassenen See sein kann.

In 16 Jahren Berlin war ich bisher vielleicht fünf Mal an einem See und drei Mal in einem Wald. Aber die Möglichkeit ist eben immer da, sagen wir uns. Ich war auch schon seit anderthalb Jahren nicht mehr auf einem Konzert. Und etwa gleich lange nicht mehr im Kino. Und etwa fünf Jahre nicht mehr im Theater. Und sicherlich vier Jahre nicht mehr tanzen. Aber dafür sammle ich viele Stempelkarten bei Lieferando. Und wir haben Netflix, Disney+, Prime Video, Apple+, Sky und neuerdings MagentaTV. Aber wir sagen uns immer: Die Möglichkeit ist da.

Immerhin war ich noch vor drei Monaten auf einer Ausstellung im Museum.

Unsere Freunde wohnen in Biesdorf unweit der Stadtgrenze und sie verbringen ihre Urlaube in der norwegischen Wildnis. Sie kennen sich bestens aus. Der Wald am Maxsee ist sehr verlassen. Der Zuweg, den wir befahren, führt über einen mehrere Kilometer langen Sandweg. Dabei ist der Weg so holprig, dass wir streckenweise Schrittgeschwindigkeit fahren müssen. Das hält natürlich das Berliner Stadtvolk fern. Auch unsere Freunde haben einen Hund. Die Tiere lieben den Spaziergang. Unsere Hündin rennt vor und zurück und hat endlich wieder eine Herde, die sie zusammenhalten kann. Am See gibt ein paar Landzungen, die sind so schön, dass man da nie wieder weg möchte.

Nach dem langen Spaziergang fuhren wir noch zu unseren Freunden nach Hause. Wir setzten uns in den Garten auf eine Schaukel. Die Frühlingssone schien mir ins Gesicht und ich bekam einen Kaffee gereicht.